05.12.2007, 14:32
@Nightwatch
Du hast nicht wirklich verstanden, worauf ich hinaus wollte, was mich auch nicht wundert, weil man bestimmte Probleme gerne unter den Teppich kehrt.
Zum ersten: Auch und gerade die Massenmedien werden von Menschen gemacht, die nie objektiv sind und deren Wahrnehmungshorizont, deren Einstellungen man sich immer vor Augen halten muss. Und man muss das genauso auch bei der dazugehörigen Kritik machen! Nur so kann man entsprechend sachlich argumentieren, wenn man eben sich der eigenen Vorverständnisse und selektiven Wahrnehmungen bewusst ist! Und das sind allesamt verdammt wichtige Angelegenheiten! Perception matters!! Und das spielt eine enorm wichtige Rolle bei Konflikten und sonstigen menschlichen Handlungen. Einfach mal darüber nachdenken, das sollte helfen und dann wirst du nicht mehr dazu kommen zu sagen, dass das alles sinnfrei ist.
Daher: Deine Kritik ist absolut legitim am Spiegel oder auch an den Geheimdienstberichten. Nur, weil ich so pedantisch bin, wollt ich halt mal daran erinnern, dass man auch deine Kritik kritisieren kann. Nichts weiter. Auch deine Kritik ist selektiv und all die Gewissheiten, mit denen du argumentierst (wenn wir nicht bomben, haben die die Bombe) sind nur Spekulationen, die man kritisieren kann.
Das sozusagen als Einleitung.
Israelis Außenpolitik ist definitiv nicht zu Recht militarisiert. Das ist so ein schönes Beispiel dafür, dass bestimmte Wahrnehmungen ein Eigenleben entwickeln und irgendwann nicht mehr viel mit der Realität zu tun haben. Schon die Notwendigkeit des Libanonkrieges 1982 kann man diskutieren. Und die gesamte israelische Politik ist seit 1990, seitdem die SU zusammengebrochen ist und Israel nur noch von labilen, schwachen arabischen Staaten umgegeben sind, die fast alle an der Leine Washingtons hängen, allemal fundamentale Kritik wert. Und wenn man dann kommt mit diesem ewig alten Argument aus den Gründungsjahren Israels (wenn wir nicht kämpfen würden, gehen wir unter), dann ist das eine lächerliche Fortschreibung von Wahrnehmungen, die mit der "neuen Realität" nichts zu tun haben. Wie gesagt, hier hat sich eine ehemals absolut gerechtfertigte Wahrnehmung aus den Zeiten der umkämpften Gründung Israels derart in die Köpfe der Leute festgefressen, dass man dieselben Muster immer noch anwendet, obwohl heute eine ganz andere Situation herrscht. Und das ist der springende Punkt. 1948, beim Kampf ums Überleben, oder auch noch in den 1950-1970er Jahren hatte diese Wahrnehmung reale Hintergründe. Und jetzt? Wer soll Israel denn zerstören? Labile Staaten, die Hamas mit ihren Milizen? Hier nutzt man die Politik, die Ansätze und die Vorstellungen aus den 1940er bis 1970er Jahren um in einer ganz anderen Umgebung und bei anderen Kostellationen Politik zu machen. Dass das nicht gut klappt, sieht man ja. Wie gesagt, Israel ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass: perception matters!
Und hier sind wir also beim Iran: Meine und deine Schilderungen unterscheiden sich in einem wichtigen Punkt: Du nimmst eine bestimmte politische Position und hälst sie für überzeugend. Ich versuche dagegen das ganze aufzuknebeln, schau mir die Struktur der Beziehungen an als Gesamtzusammenhang, nehme die Sichtweisen der Akteure und gucke dann welche Inkongruenzen da so existieren. Und ich komme dann schnell auf den Ast, dass - weil das alles in der Schwebe ist - bestimmte Wahrnehmungen bei bestimmten Akteuren den Fortgang der Entwicklung auch demenstprechend beeinflußen kann - und schwupps hat man ne self-fullfilling prophecy.
Klar skizziere ich hier bestimmte Umstände, aber ich fundiere das halt anders als du bzw. du analysierst das ganze halt nicht. Ich frage nach den diversen iranischen Motiven, nach möglichen Wechselwirkungen von Missverständnissen, Wahrnehmungen, Handlungen... du setzt da hin: Bombe oder bomben, Punkt Aus Ende. Da sind schon ein paar Unterschiede bei den Argumentationen da...
@ Erich
Bezüglich Iran. Sicher, die Frage der Trennung von Staat und Kirche ist da wichtig, aber letztlich ist Iran ein fragiles Transformationsland, will heißen: Viel soziale Veränderungen gegen viele alte, beharrliche Strukturen und Konventionen der Gesellschaft. Viele junge Leute, viel Unzufriedenheit, viel Potential für Radikalisierung und damit auch für die Aufstachelung wider fremden Sündenböcken. Das könnte man ewig fortsetzen. Letztlich hat die relativ radikale Position des Irans endogene und externe Gründe. Endogen: Eben die inneren Widersprüche und Spannungen zwischen íslamistischer, erstarrter, konservativer Theokratie und sich entwicklender, sich modernisierender, jung-dynamischer Gesellschaft. Extern: Eine übermächtige USA, die sich weiter in den Nahen Osten frisst und die dem Iran feindlichen, sunnitischen Regime unterstützt und auch bewaffnet...
Du hast nicht wirklich verstanden, worauf ich hinaus wollte, was mich auch nicht wundert, weil man bestimmte Probleme gerne unter den Teppich kehrt.
Zum ersten: Auch und gerade die Massenmedien werden von Menschen gemacht, die nie objektiv sind und deren Wahrnehmungshorizont, deren Einstellungen man sich immer vor Augen halten muss. Und man muss das genauso auch bei der dazugehörigen Kritik machen! Nur so kann man entsprechend sachlich argumentieren, wenn man eben sich der eigenen Vorverständnisse und selektiven Wahrnehmungen bewusst ist! Und das sind allesamt verdammt wichtige Angelegenheiten! Perception matters!! Und das spielt eine enorm wichtige Rolle bei Konflikten und sonstigen menschlichen Handlungen. Einfach mal darüber nachdenken, das sollte helfen und dann wirst du nicht mehr dazu kommen zu sagen, dass das alles sinnfrei ist.
Daher: Deine Kritik ist absolut legitim am Spiegel oder auch an den Geheimdienstberichten. Nur, weil ich so pedantisch bin, wollt ich halt mal daran erinnern, dass man auch deine Kritik kritisieren kann. Nichts weiter. Auch deine Kritik ist selektiv und all die Gewissheiten, mit denen du argumentierst (wenn wir nicht bomben, haben die die Bombe) sind nur Spekulationen, die man kritisieren kann.
Das sozusagen als Einleitung.
Israelis Außenpolitik ist definitiv nicht zu Recht militarisiert. Das ist so ein schönes Beispiel dafür, dass bestimmte Wahrnehmungen ein Eigenleben entwickeln und irgendwann nicht mehr viel mit der Realität zu tun haben. Schon die Notwendigkeit des Libanonkrieges 1982 kann man diskutieren. Und die gesamte israelische Politik ist seit 1990, seitdem die SU zusammengebrochen ist und Israel nur noch von labilen, schwachen arabischen Staaten umgegeben sind, die fast alle an der Leine Washingtons hängen, allemal fundamentale Kritik wert. Und wenn man dann kommt mit diesem ewig alten Argument aus den Gründungsjahren Israels (wenn wir nicht kämpfen würden, gehen wir unter), dann ist das eine lächerliche Fortschreibung von Wahrnehmungen, die mit der "neuen Realität" nichts zu tun haben. Wie gesagt, hier hat sich eine ehemals absolut gerechtfertigte Wahrnehmung aus den Zeiten der umkämpften Gründung Israels derart in die Köpfe der Leute festgefressen, dass man dieselben Muster immer noch anwendet, obwohl heute eine ganz andere Situation herrscht. Und das ist der springende Punkt. 1948, beim Kampf ums Überleben, oder auch noch in den 1950-1970er Jahren hatte diese Wahrnehmung reale Hintergründe. Und jetzt? Wer soll Israel denn zerstören? Labile Staaten, die Hamas mit ihren Milizen? Hier nutzt man die Politik, die Ansätze und die Vorstellungen aus den 1940er bis 1970er Jahren um in einer ganz anderen Umgebung und bei anderen Kostellationen Politik zu machen. Dass das nicht gut klappt, sieht man ja. Wie gesagt, Israel ist ein wunderbares Beispiel dafür, dass: perception matters!
Und hier sind wir also beim Iran: Meine und deine Schilderungen unterscheiden sich in einem wichtigen Punkt: Du nimmst eine bestimmte politische Position und hälst sie für überzeugend. Ich versuche dagegen das ganze aufzuknebeln, schau mir die Struktur der Beziehungen an als Gesamtzusammenhang, nehme die Sichtweisen der Akteure und gucke dann welche Inkongruenzen da so existieren. Und ich komme dann schnell auf den Ast, dass - weil das alles in der Schwebe ist - bestimmte Wahrnehmungen bei bestimmten Akteuren den Fortgang der Entwicklung auch demenstprechend beeinflußen kann - und schwupps hat man ne self-fullfilling prophecy.
Klar skizziere ich hier bestimmte Umstände, aber ich fundiere das halt anders als du bzw. du analysierst das ganze halt nicht. Ich frage nach den diversen iranischen Motiven, nach möglichen Wechselwirkungen von Missverständnissen, Wahrnehmungen, Handlungen... du setzt da hin: Bombe oder bomben, Punkt Aus Ende. Da sind schon ein paar Unterschiede bei den Argumentationen da...
@ Erich
Bezüglich Iran. Sicher, die Frage der Trennung von Staat und Kirche ist da wichtig, aber letztlich ist Iran ein fragiles Transformationsland, will heißen: Viel soziale Veränderungen gegen viele alte, beharrliche Strukturen und Konventionen der Gesellschaft. Viele junge Leute, viel Unzufriedenheit, viel Potential für Radikalisierung und damit auch für die Aufstachelung wider fremden Sündenböcken. Das könnte man ewig fortsetzen. Letztlich hat die relativ radikale Position des Irans endogene und externe Gründe. Endogen: Eben die inneren Widersprüche und Spannungen zwischen íslamistischer, erstarrter, konservativer Theokratie und sich entwicklender, sich modernisierender, jung-dynamischer Gesellschaft. Extern: Eine übermächtige USA, die sich weiter in den Nahen Osten frisst und die dem Iran feindlichen, sunnitischen Regime unterstützt und auch bewaffnet...