28.11.2010, 23:38
Auszug aus dem Text:
Abgesehen davon, jenseits des Zionismus, widerspreche ich der Darstellung ganz entschieden, dass der Faschismus von den Rändern alleine den Weg zur Herrschaftsinstitution genommen hat oder nehmen könnte. Es waren derer viele Faktoren, die zumeist im Israel von heute nicht vorhanden sind. Das würde aber jetzt hier nicht in diesen Thread gehören.
Schneemann.
Zitat: Dies ist freilich schon seit Gründung des Staates das etablierte Grundmuster. Offiziell sind Israels Araber gleichberechtigte Bürger des Staates; de facto leben sie aber seit Jahrzehnten (in nahezu allen Lebensbereichen) als Bürger zweiter Klasse. Neu ist die nunmehr gesetzlich vorangetriebene Identitätsfarce, die – aus der politischen Ecke Avigdor Liebermans kommend – der bewußten Diskriminierung der arabischen Bevölkerung des Landes eine legale Grundlage zu verschaffen trachtet...Genau dies ist eben nicht richtig. Das Problem ist, dass diese Annahme als Grundlage für die Theorie genommen wird, dass Israel sich derart verhält. Aber das stimmt nicht. Es ist eine konstruierte Behauptung, die genutzt werden soll, um eben Israel (scheinbar) fundiert faschistisches Gedankengut zu unterstellen. Ich war nie in den Siedlungsgebieten (möchte deswegen dazu nicht großartig etwas sagen), wohl aber in den Städten (in denen die Masse der Menschen in Israel lebt), und dort konnte ich keine derartigen rassistischen Ausgrenzungen feststellen. Natürlich gibt es auch immer wieder rein subjektiv empfundene Ungerechtigkeiten, aber das gibt es auch bei uns. Nur muss man eben auch hier (wie dort) wieder eine notwendige Differenzierung walten lassen. Und zwar zwingend! Wenn hier bei uns in Deutschland z. B. ein muslimischer Kulturverein durchsucht wird von der Polizei wegen islamistischer Umtriebe, so finden sich mit großer Sicherheit irgendwo Türken oder arabischstämmige Personen, die den Einsatz der Polizei mit dem „Dritten Reich“ vergleichen. Nur: Die Frage ist doch, ist es wirklich so, oder empfindet es diese Person in Ermangelung der Kenntnisse über diese Zeit nur so (weil sie es nicht besser weiß)? Und nur weil diese Person es vielleicht so empfindet, heißt das noch lange nicht, dass es wirklich eine Parallele zum Dritten Reich gibt, geschweige denn kann ich dann diese Aussagen nutzen, um eine Theorie hinsichtlich eines Vergleiches aufzustellen. Das ist schlicht unseriös.
Zitat: Nur stellt sich dann halt die Frage aufs neue, ob somit der Zionismus vielleicht doch für rassistisch zu erachten sei. Die Antwort lautet weiterhin: nein – jedenfalls insofern der Zionismus als prononciertes Erzeugnis des europäischen Nationalismus begriffen wird. Was Rassismus, Fremden- und Ausländerhaß anbelangt, hat er keinem anderen Nationalstaat des Westens etwas voraus. Die Spezifität der ihm nachweisbaren rassistischen Elemente (die hier nur lapidar skizziert werden konnten) erklärt sich aus seinem Entstehungszusammenhang und seiner präzedenzlosen historischen Genese, mithin aus seinem wesentlich reaktiven Charakter: Der zionistische Rassismus »verdankt« sich in vielem dem europäischen Antisemitismus, nicht zuletzt in seiner ideologischen Selbstgewißheit und seinem selbstgerechten Hang zur (geschichtlichen) Verdrängung. Am Rande bemerkt sei hier nur, daß er darin auch im innerjüdischen Diskurs (etwa zwischen aschkenasischen und orientalischen Juden) nicht haltmacht.Ja und Nein. Genau genommen besitzt auch der Zionismus radikale Bausteine. Nur, wie geschrieben, ist dies eine Eigenheit fast aller irgendwie entstandenen Nationalstaats-Gefühle und Nationalstaaten. Es wäre aber falsch, dies als eine Eigenheit des Zionismus (besser: die besondere Radikalität als eine Eigenheit des Zionismus) deuten zu wollen. Gemessen an anderen Staatsphilosophien ist der Zionismus zwar durchaus auch bestimmend (was anderes bleibt ihm auch nicht übrig), aber weit weniger radikal, was den Umgang mit anderen Nationalitäten angeht, wie manch andere „Philosophie“. Er musste zuvor auch nicht durch die „Schule“ der Umbrüche einer jeden Staatsphilosophie laufen und schaffte es dennoch (oder gerade deswegen?), gleich zu Beginn ein demokratisches Gebilde auszuprägen (was nicht jeder Ansatz bewerkstelligte). Und im Übrigen dürfte auch Selbstgerechtigkeit etwas sein, das dem Zionismus sicher nicht als Nonplusultra zuzuschreiben ist (wenngleich er manchmal auch dazu neigen dürfte).
Abgesehen davon, jenseits des Zionismus, widerspreche ich der Darstellung ganz entschieden, dass der Faschismus von den Rändern alleine den Weg zur Herrschaftsinstitution genommen hat oder nehmen könnte. Es waren derer viele Faktoren, die zumeist im Israel von heute nicht vorhanden sind. Das würde aber jetzt hier nicht in diesen Thread gehören.
Schneemann.