26.11.2010, 23:03
Tiger schrieb:@spotz
Du bist da einfach an einen forumsinternen Disput, welcher dieser beiden Staaten sich nun agressiver und imperialistischer gebärdet, geraten.
Mit deiner Meinung, das beide Staaten deutlich imperialistische Züge haben hast du natürlich recht.
Ich denke das ist das entscheidende, dass beide Imperien sind, auch wenn sie nicht auf Augenhöhe sind, weil die USA doch "mächtiger" als Russland zur Zeit ist.
Aber ansonsten tun beide was im Rahmen ihrer Möglichkeiten ist, um ihre Interessen durchzusetzen. Was nun "aggressiver" ist, erscheint mir nicht so wichtig wie die Frage, inwieweit ich mit den Ideen und Vorstellungen des jeweiligen Imperiums übereinstimme. Was ist für mich als Außenstehender lebenswerter und welche Alternativen/Einflussmöglichkeiten habe ich innerhalb der verschiedenen imperialen Ordnungen?
Ich denke das sind die entscheidenen Fragen die man beantworten sollte, wenn man den USA, Russland oder keinem von beiden zugeneigt ist.
Erich schrieb:so wertneutral muss man auch die EU als "imperial" bezeichnen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.globaldefence.net/kulturen-im-konflikt/westliche-staaten/850-westeuropa-einfuehrungsdossier.html?start=5">http://www.globaldefence.net/kulturen-i ... ml?start=5</a><!-- m -->
(statt vieler Worte)
Wenn man will, könnte man das machen. Dann verwechselst Du aber "Wertneutralität" mit "Beliebigkeit". Denn der EU fehlen doch einige wesentliche imperiale Merkmale, um wirklich ein Imperium zu sein. Ich selbst würde es so beschreiben, dass die EU die Möglichkeit hat ein Imperium zu werden, es aber noch nicht ist.
In dem von Dir verlinkten Beitrag werden ein paar wichtige Fakten nicht genannt, die der These widersprechen.
1.) Die EU besitzt nicht die für ein Imperium benötigte Zentralgewalt. Zwar hat sie in Brüssel einen Art "Regierung", allerdings hat die Peripherie / Mitgliedsstaaten deutlich mehr Macht und Einfluss als die EU Zentralgewalt. Das hängt ja auch maßgeblich damit zusammen, dass die EU kein Staat ist, sondern nur ein Staatenverbund.
Hinzu kommt, dass es bei der EU kein alles andere Völker dominierendes Volk gibt. Ein Imperium hat das eigentlich immer, wenn es ein Vielvölkerstaat ist. "Eigentlich" weil dies aus meiner Sicht mehr der Beschreibung historischer Imperien gilt. Ich denke, dass es auch Imperien geben kann, in denen mehrere Völker dominieren, wie in der derzeitigen EU. Dies setzt aber nicht nur gleiche Werte voraus, sondern auch einen Konsens zur imperialen Politik und diesen Konsens gibt es nicht in der EU.
2.) Über Selbstverständnis und Habitus eines Imperiums verfügt die EU nicht. Sicherlich gibt es mit Frankreich und Großbritannien zwei Mitgliedsländer die sich für eine Art Großmacht halten oder hielten und noch das entsprechende Selbstverständnis und Habitus pflegen, dies unterscheidet sich aber deutlich von dem eines Imperiums. Auch teilen dies die meisten anderen EU Staaten nicht. Vor allem große EU Staaten wie Deutschland, Italien, Polen oder Spanien sehen sich nicht als Großmacht. Um ein entsprechendes, gemeinsames oder zumindest von den meisten EU Bürgern geteiltes imperiales Bewußtsein ist es so schlecht bestellt.
Weder die EU noch ihre Mitgliedsstaaten halten sich oder handeln so als ob sie auf Augenhöhe wären oder gar anderen Imperien wie den USA und Russland überlegen wären.
Ein wichtiges Merkmal eines Imperiums ist es ja auch, dass es nicht in der Lage ist sich neutral zu verhalten. Die EU hält sich aber bei weit mehr internationalen Geschehnissen zurück, als die USA oder Russland.
3.) Zu einem Imperium gehören auch immer starke militärische Fähigkeiten. Ich glaube die EU und ihre Mitgliedsstaaten deklassieren sich spätestens hier gegenüber den USA und Russland.
Die EU hat zweifelsfrei einige imperialistische Züge, wie bspw ihre enorme wirtschaftliche und kulturelle Anziehungskraft, die enorme Dynamik ihrer Peripherie wodurch sie auch ganz maßgeblich wächst und Menschen begeistert (kaum ein Imperium ist geplant worden, sondern durch Zufälle und Wendungen in eine imperiale Rolle gekommen), aber im Moment ist sie bestenfalls eine ambitionierte Großmacht, weil politisch und militärisch zu schwach. Wobei diese "Großmacht" mehr von Großbritannien und Frankreich kommt, die diesen Status aber mehr auf sich als auf die Gesamtheit der EU projizieren.