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(11.11.2025, 11:32)Kongo Erich schrieb: so ähnlich wird das auch hier geschildert - allerdings rein aus der ukrainischen Sicht, wobei das Zusammenwirken von Drohnen mit Kampfpanzern beschrieben wird. Dem ukrainischen 7. Korps zufolge sind die nach Pokrowsk eingedrungenen russischen Kräfte gar nicht mal kopfstark, man geht von "über 300 Mann" aus. ( Quelle) Vergegenwärtigt man sich jedoch die taktische Situation im urbanen Gelände, ist das unter den gegenwärtigen Bedingungen offenbar schon zu viel, um die Russen wieder zu vertreiben. Man denke nur an den gewaltigen Kräfteansatz der Amerikaner in Falludscha—das sie völlig umzingelt hatten, wo ihre Luftwaffe frei agieren konnte, und wo Handwaffen und Mörser die größten Kaliber waren, mit denen man es zu tun bekam. Um Pokrowsk zu säubern, bräuchte es wohl tausende Soldaten, die die Ruinen in einer konzertierten Aktion durchkämmen, unter Deckung der eigenen Luftwaffe. Aber angesichts der Allgegenwart von Drohnen in diesem Sektor wäre das viel zu verlustreich bzw. sogar undurchführbar.
(11.11.2025, 11:32)Kongo Erich schrieb: der SPIEGEL berichtet: das System der "Unterdrückung durch Gewalt" ist wohl schon seit der Zarenzeit in der russischen Armee angelegt und auch im gesellschaftlichen Kontext verankert. Die Hemmschwelle ist außerordentlich niedrig.
Und damit muss sich zwangsläufig eine einmal entfesselte Hemmungslosigkeit auch in der Zivilgesellschaft zeigen. Sie kann nicht einfach auf der Zugfahrt vom frontnahen Bahnhof in die Heimat abgelegt werden. Das Thema hatten wir schon hier, mitsamt dem Artikel, der die internationale Berichterstattung in Fluss brachte.
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Das investigative Portal 'Truth Hounds' hat die Angriffe der russischen Armee mit FPV-Drohnen auf Zivilisten entlang der Kontaktlinie untersucht. Diese ereignen sich vor allem in Sumy und der nördlichen Oblast Charkiw, sowie entlang des Dnipro, mit Schwerpunkten auf Nikopol (Oblast Dnipropetrowsk) und in Cherson. Das Videomaterial wurde von der russischen Armee oder pro-russischen Kanälen selbst ins Internet gestellt.
In Cherson wurden allein im März 2025 wöchentlich über 600 Angriffe mit FPV-Drohnen auf Zivilisten gezählt, die in den ausgewerteten Videos fast immer klar als solche erkennbar waren. Angegriffen wurden z.B. auch Feuerwehrfahrzeuge oder Mütter mit Kindern. Zwischen März und Mai kamen dadurch 313 Zivilisten ums Leben oder wurden schwer verletzt, 135 Fahrzeuge wurden zerstört, und 106 Wohnhäuser wurden beschädigt.
In Nikopol stieg die Zahl solcher Angriffe von 0 im Juni 2023 auf 290 im Juni 2024 und 362 im Juni 2025. Die russische Seite deklariert alle diese Attacken als völkerrechtlich legitime Angriffe auf militärische Ziele, obwohl das geteilte Bildmaterial das Gegenteil beweist. Aussagen russischer Propagandisten legen die Vermutung nahe, dass es sich um ein gezieltes Terrorisieren der ukrainischen Zivilbevölkerung handelt, mit dem erwünschten Nebeneffekt, dass russische Drohnenpiloten ihr Handwerk lernen und gegen das Töten desensibilisiert werden.
Die Autoren weisen darauf hin, dass in dem betroffenen Gebiet immer noch 20% bis 50% der Vorkriegspopulation leben; als Motive der Zurückbleibenden werden u.a. Alter, Heimatverbundenheit oder Furcht vor einem Neuanfang andernorts genannt. Man behilft sich, indem man das tägliche Leben in die Dämmerung oder in Schlechtwetterperioden verlegt. Die Behörden spannen Tarn- und Fischereinetze über den Straßen, die Drohnen abweisen sollen. Die Autoren raten u.a. dazu, die Anstrengungen zu verstärken, die betroffene Bevölkerung zu evakuieren, und Firmen und Staaten schärfer zu sanktionieren, die Drohnen oder deren Teile für die russische Armee produzieren. ( Quelle)
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Mich erinnert das an Angriffe sowjetischer und US-amerikanischer Tieflieger auf deutsche Zivilisten Ende 1944 / Anfang 1945.
Hier in der Gegend stehen auf einigen Feldern noch kleine spitze Schutzbunker, in die sich z.B. der Landwirt, der auf dem Acker arbeitete, flüchten konnte oder auch nicht...
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Da ist dann doch ein gewisser Unterschied, würde ich sagen. Der Drohnenpilot sieht sein Ziel bis zuletzt, er ist ihm so nahe, wie sich das Kameraobjektiv eben zum Ziel befindet. Er kann jederzeit den Angriff abbrechen und wird kaum jemals im Zweifel darüber sein, dass er Zivilisten angreift.
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Thiele, Oberst a.D.:
"Die Ukraine zerbröselt."
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Derselbe Ralph Thiele, der Anfang August 2024 gemeint hat, Russland werde die ukrainische Kursk-Invasion in zwei Wochen zurückgeschlagen haben? Derselbe Ralph Thiele, der seit Oktober 2024 fünfmal vorhergesagt hat, dass Pokrowsk demnächst fallen werde?
Oberst a.D. oder nicht, der Mann erzählt einfach Unfug. Ich verstehe nicht, warum er immer wieder eingeladen wird, seine Meinung zu äußern.
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Was gibt es denn auszusetzen an dem Beitrag ?
Wo liegt der Herr den falsch mit seinen Aussagen ?
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Die Aussagen sind ja auch komplexer als die bloße Schlagzeile. Beispielsweise sagt er an einer Stelle, dass der Winter die Front wieder zum erstarren bringen wird und die Ukrainer diese Zeit nutzen können ihre Verteidigungsstelllungen tiefer zu bauen und sie wieder zu verstärken. Er äußert sich auch zur Wehrpflicht, fordert, dass die Bundeswehr den Zitat: russischen Aggressoren deutlich überlegen sein muss u.a.
Seine Ansichten teile ich in ganz vielem nicht, aber deshalb muss man sie ja nicht exkludieren.
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Wobei ein strammer Winter, wenn es nicht gerade meterhohe Schneewehen sind, eine mobile Kriegführung auch wiederum begünstigen kann. Die Übergangsphasen sind bekanntlich ein einziger Matsch und da geht meistens wenig bis gar nichts, aber wenn die Böden fest frieren, dann kann dies den Bewegungskrieg auch wieder ermöglichen - einerseits wird das Schanzen schwerer, andererseits frieren Minen im Boden fest und lösen oftmals schlechter aus und drittens können sich Fahrzeuge dann leichter bewegen. Gibt aus dem Zweiten Weltkrieg da genügend Bsp. zu, wie mechanisierte Kräfte gerade bei tiefen Minusgraden antraten.
Wenn also der kommende Winter entsprechend kalt wird (und mein großer Zeh juckt da etwas), wenn es eher harten Frost und weniger massiv Schnee gibt (das ist unsicher), wenn Nebel, Schneeschauer und schlechte Sicht die Überraschung begünstigen (da dürften auch die FPV-Drohnen schwerer einzusetzen sein, zumal bei deutlichen Minusgraden, wobei ich da nicht weiß, wie kälteempfindlich diese Dinger sind), wenn es noch entsprechend mechanisierte Kräfte gibt (was auch unsicher ist) und wenn die Russen halbwegs klug sind (das ist nun sehr, sehr unsicher), kann ein Bewegungskrieg im Winter durchaus zustande kommen.
Schneemann
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Die Russen haben schlicht und einfach nicht mehr genügend mechanisierte Kräfte um diese ausreichend konzentrieren zu können. Und die Versorgung stellt im Winter ein immer größeres Problem dar, gerade weil sie so angreifbar geworden ist. Man kriegt einfach nicht mehr genug Versorgung nach vorne, dass fängt schon bei Essen und Trinkwasser an.
Die Einschränkungen bei den Drohnen führen zudem dazu, dass die Offensive dadurch erschwert wird, weil die Aufklärung dadurch eingeschränkt wird.
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(19.11.2025, 14:08)muck schrieb: Derselbe Ralph Thiele, der Anfang August 2024 gemeint hat, Russland werde die ukrainische Kursk-Invasion in zwei Wochen zurückgeschlagen haben? Derselbe Ralph Thiele, der seit Oktober 2024 fünfmal vorhergesagt hat, dass Pokrowsk demnächst fallen werde?
Oberst a.D. oder nicht, der Mann erzählt einfach Unfug. Ich verstehe nicht, warum er immer wieder eingeladen wird, seine Meinung zu äußern.
Wenn man inhaltlich nichts beitragen kann, greift man zu ad hominem Argumenten?
Sicher ist nicht alles was Thiele und andere (!) sagen und prognostizieren immer richtig. Trotzdem wünsche ich mir an dieser Stelle mehr Substanz in der inhaltlichen Auseinandersetzung.
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Derzeit häufen sich Spekulationen über einen US-Russland "Friedensplan" mit
= Übergabe auch der restlichen von Russland beanspruchten Territorien an Russland
= relativ starken Sicherheitsgarantien für die 'Restukraine' ....
Für mich sieht das so aus, als ob die Ukraine zur Kapitulation gedrängt werden soll. Der SPIEGEL bezeichnet den Plan auch als " Kapitulationsangebot".
Die reagiert - ebenso nach der Berliner Zeitung - dann "zurückhaltend":
Selenskyj sagt Gespräch über Trumps 28-Punkte-Plan ab – und setzt auf Europa (Kopie hier)
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Zitat:Laut dem österreichischen Militärexperten Oberst Markus Reisner ist Pokrowsk bereits vor zwei Wochen faktisch gefallen. "Am nördlichen Rand der Stadt gibt es einige Plattenbauten, wo noch teilweise ein kleines Gebiet von ukrainischen Soldaten gehalten wird", sagte Reisner Anfang der Woche im Gespräch mit ntv.de. "Die Ukrainer bleiben dort, um den Raum nördlich und nordöstlich von Pokrowsk zu verteidigen. Sie halten dafür einen kleinen Korridor zum Kessel ostwärts der Stadt offen. Die Ukrainer wollen alle ihre Soldaten aus dem Kessel herausbekommen. Das ist vor allem die 38. Marinebrigade."
https://www.n-tv.de/politik/Russische-So...48599.html
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(Vor 8 Stunden)BenStöger schrieb: Wenn man inhaltlich nichts beitragen kann, greift man zu ad hominem Argumenten?
Sicher ist nicht alles was Thiele und andere (!) sagen und prognostizieren immer richtig. Trotzdem wünsche ich mir an dieser Stelle mehr Substanz in der inhaltlichen Auseinandersetzung. "Inhalt"? Irgendwann ist der gute Wille einfach verbraucht.
Ralph Thiele, Erich Vad, Harald Kujat und andere ihresgleichen sind für mich der Inbegriff dessen, was @Quintus sehr zu Recht immer wieder an der Bundeswehrführung kritisiert (der Unterschied zwischen ihm und mir ist nur, dass ich meine Kritik auf eine Minderheit, nicht die Mehrheit beziehe):
Im Frieden sozialisierte Offiziere, die einen Großteil ihrer Karriere in Behörden verbracht haben und nie mit operativem oder gar strategischem Denken in Berührung gekommen sind.
Selbst Markus Keupp, der sich andauernd vergaloppiert, hat für mich mehr Glaubwürdigkeit, aus einem simplen Grund: Er gesteht Fehler ein und korrigiert sich nachträglich.
Wieso um alles in der Welt sollte selbst ich kleines Licht Offiziere a.D. ernst nehmen, die der Ukraine mehrfach zur Kapitulation geraten haben, Thiele nach meiner Zählung allein dreimal? Wie willst Du mit einer solchen Einstellung Kriege gewinnen? Und wieso sollte jemand mit einer solchen Einstellung Kriege bewerten?
Da höre ich lieber Erhard Bühler zu, der Mann lehnt sich nicht aus dem Fenster, betont, wenn ihm Informationen fehlen, und weist in jeder Folge seines Podcasts gewissenhaft darauf hin, dass er nicht in die Zukunft sehen kann und Krieg keine exakte Wissenschaft ist.
Wenn Dich die Motivation meiner Vorbehalte wirklich interessiert, eine Leseempfehlung: 'Expert Political Judgment' von Philip E. Tetlock, erschienen bei De Gruyter.
Der Autor hat in einer über zwanzigjährigen Mammutstudie in den USA und Großbritannien nachgewiesen, dass Wirtschafts- und Politikwissenschaftler, die in ihrem jeweiligen Fachgebiet für die Medien kommentieren, in gerade mal 16% der Fälle mit ihren Prognosen richtig lagen.
Die Ergebnisse sind auf andere Bereiche übertragbar. Aus dem simplen Grund, dass Zeitgeschehen—auch ein Krieg—keine Reihenfolge sich wiederholender Abläufe ist, wodurch Erfahrungswerte nur schwer aufgebaut werden können, und dass die menschliche Neigung, Muster zu erkennen, wo keine sind, selbst Experten in die Irre führt.
Und deswegen schenke ich meine Aufmerksamkeit nur solchen Experten, die sich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen und auf die Grenzen ihres Wissens ostentativ hinweisen.
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