BRIC(S) - Staaten
Bisher war die BRICS-Gruppe durch die Rivalitäten zwischen China und Indien stark belastet.
Die Aufnahme zusätzlicher Akteure entschärft diese Rivalität nicht - bringt m.M. nach eher zusätzliches Konfliktpotential in die Runde.
Nun klopft ein weiterer Interessent an die Türen. Der Kommentator von Business Insider Deutschland sieht das sogar positiv - für den Westen:
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/we...9e2a&ei=10
Zitat:....
In Bezug auf die mögliche Brics-Mitgliedschaft der Türkei sagte Aliriza (Anm.: leitender Mitarbeiter des Programms für Europa, Russland und Eurasien am Center for Strategic and International Studies - CSIS): "Das muss nicht unbedingt ein Problem für den Westen sein. Es kann dem Westen sogar nützen, wenn die Türkei und ihre westlichen Partner einen offenen und ehrlichen Dialog darüber führen können, wie es weitergehen soll."

"Die Türkei ist immer noch Mitglied des Europarats. Der größte Teil ihres Handels findet nach wie vor mit dem Westen statt. Was die Investitionen angeht, so wird zwar viel über chinesische Investitionen in der Türkei spekuliert, aber die meisten ausländischen Investitionen in der Türkei kommen aus dem Westen", sagte er.

Die USA ihrerseits haben sich relativ ruhig verhalten, nachdem die Brics-Ambitionen der Türkei bekannt wurden. Aydintaşbaş hält das für klug, um eine öffentliche Auseinandersetzung zu vermeiden.
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Originalartikel auf Business Insider
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Zitat:Thriving BRICS answer to bloc politics: China Daily editorial
chinadaily.com.cn | Updated: 2024-10-17 20:24
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With the 16th BRICS summit, which is scheduled to be held in Kazan, Russia, from Oct 22 to 24, drawing near, a number of countries have expressed their desire to join the grouping, demonstrating the mechanism's growing appeal.

The upcoming summit in Kazan, themed "Strengthening Multilateralism for Just Global Development and Security", will be the first summit after BRICS' expansion from five to 10 members last year, when Saudi Arabia, Egypt, the United Arab Emirates, Iran and Ethiopia were admitted at the Johannesburg summit as new BRICS members, effective on Jan 1, although Saudi Arabia is yet to complete the formalities to become a full member.

On Monday, Sri Lankan Foreign Affairs Minister Vijitha Herath said his country is to place on record its request for membership of BRICS at the upcoming Kazan summit, citing the grouping as an effective partnership for mutually beneficial cooperation, peace and development, and inclusive multilateralism.

It joins Cuba, Syria, Malaysia, Thailand, Belarus and Pakistan in seeking membership of the grouping, as they have all applied to join it. Russia has already confirmed that along with the 10 members more than two dozen other countries that have applied for or are considering membership will participate in this year's summit. The high number of new applications suggests another expansion of the grouping may be underway.

There are some countries that are less than happy that BRICS should prove so appealing. Japan is one such country that has reportedly expressed concerns over Malaysia and Thailand applying to join BRICS. A South China Morning Post article, citing Japanese experts, said Japan is worried that the Southeast Asian nations may be moving away from their balanced diplomacy and leaning toward a grouping largely influenced by China and Russia. Given Japan's role as an Asian mainstay in the Western bloc, which has been fomenting bloc confrontation and seeking exclusive interests worldwide, it is not surprising that many in Japan harbor such a view. To them, BRICS presents a challenge to the Western-dominated international order.
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https://www.chinadaily.com.cn/a/202410/1...c82d2.html
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(16.09.2024, 18:47)Kongo Erich schrieb: Bisher war die BRICS-Gruppe durch die Rivalitäten zwischen China und Indien stark belastet.
Die Aufnahme zusätzlicher Akteure entschärft diese Rivalität nicht - bringt m.M. nach eher zusätzliches Konfliktpotential in die Runde.
Nun klopft ein weiterer Interessent....
inzwischen gibt es weitere Interessenten:
Zitat:Der Traum von einer multipolaren Welt – mit der Kampfansage an die Vorherrschaft des Westens zieht das Brics-Bündnis mehr und mehr Staaten des Südens an

Bald treffen sich die Brics-Länder zu ihrem Gipfel im russischen Kasan. Der wohl wichtigste Tagungspunkt ist die Entscheidung über mögliche neue Mitglieder. Ein Anwachsen der Bewegung könnte die bisherigen globalen Machtverhältnisse grundsätzlich verändern.

Rund vierzig Länder haben ihr Interesse an einer Brics-Mitgliedschaft bekundet: unter anderem Thailand, Malaysia, Indonesien und Bangladesh, Algerien, die Demokratische Republik Kongo und Nigeria, Bolivien, Kuba und Venezuela und sogar das Nato-Land Türkei. Was bedeutet die mögliche Erweiterung für die Zukunft der Staatengruppe Brics und für die «regelbasierte Weltordnung», auf deren Aufrechterhaltung die demokratischen Länder des Westens pochen? ...
ich meine: grundsätzlich haben die Menschen in den Ländern des "globalen Südens" ein berechtigtes Interesse, einen ähnlichen Wohlstand zu erreichen wie wir im sogenannten "Westen". Dass das geht, hat China bewiesen. Und gleichzeitig hat sich damit eine alte volkswirtschaftliche These bewahrheitet: je entwickelter die Länder sind, desto umfangreicher ist der Wirtschaftsaustausch zwischen diesen Ländern. Und je umfangreicher der Wirtschaftsaustausch ist, desto mehr profitieren alle beteiligten Partner davon.

Das heißt aber nicht, dass sich dann die internen Widersprüche der Entwicklungsländer nivellieren. Ganz im Gegenteil: mit zunehmendem Wohlstand wächst auch deren eigenes Selbstbewusstsein. Und diese immer selbstbewusster agierenden Staaten werden einen Deibel tun, und sich einer neuen Hegemonialmacht unterordnen.
Schon jetzt ist doch zu beobachten: der Krieg Russland / Ukraine geht den Staaten des "globalen Südens" am A... vorbei. Die meisten denken nicht daran, sich eindeutig für irgend eine der beteiligten Seiten zu positionieren - und das, obwohl mit Russland ein "Kernstaat" des Bundes in einen mörderischen Ausblutungskrieg verwickelt ist.

Damit wird die Rolle der BRICs (und sämtlicher Neumitglieder) auf die wirtschaftliche Stärkung der Gemeinschaft reduziert bleiben.
Das hat inzwischen auch die NZZ verstanden:
Zitat:Wenig Einheit in der Vielfalt: Die Brics-Gruppe wird sich kaum zu einem antiwestlichen Block entwickeln
Kommende Woche findet der Brics-Gipfel in Russland statt. Auch wenn Moskau mit Peking eine antiwestliche Agenda vorantreibt, hat die Mehrheit der Brics-Staaten andere Pläne.

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Bereits heute ist es keinesfalls so, dass sich Staaten, wie Brasilien, Indien, Russland nur deshalb der angloamerikanischen Weltherrschaft entziehen, damit sie alternativ und willenlos in die Arme Chinas laufen können. China spielt seine Karten auch sehr vorsichtig in Bezug auf politische Diktate. China ist global betrachtet und insbesondere innerhalb der BRICS Staaten rein faktisch, sachlich ein militärisches und wirtschaftliches Schwergewicht. Die BRICS Staaten bündeln global betrachtet zusammen gewaltige Kapazitäten im Bereich der Rohstoffe, Stahlindustrie, Chemie, IT & Elektronik, Automobilbau. Der strategische Ausbau von Infrastruktur für die Produktion, Transport und Handel liegt im eigenen Interesse aller Staaten auf der Seidenstraße Zentralasiens.
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(18.10.2024, 21:56)Kongo Erich schrieb: Damit wird die Rolle der BRICs (und sämtlicher Neumitglieder) auf die wirtschaftliche Stärkung der Gemeinschaft reduziert bleiben.

Was schlicht auch die sinnvollste Ausgestaltung eines Wirtschaftsbündnisses ist.
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Zitat:Das heißt aber nicht, dass sich dann die internen Widersprüche der Entwicklungsländer nivellieren. Ganz im Gegenteil: mit zunehmendem Wohlstand wächst auch deren eigenes Selbstbewusstsein
Richtig. Wobei wir es hier mit sehr unterschiedlichen Spielern zu tun haben. Brasilien ist gerade in einer labilen innenpolitischen Transitionsphase und sieht sich mit erheblichen wirtschaftlichen Sorgen konfrontiert, hinzu kommen massive Kriminalitätsprobleme. Russland lebt auf Pump und mithilfe einer durch den Krieg aufgeblasenen Kriegsproduktion (die den Eindruck von Stabilität, ja sogar Wachstum, suggeriert) - sobald irgendwann einmal Frieden einziehen sollte, sehe ich aber eminente Schwierigkeiten auf das Land zukommen, denn diese künstlich aufgeblasene Wirtschaftsleistung ist ohne nennenswerte Wertschöpfung und wird dann wegfallen. China ist ein hochinteressanter Fall, es generiert Wachstum und Innovationen, aber krankt an Pleiten, Schulden und sehr hoher Jugendarbeitslosigkeit. Auf Dauer geht das auch nicht gut, aber man wird abwarten müssen, China ist durchaus sehr wandelbar.

Indien - die Inder machen eine sehr geschickte Politik. Sie brechen nicht mit Moskau bzw. profitieren einerseits vom Ukrainekrieg und sichern sich so wichtige Rohstoffimporte, zugleich aber positionieren sie sich andererseits als strategischer Gegenpol zu China - und bandeln deswegen in Sicherheitsfragen unverfroren mit Washington an (was man in Moskau und Peking gar nicht gerne sieht).

Ach so, ja, diesen hoch korrupten und tribalistisch zerrissenen Hort Südafrika gibt es ja auch noch - wenigstens konnte ich so in diesem Posting einen Satz über Südafrika schreiben.

Kurzum: Dieses ganze Konstrukt BRIC(S) ist ein überaus seltsames "Wesen", durchaus interessant, aber von sehr unterschiedlichen Playern aus unterschiedlichen Kulturkreisen mit sehr unterschiedlichen Interessen und mit eigenen Problemen geprägt. Und nicht selten beäugen sie sich auch misstrauisch. Insofern: So wirklich überzeugend ist diese Vereinigung als wie auch immer gearteter Gegenpol zum Westen nicht...

Schneemann
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Was alle diese Länder eint - und wohl auch den "globalen Süden" antreibt - ist der Wunsch, einen ähnlichen Wohlstand wie wir "im Wesen" zu erreichen.
China hat in den letzten Jahrzehnten bewiesen, dass das möglich ist. Allerdings mit eigenen, ich sag mal "ostasiatischen" Methoden. Ob das dortige Erfolgsrezept auch für andere Staatentaugt darf, kann und muss man hinterfragen.

Nur zu Südafrika - um das etwas im Hintergrund gelandete Land anzusprechen:
Mit einem Realwachstum von knapp 5 Prozent 2021 hat sich das Land von den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona Pandemie wieder erholt (Quellenzitat).
Und bei Südafrika wird auch deutlich, was einer der Hemmschuhe für weiteren Wohlstand ist. Das bedeutet extrem mehr Energieverbrauch. Auch Südafrika befindet sich in einer "Energiekrise". Und diese Energiekrise brennt generell "dem globalen Süden" deutlich mehr auf den Nägeln als unserer Wohlstandsgesellschaft, die sich für nachhaltige Energiegewinnung einsetzen und fossile Energien - Kohle, Öl, Gas - "abschalten" kann.
Damit ist das "ultimative Wirtschaftsproblem" angesprochen - Energieerzeugung maximieren, ohne damit andere Krisen zu befeuern.
Ob da jetzt die Verpressung von CO² der "Königsweg" ist, ob Solaranlagen (insbesondere in den Wüstenländern), Windenergie (insbesondere an den Küsten) oder auch Nuklearkraftwerke - oder eine nach den jeweiligen Landesvoraussetzungen zusammen gestellte Mixversorgung - darüber lässt sich treffend diskutieren.

Damit wird wohl auch der "gemeinsame Nenner" von BRICs deutlich - eine wirtschaftliche Zusammenarbeit insbesondere zur Energiegewinnung des "globalen Südens", der sich nicht mehr vor den Ost-West-Karren spannen lässt. Deshalb sind auch Akteure wie Saudi Arabien oder der Iran in den Club gekommen.
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Die Tagesschau berichtet heute:
Zitat:BRICS-Gipfel in Kasan
Putin sieht "multipolare Weltordnung" kommen
Stand: 23.10.2024 18:32 Uhr

Russlands Präsident Putin hat den BRICS-Gipfel offiziell eröffnet. Ihm zufolge bilde sich die von der Gruppe angestrebte "multipolare Weltordnung".
na ja, das mit der "multipolaren Weltordnung" haben andere schon vor Jahren gesagt - z.B. hier (ab Januar 2008) - und "multipolar" heißt auch, verschiedene Machtzentren und vielfach unterschiedliche Interessen.
Das einzige, was die Staaten eint, ist der Wille, zum beargwöhnten Westen "auf Augenhöhe" aufzuschließen. Was - nebenbei - auch für die westlichen Staaten ein Gewinn sein könnte. Denn je entwickelter ein Handelspartner ist, desto umfangreicher ist auch der Austausch zwischen den Beteiligten.
Und von daher ist es durchaus interessant zu schauen, wer denn alles "im BRICs - Club" die Mitgliedschaft hat oder erwerben will. Dazu wieder die Tagesschau:
Zitat: ...
Mehr als ein Jahrzehnt lang hatte der Block fünf Staaten umfasst: neben Russland waren das Brasilien, Indien, China und Südafrika. Auf diese Mitglieder geht auch der Name zurück.Zuletzt schlossen sich der Iran, Ägypten, Äthiopien und die Vereinigten Arabischen Emirate an - Saudi-Arabien wurde eingeladen, hat den Beitritt aber noch nicht formell vollzogen. Die Türkei, Aserbaidschan und Malaysia haben formal einen Antrag auf Aufnahme gestellt, mehrere weitere Staaten (Putin wird im Artikel mit "mehr als 30 Länder" zitiert) haben ihren Beitrittswunsch bekundet.
Es wird jetzt auch darauf ankommen, wie sich der "entwickelte Westen" auf diese Aufholjagd einlässt. Der sogenannte "Komparativer Kostenvorteil" führt nur dann zu Gewinnen, wenn der Freihandel möglichst umfangreich zugelassen wird. Umgekehrt sind Handelsbeschränkungen (Embargos) immer auch ein Abwürgen des freien Austausches zwischen allen Beteiligten. Sie treffen auch das Land, das solche Embargomaßnahmen verhängt. Zollschranken nach Trump'chen Muster sind ebenso für alle Beteiligten ein Hemnis. Das gilt auch für das Land, das sich selbst abschottet. Wenn Trump also mit seinem "MAGA-Kurs" die Wahl gewinnt, wird er der US-Wirtschaft nach der genannten volkswirtschaftlichen Theorie keinen Gefallen tun.
Die BRICS-Staaten sind dagegen gemeinsam stark genug, sich von einzelnen westlichen Staaten - inclusive der USA - unabhängig zu machen.
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(23.10.2024, 22:24)Kongo Erich schrieb: Sie treffen auch das Land, das solche Embargomaßnahmen verhängt. Zollschranken nach Trump'chen Muster sind ebenso für alle Beteiligten ein Hemnis. Das gilt auch für das Land, das sich selbst abschottet. Wenn Trump also mit seinem "MAGA-Kurs" die Wahl gewinnt, wird er der US-Wirtschaft nach der genannten volkswirtschaftlichen Theorie keinen Gefallen tun.

Da die USA traditionell eine stark negative Handelsbilanz hat dürfte sich der MAGA-Kurs volkswirtschaftlich gesehen eher positiv auswirken.
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@lime:

Es gibt - in der Tat - nicht nur die Handelsbilanz, sondern auch andere Zahlungsbilanzen, z.B. auch bei Dienstleistungen oder Tourismus, Zahlungen von sogenannten "Gastarbeitern" an die heimatliche Familie usw usw usw - wenngleich traditionell die Handelsbilanz (besonders auch aus der Sicht einer Exportnation wie Deutschland) die wichtigste davon ist (Handelsbilanz, Dienstleistungsbilanz und die Bilanz der Erwerbs- und Vermögenseinkommen bilden zusammen die Leistungsbilanz).
Es gibt dann noch weitere Bilanzen z.B. Direktinvestitionen als Teil der Kapitalbilanz usw usf.; das alles aufzudröseln ist allerdings für einen Blogbeitrag in einem nicht speziellen Diskussionsforum zu aufwendig. Ich möchte das nur voraus schicken, um die nachfolgenden Ausführungen verständlicher zu machen.

Das Problem der USA ist, dass die gesamte Wirtschaft überwiegend "kreditfinanziert" ist.
Das betrifft auch die Konsumkredite. Und auch der Staat selbst lebt "auf Pump". Die Schuldenquote der USA beträgt im Jahr 2023 rund 118,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - mit massiv steigender Tendenz. Das scheint im Vergleich etwa zu Japan minimal.
Wobei - das ist das Entscheidende - Japan überwiegend bei der eigenen Bevölkerung "verschuldet" ist. Damit spiegelt die Staatsverschuldung in Japan nur eine interne "Verteilungsfrage'" wieder,
Solange solche Kredite für rentierliche Investitionen verwendet werden, ist Verschuldung auch kein Übel. Die Erträge aus den Investitionen können ja zur Schuldentilgung verwendet werden. Die Rechnung kennt wohl jeder Handwerker.
Übel wird es, wenn die Kredite verbraucht werden, ohne Einnahmen zu generieren. Oder, wenn man sich "zu Tode spart". Wer heute Investitionen etwa in Bildung und Infrastruktur unterlässt, bürdet der nächsten Generationen massive Lasten auf. Auch das kennt jeder Handwerker. Wer noch mit seinem Dampfbagger aus der Nachkriegszeit aktiv ist, kann irgendwann nicht mehr konkurrieren.

Zurück zu den USA und der aktuellen Aussage von mir:
Wenn man sich die Leistungsbilanz anschaut, dann stellt man überrascht fest:
Zitat:Deutschland erzielte im Jahr 2023 mit rund 278,7 Milliarden US-Dollar den höchsten Leistungsbilanzüberschuss weltweit - China belegt mit rund 253 Milliarden US-Dollar den zweiten Platz , gefolgt von Japan auf dem dritten Platz. Am anderen Ende stehen die USA: Die USA haben im Jahr 2023 ein Leistungsbilanzdefizit von rund 905 Milliarden US-Dollar erzielt.

Die USA konnten ihre Zahlungsbilanz bisher ausgleichen, weil - im Gegensatz zu Japan - vor allem "ausländisches Kapital" die Kassen gefüllt hat. Und diese Kassen wurden eben in den Konsum gesteckt, während die nötigen Investitionen unterblieben sind - kurz bildhaft gesagt: anstatt etwa in Bildung und Infrastruktur zu investieren (wie China) haben die USA die Kohle unproduktiv "verfressen".

'Mit einer protektionistischen Politik - und die Zölle sind da nur ein Symptom - schotten sich die Amerikaner zu sehr ab. "Make america great again" heißt doch nichts anderes, als "mach alle anderen wieder klein". Die Tagesschau meldet:
Zitat:Ökonomen sind sich sicher: Trumps Wirtschaftspolitik könnte uns massiv schaden.
Da werden sich dann eben die gegenseitigen Hemmnisse und Hürden hoch schaukeln.

Denn nun sind die USA gerade nicht mehr die "Herren im Ring". Da bin ich etwas optimistischer als die vorher zitierte Tagesschau.
Einzel gesehen ist die Volksrepublik China unser wichtigster Handelspartner. Und wenn man die EU insgesamt sieht, dann ist der Austausch innerhalb der EU (mit dem "Transitland Niederlande") sogar noch wichtiger. Alleine der Handel mit den Niederlanden und Frankreich (ohne die anderen EU-Länder) übertrifft den Handel mit den USA bei Weitem. Die USA sind nicht mehr so wichtig für uns. Was bei den USA durch Protektionismus wegfallen dürfte, kann durch andere Länder gut aufgefangen werden.

Damit komme ich im Bogen endlich zu den BRICS-Staaten (das "S" schreib ich künftig auch groß):
Ich war jetzt im südlichen Afrika. Und Südafrika bietet durchaus bessere Investitionschancen als ein protektionistisch auftretender Koloss in Nordamerika.
Und so gesehen schaden sich die USA mit einer zunehmend protektionistischeren Politik primär selbst.

Aber wenn Trump unbedingt den BREXIT kopieren möchte - gegen Dummheit ist kein Kraut gewachsen.
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(08.11.2024, 23:03)Kongo Erich schrieb: ...

Damit komme ich im Bogen endlich zu den BRICS-Staaten (das "S" schreib ich künftig auch groß):
Ich war jetzt im südlichen Afrika. Und Südafrika bietet durchaus bessere Investitionschancen als ein protektionistisch auftretender Koloss in Nordamerika. ...
dazu ein interessanter Artikel des SPIEGEL:
Mission Energiewende
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in dem Artikel wird über das südafrikanische Kohlerevier berichtet, und die Bemühungen, dem Land zu nachhaltiger Energiegewinnung zu verhelfen. In Südafrika arbeiten etwa 200.000 Menschen in den Minen, den Kraftwerken und dem Kohletransport, ein Großteil davon in Mpumalanga. Dort stehen zwölf der insgesamt vierzehn Kohlekraftwerke Südafrikas. Außerdem wird dort in rund 200 Bergwerken Kohle abgebaut. Und jetzt steht die Schließung der Zechen an. Das führt zu Unsicherheiten und Zukunftsängsten.

Tatsächlich ähneln sich die Probleme:
= reale Existenzängste in den von der Schließung bedrohten Kohle- und Zechenlandschaften im Osten des Landes
= perspektivische Alternativen in anderen Regionen (Wind an der Küste, Sonne im wüstenhaften Inneren) und
= die Frage, wie eine Umstrukturierung der Kohlereviere auf andere Erwerbsquellen gelingen kann.

Letztlich steht die Frage, welche Investoren mit welchen Investitionen in den noch betriebenen Kohlerevieren einsteigen.

Ein Bericht des BMZ: Kohleausstieg und Energiewende in Südafrika gehen voran – Deutschland hilft bei sozial gerechter Gestaltung
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(16.09.2024, 18:47)Kongo Erich schrieb: Bisher war die BRICS-Gruppe durch die Rivalitäten zwischen China und Indien stark belastet.
Die Aufnahme zusätzlicher Akteure entschärft diese Rivalität nicht - bringt m.M. nach eher zusätzliches Konfliktpotential in die Runde. ...
kein zusätzlicher Akteur - aber es zeigt, wie fragil die Zusammenarbeit der BRICS-Staaten ist:
Zitat:Absage von Brasilien an Chinas Infrastrukturprojekt: Der Glanz der neuen Seidenstrasse verblasst
Für Präsident Lula da Silva ist ein Beitritt zur Initiative von Xi Jinping nicht im Interesse des Landes. Auch andernorts erleidet das Projekt Rückschläge.
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Allerdings darf man nicht übersehen, dass China inzwischen in Peru - also praktisch an der "Gegenküste" - den Fuß stark in der Tür bzw. an Land hat:
Zitat:Cosco-Terminal in Peru: „Leuchtturmprojekt der neuen Seidenstraße“
Am Donnerstag eröffnet Chinas Präsident Xi Jinping ein neues Containerterminal in Chancay, das mehrheitlich vom Staatskonzern Cosco betrieben wird. Durch Aufnahme einer Direktverbindung kann die Transitzeit zwischen Asien und Südamerika nahezu halbiert werden. China will mit dem neuen Hub den bestehenden Häfen auf dem Kontinent Konkurrenz machen und sich Zugriff auf wichtige Rohstoffe in Südamerika sichern.

In der Anfangsphase plant Cosco im Hafen von Chancay einen jährlichen Umschlag von 1 Million TEU. Durch den weiteren Ausbau sollen mittelfristig bis zu 5 Millionen Einheiten pro Jahr möglich werden. ....
12. November 2024 | ...
und
Zitat:weltspiegel
Perus neuer Megahafen Chancay
"Eine Machtdemonstration von Peking"

Stand: 10.11.2024 06:22 Uhr

Ein Megahafen in Peru eröffnet China neue Möglichkeiten in Südamerika. Die Anlage in Chancay verkürzt die Fahrtzeit von Riesencontainern und könnte zu mehr Handel mit begehrten Rohstoffen führen. Und auch zu politischer Abhängigkeit? ...
China lässt sich von Rückschlägen nicht aufhalten. Es sucht seinen Platz an der Sonne und drängt mit Macht auf die Meere. Der Hafen in Peru ist für den Pazifik-Staat deutlich wichtiger als das am Atlantik gelegene Brasilien. Von Peru aus lässt sich der südamerikanische Kontinent für die Chinesen deutlich besser erschließen.

Ich denke, das Kürzel "BRICS" ist vor diesem Hintergrund eigentlich nur noch eine Metapher. Eigentlich müsste es "der globale Süden" heißen, und die "westliche Welt" um die EU und Kanada/USA muss schauen, wie sie den Fuß in der Türe behält.
Nach den Ergebnissen der US-Wahlen erwarte ich mir nun nicht unbedingt, dass die USA weiterhin eine globale Führungsrolle anstreben. Im Gegenteil: MAGA heißt im Umkehrschluss - mach alle anderen wieder klein. Und damit kann man in einer zunehmend multiglobalen Weltwirtschaft keinen Blumentopf gewinnen.
Ob die Europäer dann eine Führungsrolle übernehmen? Eher nicht, die sind untereinander zu sehr zerstritten mit Kurzzeitblick auf eigene nationale Interessen. Und die Aera des Kolonialismus ist vorbei.

BRICS ist vor allem ein wirtschaftliches Interessenbündnis - keine politische Größe. Und damit können auch regionale Differenzen etwa zwischen China und Indien übertüncht werden. China ist dabei der wirtschaftlich kompetenteste Staat im Verbund. Und China nutzt das leidlich aus.
Wirtschaftlich wird China also trotz der politischen Zersplitterung auch der BRICS-Mitglieder immer kräftiger werden, immer mehr Einfluss gewinnen. Schon alleine, weil die bisherigen G-7 Staaten ihr nötiges Engagement sträflich vernachlässigen.
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Why have China and India come together?

Unter diesem Titel findet sich ein aufschlussreicher Artikel über die im Oktober 2024 erfolgte Annäherung von China und Indien.

Der Autor Kanti Bajpai ist Vizedekan und Professor für asiatische Studien an der Lee Kuan Yew School of Public Policy und Autor von "Indien gegen China: Warum sie keine Freunde sind".
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