21. Januar 1968, Beginn der Schlacht von Khe Sanh
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21. Januar 1968, Beginn der Schlacht von Khe Sanh - Wenn ein hybrider Gegner eine Militärmacht in Schach hält
Theatrumbelli (franzôsisch)
von Frédéric JORDAN
21. Januar 2025
[Bild: https://theatrum-belli.com/wp-content/up...Sanh-1.jpg]

Die heutigen Konflikte zeigen zunehmend hybride Gegner, die durch ihre „nicht-linearen“ Strategien, um einen russischen Begriff zu verwenden, oder durch spezifische taktische Handlungsweisen viele konventionelle Armeen zum Scheitern bringen. In einer breiteren historischen Perspektive ist dieses Phänomen jedoch nicht neu, insbesondere wenn man auf bestimmte Kriegsschauplätze des späten 20. Jahrhunderts zurückblickt.

Eine Schlacht des Vietnamkriegs um die Khe Sanh Basis im Jahr 1968 ist ein gutes Beispiel dafür. In dieser Serie von Zusammenstößen gelang es den nordvietnamesischen Streitkräften, eine amerikanische Basis mit mehr als 6000 Mann 77 Tage lang zu belagern, während sie ihrem Gegner ein großes operatives Manöver und taktische und sogar strategische Überraschungen aufzwangen, wie wir im Zusammenhang mit dem Lager Lang Vei sehen werden.

Anfang 1968 befand sich der riesige Stützpunkt Khe Sanh auf einem Plateau im äußersten Norden Südvietnams, 25 km von der entmilitarisierten Zone entfernt. Sie überragt den Highway 9, der Laos mit Hué, der ehemaligen kaiserlichen Hauptstadt, verbindet. Im Rahmen der „Shaping“ -Operationen im Vorfeld der Tet-Offensive möchte Hanoi in dieser Region ein Maximum an US-Militärressourcen festsetzen, um möglicherweise das Schicksal von Dien Bien Phu vor fast 14 Jahren zu wiederholen.

So wurden am 20. Januar nachts die Stützpunkte um Khe Sanh auf den umliegenden Hügeln von der starken nordvietnamesischen Artillerie, insbesondere von den 130 mm M46 Kanonen, beschossen. Etwa 5 Stunden später wurde die Basis selbst zum Hauptziel des Schiessens von Kanonen, Mörsern und Raketen mit fast 1000 Tonnen Bomben. Die amerikanischen Hubschrauber wurden zerstört, das Lager mit Sprengstoff durchpflügt und die Unterstände pulverisiert. Dieser Druck hielt einen Monat lang an und die Lebensbedingungen wurden unerträglich, trotz des Gegenfeuers der US-Batterien, die 16 175 mm Kanonen, 16 155 mm Kanonen und 18 105 mm Kanonen umfassten.

Die Nordvietnamesen stellten 2 reguläre Divisionen auf, aber nach einigen Angriffen auf die befestigten Hügel 881 N, 881 S und 689 starteten sie nicht den Generalangriff, den der amerikanische General Westmoreland befürchtet hatte. Dieser weiß, dass die Evakuierung des Lagers eine verheerende Wirkung auf die Moral und die öffentliche Meinung haben würde. Außerdem setzte er alles daran, die Stützpunkte und Khe Sanh durch eine Vielzahl von Flugzeugen und Fallschirmsprüngen zu versorgen, was für die C130-Flugzeuge und Hubschrauber ein großes Risiko bedeutete. Diese große Luftbrücke ermöglichte den Transport von 12.000 Tonnen Nachschub mit 273 Landungen in feindlichem Gebiet und 496 Fallschirmabwürfen.

Die USA starteten auch die Operation Niagara II, um die vietnamesische Umklammerung durch massive Unterstützung mit Luft-Boden-Angriffen zu lockern. In den 77 Tagen der Belagerung wurden 24.000 Luftangriffe durchgeführt, davon 2.700 mit den mächtigen B52-Bombern. Am Ende der Schlacht wurden 1.600 nordvietnamesische Leichen gefunden, obwohl das US Commandment zu Recht oder zu Unrecht schätzt, dass der Feind zwischen 10.000 und 15.000 Mann verloren hat. Die Marineinfanteristen hatten nur 205 Tote, aber Hunderte von Verletzten zu beklagen.

Obwohl die Amerikaner den Kampf für sich entscheiden konnten und taktisch gesehen einige gute Siege erzielten (wie die belagerte Kompanie auf Hügel 881 S unter Captain Dabney), waren die kommunistischen Streitkräfte aus operativer Sicht der Sieger. Die psychologische Wirkung dieser Belagerung, die Immobilisierung der feindlichen Truppen weit entfernt von anderen Einsatzgebieten, ganz zu schweigen von den Einheiten, die mobilisiert wurden, um die Einkreisung zu durchbrechen (1 Luftlandedivision und 2 Marineregimenter), werden die amerikanische Handlungsfreiheit während der Tet-Offensive stark einschränken.
[Bild: https://theatrum-belli.com/wp-content/up...Sanh-3.jpg]
Neben der Konzentration auf Khe Sanh verfolgten die Nordvietnamesen ihre hybride Strategie am Rande des verschanzten Lagers. In diesem Rahmen wurden zum ersten Mal Kampfpanzer eingesetzt, eine Aktionsform, die mit der Taktik der Aufständischen brach. Der Posten Lang Vei liegt in einer bergigen und bewaldeten Region, 8 km von Khe Sanh entfernt, und beherbergt 22 Ausbilder der Spezialkräfte, US Green Berets und 400 Bergbewohner. Diese Garnison, die ausgebildet wurde, um die Rebellion zu bekämpfen und verdeckte Operationen durchzuführen, rechnete nicht mit dem kommunistischen Angriff, der stattfinden würde. Am 7. Februar 1968 griff die nordvietnamesische Armee das Lager mit Infanterie an, die von Mörsern und vor allem von 11 sowjetischen PT76 Panzern unterstützt wurde.

Trotz der heldenhaften Verteidigung der amerikanischen Soldaten und ihrer Ersatztruppen, die 4 Panzer mit behelfsmäßigen Mitteln (Granaten und 106 mm Kanonen) neutralisierten, eroberten die Angreifer nach und nach die unzureichenden Verteidigungsanlagen des befestigten Punktes. Die Kämpfe dauerten mehrere Stunden, ein Gegenangriff wurde von Hunderten von Bergbewohnern mit ihren Mentoren versucht, konnte aber die Situation nicht umkehren. Es bedurfte einer starken Luftunterstützung, um die noch lebenden Verteidiger (200 von ihnen waren tot oder vermisst) zu evakuieren und Lang Vei den Streitkräften Hanois zu überlassen.

Dieses Beispiel der Kampagne um Khe Sanh zeigt, wie ein hybrider Gegner eine strategische und taktische Bedrohung für eine konventionelle Armee darstellen kann, selbst wenn diese schwer ausgerüstet ist. Es ist daher wichtig, in jedem Einsatzgebiet die Reversibilität der eingesetzten Einheiten zu erhalten, aber vor allem die Fähigkeit, mit schweren Mitteln wie Panzern, Feuerunterstützung (Artillerie), Pionieren und Panzerabwehrkräften eine Anstrengung zu erzeugen.

Die Fähigkeit, Aufklärungszwecke in der Tiefe zu erfüllen, auch gegen einen irregulären Gegner, ist eine unabdingbare Voraussetzung, um operative Handlungsfreiheit und Initiative zu gewährleisten. Und schließlich muss die Logistik in der Lage sein, in einem verschlechterten Umfeld und unter Beschuss zu agieren. Die Einsätze von heute und morgen dürfen diese Lehren, die durch den Vietnamkrieg veranschaulicht wurden, nicht vergessen.
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#2
Diese Schlacht / Belagerung hatte meiner Ansicht nach drei ungewöhnliche Effekte:

1. Die Verluste der Nord-Vietnamesen waren angesichts der dort vor Ort zusammen gezogenen und eingesetzten Feuerkraft der Amerikaner moderat, insbesondere im Verhältnis zu den Verlusten der Gegenseite. Es starben 274 US Soldaten, weitere 2541 wurden verwundet. Die Südvietnamesen verloren 229 Tote und 436 Verwundete. Auf der Gegenseite büßten die Nord-Vietnamesen nur ungefähr 5.500 Tote ein (wie die MACV SOG recht sicher feststellen konnte) und vermutlich um die 15.000 Verwundete.

Das klingt nun zunächst mal nach hohen Verlusten für die NV, und nach einer Niederlage für diese. Aber man muss das wie schon geschrieben ins Verhältnis setzen zu der absurd hohen konzentrierten Feuerkraft welche hier gegen die NV eingesetzt wurde, und dass diese die Angreifer waren, gegen sehr gut ausgebaute und extrem zäh verteidigte Stellungssysteme.

Allein schon in den ersten Wochen der Schlacht wurden mehr als 100.000 Tonnen Bomben auf die NV abgeworfen und mehr als 100.000 Artilleriegeschosse auf sie abgefeuert. Die Truppenstärke der NV unmittelbar vor den US Befestigungen lag aber gerade mal bei um die 20.000 Mann (wahrscheinlich etwas darunter). Innerhalb weniger Wochen wurden also auf jeden einzelnen NV Soldaten nicht weniger als 5 Tonnen Bomben und 5 Artilleriegeschosse abgefeuert. Und das war nur die Anfangszeit, dass steigerte sich dann ja noch.

2. Die NV setzten zum ersten Mal erfolgreich Panzer offensiv ein, was für die Amis eine ziemliche Überraschung war. Die leichten PT-76 Panzer bewährten sich dabei außerordentlich, und auch hier muss man wieder bemerken, dass es schier unfassbar ist, wie lange sie im Feuer der US Streitkräfte durchhielten. Dazu noch das sehr schwierige Terrain. Die US Truppen wurden allein schon dadurch davon überrascht, als dass sie einen Panzerangriff in solchem Gelände für unmöglich gehalten hatten.

3. Und was kaum einer weiß und fast nirgends thematisiert wird: angesichts der Heftigkeit der Kämpfe und weil man zumindest vorübergehend davon ausging, dass die Schlacht in einer Niederlage enden könnte, wurde von Westmoreland allen Ernstes der Einsatz von Nuklearwaffen gegen die NV erwogen. Das war kein rein theoretisches Gedankenspiel, es wurde ernsthaft geplant. Die US Airforce wiederum plante den Einsatz chemischer Waffen, sollte die Situation noch schlimmer werden. Auch dieser Vorschlag wurde von Westmoreland ernsthaft erwogen. Als Gegenargument wurde seitens McNamaras nicht die Eskalation oder mögliche politische Folgen genannt, sondern dass das Gelände die Wirkung taktischer Nuklearwaffen stark beschränken würde. Der Vorschlag chemische Waffen im großen Stil einzusetzen wurde aber weiter erwogen, jedoch verbesserte sich die militärische Lage und die rote Linie welche man da gesetzt hatte wurde nicht erreicht.
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#3
Über den dritten Aspekt:

https://warontherocks.com/2018/10/how-cl...m-in-1968/
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#4
Zitat:Beginn der Schlacht von Khe Sanh - Wenn ein hybrider Gegner eine Militärmacht in Schach hält
Ich denke nicht, dass man bei Khe Sanh von einem hybriden Gegner sprechen sollte. Es waren zwei reguläre, voll ausgerüstete nordvietnamesische Divisionen, die Giap (nachdem der bisherige Chef der Streitkräfte des Nordens im Süden, Armeegeneral Thanh, im Juli 1967 unter recht seltsamen Umständen in Hanoi starb) ins Feld geführt hatte. Giap - der Sieger von Dien Bien Phu - war ernannt worden, nachdem die verlustreiche Taktik Thanhs nicht aufgegangen war.

Darüber hinaus war Khe Sanh, meiner Meinung nach, eine reine Ablenkung. Nach Frey (Geschichte des Vietnamkriegs: Die Tragödie in Asien und das Ende des amerikanischen Traums. Beck'sche Reihe, 5. Auflage, München 2000, S. 160 - 165) war die Khe Sanh-Operation der Versuch einer Ablenkung der Amerikaner von Tet mithilfe zweier regulärer Divisionen. (Und dies sehe ich auch so.) Und dies gelang ja durchaus auch, auch wenn danach die Air Force diese Divisionen quasi plattgewalzt hat.

Schneemann
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#5
Hat sie das ?! Nach glaubhaften Analysen des MACV starben um die 5.500 NV. Das sind aber die Gesamtverluste welche dieser Operation zugerechnet werden können. Und insgesamt setzte NV im Kontext dieser Schlacht ungefähr 40.000 Soldaten ein. Für die Zeitdauer, für das extremst heftige Bombardement aus der Luft wie auch mit Artillerie, ist das keine überzogen hohe Verlustrate. Die Schlacht dauerte ja von Januar bis Juli. Über mehrere Monate und angesichts der Feuerkraft der USA und da man überwiegend der Angreifer war, sind das eigentlich erstaunlich geringe Verluste.

Wie die NV überhaupt gegen eine solche Feuerkraft offensiv vorgehen konnte ist schon an sich ein Rätsel.
Allein die Artillerie des USMC verschoss von der Basis aus im Laufe von drei Monaten über 150.000 Schuß Artilleriemunition. Die Luftwaffe warf gemittelt jeden Tag deutlich mehr als 1000 Tonnen Bomben ab. Über Monate hinweg.

Das machte zwischen 5 bis 10 Tonnen Bomben für jeden einzelnen NV Soldaten der hier angriff pro Tag. Das ist surreal. Angesichts dessen sind 5.500 Tote im Zuge von um die 5 Monate verblüffend gering. Gerade mal ungefähr um die 1000 Tote pro Monat auf NV Seite. Und diese im Angriff auf eine befestigte Stellung und schier unfassbarer Feuerkraft des Gegners.

Es hat mich seit langer Zeit schon fasziniert, wie die NV das überhaupt hingekriegt haben.
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#6
@Quintus
Zitat:Hat sie das ?! Nach glaubhaften Analysen des MACV starben um die 5.500 NV.
Die Verlustrechnungen hierbei sind extrem schwierig. Vermutlich standen im Umfeld des Basis etwa 20.000 Nordvietnamesen, davon sind - jeweils die Extreme - irgendwo zwischen 2.400 und 15.000 umgekommen, je nachdem welche Schätzung man heranzieht.

Sicherlich richtig ist, dass die abgeworfene Bombenmenge geradezu apokalyptisch anmutet. Das Gebiet um Khe Sanh ist bis heute, wenn man die Bombentonnage und die doch begrenzte Zielgebietfläche heranzieht, das am dichtesten und schwersten bombardierte Gebiet der Welt.

Als das Gebiet der Nordvietnamesen, nach deren Abzug, von der 1. Cavalry Division eingenommen wurde, fand man es faktisch kaum begehbar vor. Anhand der gefundenen Toten in dieser Mondlandschaft (ca. 800) rechnete man dann den Wert der gesamten Verluste des Gegners aus bzw. kalkulierte ihn nach oben. Es gibt aber grobe Unschärfen dabei, da a) die Nordvietnamesen einen Teil ihrer Gefallenen mitgenommen haben dürften und b) manche Opfer tatsächlich zermalmt und verschüttet und nie gefunden wurden.

Zumindest die beiden direkt vor Khe Sanh liegenden nordvietnamesischen Divisionen (304. und 308.) verschwanden danach von der Bildfläche und Teile von diesen tauchten erst Ende 1970 in Laos wieder auf. Vermutlich mussten sie nach Khe Sanh völlig neu aufgestellt werden, was ein Hinweis auf hohe Ausfälle sein kann.
Zitat:Es hat mich seit langer Zeit schon fasziniert, wie die NV das überhaupt hingekriegt haben.
Wobei nicht nur die Frage interessant ist, wie die Vietnamesen diese Angriffe überhaupt körperlich überstehen konnten, sondern ich finde es genauso bemerkenswert, dass sie das psychisch so lange durchhielten. Dieses geradezu überwältigende Dauerbombardement, gesetzt denn Fall man überlebt, müsste im Grunde diese Divisionen völlig moralisch-seelisch zerrüttet haben. Über psychische Folgen bei den Vietnamesen findet man aber interessanterweise quasi keine Informationen, allenfalls stößt man auf Berichte zu PTBS bei den Marines.

Schneemann
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#7
Zitat:Die Verlustrechnungen hierbei sind extrem schwierig. ......... je nachdem welche Schätzung man heranzieht.

Meiner Kenntnis nach haben sich die damals noch als Geheim eingestuften Schätzungen des MACV welche vor allem auch auf Berichten der SOG beruhten sich querschnittlich als die glaubwürdigsten erwiesen.

Diese Schätzungen des MACV lagen im übrigen immer deutlich unter denen welche die US Streitkräfte öffentlich verkündeten.

Und hier nannte das MACV in einem Geheimbericht eine Zahl von insgesamt um die 40.000 Kämpfern, davon ungefähr 17.000 direkt im Angriff auf Khe San befindlich und eine Gesamtverlustzahl von um die 5.500 Toten bezogen auf die 40.000 insgesamt.

Gerade die SOG war ja sehr oft für das sogenannte Bombing-Assessment zuständig, sowohl in Vietnam selbst als auch in Laos und Kambodscha, teilweise sogar in Nord-Vietnam. Die saßen damit wortwörtlich an der Quelle, da entsprechende SOG Spähtrupps ja mitten unter den Nord-Vietnamesen aufklärten.

Zitat: ich finde es genauso bemerkenswert, dass sie das psychisch so lange durchhielten. Dieses geradezu überwältigende Dauerbombardement, gesetzt denn Fall man überlebt, müsste im Grunde diese Divisionen völlig moralisch-seelisch zerrüttet haben. Über psychische Folgen bei den Vietnamesen findet man aber interessanterweise quasi keine Informationen, allenfalls stößt man auf Berichte zu PTBS bei den Marines.

Laut Berichten der SOG war die Kampfmoral selbst zum Ende der Schlacht hin gut, war die Disziplin weiter auf einem sehr hohen Stand und nahm man das Kampfgeschehen aus vietnamesischer Sicht als eine Art Sieg gegen die USA wahr. Surreal !

Tatsächlich deklarierte NV ja dann nach der Schlacht dass man dort gesiegt hätte.

Die beiden Divisionen wurden übrigens vor allem deshalb rausgenommen, weil sie natürlich auch sehr viele Verwundete hatten und weil sie praktisch ihr gesamtes Material verloren hatten. Es gab aber gar nicht so wenige Überlebende.

Tatsächlich war NV so intelligent, dass man Verbände mit hoher Kampferfahrung nach Verlusten erstmal längere Zeit aufgefrischt hat, statt die Überlebenden nach aktueller (und früherer) russischer Seite einfach alle immer weiter zu verheizen. Damit hatte man dann immer einen ausreichend großen Kader aus welchem man dann diese Verbände unter Erhalt eines Gros der Kampferfahrung neu aufbauen konnte.

Die immense Selbstdisziplin, die herausragende Härte und psychische Widerstandskraft der Nordvietnamesen sucht abe ja an sich ihresgleichen in der Kriegsgeschichte. Es gab und gibt nicht viele Soldaten, die von der Moral her auf so einem Niveau agiert haben. J.P. Cross, ein britischer Experte für die Kriegsführung im Dschungel und kommunistische Guerilla dort wertete die Disziplin der NV als die höchste die ihm bekannt sei, höher als die der Japaner oder seiner Gurkhas.

Ein weiterer faszinierender Aspekt ist die Frage der Versorgung: Gleichgültig wie spartanisch die NV Soldaten lebten, gleichgültig wie anspruchslos sie waren, sie benötigen dennoch ein gewisses Maß an Versorgung. Dieses musste über Laos herangeführt werden, teilweise durch schier unmögliches Terrain, und dies sehr weitgehend durch Träger, Fahrräder, Karren usw. Gleichzeitig wurden die Nachschubrouten ununterbrochen bombardiert und von Trupps der SOG regelrecht belagert. Jedes Regiment der vor Khe San eingesetzten Divisionen benötigte mindestens drei Tonnen Nachschub pro Tag. NV Träger konnten dabei in diesem Gelände gerade mal um die 25 kg pro Person durchhaltefähig transportieren, mit Fahrrädern kriegte man ungefähr 70 kg hin, auf einem Karren bis zu 150 kg, die ständig zerbombten und deshalb knappen Lkw brachten um die 2000 kg pro Fahrzeug, konnten aber nur in Laos an bestimmten Abschnitten operieren. Das heißt, für die zwei vor Khe San kämpfenden Divisionen mussten von dort nach Laos und von dort nach Nord-Vietnam zehntausende Träger im Schichtbetrieb 24 Stunden am Tag, 7 Tagen die Woche, ohne jede Pause bis zum äußerten schuften.

Dazu noch unzählige Pioniere um die ständigen Bombenschäden zu beseitigen, nicht weniger als um die 30.000 Mann als Sicherungstruppen gegen Übergriffe der SOG und auch all diese Menschenmassen mussten natürlich ebenso versorgt werden.

Die endlose, ameisenartige und geradezu absurde Fleißarbeit der NV Logistik war und ist beispiellos in der Kriegsgeschichte. Insbesondere da diese Logistikeinheiten ja ebenfalls pausenlos in schier unfassbarem Ausmaß bombardiert und angegriffen wurden (Stichwort Bombardierung von Laos).

Die USA setzten dort Millionen von Litern Entlaubungsmittel ein, führten mindestens um die 1000 Bombenangriffe pro Tag durch, dazu noch der fortwährende Kampf der SOG gegen die Vietnamesen, zehntausende Sensoren wurden abgeworfen und alles blindwütig angegriffen was diese meldeten, ja selbst chemische Detektoren von Flugzeugen aus wurden eingesetzt die weder zwischen Tieren noch Menschen noch Zivilisten oder Feind unterschieden und trotzdem alles niederbombardiert worauf die Sensoren anschlugen.

Und trotz all diesem gelang es den NV um die 70 Tonnen Nachschub pro Tag insgesamt über ihr Netzwerk in Laos zu transportieren. 70 Tonnen klingt nicht nach viel, aber angesichts der Umstände ist das eine nicht mehr fassbare Leistung die nur durch die totale Überanstrengung und Übernutzung der anscheinend grenzenlos belastbaren NV Logistiktruppen erreicht werden konnte.

Die Leistung der einfachen Träger und Pioniere, die nur mit Schaufeln, Körben, teilweise mit bloßen Händen wie die Geisteskranken schufteten um diese Versorgung durchgehend aufrecht zu erhalten gehört meiner Überzeugung nach zu den größten menschlichen Leistungen der Kriegsgeschichte.

Einfach nur bewundernswert.
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