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Deutschland hat ein multinationales Kommandozentrum für Operationen in der Ostsee eingeweiht.
OPEX360 (französisch)
von Laurent Lagneau - 21. Oktober 2024
[Bild: https://www.opex360.com/wp-content/uploa...171022.jpg]
Die NATO, die nun auch Schweden und Finnland zu ihren Mitgliedstaaten zählt, hat theoretisch alle Möglichkeiten, Russlands Marineoperationen in der Ostsee, insbesondere im Konfliktfall, entgegenzuwirken. Derzeit kann sie jedoch nur beobachten, dass „Geistertanker“, die ihre Ladung in russischen Häfen geladen haben, durch die Ostsee fahren oder dass russische Einheiten der elektronischen Kriegsführung die Signale der Satellitengeolokalisierung stören.
Aus Angst vor einer möglichen Blockade seiner maritimen Annäherungen und der Abtrennung der Enklave Kaliningrad führt Russland in dieser Region vermehrt Marineübungen durch. Und schließlich könnte es im Falle eines Krieges versucht sein, die Kontrolle über einige strategische Inseln wie Gotland [Schweden] zu übernehmen.
Bisher werden die maritimen Operationen der NATO vom Alliierten Seekommando [MARCOM] geleitet, dessen Hauptquartier im Vereinigten Königreich angesiedelt ist. Angesichts der Lage in der Ostsee wurde es jedoch notwendig, die Koordinierung der von den Alliierten eingesetzten Seestreitkräfte in der Ostsee zu verbessern.
Aus diesem Grund wurde am 21. Oktober in Rostock ein Kommandozentrum für die Ostsee mit multinationaler Beteiligung“ eingeweiht. Unter dem Namen „Commander Task Force Baltic“ [CTF Baltic] und unter dem Kommando eines Admirals der Deutschen Marine wird sie unter anderem Marineoperationen koordinieren und die maritime Lage in der Region feststellen.
Dreizehn NATO-Mitglieder werden zur CTF Baltic beitragen, darunter Frankreich, Italien, die Niederlande, Norwegen und das Vereinigte Königreich. Diese neue Struktur ist jedoch nicht Teil des Bündnisses. Sie ist das „Ergebnis einer deutschen Initiative“, erklärte der öffentlich-rechtliche Rundfunksender Deutsche Welle. Der Grund für diese semantische Vorsicht liegt im 2+4-Vertrag, der 1990 im Zuge der deutschen Wiedervereinigung unterzeichnet wurde. Dieser Vertrag erlaubt keine dauerhafte Präsenz von [nicht-deutschen] NATO-Streitkräften auf dem Gebiet der ehemaligen DDR.
Zitat:Deutsche Marine
@deutschemarine
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Verteidigungsminister #Pistorius weihte heute das neue maritime taktische Hauptquartier „Commander Task Force Baltic“ (CTF Baltic) in Rostock ein.
Die #DeutscheMarine übernimmt damit eine Schlüsselrolle zur Sicherung der Ostseeregion in der #NATO.
[Bild: https://pbs.twimg.com/media/GaagxW7W4AAH...name=small]
Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius argumentierte, dass „die Ostsee weit mehr als nur ein Seeweg ist. Sie ist ein Handelskorridor, der für die Energiesicherheit und die militärische Bewegungsfreiheit von entscheidender Bedeutung ist. Sie ist auch eine potenzielle Verteidigungslinie gegen bestehende und zukünftige Bedrohungen“.
Er fügte hinzu, dass die „Sicherheit dieser Region untrennbar mit der Sicherheit ganz Europas verbunden“ sei und „ihre Bedeutung angesichts der anhaltenden Aggression Russlands in unserer unmittelbaren Nachbarschaft noch greifbarer geworden ist“.
Die CTF Baltic „wird die Interessen der NATO-Mitgliedstaaten gegen aggressive Aktionen verteidigen, insbesondere aufgrund der Nähe zu Russland“, versicherte Pistorius weiter.
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Florian Warweg (ex RT) veröffentlicht auf "X" seine Fragen in der Bundespressekonferenz sowie direkt an Verteidigungsminister Pistorius anlässlich der Eröffnung von CTF Baltic.
Hintergrund ist, man kann es sich denken, die Frage, ob das Hauptquartier nun eine NATO-Einrichtung oder "lediglich" eine deutsche Einrichtung unter Beteiligung (= "Stationierung"?) von Soldaten von NATO-Staaten ist.
Die sonstige Berichterstattung darüber ist unscharf und differenziert teilweise nicht zwischen dem Betreiber von und dem Empfänger der durch CTF Baltic gesammelten Informationen.
Warweg zeigt Bildschirmfotos, wo z. B. Schweden unbekümmert von Stationierung spricht und eine Definition, dass auch Stäbe zu den Streitkräften zählen.
Die Frage ist also, das wird auch in obigem Bericht angerissen, ob man sich durch diesen "Kunstgriff" einer möglichen Verletzung des 2+4-Vertrags entziehen kann. Unbeschadet der Frage, ob eine solche in heutigen Zeiten überhaupt von Belang wäre oder nicht.
Das russische Außenministerium hat derweil den deutschen Botschafter einberufen und "schlimmste Konsequenzen" skizziert (nicht näher ausgeführt/veröffentlicht).
www.t-online.de/nachrichten/ukraine/id_100513906/ukraine-news-moskau-bestellt-deutschen-botschafter-wegen-marine-hauptquartier-ein.html
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Leider wandeln sich die Links bei T-Online schnell.
Hier die neueste Fassung, wo auch die Erwiderung von Graf Lambsdorff wiedergegeben wird.
Zitat:"Die Zuordnung von deutschen Streitkräfteverbänden unter die Strukturen der Nato ist gemäß des Zwei-plus-Vier-Vertrags auch im Gebiet der damaligen DDR und Berlins ausdrücklich zulässig", betonte Lambsdorff. Das liege unter der Verbotsschwelle des Vertrags, der im Zuge der deutschen Wiedervereinigung geschlossen worden war.
www.t-online.de/nachrichten/ausland/id_100515234/moskau-bestellt-deutschen-botschafter-ein-wegen-marine-hauptquartier-in-rostock-.html
Aus meiner Sicht argumentiert dieser hiermit aber in die andere Richtung als es Pistorius tut.
Ist es eine NATO-Einrichtung, der deutsche Soldaten zugeordnet sind? Oder ist es eine deutsche Einrichtung, bei der auch ausländische (NATO-)Soldaten Dienst tun?
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Wer einen Angriffskrieg führt gegen eine unschuldige europäische Nation, verdient gar nichts mehr.
Letztlich ist die Formulierung sch.... Egal.
Wir werden ja sehen, ob Russland hier der NATO deshalb den krieg erklärt...
Das ist Diplomatengetue! Nichts wird passieren, wie immer bei Russen Propaganda.
Wann wird endlich mal Tacheles gegenüber dem Putin Dreck geredet?
Wird es im Juni 2025 nach dem NATO summit endlich eine nicht feige NATO geben?
Oder wird Trump vorher DIE NATO zerstören und die USA zur religiös fundamentalistischen Flat earth Diktatur machen.?
Fragen über Fragen...
Fazit:
Was hier wo und Unter welchem Kommando stationiert wird in Rostock, ist geschichtlich völlig belanglos.
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Du formulierst recht aufgebracht, vmtl. der Stunde geschuldet.
Passieren wird aus meiner Sicht auch nichts, aber nichtsdestotrotz interessieren mich die rechtlichen Aspekte.
In sozialen Netzwerken und in Zeitungsforen wird von einigen Teilnehmern schließlich jedes Argument pro Russland bzw. gegen die "böse NATO" und die "Kriegstreiber" im Westen angebracht.
Da würde ich gerne wissen, könnte man Leuten wie Warweg mit klarer Argumentation entgegentreten oder ist das wirklich eine grenzwertige Sache mit bereits jetzt in der deutschen Kommunikation erkennenbaren Unklarheiten/Unsicherheiten?
Hier ein aktueller Thread auf X auf die Behauptung/Klarstellung des BMVg hin, es handele sich um ein deutsches Hauptquartier, und die Austauschoffiziere stünden unter deutschem Kommando.
https://twitter.com/BMVg_Bundeswehr/stat...6816381425
Da geht's heiß her, u. a. wird von Kommentatoren behauptet, hier solle ein Angriffskrieg gegen Russland vorbereitet werden. (Ja, ich weiß, solchen Leuten ist nichts zu blöd, aber man muss sie ja irgendwie "stellen" können.)
Hier die Pressemitteilung der NATO, Überschrift ausgerechnet "NATO Establishes Commander, Task Force Baltic". Diese wird von besagten Kommentatoren natürlich auch "dankbar" aufgegriffen.
https://mc.nato.int/media-centre/news/20...rce-baltic
Dann im weiteren Text:
Zitat:Formally, CTF Baltic is a German national headquarters with multinational participation, initially led by a German admiral. The position of his deputy is initially filled by a Polish flag officer, the position of chief of staff by a Swedish staff officer. A rotation is planned after four years at the latest.
[…]
The headquarters may number up to 180 personnel in its so-called Peacetime Establishment, growing up to a planned maximum of 240 in its Crisis Establishment. Besides Germany, twelve other nations are contributing personnel at the moment: Denmark, Estonia, Finland, France, Italy, Latvia, Lithuania, the Netherlands, Norway, Poland, Sweden and the United Kingdom. Personnel from these and other partner countries already fill up to 60 multinational positions with CTF Baltic.
Warweg fragt nun, wie es sein könne, dass ausländische Offiziere hochrangige Funktionen bzw. nach Rotation sogar die Leitung innehaben.
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(23.10.2024, 09:20)emjay schrieb: Da würde ich gerne wissen, könnte man Leuten wie Warweg mit klarer Argumentation entgegentreten oder ist das wirklich eine grenzwertige Sache mit bereits jetzt in der deutschen Kommunikation erkennenbaren Unklarheiten/Unsicherheiten?
Nein, da ist nichts grenzwertig. Allerdings lohnt es sich auch nicht, "Leuten wie Warweg" mit einer klaren Argumentation entgegen zu treten, diese würden sie ja eh nicht akzeptieren weil es nicht um das Argument selbst geht, sondern um die Vermittlung einer Deutungshoheit. Und dafür eignen sich Rechtsfragen immer sehr gut, insbesondere Völkerrechtsfragen, weil das konkrete Wissen darüber wenig verbreitet ist, sich aber jeder unter bestimmten Begriffen etwas vermeintlich eindeutiges vorstellen kann.
Rein zum Inhalt sei gesagt, "NATO-Hauptquartier" (oder ähnliches) ist kein Rechtsbegriff und Bezeichnungen sind juristisch allenfalls ein Indiz, letztlich aber für sich genommen völlig irrelevant. Wie die Medien, die Bundeswehr, die NATO oder Russland das neue Hauptquartier nennen spielt dementsprechend keine Rolle. Relevant wäre in einem ersten Schritt hingegen, wie es betrieben wird. Und da ist die Situation eindeutig, es wird von der Bundeswehr eingebettet in NATO-Strukturen betrieben und arbeitet letzteren zu. Das ist völlig zulässig und verstößt gegen keinerlei internationale Vereinbarung. Explizit heißt es dazu im Zwei-plus-Vier-Vertrag (Artikel 5 Absatz 3):
Zitat:Nach dem Abschluß des Abzugs der sowjetischen Streitkräfte vom Gebiet der heutigen Deutschen Demokratischen Republik und Berlins können in diesem Teil Deutschlands auch deutsche Streitkräfteverbände stationiert werden, die in gleicher Weise militärischen Bündnisstrukturen zugeordnet sind wie diejenigen auf dem übrigen deutschen Hoheitsgebiet, allerdings ohne Kernwaffenträger.
https://www.bpb.de/themen/deutsche-einhe...artikel-5/
Es verbleibt also nur die Frage der ausländischen Soldaten, die innerhalb dieses Hauptquartiers eingebettet in die deutsche Strukturen (auch wenn sie beispielsweise dieses HQ führen) ihren Dienst verrichten. Es wird dann gern auf den letzten aus dem zuvor zitierten Artikel verwiesen:
Zitat:Ausländische Streitkräfte und Atomwaffen oder deren Träger werden in diesem Teil Deutschlands weder stationiert noch dorthin verlegt.
Was unterschlagen wird ist allerdings die Protokollnotiz explizit zu dieser Aussage, die da lautet:
Zitat:Alle Fragen in bezug auf die Anwendung des Wortes "verlegt", wie es im letzten Satz von Artikel 5 Abs. 3 gebraucht wird, werden von der Regierung des vereinten Deutschland in einer vernünftigen und verantwortungsbewußten Weise entschieden, wobei sie die Sicherheitsinteressen jeder Vertragspartei, wie dies in der Präambel niedergelegt ist, berücksichtigen wird.
https://www.bpb.de/themen/deutsche-einhe...mber-1990/
Alle unterzeichnenden Nationen haben sich also darauf geeinigt, dass hinsichtlich der konkreten Anwendung von Artikel 5 Absatz 3 die Deutungshoheit in einem sehr relevanten Punkt bei der deutschen Regierung liegt.
Die eigentliche Frage wäre also, ob die deutsche Regierung bei der Abwägung von "Sicherheitsinteressen jeder Vertragspartei, wie dies in der Präambel niedergelegt ist" versagt hat?
Mit der entsprechenden Formulierung wollte die Sowjetunion sicherstellen, dass trotz Wiedervereinigung Ostdeutschland als Puffer zu den Außengrenzen des Warschauer Pakts bestehen bleibt und keine NATO-Truppen, insbesondere keine Kernwaffen (deshalb werden sie auch explizit erwähnt, obwohl das unnötig wäre), zur eigenen Grenze nachrücken. Aus damaliger Sicht ist das eine nachvollziehbare Forderung, in Anbetracht der politischen Veränderungen in Europa seitdem ist dies hingegen irrelevant geworden. Deutschland liegt nicht mehr an der NATO-Außengrenze, eine entsprechende Positionierung besitzt also kein besonderes Potenzial für die Beeinflussung von fremden Sicherheitsinteressen mehr. Aus diesem Grund, und weil es sich bei einem Hauptquartier wie diesem um ein reines Führungsinstrument handelt, dass mit Blick auf die modernen Möglichkeiten zur Führung statt in Rostock genauso gut auch in Kiel oder Danzig sitzen könnte, ohne dass dies irgendeinen operativen Unterschied macht, kann diese Frage letztlich verneint werden. Für die Sicherheitsinteressen der Vertragsparteien ist der Standort irrelevant, insbesondere der Standort Ostdeutschland stellt dabei keine Besonderheit dar, und eine internationale Vereinbarung, die gegen den generellen Aufbau eines solchen Koordinationszentrums spricht, gibt es nicht. Insofern verstößt Deutschland ganz eindeutig nicht gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag.
Im übrigen, selbst wenn Deutschland gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag verstoßen würde, hätte dies keinerlei unmittelbaren Konsequenzen. Weder würde irgendein vorheriger Rechtszustand wieder eintreten, noch ergäbe sich daraus irgendeine einseitige Kündigungsmöglichkeit. Beides wäre auch nicht mit dem eigentlichen Kern des Vertrags, dem Erhalt der vollen Souveränität, in Einklang zu bringen.
Es bleibt also nur der rein pathetische, moralische Zeigefinger einer Nation, die sich in Rechtsnachfolge zur Sowjetunion sieht (sollen wir die Diskussion noch einmal eröffnen, die Ukraine würde sich freuen?!), sich allerdings ihrerseits nicht dem verpflichtet fühlt, was mit der Präambel ausgedrückt wurde und was den Geist des Vertrags darstellt:
Zitat: in Übereinstimmung mit ihren Verpflichtungen aus der Charta der Vereinten Nationen freundschaftliche, auf der Achtung vor dem Grundsatz der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker beruhende Beziehungen zwischen den Nationen zu entwickeln und andere geeignete Maßnahmen zur Festigung des Weltfriedens zu treffen
Sicherheitsinteressen sind keine Einbahnstraße, Herr Putin.
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Besten Dank für die (wie immer) ausführliche und fundierte Antwort, Helios.
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Danke sehr für den Blick in die juristischen Kisten des Vertrages.
Für einen Ingenieur und Techniker wie mir ist das alles eh immer suboptimal zu verstehen...
Es ist schlimm, wie die Vasallen Russlands sich hier in unseren Medien breitmachen.
Wäre hier nicht die Zeit, mal. Klarheit zu schaffen, indem die NATO tatsächlich in 2025 dem neuen alten Gegner auch
Beschlusstechnisch mit neuer politischer Leitlinie entgegen tritt?
Ich befürchte aber, wie erwähnt, dass Trump da aber wieder vieles über den Haufen wirft...
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