Polen
Nun ja, diese Nähe zwischen den USA und Polen ist eher etwas ambivalent. Polen sieht in den USA (im Rahmen der NATO) einen wichtigeren Verbündeten als in den Westeuropäern, was aber vor allem mit dem Hofieren Polens (und anderer osteuropäischer Staaten) während der Ära von Bush jr. und mit dem Bedürfnis Polens, die USA auf seiner Seite zu wissen, zu tun hat, letzteres vor allem wegen des tiefen Misstrauens vieler Polen gegenüber Russland. Mittlerweile ist dieses Konzentrieren auf Polen nicht mehr so eminent, vor allem weil die Trump-Administration sich eigentlich um Osteuropa kaum schert (und auch gesamt um Europa viel weniger als frühere US-Regierungen).

Was das Gesetz betrifft, so ist es einerseits verständlich, dass man in Polen die NS-Todeslager, wie Auschwitz-Birkenau, eben nicht als "polnische Lager" angesprochen sehen möchte, auch wenn sie in Polen stehen. Das ist sicherlich nachvollziehbar. Hierzu muss man wissen: Polen war jenes Land, dass prozentual entsprechend seiner Vorkriegsbevölkerung die höchsten Zivilopfer im Zweiten Weltkrieg zu beklagen hatte, und ist zugleich jenes Land, dass die meisten "Gerechten unter den Völkern" (s. Yad Vashem), d. h. Menschen, die Juden halfen, hervorbrachte. Das ist die eine, die ruhmreiche Seite.

Problematisch allerdings ist, dass es eine rechtliche Grauzone im Rahmen dieses Gesetzes gibt, hinsichtlich der man rein theroretisch dafür bestraft werden könnte, wenn man Polen in irgendeiner Art und Weise mit dem Holocaust in Verbindung bringt. Und dies ist historisch eben falsch, allen NS-Gräueltaten zum Trotz, und auch rechtlich-gesellschaftlich nicht korrekt, wenn vor diesem Hintergrund jede Äußerung dahingehend, dass es eben leider auch eine polnische Unterstützung des Holocaust - und es gab eben auch polnische Unterstützer, Kapos, Hiwis und Antisemiten - gegeben hat, die Juden töteten oder den Deutschen zuarbeiteten, kriminalisiert werden könnte. Die Pogrome in Jedwabne (1941) und jenes in Szczuczyn (1941) sind die bekannteren Fälle. Daneben gab es auch nach der Befreiung Polens durch die Rote Armee (ab 1944) eine Vielzahl von kleineren Pogromen in kleineren Städten, denen bis zu 2.000 Menschen zum Opfer gefallen sein sollen.

Und genau dagegen, also dass diese polnischen Übergriffe gegen Juden (jenseits des NS-Terrorregimes) gesetzlich totgeschwiegen werden könnten, wehrt man sich in Jerusalem und auch in den USA.

Schneemann.
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Der Mord an Danzigs Bürgermeister Adamowicz schockiert zu Zeit Polen, nichtsdestotrotz - obgleich es sich möglicherweise nicht um eine politische, sondern mit gewisser Wahrscheinlichkeit um die Tat eines psychisch verwirrten Einzeltäters handelt - wird der Mord von verschiedenen Seiten bereits instrumentalisiert...
Zitat:Danziger Bürgermeister

"Sein Tod wird nicht umsonst sein"

Der ermordete Danziger Bürgermeister Adamowicz ist beigesetzt worden. Sein Tod hat Polen erschüttert - doch ob sich die hasserfüllte Atmosphäre der Debatten im Land nun ändert, ist zweifelhaft. [...]

Auf einer abendlichen Trauerkundgebung hatte die Witwe des Verstorbenen, Magdalena Adamowicz, auch daran erinnert, dass er nicht nur ein umtriebiger und leidenschaftlicher Bürgermeister, sondern auch ein zutiefst liberaler Mensch war. [...]

Die Berichterstattung im staatlichen Fernsehen, in der der Opposition die Alleinverantwortung für die Verrohung im Land zugeschoben wurde, führte zu abendlichen Protesten vor einer Warschauer Sendezentrale. Derweil verwahrt sich die politische Rechte im Lande dagegen, in Mithaftung genommen zu werden. Sie verweist darauf, dass auch die andere Seite polemisiere, und erklärt es für pietätlos, den Tod des Bürgermeisters noch vor dessen Beerdigung in einen solchen Zusammenhang zu stellen. [...]

Nach wie vor ist der genaue Hintergrund des Verbrechens unklar. Die Mutter des Messerstechers Stefan W. hatte sich vor der Haftentlassung an die Polizei gewandt und vor ihrem eigenen Sohn gewarnt - Warnungen, die offenbar nicht ernst genommen oder nicht entsprechend weitergeleitet wurden. Hier wären das Innen- oder das Justizministerium betroffen. [...] Aktenkundig ist eine psychische Vorerkrankung des Mannes, der auf Adamowicz mehrfach eingestochen hatte.
https://www.tagesschau.de/ausland/danzig...g-101.html

Schneemann.
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Der Zoff um die umstrittenen Justizreformen in Polen hat ja schon länger getobt - nun geht die EU-Kommission vor Gericht...
Zitat:Wegen Justizreformen

EU-Kommission verklagt Polen vor EuGH

Die EU-Kommission geht juristisch gegen Polen vor: Sie reichte Klage vor dem EuGH ein, da die Regierung in Warschau an ihrem umstrittenen Justizgesetz festhält. Die EU sieht die Unabhängigkeit der Gerichte in Gefahr. [..] Um keine Zeit zu verlieren, rief die Kommission die höchsten EU-Richter dazu auf, vor einem endgültigen Urteil bereits vorläufige Maßnahmen zu verhängen. [...]

Aus Sicht der EU-Kommission gibt es zwei Knackpunkte: Zum einen untergrabe das Gesetz zur Disziplinierung von Richtern die Unabhängigkeit polnischer Richter und stimme nicht mit dem Vorrang von EU-Recht überein. Zum anderen dürfe die Disziplinarkammer des obersten polnischen Gerichtshofs nicht weiter tätig sein, da sie möglicherweise nicht unabhängig sei."Ich bin zutiefst besorgt über die fortgesetzten Maßnahmen, die die Unabhängigkeit der Justiz in Polen untergraben", sagte Kommissionsvize Vera Jourova. Der Druck auf polnische Richter nehme immer weiter zu und ihre Unabhängigkeit werde zunehmend ausgehöhlt.
https://www.tagesschau.de/ausland/eu/eu-...m-103.html

Schneemann.
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Vor dem Hintergrund des Versuches des weißrussischen Regimes, die EU mit Flüchtlingen zu erpressen...
Zitat:Polen

Duda verhängt Ausnahmezustand an Grenze zu Belarus

Polens Präsident beschuldigt Belarus, Geflüchtete an die EU-Außengrenze zu bringen. Nachdem er einen Zaun errichten ließ, um sie abzuhalten, ruft er nun den Notstand aus. [...] Polens Präsident Andrzej Duda beschuldigt Belarus, Geflüchtete aus dem Nahen Osten an die EU-Außengrenze zu bringen. Dort wurde bereits ein Zaun gebaut. Nun verhängte Duda dort auch noch den Ausnahmezustand. Sein Sprecher begründete den Schritt mit zunehmenden Versuchen von Migranten aus dem Irak und Afghanistan, aus dem östlichen Nachbarland illegal über die Grenze nach Polen zu gelangen. Der Notstand gilt ab sofort und für 30 Tage in Gemeinden, die bis zu drei Kilometer von der Grenze entfernt liegen. [...]

Es ist das erste Mal seit der politischen Wende 1989 in Polen, dass das Staatsoberhaupt einen solchen Ausnahmezustand verhängt. Durch ihn soll nach Angaben von Regierungschef Mateusz Morawiecki die "Undurchlässigkeit" der Grenze besser gewährleistet und "aggressiven Handlungen und Provokationen" vorgebeugt werden, die vom belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko ausgingen. [...] Im August verhinderte Polens Grenzschutzbehörde nach eigenen Angaben den illegalen Übertritt von 2.500 Menschen aus Belarus. Weitere fast 1.000 "illegale Immigranten" habe man an der polnisch-belarussischen Grenze festgenommen. Die meisten von ihnen stammten zuletzt aus dem Irak, teilte die Behörde mit. Im August 2020 sei kein einziger Versuch registriert worden, die Grenze rechtswidrig zu überqueren. Nach Litauen begann inzwischen auch Polen mit dem Bau eines zweieinhalb Meter hohen Stacheldrahtzauns an seiner mehr als 400 Kilometer langen Grenze zu Belarus.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2021...-migration

Schneemann.
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Gesprach mit Herrn Andrzej Duda , Präsident der Republik Polen
Elysee Paris (französisch)
Der Präsident der Republik (Emmanuel Macron) hatte heute ein Arbeitsessen mit dem Präsidenten der Republik Polen, Herrn Andrzej Duda. Der Präsident der Republik möchte auf die Situation der Rechtsstaatlichkeit nach dem Urteil des polnischen Verfassungsgerichts und auf seine Bedenken hinsichtlich der Unabhängigkeit der Justiz zurückkommen.

Er hofft, dass im Anschluss an den Europäischen Rat ein intensiver Dialog geführt wird, um die Schwierigkeiten zu lösen, die sich aus diesem Urteil ergeben.

Die beiden Staatsoberhäupter tauschten sich auch über die wichtigsten aktuellen europäischen Themen aus: In Bezug auf Migrationsfragen erörterten sie die Situation an der Grenze zu Weißrussland und die Notwendigkeit, unsere Außengrenzen auf eine Art und Weise zu schützen, die sowohl effizient ist als auch unsere Werte respektiert; in Bezug auf Klimafragen betonten sie die Notwendigkeit, unsere Energiemodelle anzupassen, um die europäischen Treibhausgasemissionen zu begrenzen und unsere Unabhängigkeit von Drittländern zu stärken.

Die Bedeutung der Nutzung der Kernenergie zur Erreichung dieser beiden Ziele wurde besonders hervorgehoben.

Schließlich erörterten der Präsident der Republik und Präsident Andrzej DUDA das europäische Engagement in der Sahelzone. Der Präsident der Republik begrüßte insbesondere die Entscheidung Polens, sich der Takuba Task Force anzuschließen.
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In Polen hängt derzeit wirklich der Haussegen schief. Von der EU wegen der auch intern heftig umstrittenen Justizreform zu einer Millionenstrafe verdonnert...
Zitat:Streit um Justizreform

"Polen sollte nicht einen einzigen Zloty zahlen"

Der EuGH hat Polen wegen der Justizreform zu einer Strafzahlung in Millionenhöhe verdonnert. Doch Justizminister Ziobro denkt nicht daran, diese zu leisten. Es werde kein Geld nach Brüssel fließen, sagte er.

Polens Justizminister Zbigniew Ziobro hat es abgelehnt, die vom Europäischen Gerichtshofes (EuGH) verfügten Zwangsgelder zu zahlen. "Polen kann und sollte auch nicht nur einen einzigen Zloty zahlen", sagte er in Warschau. Der polnische Staat dürfe sich nicht "der Gesetzlosigkeit unterwerfen". [...] Premierminister Mateusz Morawiecki, der innerhalb der Regierungsfraktion als Gegenspieler des Justizministers gilt, äußerte sich bei einem eigenen Auftritt zum älteren Versprechen, die umstrittene Disziplinarkammer aufzulösen. Die Arbeiten dazu seien im Gange. Es könnten aber noch Monate vergehen, bis innerhalb der Regierungsfraktion ein Kompromiss gefunden sei.
https://www.tagesschau.de/ausland/europa...g-101.html

...und an der Ostgrenze mit Weißrussland im Clinch wegen Lukaschenkos Flüchtlingserpressung (und der Winter steht vor der Türe, was die Lage der im Grenzgebiet gestrandeten Flüchtlinge nicht verbessern wird)...
Zitat:Volunteers gather to help migrants at Poland-Belarus border ahead of winter

Hundreds of volunteers, doctors, lawyers, and local residents have been working together to help migrants trapped between Belarus and Poland.

At a makeshift warehouse inside the Polish town of Michalowo's fire station, locals can drop off dry winter clothes and food, and also provide legal help to the migrants whose survival is becoming increasingly difficult as temperatures drop. The response was set up after a group of mostly migrant children and women were sent into the woods, despite pleas for asylum.

"It is very important to show them solidarity, human warmth, that they are not alone. On the other hand, they are very afraid of the authorities and the border guards because when they meet them they are turned back to Belarus," said Marysia Zlonkiewicz, volunteer with the Border Group. The Polish Border group estimates there are hundreds of migrants on the Polish side and thousands on the Belarus border – most of them being sent back and forth "like footballs".
https://www.euronews.com/2021/10/28/volu...-of-winter

...wittern polnische Konservative im Inneren den Untergang des Abendlandes durch die Hintertüre...
Zitat:GEPLANTES DEMONTRATIONSVERBOT

LGBT-Bewegung in Polens Parlament mit Nazis verglichen

Vor dem Parlament in Warschau protestierten Menschen, weil Veranstaltungen wie Pride-Umzüge verboten werden könnten. Drinnen redeten Konservative von „Terror“ der LGBT-Bewegung. [...] Vor dem Parlament versammelten sich am Donnerstagabend mindestens 300 Menschen, berichtete die Tageszeitung Gazeta Wyborcz. Viele Teilnehmer schwenkten Regenbogenfahnen. Auf Transparenten stand etwa „Liebe kennt kein Geschlecht“. Am späten Abend beriet das Parlament in erster Lesung über den Gesetzesvorschlag. Vor dem Gebäude waren auch Unterstützer des Entwurfs. Die Polizei trennte beide Seiten. [...]

Entgleisung im Parlament

„LGBT beginnt seinen Marsch an die Macht, wie die NSDAP ihren Marsch an die Macht in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts begann“, sagte Krzysztof Kacprzak, der für die Initiative Stiftung Leben und Familie das Gesetzesprojekt im Parlament vorstellte. Sie hatte im Vorfeld die dafür nötigen 140.000 Unterschriften gesammelt. „Die LGBT-Bewegung will Terror einführen. Das sehen wir im Westen.“

Unterbrochen wurden Kacprzaks Ausführungen von Zwischenrufen wie „Hasssprache!“ und Gelächtern der Opposition. Unklar war zunächst, ob die Initiative durchs Parlament kommt. Eine Verabschiedung könnte eine neue Konfrontation Polens mit der EU bedeuten.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...08238.html

Schneemann
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So will die PiS die kommenden Wahlen in Polen gewinnen. Nach der Steilvorlage in Frankreich könnte das vermutlich klappen...

https://www.bild.de/politik/ausland/poli....bild.html
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Zumindest mit dem Nachbarn im Osten scheint man aktuell eine gewisse Aussöhnung anzustreben.
Zitat:WOLHYNIEN-MASSAKER

Polen und Ukrainer versöhnen sich nach 80 Jahren

„Wir vergeben und bitten um Vergebung“, hatten Polens Bischöfe 1965 den Deutschen zugerufen. Jetzt, kurz vor dem Gedenktag der Wolhynien-Massaker, richten die Ukrainer diese Worte an die Polen.

Kurz vor dem Gedenktag der „Massaker von Wolhynien“ am 11. Juli haben die Präsidenten Polens und der Ukraine in der gleichnamigen Grenzregion gemeinsam der Opfer gedacht. Andrzej Duda und Wolodymyr Selenskyj besuchten am Sonntag in Luzk in der Westukraine im Beisein von Kirchenführern aus beiden Ländern einen Gottesdienst und stellten in der Kathedrale Grablichter für die Opfer auf.

Die Massaker, verübt im Schatten der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs, wurden von 1943 an von Einheiten der „Ukrainischen Aufstandsarmee“ (UPA) begangen, die eine ethnische Säuberung, die Vertreibung oder Ermordung der Angehörigen der polnischen Minderheit in der Region erreichen wollten. Polnische Partisanen unternahmen Vergeltungsangriffe auf ukrainische Dörfer. Nach Schätzungen polnischer Historiker fielen den Massakern mindestens 80.000 Polen und 10.000 Ukrainer zum Opfer. Polens Parlament stellte 2013 in einer Resolution fest, die Morde von Wolhynien hätten „Züge eines Völkermords“ gehabt.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...24033.html

Schneemann
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Das kommt natürlich zur Unzeit, wenn die rechten Populisten der PiS, die Polen gerne als das Bollwerk gegen Migration darstellen - wobei da gerne mit dem Finger nach Berlin und Brüssel gezeigt wird -, so kurz vor den Wahlen sich mit einem eher unangenehmen Thema herumschlagen müssen.
Zitat:Poland’s ruling party under pressure over broadening visa scandal

Law and Justice acknowledges that hundreds of visas were sold illegally

A broadening visa scandal has put pressure on Poland’s right-wing government ahead of elections next month, fuelling the opposition’s claims that it has failed to curb illegal migration. 

The centre-right Civic Platform party, led by former prime minister Donald Tusk, has accused the ruling Law and Justice (PiS) party of tolerating a corruption scheme that illegally sold Polish visas at consulates around the world, despite trumpeting tough anti-immigration measures. The government has acknowledged that hundreds of visas were sold illegally, but argued that the numbers were much lower than those claimed by the opposition. It also sacked deputy foreign minister Piotr Wawrzyk over the affair and Poland’s public prosecution has charged seven people for corruption, three of whom have been detained. [...]

According to most recent polls, PiS is still ahead at about 37 per cent but has lost support ahead of the October 15 election, dropping seven points compared with the last election. Civic Platform is second, with 30 per cent of voting intentions, meaning they would each have to seek the support of other parties to form a coalition government. [...]

“The government created national hysteria that Poland was threatened with a flood of Muslims, that women would be raped by Arabs, that people would be afraid to go out on the streets,” said Adam Michnik, chief editor of newspaper Gazeta Wyborcza, who was one the significant players in Poland’s transition from communism to democracy.
https://www.ft.com/content/8a780e82-f29a...0a2e478522

Wobei man dazu sagen muss, dass die FT hier noch sehr vorsichtig argumentiert: Hinter vorgehaltener Hand könnten es auch nicht nur "hunderte", sondern "zehntausende" oder gar noch mehr Fälle von VISA-Verkauf sein, u. a. nach Afrika. Und der Vize-Außenminister Wawrzyk, den man geschasst hatte deswegen, soll einen Suizid-Versuch unternommen haben (?). Dazu: https://www.n-tv.de/politik/Bruessel-ste...08540.html

Schneemann
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Bei den Parlamentswahlen in Polen hat die PiS offenbar eine ziemliche Klatsche bekommen. Sie ist zwar noch stärkste Partei, hat aber empfindliche Verluste eingefahren und die absolute Mehrheit verloren. Und es ist gut denkbar, dass sie - wenn sich die Opposition einigt - auch die Macht verliert.

Es hat den Anschein, als wenn der Anti-Berlin- und Anti-EU-Kurs doch nicht so gut ankam wie zunächst angenommen und dass man das Spiel mit den Ressentiments übertrieben hat. Das kann einerseits daran liegen, dass man sich in Polen eben mehr vor Russland Sorgen macht und das parallele und sinnentleerte Bashing nach Westen nicht so richtig verstehen kann. Hinzu kommt auch, dass anscheinend vor allem die Jüngeren ihre Chancen und ihre Zukunft nicht gerade in den nationalkonservativen Tiraden von Hr. Kaczyński und Co. sehen, sondern im Westen und der EU.

In jedem Fall ein Wahlausgang, der mich durchaus etwas überrascht hat...
Zitat:POLENS REGIERUNGSPARTEI

Neue Prognose – PiS verliert absolute Mehrheit bei Parlamentswahl

Amtlich ist das Wahlergebnis in Polen noch nicht. Dafür bahnt sich eine Schlappe für die noch regierende PiS-Partei an. Zwar gewinnt sie nach Prognosen mit 36,6 Prozent, doch ein liberalkonservatives Drei-Parteien-Bündnis könnte Polen auf einen proeuropäischen Kurs bringen. [...]

Die PiS von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki wurde mit 36,6 Prozent der Stimmen stärkste Kraft, wie am Montagmorgen veröffentlichte Ergebnisse von Nachwahlbefragungen des Meinungsforschungsinstituts Ipsos zeigten. Auf dem zweiten Platz mit 31 Prozent lag demnach die oppositionelle liberalkonservative Bürgerkoalition (KO) des ehemaligen Ministerpräsidenten und früheren EU-Ratspräsidenten Donald Tusk. [...]

Die PiS liegt im Dauerstreit mit Brüssel und verärgerte Berlin mit Forderungen nach Weltkriegsreparationen. Die Opposition könnte Polen auf einen proeuropäischen Kurs bringen. [...] Die oppositionelle Bürgerkoalition (KO) kann laut Prognosen auf 161 Mandate zählen. Sie könnte mit dem christlich-konservativen Dritten Weg (13,5 Prozent) und dem Linksbündnis Lewica (8,6 Prozent) eine Koalition bilden. Das Dreierbündnis käme auf 248 Abgeordnete und hätte eine Mehrheit im Parlament.
https://www.welt.de/politik/ausland/arti...swahl.html

Schneemann
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(16.10.2023, 10:32)Schneemann schrieb: Bei den Parlamentswahlen in Polen hat die PiS offenbar eine ziemliche Klatsche bekommen. Sie ist zwar noch stärkste Partei, hat aber empfindliche Verluste eingefahren und die absolute Mehrheit verloren. Und es ist gut denkbar, dass sie - wenn sich die Opposition einigt - auch die Macht verliert.

Es hat den Anschein, als wenn der Anti-Berlin- und Anti-EU-Kurs doch nicht so gut ankam wie zunächst angenommen und dass man das Spiel mit den Ressentiments übertrieben hat. Das kann einerseits daran liegen, dass man sich in Polen eben mehr vor Russland Sorgen macht und das parallele und sinnentleerte Bashing nach Westen nicht so richtig verstehen kann. Hinzu kommt auch, dass anscheinend vor allem die Jüngeren ihre Chancen und ihre Zukunft nicht gerade in den nationalkonservativen Tiraden von Hr. Kaczyński und Co. sehen, sondern im Westen und der EU.

In jedem Fall ein Wahlausgang, der mich durchaus etwas überrascht hat...
https://www.welt.de/politik/ausland/arti...swahl.html

Schneemann

Die Wahl entschieden hat wohl eher die Visaaffäre. Die hat das Wählerpotential der PiS sehr schwer getroffen. Und immerhin hat Tusk vor der Wahl versprochen dass nicht nur so etwas unter seiner Regierung nicht mehr passieren würde, sondern auch dass er die Asylpolitik der bisherigen Regierung nicht ändern will. Also keine Umverteilung innerhalb der EU etc. Ob er dies wirklich so umsetzt wird man sehen aber es hat wohl ausgereicht um der PiS die entscheidenen Wählerprozente abzunehmen. Für die kommende Tusk-Regierung dürfte dann die EU-Wahl die erste Meßlatte sein an der man sie bewerten kann.
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Das kann man gar nicht genug betonen: der Visaskandal hat gerade eben die PiS Wähler extrem aufgebracht. Ich kenne selbst einige Polen die sehr rechtskonservativ sind und die waren davon allesamt erschüttert.

Inzwischen verlangt ja selbst die EU hier Aufklärung, weil die korrupten polnischen Behörden anscheinend auch Schengen-Visa gegen Geldzahlung erteilt haben, die dann zur Weiterreise in andere EU Staaten und in einigen Fällen sogar zur Weiterreise in die USA verwendet wurden. Die polnischen Medien wurden deshalb ja ausgerechnet aus den USA über diese Unstimmigkeiten informiert, so hat die Sache ja überhaupt erst ihren Anfang genommen.

Auch unfassbar: als die Migranten an der polnisch-weißrussischen Grenze strandeten, verkauften dann polnische Unternehmen in Minsk Visa der polnischen Regierung an eben diese Migranten. Das ist für einen rechtsgerichteten Polen natürlich der Inbegriff von Verrat.

https://www.tagesschau.de/ausland/europa...u-100.html
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Es ist wohl auch so, zumindest weisen manche Berichte in diese Richtung, dass gerade die Partei, die sich "Recht und Gerechtigkeit" auf die Fahne geschrieben hat und die die antideutsch-chauvinistische Werbetrommel der nationalkatholisch-neosarmatischen Glückseligkeit bis hin zur Schamesröte bedient hat, im Hintergrund mit ihrer Vetternwirtschaft nicht nur einen VISA-Skandal produziert hat, sondern auch einen ziemlichen Korruptionshaufen produziert hat, gerade in den kleineren und mittleren Städten.

Und das hat zu einigem Unmut geführt. Vermutlich wird da in den nächsten Monaten noch mehr auffliegen.

Interessant könnte sein, wenn diese Dreierkoalition der Opposition sich einigt, wie es sich mit der Rüstungs- und Sicherheitspolitik verhält? Ich vermute mal, dass dann die Zusammenarbeit mit Deutschland wieder besser werden wird. Zumindest müssten wir wohl nicht mehr mit rechnen, dass wir uns beinahe entschuldigen müssen, nur weil wir Warschau Patriots zum Schutz gegen Russland anbieten...

Schneemann
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Auf jeden Fall sind viele Polen bereits jetzt extrem verärgert, und sollte da noch mehr rauskommen, wird dies die neue Regierung deutlich stabilisieren. Wenn dann die neue Regierung so klug wäre den gleichen oder sogar noch einen härteren Kurs gegenüber illegalen Einwanderern zu fahren, könnte sie die PiS sogar nachhaltig abräumen (analog zu Dänemarks Sozialdemokraten).
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Wenn ich mir so die Umfrageergebnisse seit der letzten Wahl anschaue, dann gab es den großen Verlust Ende 2020, als die Werte von über 40% auf nur noch knapp über 30% abstürzten. In den folgenden drei Jahren lagen sie schwankend um wenige Prozentpunkte drüber oder drunter bei dem aktuellen Wahlergebnis. Wenn man dann noch bedenkt, wie die Wahlbeteiligung angestiegen ist, gerade bei jungen Wählern, bin ich mir nicht sicher, ob eure Interpretation der Ergebnisse wirklich stimmt. Ich will damit nicht bestreiten, dass diese Affäre Auswirkungen hatte (m Gegenteil bin ich überzeugt davon, dass es so ist), aber für mein Empfinden taugt sie nicht als singuläre oder primäre Erklärung der Zahlen.
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