Israel
@Schneemann,

meine Frage - auf die Du ursprünglich geantwortet hattest - bezog sich auf die unterschiedliche Behandlung israelischer und arabischer Terroristen durch den israelischen Staat in Israel.
Der eine (israelische) steht gemütlich unter Hausarrest und kann massenhaft Presseinterviews geben, der andere (arabische ...)

Nun zum "Küstenstraßen-Anschlag" 1978:
Es ist richtig, die Vertreibung der Palästinenser 1967 hat das fragile "Gleichgewicht der Kräfte" im Libanon massiv durcheinander gewürfelt. Und benachbarte Interessenten (Syrien und Israel) haben kräftig versucht, davon zu profitieren.

1975 standen sich im Libanon 1,2 Mio. maronitischer Christen und fast doppelt so viele schiitische und sunnitische Muslime gegenüber.
Israel hat die christliche "Libanesische Front" massiv unterstützt.
Die Syrer waren nicht bereit, einen christlich dominierten Libanon zu unterstützen und bauten auf die "Nationale Bewegung" die das Sammelbecken für die muslimische Bevölkerung war; und diese Bewegung schloss ein Bündnis mit der PLO, die etwa 25.000 Kämpfer "einbrachte".

1976 wurde die "Südlibanesische Armee" (SLA) gegründet, deren Offiziere und Soldaten in Israel ausgebildet und mit israelischen Waffen ausgerüstet wurden. Die SLA erhielt sogar mehrere kleine Patroullienboote "YATUSH" und später sogar mehrere DABUR.
Im Nordlibanon wurden sogar Kampfpanzer von israelischen amphibischen Einheiten angelandet.

Die so "aufgeheizte Stimmung" führte zur Explosion und am 1. Juni 1976 zum willkommenen Anlass für die Syrer, in den Nordlibanon und auf die Bekaa-Ebende vorzudringen.
Im Ergebnis wurden die PLO-Kernverbände faktisch demilitarisiert, was die Terroristen aber nicht hindert, weiter Katyushka-Raketen auf Nordisrael abzufeuern.

Nun komt das agyptische-israelische Friedensabkommen ins Spiel, das im März 1978 immer deutlichere Formen annimmt - und von Hardlinern offensichtlich sabotiert werden soll.

In der Nacht zum 11. März dringt ein Terror-Kommando über See her an die Küste von Haifa vor. Dort werden zwei Busse gestoppt, die Passagiere als Geiseln genommen und im Endeffekt - nach einer missglückten Befreiungsaktin - mehr als 30 Geiseln sowie mehrere Polizisten getöret und etwa 70 weitere Israeli verletzt.

Israel nimmt das zum Anlass, den schon lange vorbereiteten Plan "Operation Stein der Weisen" aus der Schublade zu holen und als "Operation Litani" zu aktualisieren.
Mit mehr als 25.000 Mann dringt Israel in den Südlibanon ein. Die Marine unterstützt mit Beschuss von See her die Aktion. Die israelische Marinekommandoeinheit (13. Flotille) macht mit Minen und Hinterhalten die libanesische Küstenstraße unpassierbar, und das Hauptqaurtier der Fedayin bei Tyrus wird angegriffen. Diese "unverhältnismäßige Reaktion" führt zur Resolution des UN-Sicherheitsrates, der am 19. März einstimmig (also mit den Stimmen der USA) die sofortige Beendigung der militärischen Aktivitäten fordert.
Die Israeli erreichen am 21. März den Litani - und damit das offizielke Kriegsziel. Der Beschuss Nordisraels mit Raketen soll ja gestopt werden. Dementsprechend werden die israelischen Stellungen auch nicht an die UNIFIL übergeben (die schon am 23. März 1978 eintrifft und die Milizen nicht entwaffnen darf) sondern an die Christenmilizen der SLA, die auch noch weiter Waffen, Munition und Ausbildungshilfen aus Israel erhalten.

Hat's was gebracht? Nein - der Terror wurde halt nördlich des Litani organisiert. Die Fedayin finden auch immer wieder Gelegenheit, auch vom Südlibanon aus oder gar über See zu agieren.
Und auch die israelischen Streitkräfte sind nicht untätig. Am 8. Juni 1978 z.B. greifen israelische Kommandoeinheiten mit 70 Mann einen Hafen nördlich des Litanie an, im Oktober 1978 führen zwei Kampfpanzer von israelischen Landungsschiffen aus einen Artillerieangriff auf Ziele bei Beirut durch .... Mommsen nennt in seinem Buchetwa 80 Einzeloperationen die "in den kommenden zwei Jahren" von der israelischen "13. Flottille" in das libanesischen Küstenstraße und mehrere Kilometer ins Hinterland vorgetragen werden.

Und die Milizen im Libanon bekämpfen sich weiter gegenseitig - auch die von Israel aufgerüsteten christlichen Milizen. Das Ergebnis ist ab 1980 ein neuer Bürgerkrieg im Libanon.

Es blieb also beiderseits bei Attacken auf die jeweils andere Seite. Die Israelis sollen (nach palästinensischen Angaben vom März 1982) innerhalb eines Jahres mehr als 2000 mal den libanesischen Luftraum und mehr als 600 mal die Territorialgewässer Libanons verletzt haben - während Israel gleichzeitig 270 Terorüberfälle mit 29 getöten und mehr als 300 verletzten Israelis auflistet.

Das "Küstenstraßen-Attentat" 1978 war nicht der Auslöser für den erneuten Einmarsch der Israeli in den Libanon 1982.

Dazu kommt nun in der aufgeheizten Situation im libanesischen Bürgerkrieg noch der Beschluss der israelischen Regierung, die Besiedelung der Westbank deutlich auszweiten. *)
Die (auch durch die israelischen Militärhilfe an die christlichen Milizen mit geförderten) Wirren im Libanon können aus diesem Anlass nämlich von den Palästinensern genutzt werden, um den Beschuss Nordisraels massiv zu verstäkren.

Und im Frühjahr 1982 nimmt sich Israel erneut wieder das Recht zur direkten Intervention. "Operation Oranim" wird aus den Scbublanden geholt und aktualisiert.
Und dass am 3. Juni 1982 die Terrorgruppe von Abu Nidal (und nicht die PLO) den israelischen Botschafter in Großtritannien mit einem Attentat attackiert (und schwer verletzt) ist für Israels Politiker ein höchst willkommener Anlass, den Plan als "Operation Frieden für Galliläa - Shalom agalil" umzusetzen.
Am 6. Juni 1982 marschieren fast 60.000 Mann im Libanon ein, und in der Nacht zum 7. Juni landet eine israelische amphibische Kampfgruppe (die gabs damals noch!) nördlich der Mündung des Awali.

Das Ergebnis ist bekannt.
Während mit den Syrern am 11. Juni eine Feuerpause vereinbart wird, geht der Zangenangriff der Israelischen Truppen und der verbündeen christlichen Milizen im Libanon weiter - bis zum Abzug der PLO-Kämpfer, den diese am 12. August 1982 akzeptieren, und der unter Aufsicht u.a. der USA, Franzosen, Italiener und Briten vom 21. August bis zum 1. September 1982 durchgeführt wird.
In dieser aufgeheizten Situation das Palästinenser-Lager Sabra & Shatila den von Israel unterstützten Milizen zu öffnen ist - nun ja ... Dummheit? Grobe Fahrlässigkeit oder sogar Vorsatz?
Darüber schweigt sich auch der israelische Untersuchungsbericht aus.

Erich

*) Anmerkung:
Israel macht momentan verbal kaum etwas anderes. Das offizielle Israel ist scheinbar nicht unbedingt bereit, die palästinensichen Ansprüche zu akzeptieren.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.israswiss.ch/israswiss/50457395c11462904/03c1989cf611f7002.html">http://www.israswiss.ch/israswiss/50457 ... f7002.html</a><!-- m -->
Zitat:Israels Recht auf die "umstrittenen" Gebiete

Israels stellvertretender Aussenminister Danny Ayalon

Israels stellvertretender Aussenminister Danny Ayalon ist im Wall Street Journal aus aktuellem Anlass dem Mythos von den „besetzten Gebieten“ entgegengetreten.
„Die jüngsten Äusserungen der neuen Aussenpolitik-Beauftragten der Europäischen Union, Catherine Ashton, zur Kritik Israels haben die internationale Aufmerksamkeit abermals auf Jerusalem und die Siedlungen gelenkt. Dabei wird jedoch, wie es scheint, Israels Recht auf die so genannten ‚besetzen Gebiete’, die tatsächlich ‚umstrittene Gebiete’ sind, nicht wirklich erkannt.
....

Quelle: jns und Agenturen
4. Januar 2010
"umstritten" heißt, dass mehrere Seiten Anspruch auf das Land erheben - "besetzt" heißt, dass der Besatzer keinen Anspruch erhebt. Mit dieser Äusserung erhebt das offizielle Israel also Anspruch auf die Westbank.
Und das Ergebnis ist sogar ohne Kirstallkugel vorhersehbar:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ftd.de/politik/international/:friedensprozess-streit-um-siedlungen-belastet-nahost-gespraeche/50159574.html">http://www.ftd.de/politik/international ... 59574.html</a><!-- m -->
Zitat:21.08.2010, 16:28
Friedensprozess
Streit um Siedlungen belastet Nahost-Gespräche
Ein Jahr lang sollen die ersten direkten Verhandlungen zwischen Israel und Palästinensern seit Jahren dauern. Doch bereits vor dem Beginn taucht der alte Streitpunkt Siedlungsbau wieder auf. Der Verhandlungsführer der Palästinenser droht mit einer Absage.
...
dazu folgende ergänzenden Informationen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/thema/siedlungsbau_in_israel/">http://www.spiegel.de/thema/siedlungsbau_in_israel/</a><!-- m -->
Zitat:Israelischer Siedlungsbau [SPIEGEL ONLINE RSS - Israelischer Siedlungsbau]

Alle Artikel, Hintergründe und Fakten


Kern des Konflikts

Seit 1967 hat Israel in den besetzten Gebieten auf dem Golan, im Westjordanland, im Gaza-Streifen sowie in Ost-Jerusalem jüdische Enklaven errichtet, die den Anspruch auf das gesamte biblische Land untermauern sollen. Aus Sicht der Palästinenser sind die Siedlungen eines der Haupthindernisse für die Lösung des Konflikts.
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Israel - von Lara - 08.04.2007, 23:00
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RE: Israel - von Schneemann - 25.07.2023, 10:27
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RE: Israel - von Kongo Erich - 23.11.2024, 14:15
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