Türkei, Kasachstan u. a. gegen Russland
#16
Das Thema des russischen Einflussverlustes auf die ehemals sowjetischen Mitgliedsstaaten wird immer öfter von den Medien aufgegriffen:
Zitat:Spannungen in der Nachbarschaft
Wird Russland zum Verlierer?

Stand: 05.07.2025 08:22 Uhr

Russlands hat es mit zunehmend selbstbewussten Nachbarstaaten zu tun. Insbesondere Aserbaidschan probt den Aufstand. Nun könnte Russland seine Vormachtstellung im Südkaukasus verlieren.

... Die neuen Spannungen im Verhältnis zwischen Russland und Aserbaidschan dienen als Anlass für allerlei Erklärungen und Warnungen.

Es begann am 27. Juni mit dem Tod zweier aserbaidschanischer Brüder in der sibirischen Stadt Jekaterinburg. Sie wurden bei einer Razzia des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB erschossen. Weitere Aserbaidschaner wurden verletzt und mehrere in Haft genommen. Anlass der Durchsuchungen sollen Ermittlungen wegen Mordes gegen eine kriminelle Gruppe sein, der Drogenhandel, Korruption und weitere organisierte Verbrechen vorgeworfen werden.

Aserbaidschan reagierte harsch. Das Außenministerium in Baku warf Russland "demonstrative, gezielte und außergerichtliche Tötungen und Gewalttaten aus ethnischen Gründen" vor. Regierungsmedien brachten die Razzia in Zusammenhang mit dem Vorgehen der russischen Behörden gegen ethnische Minderheiten, um diese an die Front in der Ukraine zu zwingen. Russlands Botschafter in Baku wurde einbestellt, alle gemeinsamen Kulturveranstaltungen und gegenseitigen Besuche abgesagt.

Demütigende Aufnahmen
Am 30. Juni wurden zwei russische Journalisten in Baku festgenommen, weil sie trotz Entzugs ihrer Akkreditierung noch im Land gearbeitet beziehungsweise spioniert hätten. Am 2. Juli dann wurden acht Russen wegen angeblichen Drogenhandels und Cyberbetrugs festgenommen. Mit Wunden und Schwellungen im Gesicht wurden die Männer auf demütigende Weise den Richtern und Kameras der aserbaidschanischen Regierungssender vorgeführt.

In Jekaterinburg wiederum rissen Sicherheitskräfte am 1. Juli den örtlichen Anführer der aserbaidschanischen Diaspora aus seinem Auto und knebelten ihn auf dem Asphalt, ließen ihn aber nach einem Verhör wieder frei.

Auf dem Höhepunkt wirkte es, als wollten sich beide Seiten mit demütigenden Aufnahmen überbieten.
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Einiges deutet darauf hin, dass er im Südkaukasus zum Verlierer werden könnte - falls Aserbaidschan mit seinem verfeindeten Nachbarn Armenien einer Lösung in einer geostrategisch und sicherheitspolitisch heiklen Frage zustimmen würde.

Es geht unter anderem um eine Straßenverbindung von Aserbaidschan in die Exklave Nachitschewan über das südliche Territorium Armeniens. Eine Lösung könnte darin liegen, dass eine dritte Kraft diesen "Korridor" kontrolliert. Vorgesehen waren ursprünglich russische Grenztruppen. Das lehnen Aserbaidschan und Armenien ab, das Putin vor Langem schon verprellt hat.

Bei den Gesprächen zwischen Aserbaidschan und Armenien, unterstützt von der EU und Deutschland, wurde bereits über die Möglichkeit verhandelt, ein Unternehmen mit der Aufgabe zu betrauen. Im Fall der von Georgien abtrünnigen Regionen Abchasien und Südossetien einigten sich die Seiten vor einigen Jahren auf einer Schweizer Sicherheitsfirma.
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#17
Ich setz das mal hier mit rein - es ist ein kleines Mosaiksteinchen, das zeigt, das Aserbaidschan sich aus dem russischen Einfluss löst und sich auch (nicht nur symbolhaft) gegenüber westlichen Werten öffnet.
Zitat:Vatikan/Aserbaidschan: Abkommen über interreligiösen Dialog
Eine Übereinkunft zur Förderung des interreligiösen Dialoges wurde an diesem Montag im Vatikan besiegelt:
Verantwortlich zeichneten das Dikasterium für den interreligiösen Dialog und das Staatliche Komitee der Republik Aserbaidschan für die Zusammenarbeit mit religiösen Einrichtungen im Vatikan.
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Denn der Vatikan steht nicht nur symbolisch für das "Christentum" (was dann auch als klare Absage gegen islamistische Tendenzen verstanden werden kann) sondern auch für das "westliche Christentum" im Gegensatz zur staatstreuen russischen Orthodoxie.

Bei der Gelegenheit einige Anmerkungen zu religiösen Strukturen in christlichen Kirchen:
Der Begriff "Dikasterium" kann als "vatikanisches Ministerium" verstanden werden. Das ist also die Ebene unmittelbar unter dem vatikanischen Regierungschef.
Btw.: der Patriarch von Byzanz/Konstantinopel/Istanbul hat schon vor Jahren als "Ehrenoberhaupt" der Orthodoxie die ukrainisch-orthodoxe Kirche - gegen den heftigen Widerstand der russisch-orthodoxen Kirche - als eigenständig anerkannt.
Man fühlt da vielleicht einen türkischen Einfluss auf die Entscheidungsträger in Aserbaidschan.
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#18
Ich schreib das mal hierher
Zitat: Friedensabkommen zwischen Aserbaidschan und Armenien – USA sichern sich Transitkorridor-Rechte

Unter der Vermittlung der USA haben Aserbaidschan und Armenien nach Jahrzehnten des Konflikts ein Friedensabkommen geschlossen. Die Einigung gewährt den USA exklusive Rechte an einem Transitkorridor im Südkaukasus – ...

... Bei einer Zeremonie im Weißen Haus sagte US-Präsident Donald Trump an der Seite des aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew und des armenischen Ministerpräsidenten Nikol Paschinjan, die beiden verfeindeten Staaten hätten sich verpflichtet, die Kämpfe einzustellen, diplomatische Beziehungen aufzunehmen und die territoriale Integrität des jeweils anderen zu respektieren. Alijew und Paschinjan würdigten Trumps Rolle und kündigten an, ihn für den Friedensnobelpreis vorzuschlagen.

Das Abkommen sichert den USA exklusive Rechte für einen strategischen Transitkorridor durch den Südkaukasus. Dieser soll nach US-Angaben den Export von Energie und anderen Rohstoffen erleichtern. Die USA hätten zudem mit beiden Ländern separate Vereinbarungen zur Ausweitung der Zusammenarbeit in den Bereichen Energie, Handel und Technologie unterzeichnet, sagte Trump. Beschränkungen für die Verteidigungszusammenarbeit zwischen den USA und Aserbaidschan seien aufgehoben worden.

Das Projekt wird nach Donald Trump selbst benannt. Durch die „Trump Route for International Peace and Prosperity“ (TRIPP) soll Aserbaidschan ungehindert Zugang zu seiner autonomen Exklave Nachitschewan erhalten.

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Kopie hier

Und interpretiere es mal so:
1. Sowohl Aserbaidschan wie auch Armenien haben sich aus dem Klientelbereich von Russland verabschiedet.

2. Armenien war und ist noch nicht bereit, der Türkei größeren Einfluß einzuräumen.

Deshalb ist die Bewachung des Transitkorridors zur aserbaidschanischen Enklave an der türkischen Grenze externen Kräften anvertraut. Und da werden die USA als kräftiger eingeschätzt als europäische Staaten.

Dazu ein Kommentar der FR:
Trump hat endlich seinen „Friedensdeal“ – und pflegt nebenbei sein Ego
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#19
Die Diskrepanz zwischen Russland und Aserbaidschan wird immer deutlicher:
Zitat:Fällt Aserbaidschan Russland in den Rücken?
Aktualisiert am 14.08.2025, 20:27 Uhr

Ein abgeschossenes Flugzeug, Drohnenangriffe und tote Verdächtige belasten das Verhältnis der einstigen Sowjet-Staaten Russland und Aserbaidschan. Die Gräben sind inzwischen so tief, dass Baku sogar erwägt, Waffen an Putins Feind zu liefern.

Eine Analyse von Thomas Eldersch
Dieser Text enthält eine Einordnung aktueller Ereignisse, in die neben Daten und Fakten auch die Einschätzungen von Thomas Eldersch sowie ggf. von Expertinnen oder Experten einfließen. Informieren Sie sich über die verschiedenen journalistischen Textarten.


Manchmal sind es nur Kleinigkeiten, die zu großen Krisen führen können. Und eine solche Krise bahnt sich jetzt vielleicht auf dem Kaukasus an. Während die Welt gebannt auf das Treffen von US-Präsident Donald Trump mit Russlands Präsident Wladimir Putin in Alaska am Freitag schaut, regt sich im russischen Vorhof etwas. Der langjährige Verbündete Aserbaidschan schlägt sich mehr und mehr auf die Seite des Landes, um das es in Alaska gehen wird – die Ukraine.

Jüngstes Puzzlestück in dem politischen Reigen der drei Länder waren Drohnenangriffe Russlands auf die Ukraine Anfang August. Am 6. August trafen diese Drohnen auch eine Station zur Gasverdichtung, durch die erstmals Gas aus Aserbaidschan in die Ukraine gepumpt wurde. Zwei Tage später, schreibt "t-online", griffen russische Drohnen ein Lagerhaus der staatlichen aserbaidschanischen Ölgesellschaft SOCAR in der ukrainischen Region Odessa an.

Eine Reaktion aus Baku ließ nicht lange auf sich warten. Am 10. August telefonierten die Präsidenten der Ukraine und Aserbaidschans, Selenskyj und Aliyev, miteinander. Wie "The Kyiv Independent" schreibt, soll es in dem Gespräch um eine bilaterale Energiepartnerschaft gegangen sein. Selenskyj sagte nach dem Gespräch: "Präsident Alijev versicherte mir, und dies ist auch die Position der Ukraine, dass wir die Zusammenarbeit trotz aller Herausforderungen fortsetzen werden." Das aserbaidschanische News-Portal "Caliber.Az" spricht sogar davon, dass das kaukasische Land erstmals darüber nachdenkt, Waffen an die Ukraine zu liefern.

Aserbaidschan und Russland – mehr Zweckgemeinschaft als Bruderliebe
Noch vor einem Jahr trafen sich Putin und Aliyev in der Hauptstadt Baku. Man plauderte über Gas, Öl und den aserbaidschanischen Nachbarn Armenien. Kein Wort zur Ukraine. Heute steht Aserbaidschan kurz davor, dem russischen Feind Waffen zu liefern. Wie konnte die Männerfreundschaft der beiden Autokraten innerhalb so kurzer Zeit so zerbrechen?

Das Verhältnis der beiden, "war nie von reiner Gegenliebe getragen", sagt Kaukasus-Experte Jakob Wöllenstein von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) im Gespräch mit unserer Redaktion. Putin wolle nur die Länder in seiner Nachbarschaft in seiner Einflusssphäre halten. Aserbaidschan ist aber eines der Länder, das dabei nur bedingt mitspielt.

Zitat: Südkaukasus
Wie Trumps neuer Friedensplan Russlands Einfluss schwächt
vor 6 Tagen
Das hauptsächlich muslimisch geprägte Land im Kaukasus ist nicht wirklich von Russland abhängig. Es beziehe Lebensmittel und Maschinen aus Russland und es gebe eine größere Community von Aserbaidschanern in Russland, aber das Land habe sich schon immer bemüht, keine großen Abhängigkeiten aufzubauen. "Es gibt nichts, was sie mittelfristig nicht ersetzen könnten – vor allem durch China und die Türkei", sagt Wöllenstein.

Im Gegenteil. Aserbaidschan hat vieles anzubieten. Das Land verfügt unter anderem über Öl- und Gasreserven und vertreibt diese Rohstoffe nicht nur an die Ukraine, sondern vor allem nach Israel und in die EU – hier vorwiegend nach Griechenland, Bulgarien und Italien.

Flugzeugabsturz und Nadelstichpolitik
Im Dezember 2024 stürzte dann ein aserbaidschanisches Zivilflugzeug auf russischem Boden ab und markierte damit den Anfang der Spannungen zwischen den beiden Ländern. Die Maschine war kurz davor, in der tschetschenischen Hauptstadt Grosny zu landen, als sie von einer russischen Boden-Luft-Rakete getroffen wurde. 38 Menschen kamen damals ums Leben. Ein Versehen – so sie offizielle Begründung. Putin bedauerte den Unfall – ein Schuldeingeständnis blieb aber aus. Für Aserbaidschan Grund genug, vor internationalen Gerichten Klage gegen Russland einzureichen.

Der Beginn einer Nadelstichpolitik. In Jekaterinburg wurde kurze Zeit später eine Gruppe Aserbaidschaner unter fadenscheinigen Gründen festgenommen. Die beiden Hauptverdächtigen – ein Brüderpaar – überlebten die Festnahme nicht. Angeblich Herzversagen. Die Leichen wurden in die Heimat gebracht, medizinisch untersucht und Folterspuren wurden festgestellt. Im Anschluss führte Aserbaidschan eine Razzia in dem russischen Sender Sputnik in Baku durch. Auch hier soll es zu Gewalt gekommen sein. "Die Bilder zu dem Vorfall waren teilweise nicht jugendfrei", bestätigt Wöllenstein.

Botschafter beider Seiten wurden einbestellt. Aliyev schwänzte die Parade in Moskau zur 80-Jahr-Feier über den Sieg der Sowjetunion über Nazideutschland. Und dann ist da noch der Friedensdeal zwischen Aserbaidschan und Armenien. Die beiden Länder, die seit Jahrhunderten zumindest nicht gut aufeinander zu sprechen sind und die seit dem Ende der Sowjetunion um das von Armenien besiedelte Gebiet Berg Karabach gestritten und gekämpft haben. Seit 2023 ist es wieder in der Hand Aserbaidschans, die Bewohner vertrieben, die Fronten verhärtet.

Zitat:Aserbaidschan und Armenien unterzeichnen Abkommen (Video)
Aktualisiert am 09.08.2025, 11:05 Uhr
Armenien und Aserbaidschan sind seit langem verfeindet. Nun hat Trump mit einem Deal eine Annäherung zwischen den beiden Ländern erreicht.
Aliyev sucht Nähe zu Trump, nicht zu Putin
Dann doch die Annäherung und die Ausarbeitung eines Friedensvertrags. Dieser wurde aber nicht in Baku oder in der armenischen Hauptstadt Jerewan beschlossen, sondern ausgerechnet im Weißen Haus im Beisein von US-Präsident Donald Trump. Ein Affront gegen Putin, dessen Russland schon seit der Sowjetzeit als Schutzpatron Armeniens fungierte. "Die Grenzen zur Türkei und dem Iran (auch am Flughafen in Jerewan) wurden bis vor kurzem nicht von Armeniern geschützt, sondern von Russen", erklärt der Experte der KAS.

Damit nicht genug. Im Friedensvertrag hat sich der US-Präsident sogar noch selbst verewigt. Der Streitpunkt, der bislang auch die Ratifizierung des Vertrags verhindert hat, ist die sogenannte TRIPP – "Trump Route for International Peace and Prosperity" (auf dt.: Trump Route für internationalen Frieden und Wohlstand). Sie soll im Süden Armeniens Aserbaidschan mit seiner Exklave Nachitschewan im Westen verbinden und wäre damit Aserbaidschans Tor zur Türkei und damit auch eine Landverbindung in die EU. Der südliche Nachbar Iran tobte. Aus Russland meldeten sich nur Scharfmacher aus der zweiten und dritten Reihe, sagt Wöllenstein. Putin dürfte der Deal aber gar nicht geschmeckt haben.

Zitat:Empfehlungen der Redaktion
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Führen diese zahlreichen Sticheleien jetzt tatsächlich dazu, dass Aserbaidschan Waffen an die Ukraine liefern wird? Historisch gesehen, wäre es keine große Neuerung. Bis zum Ausbruch des Ukrainekriegs lieferte das Kaukasusland bereits Drohnen und gepanzerte Fahrzeuge nach Kiew. Danach beschränkte sich die Unterstützung auf nicht-militärische Waren. Darunter fällt laut "Kyiv Independent" humanitäre Hilfe, Energieversorgung, finanzielle Hilfe sowie Hilfe beim Ausbau der Infrastruktur. Dabei sei inzwischen ein Gegenwert von 40 Millionen Dollar zusammengekommen, so die Zeitung.

Dennoch wird Aliyev "das Tuch mit Russland nicht vollends zerschneiden". Da ist sich Wöllenstein sicher. "Man sagt, 'wir lassen uns nichts gefallen', aber einen EU-Beitrittsantrag wird das Land nicht stellen." Aliyev sei kein dummer Mann. "Er strebt nach Macht und vor allem nach Systemerhalt", welches er seit 2003 aufgebaut hat. Und Putin braucht einen Verbündeten auf dem Kaukasus, denn sowohl Georgien als auch Armenien streben immer mehr in Richtung EU und das dürfte dem Kreml-Chef noch weniger zusagen.
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#20
@Kongo Erich / OT

Prüfe mal bitte deine persönlichen Nachrichten bzw. deinen Speicherraum.

Schneemann
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