28.07.2009, 21:33
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Zitat:28.07.2009, 20:26 Uhreine gute Analyse - auch wenn sie im Wesentlichen nur die Thesen bestätigt, die ich seit Jahren hier im Forum und auf unserer Hauptseite vertrete :lol:
Essay
Profiteure der Krise
von Andreas Rinke
Die Weltwirtschaftskrise ist ein Weckruf, es schält sich eine neue Weltordnung heraus: Nach der Rezession werden die USA schwächer, während China und weitere Länder stärker dastehen. Auch geopolitisch gewinnen sie an Einfluss.
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Die Krise trifft einige Staaten erkennbar stärker als andere. Keineswegs schrumpfen alle Volkswirtschaften in diesem Jahr. Und je länger die Krise dauert, desto klarer wird, wen sie im Endeffekt sogar stärkt und wen sie schwächt.
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Als Faustregel für den Grad der Betroffenheit gilt dabei: Wer sich international übermäßig verschuldet hat, muss dies nun teuer bezahlen. Wer seinen Staatsetat vor allem aus den Einnahmen von Rohstoffverkäufen speist, leidet massiv unter dem Preisverfall auf den Weltmärkten. Wer dagegen über Kapital verfügt, kann seine finanzielle Macht gewinnbringend einsetzen.
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Aber noch deutlicher werden die geopolitischen Verschiebungen der Krise, wenn man einen Blick auf die drei wichtigsten Atom- und Uno-Mächte wirft - USA, China und Russland, zugleich die drei Staaten, die anders als die EU wirklich internationale strategische Ambitionen haben. In den vergangenen Monaten haben sie sich massiv auseinanderentwickelt.
USA
Noch im Jahr 2003 wurde die Supermacht als "Empire" angesehen. Viele zerbrachen sich den Kopf über die Folgen einer anscheinend unvermeidbaren unipolaren Weltordnung. Doch nun erreicht die Verschuldung der USA eine Dimension, die schwindelig macht. Plötzlich erscheint die Supermacht als ein Koloss auf tönernen Füßen, besser würde man wohl sagen: auf zwei sehr dünnen Beinen. Das eine steht für die wachsende finanzielle Abhängigkeit von ausländischen Kapitalgebern, das andere für die Schwäche der Realwirtschaft: Wichtige Teile der Industrie sind kaum noch wettbewerbsfähig. Über lange Jahre wird sich die US-Politik vor allem mit einem Thema beschäftigen müssen: der Beseitigung der Lasten, die auch nach dem Abklingen der akuten Krise nicht von selbst verschwinden.
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... auch Obama dürfte kaum an die naive These glauben, China müsse einfach aus Eigeninteresse immerfort das amerikanische Defizit ausgleichen und den US-Dollar schon deshalb stützen, weil es den Wert der eigenen Devisenanlagen nicht gefährden wolle. In Wirklichkeit wird China sein Anlageverhalten Schritt für Schritt verändern und die USA die wachsende Abhängigkeit spüren lassen.
Russland
Russland steht derzeit von den drei betrachteten Ländern am schlechtesten da. Die wachsende Nachfrage nach Öl und Gas hatte zwar den wirtschaftlichen und politischen Abstieg seit dem Zerfall der Sowjetunion gestoppt.
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Nun aber zeigt sich, auf welch schwachem Fundament Russland steht. Gleichen die USA einem Koloss auf zwei dünnen Beinen, erinnert die zweitgrößte Atommacht der Welt an einen Riesen, der nur auf einem einzigen dünnen Beinchen steht, den Rohstoffeinnahmen.
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China
Dieses Land ist eindeutiger Gewinner der Krise. Sicher, auch hier brach der Exportsektor ein, es gibt enorme soziale Spannungen durch die Kluft zwischen dem reichen Osten und dem armen Westen, zwischen Stadt und Land. Aber die OECD sagte Ende Juni voraus, dass sowohl China als auch Indien in diesem Jahr ein erhebliches Wachstum erzielen werden. Ein Grund dafür ist der sehr viel größere Binnenmarkt der Milliardenvölker. Deshalb hat der Einbruch der chinesischen Ausfuhren bei weitem nicht die katastrophale Folge wie etwa in dem sehr viel kleineren Japan, das auch noch mit der Perspektive einer stetig alternden, bald schrumpfenden Bevölkerung zu kämpfen hat.
Zudem scheint das riesige Investitionsprogramm in China besser und schneller anzuschlagen als in anderen Ländern, ...
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Nicht ohne Grund lässt China Militärschiffe am Horn von Afrika auftauchen und Flugzeugträger bauen. Nicht ohne Grund verhandelt es überall über den Aufbau von eigenen Handelsstützpunkten, die sich nach Meinung von BND-Chef Uhrlau künftig auch in Militärbasen umwandeln lassen. Indien folgt mit einigen Jahren Rückstand.
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... Auch Brasilien hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu einem wichtigen internationalen Spieler entwickelt. Mit einer eigenen leistungsfähigen Luftfahrtindustrie und als großer Automobilstandort ist es längst ein ernsthafter Konkurrent für westliche, aber auch asiatische Produzenten geworden. Daneben verfügt es über enorme Rohstoffvorkommen und hat erst damit begonnen, die Öl- und Gaslager vor der eigenen Küste zu entwickeln. Anders als Russland verfügt es bereits über mehr als ein Standbein.
Sehr groß war die Aufmerksamkeit der westlichen Medien im Juni nicht, als sich die Präsidenten der vier sogenannten Bric-Staaten China, Indien, Russland und Brasilien in Jekaterinenburg trafen. Der Gipfel hätte mehr Interesse verdient.
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