Ungarn
#91
Das ungarische Parlament legt es auf den Ausschluss der Ungarn aus der EU an.
Es billigt Austritt aus IStGH
Zitat: Mit einem Gesetz der Orban-Regierung wird der Austritt aus dem Internationalen Strafgerichtshof nun offiziell. Ungarn wirft dem Gericht vor, politisch zu agieren - und stellt sich einmal mehr gegen die einheitliche Haltung der EU.
...
die Mitgliedschaft im IStGH ist - sowei ich mich erinnere - für alle EU-Mitglieder verpflichtend vereinbart. Dafür gibt es auch ein Abkommen der EU mit dem IStGH, dem alle damaligen Mitglieder zugesimmt haben und dem alle neu aufzunehmenden Mitglieder zustimmen müssen. Ungarn kann also nur als "Nichtmitglied der EU" aus diesem Abkommen austreten. es ist als EU-Mitglied an das Abkommen gebunden.
Und das diesbezügliche europäische Recht steht über dem Recht der Nationalstaaten.
Was schon für eine EU-Antidiskriminierungsrichtlinie gilt, muss für so elementare Rechtskontrolle erst recht gelten.
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#92
(20.05.2025, 23:32)Kongo Erich schrieb: Das ungarische Parlament legt es auf den Ausschluss der Ungarn aus der EU an.
Es billigt Austritt aus IStGH die Mitgliedschaft im IStGH ist - sowei ich mich erinnere - für alle EU-Mitglieder verpflichtend vereinbart. Dafür gibt es auch ein Abkommen der EU mit dem IStGH, dem alle damaligen Mitglieder zugesimmt haben und dem alle neu aufzunehmenden Mitglieder zustimmen müssen. Ungarn kann also nur als "Nichtmitglied der EU" aus diesem Abkommen austreten. es ist als EU-Mitglied an das Abkommen gebunden.
Und das diesbezügliche europäische Recht steht über dem Recht der Nationalstaaten.
Was schon für eine EU-Antidiskriminierungsrichtlinie gilt, muss für so elementare Rechtskontrolle erst recht gelten.

Die nationale Gesetzgebung steht über der der EU. Soll die EU doch mal ein Suspendierungsverfahren starten, wird sicher spannend. Zumindest würde dann ein möglicher EU-Austritt wesentlich vereinfacht. Staaten die raus wollen müssten dann nur per Gesetz den IStGH verlassen.
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#93
Wäre Ungarn nicht automatisch über dieses EU Abkommen als EU Mitglied automatisch Mitglied des IStGH? Damit wäre es egal ob Ungarn als Nationalstaat Mitglied ist ?
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#94
(21.05.2025, 21:26)lime schrieb: Die nationale Gesetzgebung steht über der der EU. ...
Nein - auch wenn man davon ausgeht, dass die »Hüter« beider Rechtsordnungen, das (nationale, z.B. deutsche) Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sowie der EuGH miteinander ein gleichrangiges »Kooperationsverhältnis« pflegen - es kann immer wieder unterschiedliche Ergebnisse in der Auslegung des jeweiligen Rechts geben.
Einerseits soll der EuGH für die Rechtseinheitlichkeit innerhalb der EU sorgen - andererseits fehlt ihm die Kompetenz, nationales Verfassungsrecht zu prüfen.
Was passiert dann? 2017 hat die Universität Speyer die Problematik anhand der Bankenaufsicht erläutert.

Ergänzend:
Zitat:Nach Auffassung des EuGH haben die Mitgliedstaaten durch Abschluss der Gründungsverträge ihre Souveränitätsrechte dauerhaft beschränkt und einen neuen eigenständigen und autarken Rechtskörper geschaffen. Die Funktionsfähigkeit dieses Rechtskörpers könne nur dann gesichert werden, wenn dessen Recht in den Mitgliedstaaten einheitlich angewandt wird.
so schon der Rechtsstand in der ZJS 1/2018, der sich inzwischen weitestgehend durchgesetzt hat.Inzwischen besteht in der Literatur, Rechtsprechung und Wissenschaft weitestgehende Einigkeit, dass die EU-Rechtsordnung unantastbar ist.
Wenn nationales Recht etwas erlaubt, das dem EU-Recht entgegen steht, dann gilt die strengere Regelung. Was EU weit verboten ist, kann nicht durch nationales Recht für ein EU-Mitgliedsland alleine erlaubt werden. Wenn also etwa die Todesstrafe oder - um beim Thema zu bleiben - Völkermord in der EU verboten sind, dann gilt das auch für die Ungarn, selbst wenn sie gegenteilige Gesetze erlassen.
Der Grundsatz des Vorrangs des EU-Rechts hat sich im Laufe der Zeit anhand des Fallrechts (Rechtsprechung) des Gerichtshofs der Europäischen Union entwickelt.
Das hat sich insbesondere im "Staatskirchenrecht" deutlich gezeigt. Die vom nationalen Verfassungsgericht den Kirchen zugestandene Sonderregelungen hielten der Kontrolle durch den EuGH nicht stand.

Um etwas klar zu machen:
Mir ist es schei..egal, ob in Ungarn Völkermord, Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder Verbrechen der Aggression- also Planung, Vorbereitung, Einleitung oder Ausführung einer Angriffshandlung erlaubt oder geduldet werden (und das sind die relevanten Tatbestände, in denen der IStGH als Gericht in letzter Instanz vorgesehen ist).
Wenn die Ungarn diesen europäischen Wertekodex nicht mehr anerkennen wollen, dann steht es ihnen frei - dann aber bitteschön nicht in der EU, sondern nach einem entsprechenden Austritt aus der EU, weil sie unseren gemeinsamen Wertekanon verlassen haben.
Und da bin ich jetzt gespannt, ob Ungarns Orban mit seinem Abnickerparlament genug Eier in der Hose hat, und ein EU-Austrittsverfahren lostritt, weil er ganz offiziell die vorgenannten Tatbestände in Ungarn nicht mehr verfolgt sehen möchte. Solange Ungarn nicht austritt, gelten die Clubregeln aber auch für Ungarn.

Wer im Club ist, muss während der Mitgliedschaft dessen Regeln einhalten. Dass das so getan wird, ist Aufgabe der jeweils für die Regeleinhaltung zuständigen Institutionen - bis hin zum EuGH. Wer die Regeln nicht einhalten will, der muss den Club verlassen. "Rosinen picken" und nur das tun, was man im aktuellen Fall gerade lustig findet, geht nicht. Dafür brauchen wir keine gemeinsamen Regeln.

Der IStGH hat unabhängig von der Person und politischen Freundschaftsverhältnissen entsprechend tätig zu werden. Dort wird ggf. angeklagt, was die nationalen Gerichte (etwa aus politischem Druck) unterlassen und dann in einem fairen und rechtsstaatlichen Verfahren geurteilt, ob diese völkerrechtlich vereinbarten Straftatbestände vorliegen.
Und dass er ein Verfahren gegen Israels Netanjahu wegen Gaza genauso einleitet und diesen nicht anders behandelt als Russlands Putin wegen der Ukraine, das spricht gerade für die politische Unabhängigkeit des IStGH.

(21.05.2025, 22:23)alphall31 schrieb: Wäre Ungarn nicht automatisch über dieses EU Abkommen als EU Mitglied automatisch Mitglied des IStGH? Damit wäre es egal ob Ungarn als Nationalstaat Mitglied ist ?
auch wenn Ungarn nicht Mitglied des IStGH wäre - als EU-Mitglied muss es so handeln, als ob es auch dem IStGH angehören würde. Es hat sich mit dem EU-Beitritt zur entsprechenden Anwendung des europäischen Rechts verpflichtet. Und es kann dieser Verpflichtung nur durch einen - und nach einem Austritt entgehen.
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#95
(22.05.2025, 13:11)Kongo Erich schrieb: auch wenn Ungarn nicht Mitglied des IStGH wäre - als EU-Mitglied muss es so handeln, als ob es auch dem IStGH angehören würde. Es hat sich mit dem EU-Beitritt zur entsprechenden Anwendung des europäischen Rechts verpflichtet. Und es kann dieser Verpflichtung nur durch einen - und nach einem Austritt entgehen.

Da irrst Du dich. Wenn sich Ungarn nicht daran hält ist die EU wieder am Zug. Und da wird es ganz schnell schwierig weil Ungarn durchaus Möglichkeiten hat sich zu wehren in dem es die Mechaniken der EU (aus)nutzt. Fico und Orban können sich aktuell ganz gut gegenseitig Deckung geben. Und wenn es wirklich darauf ankommen sollte wird auch Meloni Orban nicht fallen lassen.
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#96
(27.05.2025, 22:44)lime schrieb: ...
Da irrst Du dich. Wenn sich Ungarn nicht daran hält ist die EU wieder am Zug. Und da wird es ganz schnell schwierig weil Ungarn durchaus Möglichkeiten hat sich zu wehren in dem es die Mechaniken der EU (aus)nutzt. Fico und Orban können sich aktuell ganz gut gegenseitig Deckung geben.
Du meinst, ein "Vertragsverletzungsverfahren" würde auf Dauer von allen EU-Mitgliedern sistiert, weil sich ein paar Aussenseiter gegenseitig decken?
Ich erinnere an die Vertragsverletzungsverfahren gegenüber Polen wegen der Unabhängigkeit der polnischen Gerichte. Da war der EuGH eindeutig.
Zitat:... Und wenn es wirklich darauf ankommen sollte wird auch Meloni Orban nicht fallen lassen.
Das ist wieder eine Vermutung, bei bei der schnellen Zahl an Regierungswechseln in Italien zwar begründet ist, aber eine relativ geringe "Halbwertszeit" hat.
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#97
(27.05.2025, 22:57)Kongo Erich schrieb: Du meinst, ein "Vertragsverletzungsverfahren" würde auf Dauer von allen EU-Mitgliedern sistiert, weil sich ein paar Aussenseiter gegenseitig decken?

Die Verfahren laufen doch schon ewig und vor nicht all zu langer Zeit hatte Ungarn mal wieder einige Milliarden losgeeist in einem krummen Deal für irgendeine Abstimmung mit Bezug auf Rußland.

Zitat:Ich erinnere an die Vertragsverletzungsverfahren gegenüber Polen wegen der Unabhängigkeit der polnischen Gerichte. Da war der EuGH eindeutig. Das ist wieder eine Vermutung, bei bei der schnellen Zahl an Regierungswechseln in Italien zwar begründet ist, aber eine relativ geringe "Halbwertszeit" hat.

Und was soll das Verfahren gegen Polen erreicht haben? Außer vielleicht indirekt den Regierungswechsel?
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#98
Wenn Hr. Orban partout meint gehen zu wollen, dann sollten wir ihn ziehen lassen. Aber ich wette zwei Kästen Bier, dass ein "Ungxit" gar nicht sein Plan ist, sondern er will fiskalisch und wirtschaftlich mitnehmen, was möglich ist, ohne sich indessen groß an die Regeln halten zu müssen. Ob das funktioniert, müssen wir abwarten, aktuell zeichnen sich zumindest Gewitterwolken ab.

Schneemann
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#99
(28.05.2025, 12:52)Schneemann schrieb: Wenn Hr. Orban partout meint gehen zu wollen, dann sollten wir ihn ziehen lassen. Aber ich wette zwei Kästen Bier, dass ein "Ungxit" gar nicht sein Plan ist, sondern er will fiskalisch und wirtschaftlich mitnehmen, was möglich ist, ohne sich indessen groß an die Regeln halten zu müssen. Ob das funktioniert, müssen wir abwarten, aktuell zeichnen sich zumindest Gewitterwolken ab.

Schneemann

Von selbst wird Ungarn sicherlich nicht gehen, dazu fließt einfach zu viel Geld. Hinzu kommt die strategische Lage Ungarns, umrandet von EU-Staaten, der Ukraine und Serbien als Wackelkandidat.
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(28.05.2025, 12:52)Schneemann schrieb: Wenn Hr. Orban partout meint gehen zu wollen, dann sollten wir ihn ziehen lassen. ...

Schneemann
Orban will nicht ziehen, sondern für seinen Klüngel möglichst viel aus der EU-Kasse absaugen, ohne sich für die Verwendung der Gelder rechtfertigen zu müssen.
Und er verkleistert dieses Primärziel mit nationalem Gedöns und Pathos sowie russischer Anbiederei.
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