27.08.2009, 13:48
Ich hasse ideologische Diskurse, weil die Leute da immer vergessen (sofern sie es denn jemals konnten), auf Sachlichkeit, Begriffsgenauigkeit und Differenziertheit zu achten.
Antisemitismus: Rassistische Geisteshaltung, die als spezifische Manifestation der pauschalen/rassistischen Judenfeindlichkeit diese religiöse und ethnische Entität in toto verdammten, stigmatisierten und diskreditierten und dies inkludiert Handlungsweisen (Praxen) und Charakteristika, die dieser Gruppe/Gemeinschaft als ganzem zu Unrecht attributiert werden.
Erfüllt dieser Artikel diese Definition?
Zur Erinnerung: Der Zahal, einem klar definierten institutionellen Akteur mit klaren Handlungsmustern, klaren Verantwortlichkeiten, sprich einer klaren Kontur, werden hier im Rahmen der Besatzung der Westbank klar benannte Verbrechen unterstellt bzw. angedichtet. Dabei wird ganz klar auf die vermeintliche "Praxis", die Handlungsweise einer bestimmten Gruppe von klar benannten Akteuren (Besatzungssoldateb) in ganz bestimmten Fällen (Tot von Aufständischen), verwiesen.
Das sind sehr böse Anschuldigungen gegen einen Staat und genauer gegen dessen Armee bzw. Armeeeinheiten, die in einem bestimmten Gebiet stationiert sind.
Wo die Äquivalenz zwischen der Beschuldigung eines institutionellen Akteurs mit Bezug auf bestimmte vermeintliche Tätigkeiten mit der pauschalen Diffamierung einer ganzen Ethnie besteht, sehe ich nicht. Es sind zwei voneinander klar unterscheidbare Sachverhalte. Immerhin bin ich auch kein Amerika-hassender Rassist, wenn ich der CIA oder der US-Army Verbrechen und oder Missverhalten unterstelle. Und auch Frau Del Ponte wird wohl kaum wegen ihrer Unterstellungen gegenüber der UCK, mit Organen serbischer Gefangener im Kosovokrieg gehandelt zu haben, als albanerhassende und hetzerische Rassistin heute dargestellt werden können.
Das wären allessamt politisierende Unterstellungen, die aber sachlich so schlichtweg nicht fundiert werden können.
Zudem, was die Sache mit den Mittelaltergeschichten angeht und die historischen Vorurteile: Organhandel ist heute fern ab von mittelalterlichen Darstellungen von Pogromen auch ein Thema "in anderen Teilen" der Welt. Der UCK wurde es unterstellt, China hat zugegeben, mit den Organen von Hingerichteten seine Krankenhäuser versorgt zu haben. Und eine Mafia und ein Schwarzmarkt in dieser Hinsicht wird wohl auch bestehen.
All das macht solch einen Artikel für mich schlicht nicht antisemitisch, sondern zu einer bösen Unterstellung gegenüber dem Staat Israel.
Und der Staat Israel ist nunmal nicht synomym zu gebrauchen mit allen Juden dieser Welt, was für mich eine recht klare Sache zu sein scheint, aber eben nicht bei allen angekommen ist. Denn sieht man es anders, dann tut man es nur, weil man sich verleiten läßt, den pauschalisierenden Grundgedanken von Antisemiten zu folgen und alles immer in einen Topf werfen zu müssen, frei nach dem Motto: Juden sind alle so und alle Juden sind so wie Israel. Solche Grundgedanken haben aber für mich eine so impliziert große Portion "völkischen Einheitsgedankens", das ich mich damit eben nicht anfreunden kann und dies nur als ideologisches Gerede ansehen kann. Denn wie gesagt, mit solchen Einheitsvorstellungen nutzt man dieselbe Gedankenwelt wie Antisemiten auch, man positioniert sich nur inhaltlich auf der anderen, negierenden Seite.
Ich aber halte mich lieber von solchen Gedankengängen fern.
Ergo: Der Artikel ist nicht per se antisemitisch. Er ist sicherlich stark antiisraelisch. Und was seine Wirkung angeht: Diejenigen, die sowieso in solch rassistischen Denkwelten denken, nicht zwischen Israel und den Juden an sich unterscheiden, brauchen auch diesen Artikel nicht mehr, um sich in ihrer Hasswelt bestätigt zu sehen. Die ist so oder so leider befestigt. Und diejenigen, die alles und jedes kritische Wort gegen Israel auch per se für antisemitisch halten, weil sie eben auch nicht unterscheiden wollen oder können zwischen der historischen Lage der Juden in Europa als Minderheit und ihrer damaligen und auch heutigen Verfolgung und Lage und der komplexen Konfliktstruktur Israels in der heutigen Zeit im Nahen Osten, werden dies eben auch nur für einen weiteren Beleg der ubiquitären Gefahr des Antisemitismus halten und wieder erst recht jede Kritik an Israel tendenziell für die erneute Vorbereitung eines Progroms in Köln wie anno 11xx halten und dagegen einschreiten, ganz gleich, was der eigentliche Kontext, was die originäre Problemlage war.
Der ganze Rest nun, der sich um solche ideologischen Diskurse nicht kümmert, wird einen solchen Artikel mehr oder weniger kritisch als Beleg für eine verfehlte israelische Politik oder eben auf der anderen Seite für eine internationale negative Sicht auf Israel werten.
Daher, lieber Schneemann, ja nach der ideologischen und perzeptiven Struktur des Geisteshorizonts des Rezipienten, wird ein solcher Artikel ganz unterschiedliche Wirkungen entfalten, jetzt mal diskursanalytisch und kommunikationstheoretisch gesprochen. Aber dafür müsste man sich eben auch mal von überkommenen, eingeimpften eigenen interpretativen Paradigmen lösen können....
Antisemitismus: Rassistische Geisteshaltung, die als spezifische Manifestation der pauschalen/rassistischen Judenfeindlichkeit diese religiöse und ethnische Entität in toto verdammten, stigmatisierten und diskreditierten und dies inkludiert Handlungsweisen (Praxen) und Charakteristika, die dieser Gruppe/Gemeinschaft als ganzem zu Unrecht attributiert werden.
Erfüllt dieser Artikel diese Definition?
Zur Erinnerung: Der Zahal, einem klar definierten institutionellen Akteur mit klaren Handlungsmustern, klaren Verantwortlichkeiten, sprich einer klaren Kontur, werden hier im Rahmen der Besatzung der Westbank klar benannte Verbrechen unterstellt bzw. angedichtet. Dabei wird ganz klar auf die vermeintliche "Praxis", die Handlungsweise einer bestimmten Gruppe von klar benannten Akteuren (Besatzungssoldateb) in ganz bestimmten Fällen (Tot von Aufständischen), verwiesen.
Das sind sehr böse Anschuldigungen gegen einen Staat und genauer gegen dessen Armee bzw. Armeeeinheiten, die in einem bestimmten Gebiet stationiert sind.
Wo die Äquivalenz zwischen der Beschuldigung eines institutionellen Akteurs mit Bezug auf bestimmte vermeintliche Tätigkeiten mit der pauschalen Diffamierung einer ganzen Ethnie besteht, sehe ich nicht. Es sind zwei voneinander klar unterscheidbare Sachverhalte. Immerhin bin ich auch kein Amerika-hassender Rassist, wenn ich der CIA oder der US-Army Verbrechen und oder Missverhalten unterstelle. Und auch Frau Del Ponte wird wohl kaum wegen ihrer Unterstellungen gegenüber der UCK, mit Organen serbischer Gefangener im Kosovokrieg gehandelt zu haben, als albanerhassende und hetzerische Rassistin heute dargestellt werden können.
Das wären allessamt politisierende Unterstellungen, die aber sachlich so schlichtweg nicht fundiert werden können.
Zudem, was die Sache mit den Mittelaltergeschichten angeht und die historischen Vorurteile: Organhandel ist heute fern ab von mittelalterlichen Darstellungen von Pogromen auch ein Thema "in anderen Teilen" der Welt. Der UCK wurde es unterstellt, China hat zugegeben, mit den Organen von Hingerichteten seine Krankenhäuser versorgt zu haben. Und eine Mafia und ein Schwarzmarkt in dieser Hinsicht wird wohl auch bestehen.
All das macht solch einen Artikel für mich schlicht nicht antisemitisch, sondern zu einer bösen Unterstellung gegenüber dem Staat Israel.
Und der Staat Israel ist nunmal nicht synomym zu gebrauchen mit allen Juden dieser Welt, was für mich eine recht klare Sache zu sein scheint, aber eben nicht bei allen angekommen ist. Denn sieht man es anders, dann tut man es nur, weil man sich verleiten läßt, den pauschalisierenden Grundgedanken von Antisemiten zu folgen und alles immer in einen Topf werfen zu müssen, frei nach dem Motto: Juden sind alle so und alle Juden sind so wie Israel. Solche Grundgedanken haben aber für mich eine so impliziert große Portion "völkischen Einheitsgedankens", das ich mich damit eben nicht anfreunden kann und dies nur als ideologisches Gerede ansehen kann. Denn wie gesagt, mit solchen Einheitsvorstellungen nutzt man dieselbe Gedankenwelt wie Antisemiten auch, man positioniert sich nur inhaltlich auf der anderen, negierenden Seite.
Ich aber halte mich lieber von solchen Gedankengängen fern.
Ergo: Der Artikel ist nicht per se antisemitisch. Er ist sicherlich stark antiisraelisch. Und was seine Wirkung angeht: Diejenigen, die sowieso in solch rassistischen Denkwelten denken, nicht zwischen Israel und den Juden an sich unterscheiden, brauchen auch diesen Artikel nicht mehr, um sich in ihrer Hasswelt bestätigt zu sehen. Die ist so oder so leider befestigt. Und diejenigen, die alles und jedes kritische Wort gegen Israel auch per se für antisemitisch halten, weil sie eben auch nicht unterscheiden wollen oder können zwischen der historischen Lage der Juden in Europa als Minderheit und ihrer damaligen und auch heutigen Verfolgung und Lage und der komplexen Konfliktstruktur Israels in der heutigen Zeit im Nahen Osten, werden dies eben auch nur für einen weiteren Beleg der ubiquitären Gefahr des Antisemitismus halten und wieder erst recht jede Kritik an Israel tendenziell für die erneute Vorbereitung eines Progroms in Köln wie anno 11xx halten und dagegen einschreiten, ganz gleich, was der eigentliche Kontext, was die originäre Problemlage war.
Der ganze Rest nun, der sich um solche ideologischen Diskurse nicht kümmert, wird einen solchen Artikel mehr oder weniger kritisch als Beleg für eine verfehlte israelische Politik oder eben auf der anderen Seite für eine internationale negative Sicht auf Israel werten.
Daher, lieber Schneemann, ja nach der ideologischen und perzeptiven Struktur des Geisteshorizonts des Rezipienten, wird ein solcher Artikel ganz unterschiedliche Wirkungen entfalten, jetzt mal diskursanalytisch und kommunikationstheoretisch gesprochen. Aber dafür müsste man sich eben auch mal von überkommenen, eingeimpften eigenen interpretativen Paradigmen lösen können....