Türkei
Der Kurs der Regierung Erdogan bezüglich Israel ist nicht gut, er gefährdet das Bündnis der Türkei mit Israel und den USA, und isoliert die Türkei außenpolitisch unnötig. Gerade aufgrund des Wiedererstarkens der PKK, die von Syrien offen unterstützt wird, ist dieses Bündnis für die Türkei durchaus wertvoll.


@Thomas Wach

Zitat:Wenn man aber die Pressemeldungen der letzten Tage etwas sichtet, so war da auch von Waffenfunden die Rede.

Waffenfunde kann man auch inszenieren...


Zitat:Angesichts der dominanten Rolle und der auch gewaltsamen Historie des Militärs in der türkischen Politik, scheinen hinter den Verdächtigungen durchaus auch Substanz zu stecken.

Die Historie des türkischen Militärs ist nicht so gewaltsam, wie es deine Aussage impliziert.
Gewiss, es hat in der Türkei schon mehr als einen Militärputsch gegeben, aber – warum?
1960 putschte das türkische Militär, um in letzter Minute eine Diktatur zu verhindern, der damalige Ministerpräsident Menderes hatte bereits ein Ermächtigungsgesetz proklamiert. Fünf Jahre zuvor hatte es bereits in Istanbul ein Progrom gegeben, in dessen Folge die griechische Kultur dort fast völlig erlosch. Die übrigens demokratisch gewählte Regierung von Menderes soll an dem Progrom zumindest mitbeteiligt, es nach einigen Quellen sogar erst organisiert haben.
Dies spielte übrigens nach seiner Absetzung auch eine wichtige Rolle im Prozess gegen Menderes.
Schon hier stellt sich die Frage, wer denn „gewaltsam“ war: Das türkische Militär, das im folgenden Jahr und nach Einführung einer neuen Verfassung die Macht wieder an eine zivile Regierung abgab, oder die Regierung, die an einem Progrom gegen die griechische Minderheit beteiligt war, und die später versucht hatte, jegliche Opposition auszuschalten?
1971 griff das türkische Militär wieder in die Politik ein und setzte repressive Maßnahmen gegen die Bevölkerung durch, aber es war vorher zu einer Zunahme linker und rechter Terroraktivitäten gekommen.
Der nächste Militärputsch erfolgte 1980, vor dem Hintergrund innenpolitischer Instabilität und von links- wie rechtsextremistischen Terroraktivitäten. Wohl aus diesem Grund verhängte das türkische Militär nach seinem Putsch das Kriegsrecht, und ging gewaltsam gegen kurdische Separatisten und linke Oppositionelle vor. Im November 1982 übergab die verantwortliche Militärjunta ihre Macht jedoch wieder an eine zivile Regierung.
Übrigens haben die türkischen Streitkräfte – denen du eine gewaltsame Historie bescheinigst – nie einen Angriffskrieg geführt. In den 2.Weltkrieg stieg die Türkei erst in der Schlussphase und wohl eher symbolisch auf Seiten der Aliierten ein, und das Kosovo und Zypern waren eher Interventionen.
Zudem: Das türkische Militär hat nach seinen Interventionen in der türkischen Politik immer wieder rasch die Macht an zivile Regierungen zurückgegeben. Das ist nicht immer so selbstverständlich. In Griechenland etwa gab die dortige Junta ihre Macht erst zurück, nachdem sie die Krise um Zypern – die in leichter Form noch bis heute andauert – verbrochen hatte und moralisch völlig bankrott war.


Zitat:Zudem wurden da zum Teil Leute in den Fokus genommen, die durchaus schon Dreck am Stecken hatten und doder mit denen zu tuen hatten (Susurluk Skandal).

Gerader letzter Punkt ist bedenklich: Weil man jemanden kennt, der Dreck am Stecken hat, soll man automatisch verdächtig sein? Krank...
Aber du kannst uns auch sicher erklären, inwieweit besagte Personen "Dreck am Stecken" hatten.


Zitat:Die Auseinadersetzung zwischen weichgespülten Islamisten und autoritären Militärs ist insgesamt betrachtet wohl so schlecht nicht.

Die Türkei hätte ohne Intervention ihres autoritären Militärs mit seiner „gewaltsamen Historie“ wohl schon längst eine Diktatur oder einen Bürgerkrieg erlebt.
Gewiss, man mag die Rolle der türkischen Streitkräfte in der türkischen Politik kritisch sehen, aber es ist trotzdem nicht klug, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben. Bedenke, das der Belzebub auch ein Teufel ist!


Zitat:Die Islamisten erhalten so beständigen Gegenwind und die verkrusteten und korrupten Strukturen des autoritären radikalsäkularen Establishment werden weiter aufgebrochen und die Macht des Militärs weiter unterminiert.

So kam ein Khomenei im Iran an die Macht...


Zitat:Sofern das ganze nicht völlig eskaliert und auf eine der beiden Seite kippt, gibt es für die Entwicklung der türkischen Demokratie, auch im Hinblick auf europäische Perspektiven, sicher sehr viel schlechteres.

Das kann zu leicht kippen, vor allem aufgrund der völligen Polarisierung beider Seiten. Es sind durchaus schon Warnungen vor einem möglichen Bürgerkrieg in der Türkei laut geworden.
Diese extreme Polarisierung ist jedenfalls nicht gut – weder für die Türkei, noch für türkische Demokratie oder für Europa.


@Skywalker

Zitat:Ich bin mir nicht wirklich sicher das hinter den Ermittlungen eine Substanz steckt, seien wir mal ehrlich die AKP kontrolliert mittlerweile grosse Teile der staatlichen Institutionen. Die türkische Polizei die die Ermittlungen führt ist ohnehin von oben bis unten von Islamisten unterwandert.

Wie weit geht diese Kontrolle der AKP über die staatlichen Institutionen, und wie manifestiert sie sich? Sind auch die türkischen Streitkräfte davon betroffen?


Zitat:Ich gehe mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 - 100% davon aus das das Szenario eintritt das die Türkei auf einer der beiden Seiten kippt, auf jeden Fall wird sich die Türkei nicht zu einer europäisch geprägten Demokratie entwickeln !

Was erwartest du, wie und auf welche Seite die Türkei kippt, und mit welchen Folgen?
Wie gross ist die Gefahr, das es angesichts dieser Polarisierung zu einem Bürgerkrieg und/oder zu einer Spaltung der Türkei kommt?


Zitat:Wichtige strukturelle Reformen wie im Bereich der Gewaltenteilung und Reformen zur Stärkung des Mehrparteiensystems wurden seit dem Amtsantritt der Regierung Erdogan imm Jahr 2002 nicht im Angriff genommen.

Eine angeblich so demokratische Regierung wie die Regierung Erdogan müsste doch ein Interesse daran haben, das derartige Reformen durchgeführt und die verkrustete Strukturen, auf die sich hier wohl Thomas Wach bezog, durch sie aufgebrochen werden!
Warum ist da nichts geschehen? Kann es sein, das die Regierung Erdogan schon aus Gründen des Machterhalts nicht wirklich an solchen Reformen interessiert ist?


Zitat:Immer noch haben Regierung und Staatspräsident ein wichtiges Wort bei der Besetzung von Posten im Staatsdienst mitzureden, weiterhin können die Parteiführer innerhalb der eigenen Partei wie unangefochten wie Diktatoren herrschen und ihre innerparteiliche Opposition kleinhalten.

Daran wird sich – wieder aus Gründen des eigenen Machterhalts – auch nichts ändern.
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