Türkei
Ich denke auch, dass der Politikwissenschaftler damit ausdrücken wollte, dass die kemalistischen Eliten die "westlichen Werte" ziemlich oberflächlich aufgenommen haben, indem sie es nur im Lifestyle, nicht aber im politisch-gesellschaftlichen Sinne übernommen haben.

Westlicher Lifestyle : ja

Pluralismus, Individualität und indiviudelle Verantwortung, Aufklärung, Abschaffung staatlicher Bevormundschaft, kritisches Hinterfragen, Minderheitenrechte : nein

So sind die kemalistischen Eliten orientiert. Sie sind säkular in dem Sinne, dass sie eine sehr radikale Trennung von Staat und Religion wollen, aber irgendwie einer "Ersatzreligion", nämlich dem Kemalismus oder Antireligiösem verbohrt verfallen sind.

Die Orientierung der Kemalisten an autoritären-militaristischen Strukturen, Nationalismus, monotoner Kultur, Unterdrückung von Minderheiten und das Verlangen nach Assimilierung aller Gruppen in den türkischen Nationalismus und Kemalismus, hat nämlich nichts mit einer demokratischen Idee zu tun.

Die traditionelle Merheitsbevölkerung aber sehnt sich nach Stabilität, will auch zur Geltung kommen, ist bereit Kompromisse einzugehen, ist dem Säkularismus nicht feindlich gesinnt, will aber auch nicht ignoriert werden (indem Kopftuchträgerinnen z.B. keinen Einlass in den Universitäten oder dem Arbeitsmarkt bekommen), hat die militärische Bevormundschaft satt, ist an Rechtsstaatlichkeit und Demokratie nach europäischem Vorbild interessiert. Sie sieht keinen Widerspruch zwischen säkularer Demokratie und Religion.

Die Kemalisten folgen keinem aufklärerischen, toleranten Säkularismus, der allen Gruppen die selben Rechte eingesteht, sondern einer säkularen Staatsreligion.

So in etwa habe ich den Herrn Alpay verstanden und so sehe ich das ehrlich gesagt auch.
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema

Gehe zu: