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Rüstungsprojekt FCASDas zähe Ringen um Europas neue Kampfflugzeuge
Der Kampfjet FCAS ist das Prestigeprojekt der europäischen Rüstungspolitik. Erschwert wird die Kooperation vom Misstrauen zwischen Deutschland und Frankreich. Neben Geld und Arbeitsplätzen geht es auch um die Frage nach einem künftigen gemeinsamen Konzept in der europäischen Sicherheitspolitik.
Paris, Luftfahrtschau, vor zwei Jahren. Das Wetter spielte mit. Die Sonne schien, als die Plane von einem FCAS-Modell gezogen wurde, der französische Präsident Macron und die damalige deutsche Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen schauten mit Wohlgefallen auf die schlanken Kurven der Kampfjet-Attrappe. Die Szene verriet eine gehörige Portion Optimismus aller Beteiligten. Heute, zwei Jahre später wird man auch von Wunschdenken sprechen dürfen. FCAS, das Kürzel steht für Future Combat Air System, also für ein zukünftiges Luftkampfsystem, und für das größte und teuerste Rüstungsprojekt der nächsten Jahrzehnte. Wenn es denn kommt.
Vorzeige-Rüstungsprojekt Europas
Die Anfänge sind mühsam. Vier Jahre sind vergangen, seit Bundeskanzlerin Merkel und ein gerade ins Amt gewählter französischer Präsident Macron die Idee FCAS auf den Weg brachten. In beiden Ländern wurde über eine Nachfolge der jeweiligen Kampfflugzeuge Eurofighter und Rafale nachgedacht. Mit dem Brexit und Donald Trump waren dunkle Wolken am politischen Horizont aufgezogen. Ein deutsch-französisches Mega-Projekt kam da gerade recht. Die politische Dimension des Projekts schwingt seitdem immer mit, inzwischen ist auch Spanien mit von der Partie. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im Februar des vergangenen Jahres:
„Hinter einem solchen Waffensystem verbirgt sich immer mehr als Technik, es verbirgt sich die gemeinsame Anstrengung, der gemeinsame politische Wille, das gemeinsame strategische Verständnis.“
FCAS – mehr als ein neues Kampfflugzeug
Insbesondere das gemeinsame strategische Verständnis verbirgt sich momentan noch erfolgreich, würden Kritiker einwerfen. Doch dazu später. Dominik Vogel ist Generalstabsdienstoffizier in der Luftwaffe und Gastwissenschaftler an der Stiftung Wissenschaft und Politik, SWP. Ein Gespräch über FCAS beginnt mit der Begriffsklärung und der Feststellung, dass es um weit mehr geht als um ein neues Kampfflugzeug. Dieses stehe zwar im Zentrum einer zukünftigen Luftkriegsoperation, so Vogel, aber:
„Um dieses Zentrum herum haben sie noch einen äußeren Kreis, in dem die anderen Systeme der Luftstreitkräfte, Transportmaschinen, andere Jagdflugzeuge, der Eurofighter spielt da auch eine Rolle, aber auch die Systeme anderer Streitkräfte, weltraumgebundene Systeme, Satelliten et cetera mit eingebunden sind, in einer sicheren Datenumgebung, der so genannten Air Combat Cloud. Dieses komplexe System, das ist das FCAS.“
Airbus und Dassault – schwierige Kooperation
Doch bevor es über den Wolken so komplex wird, müssen die Dinge am Boden geordnet werden. Es geht neben großer Politik um knallharte Wirtschaftsinteressen, um Arbeitsplätze in Unternehmen wie Airbus und Dassault, die sich als Konkurrenten gut kennen, jetzt aber zusammenarbeiten müssen. Die Deutschen führen bei der Entwicklung eines gemeinsamen Panzers, die Franzosen bei FCAS, so hatten Merkel und Macron sich das gedacht. Doch das Panzerprojekt ist kleiner und hinkt FCAS derzeit hinterher. Angela Merkel vor zwei Monaten in einer digitalen Pressekonferenz mit Emanuel Macron:
„Wir wissen, dass dies ein Projekt unter französischer Führung ist, aber es soll ein Projekt sein, das beide Länder auch auf Augenhöhe betrachtet und hier gibt es natürlich eine Vielzahl von Fragen zu klären, aber ich freue mich sagen zu können, dass hier intensiv gearbeitet wurde und eine gute Chance besteht, dass auch in den nächsten Wochen soweit zu finalisieren, wie das notwendig ist.“
Milliardeninvestition – schon für den Prototypen
Noch ist nichts finalisiert. Vorstudien wurden finanziert im zweistelligen Millionenbereich, jetzt ringt man um die Entwicklung eines so genannten Demonstrators als Vorstufe für einen Prototyp und damit um Milliarden, für die im Haushaltsausschuss eine erste Vorlage genehmigt werden muss. Am Dienstag war die Bundesverteidigungsministerin bei ihrer französischen Amtskollegin Florence Parly in Paris. An der Seite von Parly machte Annegret Kramp-Karrenbauer deutlich, die Zeit drängt.
„Wir beide sind uns vollkommen einig, dass bis Ende April die Arbeiten dazu abgeschlossen sein müssen. Wenn wir von allen industriellen Partnern das Signal bekommen, das ist ein guter Kompromiss, dann werden wir das auch politisch mittragen.“
Gestritten wurde zwischen den großen Unternehmen Airbus und Dassault in den vergangenen Monaten vor allem um Rechte an Know-how und an möglichen Patenten. Was wird da geteilt, was nicht? Als CSU-Bundestagsabgeordneter aus Ingolstadt hat Reinhard Brandl den Airbus-Standort in Manching direkt vor der Haustür. Schon jetzt arbeiten dort rund 100 Beschäftige an FCAS. Rollt das Projekt an, könnten es mehr als tausend sein. Brandl ist Mitglied im Verteidigungsausschuss:
„Für uns ist klar, dass alles, was im Rahmen von FCAS entwickelt wird, für alle Vertragsparteien im Anschluss auch zur Verfügung stehen muss. Aber: was passiert mit Know-how, das in der Vergangenheit schon entwickelt worden ist, das jetzt Teil von FCAS wird? Haben wir, hat dann Frankreich da auch Zugriff? Und das ist im Moment Gegenstand von Verhandlungen.“
Das sind alles andere als akademische Fragen, sie können das Schicksal des Projekts entscheiden. Tobias Lindner sitzt für die Grünen im Verteidigungs- und im Haushaltsausschuss:
„Die Bundesregierung hat sehr deutlich gemacht, und da hat sie auch im Haushaltsausschuss nicht nur Rückhalt aus den Koalitionsfraktionen, sondern auch aus Teilen der Opposition, dass es FCAS nicht um jeden Preis geben wird. Und wenn es beispielsweise bei der Frage zu den Rechten an der Entwicklung keine Einigung gibt, dann steht das Projekt selbstverständlich auf der Kippe. Dessen müssen sich alle Beteiligten auf Industrie wie auf politischer Seite bewusst sein.“
Auf der Suche nach Erklärungen für die holprige Verhandlungsstrecke der vergangenen Monate schaut Reinhard Brandl vor allem auf Dassault in Frankreich:
„Dassault ist gewohnt allein und souverän zu arbeiten, es stellt die Rafale her, die Rafale ist mit ihrer nuklearen Rolle ein zentraler Baustein der militärischen Sicherheit Frankreichs – und sie waren bisher nicht gewohnt zu teilen. Jetzt kommt mit Airbus ein viel größeres Unternehmen und es ist nachvollziehbar, dass sich der viel kleinere Partner Dassault möglichst viel sichern möchte, um nicht vom viel größeren Partner erdrückt zu werden.“
Neben den Verteilungskämpfen der beteiligten Unternehmen gibt es mit Blick auf FCAS viele weitere, ziemlich grundsätzliche Fragen, die ihre Wurzeln in einem unterschiedlichen strategischen Selbstverständnis haben. Luftwaffenoffizier Dominik Vogel, der Gastwissenschaftler bei der SWP, nennt einige:
„Es geht um die Frage, wofür setzen wir ein Kampfflugzeug ein? Da ist Frankreich sehr klar, Deutschland tut sich in der öffentlichen Debatte schwerer. Es geht um die Frage, wie und ob wir überhaupt ein Flugzeug entwickeln, dass Nuklearwaffen verbringt. In Deutschland strittig, in Frankreich überhaupt keine Frage. Es geht um die Frage Autonomie. Entwickeln wir ein modernes Kampfflugzeug, das wir anderen Nationen verkaufen? Frankreich sagt, natürlich. In Deutschland über Rüstungsexporte zu sprechen ist ein komplexes Thema.“
Der unterschiedliche Stellenwert der Rüstungsproduktion und die jeweiligen politischen Entscheidungsstrukturen bilden weitere Hürden. Das gilt auch für die Erweiterung des deutsch-französischen Duos um Spanien zu einem Drei-Nationen-Projekt. Der CSU-Abgeordnete Reinhard Brandl:
„Auf der einen Seite wollen wir auch langfristig mehrere Partner mit hinzunehmen, damit FCAS nicht nur ein deutsch-französisches, sondern ein europäisches Projekt wird. Richtig ist aber, dass es im Moment die Verhandlungen mit Frankreich eher erschwert, weil auch in Spanien Airbus mit am Tisch sitzt. So sitzen sich am Verhandlungstisch Dassault und Airbus gegenüber. Und Airbus vertritt zwei Länder, Dassault eines. Das wird in Frankreich als Übermacht wahrgenommen.“
Unterschiedliche Entscheidungsstrukturen in Paris und Berlin
Die bekannte Klage der Franzosen, in Deutschland werde zu kompliziert und damit zu langsam entschieden, ist auch in Verbindung mit FCAS wieder zu hören. Christian Mölling, Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, kennt das zur Genüge:
„Die französische Seite hat ein Machtzentrum und das ist der Präsidialpalast, der Elysée, und in Deutschland haben wir ganz viele, die zustimmen müssen. Ich bin da so sehr Deutscher, dass ich sagen muss, ich glaube, dass unser System ein gutes ist. Was wir aber nicht geben können ist, wir können keine langfristige Planungssicherheit geben, weder für unsere deutschen Rüstungsprojekte noch für multinationale Partner.“
Reinhard Brandl aus der CSU verteidigt das deutsche System mit den notwendigen Entscheidungen im Bundestag so:
„Es hat für das Projekt einen großen Vorteil, nämlich, dass es eben kein Projekt nur der Regierungen ist, sondern auch ein Projekt der Parlamente. Und das wird insbesondere, wenn die Regierungen mal wechseln, dem Projekt eine viel größere Stabilität geben, wie wenn es nur ein Merkel/Macron-Projekt wäre.“
Ziel für Einführung des FCAS: 2040
Und dass Regierungen und Präsidenten kommen und gehen werden, bevor bei einer zukünftigen Pariser Luftfahrtschau die Plane von einem realen FCAS-Jet gezogen wird, ist sicher. Wenn alles gut läuft, soll FCAS 2040 eingeführt werden. Wäre dies ein 100-Meter-Lauf, würden wir uns gerade die Schuhe zu-binden, so Dominik Vogel. Und Christian Mölling findet:
„Man beginnt gerade zu zucken und aus den Startlöchern tatsächlich zu kommen. Und in dieser Phase können sie wirklich scheitern. Sie können es gerade am Anfang richtig vergeigen und es wird immer schlechtes Wetter sein bei diesen 100-Meter-Läufen im Rüstungs- und im Technologiebereich.“
An eine Schlechtwetterphase mögen die Mitglieder des französischen Senats gedacht haben, als ihnen im März Verteidigungsministerin Parly und Dassault-Chef Éric Trappier Rede und Antwort standen. Christian Cambon, der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses:
„Die zentrale Frage, die wir Ihnen, Éric Trappier, stellen möchten: Können wir unserem deutschen Partner noch vertrauen, wenn er offenbar die vereinbarte Technologieführerschaft Frankreichs beim Kampfflugzeug wieder in Frage stellt? Wir werden doch nicht zulassen, dass unsere industriellen Errungenschaften geopfert werden!? Die Zusammenarbeit mit Deutschland kann nicht nach dem Motto laufen: Koste es was es wolle!“
Klagen über Ungleichgewichte und angebliche Benachteiligungen sind bei multinationalen Rüstungsprojekten nicht ungewöhnlich. Doch die Sorge der Senatoren, Frankreich könnte beim Projekt auf die Verliererstraße geraten, war deutlich spürbar. Entwarnung wollte Dassault-Chef Trappier zu diesem Zeitpunkt nicht geben. Im Gegenteil:
„Heute habe ich lediglich gezeigt, dass es Alternativpläne gibt – bis hin zu dem Plan, alles alleine zu machen – auch wenn ich das nicht im Kopf hatte, als ich gerade vom Plan B gesprochen habe. Aber die Möglichkeit gibt es natürlich. Und wenn Sie mich auf andere Partner ansprechen: Nicht ich habe mich für Deutschland entschieden. Es war der französische Staat – was ich aber nicht kritisieren will. Ich verstehe, dass das eine politische Entscheidung ist, die ich absolut nicht in Frage stellen möchte.“
Französische Alleingänge in der Rüstungspolitik
Seit den 1930er-Jahren zählen Dassault-Flugzeuge zum Rückgrat der französischen Luftstreitkräfte.
Mirage, Super Etendard, Rafale. Mehrere Kampfjet-Generationen hat das Unternehmen mit seinen heute mehr als 13.000 Beschäftigten im Alleingang entwickelt. Doch schon das aktuelle Modell Rafale sollte ursprünglich in einem Gemeinschaftsprojekt entstehen – unter anderem mit Großbritannien und Deutschland. Wenige Monate nach Vertragsunterzeichnung Ende 1984 scheiterte das Vorhaben allerdings am Streit über Ausstattung, Systemführerschaft und Arbeitsanteile. Frankreich entwickelte fortan mit der Rafale auch die Kampfflugzeuge der vierten Generation wieder im Alleingang – die verbliebenen Partner arbeiteten gemeinsam am Konkurrenzprojekt Eurofighter.
Der Ausstieg der Franzosen damals war ein Wagnis. Wegen der hohen Entwicklungskosten und dem begrenzten Bedarf der eigenen Streitkräfte hofften Politik und Industrie auf einen Exportschlager. Doch nach der Indienststellung in der französischen Luftwaffe dauerte es 15 Jahre, bis die erste Rafale aus dem Ausland bestellt wurde. Ein Exportschlager ist das Flugzeug trotz weiterer Verkäufe bis heute nicht.
Es spreche am Ende wenig für einen weiteren französischen Alleingang, glaubt Delphine Deschaux-Dutard, die an der Université Grenoble zur deutsch-französischen Rüstungskooperation forscht:
„Technisch wäre das wohl machbar. Das hat sogar die Ministerin vor wenigen Tagen gesagt. Wir könnten so ein Flugzeug selber entwickeln, aber das ist eben sehr teuer. Und die Frage dabei ist: Sind die französischen Steuerzahler bereit, ein solches Kampfflugzeug entwickeln zu lassen, mit den entsprechenden Konsequenzen für den Staatshaushalt? Ich glaube, dass dieser finanzielle Aspekt bei dem Projekt ein großes Gewicht hat. Wohl mehr noch als die europäische Rhetorik und dass man in Europa zusammenarbeiten muss, weil es der Lauf der Geschichte so will.“
Kaum Widerstand in Frankreichs Politik
Frankreich ächzt unter einer hohen Schuldenlast von derzeit 116 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die finanziellen Spielräume sind eng – der Staat muss sparen.
In der Politik jedenfalls genießt das Vorhaben uneingeschränkte Unterstützung. Anders als im Bundestag gibt es in der französischen Nationalversammlung keinen nennenswerten Widerstand gegen das milliardenschwere Projekt. Für die Präsidentenpartei „La République en Marche“ sitzt Natalia Pouzyreff im Verteidigungsausschuss. Auch sie betont die strategische Bedeutung des FCAS-Projektes:
„Was wir haben wollen, ist ein System, das unseren Militärs eine Luftüberlegenheit verschafft und die Fähigkeit, überall dort als erster zu intervenieren, wo wir es wollen. Und das wird möglich durch das Zusammenspiel aller geplanten Elemente in diesem Projekt: Satelliten, Drohnen, Kampfflugzeuge, Aufklärungsmodule und alle weiteren Systeme, die sich darum gruppieren.“
Natalia Pouzyreff hat als Ingenieurin selbst viele Jahre in der Industrie gearbeitet. Die Politikerin kennt die Hürden von Großprojekten. Entsprechend erleichtert ist sie über die jüngsten Fortschritte in den Verhandlungen zwischen den beteiligten Firmen. Vor wenigen Wochen ist Pouzyreff nach Berlin geflogen, um mit ihren Kollegen aus dem Verteidigungsausschuss des Bundestags über FCAS zu beraten.
„Ich habe bei meinen Gesprächen in Berlin den Eindruck gewonnen, dass auch die Deutschen nicht von Technologien abhängig sein wollen, die nicht aus Europa stammen. Man weiß schließlich nicht, was die Zukunft bringt. Und politisch betrachtet hätten wir Europäer ohne diese Entwicklungen es wohl schwer, uns unter den großen Mächten auf der internationalen Bühne weiter Gehör zu verschaffen.“
Export des FCAS-Kampfjets – auch nach Saudi-Arabien?
Doch auch wenn Deutsche und Franzosen Schritt für Schritt ein besseres gegenseitiges Verständnis entwickeln, es gibt Sollbruchstellen. Dassault-Chef Éric Trappier demonstrierte vor zwei Jahren eine davon – kurz nachdem in Paris die Plane vom FCAS-Modell gezogen worden war. Wie es mit dem Export aussehe, wurde er auf dem Flugfeld gefragt:
„Ich denke, viele Länder werden feststellen, wenn dieser Flugzeugtyp einmal fertig ist, dass man damit besser fährt als mit den bereits bestehenden Modellen.“
„Gilt das auch für Saudi-Arabien?“, fragt ein Journalist.
„Das werden wir sehen“, antwortete Eric Trappier. „Wir werden ihnen das Flugzeug aber sicherlich zu gegebener Zeit anbieten.“
Bei einem frühestens 2040 startbereiten Flugzeug steht die Export-Frage zwar derzeit nicht auf der Tagesordnung, aber klar ist auch, dass dieser Punkt noch heikel werden könnte. Der von der Bundesregierung verhängte Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien wird bis heute in Paris als Fehler angesehen. Natalia Pouzyreff versucht, für FCAS eine Brücke zu bauen:
„Wie wird 2040 die Welt aussehen? Davon haben wir heute keine Ahnung. Es ist auch durchaus wahrscheinlich, dass ein technologisch derart ambitioniertes Projekt wie FCAS nur an Freunde verkauft werden kann – und das sind zunächst unsere europäischen Partner. Bevor wir also über die große Exportfrage sprechen, müssen wir erst einmal noch andere Dinge klären.“
Suche nach gemeinsamer europäischer Sicherheitspolitik
Umstritten ist aber nicht nur die Exportstrategie. Auch die Frage, wofür das gemeinsame Budget investiert wird, ist sensibel. Während Frankreich den Kampfjet auch von Flugzeugträgern starten und mit Atomwaffen bestücken will, könnte nach der Bundestagswahl in Deutschland der von den Grünen und Teilen der SPD geforderte Ausstieg aus der Nuklearen Teilhabe zum Gegenstand von Koalitionsverhandlungen werden. Delphine Deschaux-Dutard von der Universität Grenoble:
„Man kommt immer wieder zurück auf die Frage der unterschiedlichen sicherheitspolitischen Grundsätze. Es ist problematisch, wenn man ein gemeinsames Produkt entwickelt, aber keine gemeinsame Vorstellung davon hat, wie es eingesetzt wird. Das kann dazu führen, dass man den Partner verdächtigt, Technologien nur für seinen Vorteil zu entwickeln.“
Damit FCAS ein Erfolg wird, müssen Deutschland, Spanien und Frankreich nicht nur die finanziellen und technologischen Hürden umschiffen, sondern auch sicherheitspolitisch enger zusammenwachsen. Dass es auch dabei Grenzen gibt, bemerkte die französische Verteidigungsministerin Florence Parly in dieser Woche:
„Wir wissen sehr gut, dass man aus einem Franzosen keinen Deutschen machen kann – und umgekehrt. Das wäre auch nicht sinnvoll, weil das Erfolgsrezept der deutsch-französischen Beziehungen darin besteht, dass der eine von dem anderen lernt.“