Forum-Sicherheitspolitik
Polen - Druckversion

+- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org)
+-- Forum: Blickpunkt Europa und der Westen (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=89)
+--- Forum: Sicherheitspolitik und Wirtschaft (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=93)
+--- Thema: Polen (/showthread.php?tid=968)

Seiten: 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28


- Demon Wojny - 08.07.2006

Mal wieder ne Nachricht die was mit Militär zu tun hat...

Also ich erzähl das jetzt ohne Quellenangabe, da ich es in der polnischen Presse gelesen habe und eine deutsche oder englsiche nciht suchen möchte, da dies wohl erfolgslos sein wird.

Die neue Regierung plant eine Umstellung der Wehrpflicht.
Jetzt sollen alle gesunden 19 Jährigen unabhängig von Studiums oder Arbeitsplänen ihren Dienst absolvieren. ABER ALLE UND AUSNAHMSLOS NUR 4 MONATE und nicht wie bisher 12 bzw neuerding 9 Monate.
Das soll ein erster Schritt in Richtung Berufsarmee sein.

Natürlliich wird das in der polnischen Presse wieder stark kritisiert, wie alles was mit der neuen Regierung zu tun hat.

Meiner Meinung nach ist die Regelung das alle ausnahmslos dienen sollen diskussionswürdig, aber die verkürzte Dauer auf 4 Monate, es ist ja allgemein bekannt das nur die ersten Moante wirklich "Sinn" machen, macht diesen Nachteil wieder weg.

Kleiner Off-Topic:
Udn noch was sehr wichtiges, in den nächsten Tagen soll ein neuer Träner für die Nationalelf ernannt werden, u.a. sind Berti Vogts und Leo Beenhakker im Gespräch.


- Cluster - 09.07.2006

Warnungen vor Rechtsruck Polens
Wechsel in der Regierungsspitze

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID5696962_TYP6_THE_NAV_REF1_BAB,00.html">http://www.tagesschau.de/aktuell/meldun ... AB,00.html</a><!-- m -->

Zitat:Polens Ministerpräsident Marcinkiewicz will voraussichtlich am Montag seinen Rücktritt einreichen. Damit wäre der Weg für den PiS-Vorsitzenden Jaroslaw Kaczynski frei, auf dem Sessel des Premiers Platz zu nehmen. Da sein Zwillingsbruder Lech Kaczynski bereits Präsident ist, befürchten viele einen Rechtsruck Polens. (...)



- Schneemann - 10.07.2006

Ich habe gestern im ZDF-Text gelesen, dass sich der israelische Botschafter in Polen dafür ausgesprochen hat, die Partei "Liga Polnischer Familien" (LPR) zu boykottieren, da diese Partei sich auch auf rechtsradikale und antisemitische Kreise stützt, bzw. sich teils wohlwollend in Richtung dieser Strömungen geäußert hat. Die LPR gehört - neben der radikal-nationalistischen Bauernpartei Samoobrona - auch der derzeitigen Regierungskoalition der beiden Kaczynski-Brüder an. Das wird dem Ansehen Polens im Ausland sicherlich nicht sonderlich gut tun.

Schneemann.


- Demon Wojny - 10.07.2006

Das dementierte heute der israelische Botschafter. Es handelte sich hierbei um eine nicht bestätigte Meldung der israelischen Presse, die das ZDF wieder schön nachgeplapperte.


- Schneemann - 11.07.2006

Zitat:Das dementierte heute der israelische Botschafter. Es handelte sich hierbei um eine nicht bestätigte Meldung der israelischen Presse, die das ZDF wieder schön nachgeplapperte.
Hmm,

habe ich gar nicht mitbekommen. Naja, aber selbst wenn er diesen Aufruf zurückgenommen hat, ist der Sachverhalt nicht ganz vom Tisch. Wenn man bedenkt, welche Reaktionen die Regierungsbeteiligung der FPÖ in Österreich vor einigen Jahren von der Seite der EU nach sich zog, so kann man sagen, dass manche polnischen Politiker froh sein sollten, dass man nicht jede ihrer Äußerungen in der EU registriert und auf die Goldwaage legt. Ansonsten könnten schnell ähnliche Reaktionen gegen Polen erfolgen wie damals gegen Österreich.

Ich kann zwar halbwegs geschichtlich und gesellschaftlich herleiten, weshalb derzeit in Polen nationalistische Tendenzen so hochkochen, aber ich sage auch ganz klar, dass man nicht alle nationalistischen Parolen und Tiraden hinnehmen sollte. Und wenn Herr Kaczynski nach einer ätzenden und zudem auch noch zweitklassigen Satire der "taz" interveniert und fragt, ob man in Deutschland nicht was gegen diese Zeitung machen könnte, so geht dies ein Stück zu weit. Vielleicht kennt dieser kleinbürgerlich denkende Herr den Begriff der Pressefreiheit nicht. Mag sein. Tolerieren sollte man es dennoch nicht. Ähnlich deplatziert finde ich es, wenn der polnische Verteidigungsminiter die deutsch-russische Ostseepipeline absolut geschichtsverfälschend und verklärend als Neuauflage des "Hitler-Satlin-Paktes" bezeichnet. Das kann man nur noch mit reinem Populismus erklären. Und von den reaktionären, teils antisemitischen und auch rechtsradikalen Äußerungen gewisser Politiker und auch Sendeanstalten, rede ich besser nicht. Es ist jedenfalls eine Schade, dass sowas in der EU im Jahre 2006 noch hingenommen wird.

Schneemann.


- Demon Wojny - 12.07.2006

Lieber Schneemann,

ständig wird von rechtsradikalen und nationalistischen Parolen und Äuserungen gesprochen, aber keiner kann welche genau nennen, das ist schon komisch was?
Trotzdem lesen Leute vermeidlich seriöse Zeitungen, die genau immer von diesen Tönen sprechen aber selbst nie welche gehört bzw registrierten.

Bestes Beispiel: "Hitler-Stalin-Pakt". Wurde so NIEMALS gesagt, der Minister sagte nur: "das es so ein ähnliches Abkommen schonmal gab". Daraus wurde dann der Molotov-Ribbentrop Pakt gemacht und mitlerweile heisst es er hätte es als Hitler-Stalin Pakt bezeichnet.

Desweiteren sollte man keine Panik bekommen wenn irgendwelche Abgeordenten der kleinen LPR homophoben Schwachsinn von sich geben. Das sind meistens diejeniegen aus der letzen Reihe, die soweiso nie was zu melden haben werden.
Diese Äuserungen aber gleich auf die Vorsitzenden zu übertragen wie Kaczynski ist genauso populistisch.

Der polnsiche "Nationalismus" erschöpft sich voll und ganz in stärkeren Forderungen gegenüber der EU, die nciht weiter nationalistisch sind wie diejeniegen der Franzosen.

Man war gewohnt, dass die SLD mit ihrem Kwasnieswski so ziemlich zu allem aus Europa "ja und Amen" sagte, um sich selbst als fast schon Eurofanatiker zu beweisen und damit aber nur die Schweinerein und Korruption in den eigenen Reihen vor der EU zu überdecken.
In dem Falle habe ich lieber die Kaczynskis, die zwar nciht wie große Staatsmänner wirken und auch nicht so beliebt sind wie die links-liberalen, dafür aber im Land etwas ändern und nciht das Staatsvermögen nach alten Seilschaften aufteilen so wie es die letzen Jahre war.


- Schneemann - 12.07.2006

Hmm,

naja, und was ist mit der Außenministerin, ich habe den Namen nicht im Kopf und habe keine Ahnung, welcher Partei sie angehört (PiS?), die gestern im Fernsehen meinte, die "taz" wende "Stürmer-Methoden" - also die Methoden des NS-Hetzblattes Nr. 1 - an? Und das hat sie vor laufenden Kameras gesagt. Und ich habe es auch ansatzweise verstanden. Ich meine, solche Kommentare kann man sich doch mal echt verkneifen. Erstens ist die "taz" sicher kein rechtes Blatt, zweitens ist der Vergleich absolut unpassend und deplatziert, weil er historisch gesehen falsch ist, und drittens sind manche Blätter in Polen sicher noch eine Ecke härter, was "Karikaturen" angeht.

Bzw. wenn die Sache mit dem "Hitler-Stalin-Pakt" so nicht gesagt worden ist, frage ich mich dennoch, wieso überhaupt so ein zweideutiger Vgl. von wegen einer "Neuauflage" von irgendwas angestellt wird? Ist es gezielte Provokation? Oder einfach nur Frust über die Pipeline, bzw. den Vertrag? Reicht das existierende Vokabular nicht aus, um eine normale - evtl. auch treffende und wütende - Aussage zu gestalten? Muss immer der zweideutige Vgl. mit einer dunklen Episode der deutschen Geschichte aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts hergestellt werden, wenn man irgendwas in diesen polnischen Politikerkreisen (wohlgemerkt: Nicht in allen!) an Deutschland kritisieren will?

Zitat:Desweiteren sollte man keine Panik bekommen wenn irgendwelche Abgeordenten der kleinen LPR homophoben Schwachsinn von sich geben. Das sind meistens diejeniegen aus der letzen Reihe, die soweiso nie was zu melden haben werden.
Naja, aber jetzt verharmlost du die Sache etwas. Sicherlich ist es eine kleinere Splitterpartei, aber sie sitzt in der Regierung. Und sie hat eben teils die genannten Strömungen vertreten. Man stelle sich nur vor, in Deutschland würde eine als extremistisch anzusehende Fraktion an einer Bundesregierung beteiligt werden und man würde versuchen, diese Beteiligung ebenso abzuwiegeln, bzw. zu verharmlosen. Ich fände dies sicher nicht gut. Und in Polen wäre man sicher mehr als nur beunruhigt.

Schneemann.


- fieserfettsack - 12.07.2006

Was sollen eigentlich diese ständigen Nazi-Vergleiche von Kaczynski & Co?

Ich kann mir keinen Reim daraus machen. Die poltern ohne Sinn und Verstand los... die haben wohl zu viele Reden des iranischen Präsidenten verfolgt.


- ThomasWach - 12.07.2006

Zitat:Bzw. wenn die Sache mit dem "Hitler-Stalin-Pakt" so nicht gesagt worden ist, frage ich mich dennoch, wieso überhaupt so ein zweideutiger Vgl. von wegen einer "Neuauflage" von irgendwas angestellt wird? Ist es gezielte Provokation? Oder einfach nur Frust über die Pipeline, bzw. den Vertrag? Reicht das existierende Vokabular nicht aus, um eine normale - evtl. auch treffende und wütende - Aussage zu gestalten? Muss immer der zweideutige Vgl. mit einer dunklen Episode der deutschen Geschichte aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts hergestellt werden, wenn man irgendwas in diesen polnischen Politikerkreisen (wohlgemerkt: Nicht in allen!) an Deutschland kritisieren will?
Wozu all diese sinnfreien rhetorischen Fragen? Wer sich mit Geschichte, ein bißchen Länderhintergründen und der Lage in Polen auskennt, sollte solche Fragen eigentlich nicht stellen. Vorallem, ob denn sowas sein muss? Geht es denn wirklich immer in allem, hochideale Standards ansetzen zu können, die dann letztlich mit der Realität nichts mehr zu tun haben? Diese Extraportion Moralin, wie in deinem letzten Post, in dem du wohl in völliger Realitätsvergessenheit Polen zum Buhmann Europas machen wolltest, muss wohl auch nicht wirklich sein, vergißt man doch da letztlich die Realitäten in ganz Europa.
Ich und Demon haben da sicher nicht vollkommen objektive Meinungen dazu, aber ich denke auch, dass vieles an Kritik sehr einseitig ist und mit absoluten verzerrten Standards und Doppelmoral vieles gewertet wird, gerade hier in Deutschland. Gerade bei dem vorletzten Post von Schneemann liegt so viel Moralin drin, das sich einzig und allein nur an Polen adressiert, in völliger überzogener Alleinaddressierung. Lieber sich mal mit den Hintergründen beschäftigen, als hier idealistische Reden schwingen, das fände ich gut.
Mit solcher Rumrhetorisererei ist man letztlich genauso polemisch wie die Herren in Polen, die man kritisieren will.

Radikale rechte Parteien haben in Frankreich mit le Pen große Erfolge gefeiert, waren in Italien unter Berlusconi mit an der Regierung beteiligt (Liga Nord und die ehemaligen Faschisten), sie sind in Dänemark in populistisch-konservativer Version mit an der Regierung und auch in den Niederlanden, zumindest bis Balkenende zurücktrat. Rechtspopulistische Parteien haben fast überall in Europa ihre Bedeutung, nicht zu vergessen Österreich. Da ist Polen absolut keine Ausnahme.
Und dann, das mögen auch manche vergessen: Polen ist und bleibt ein Transformationsland. Und dann eben nicht nur ein kleines, mit geringem Aufwand zu sanierendes Land wie Slowenien oder ein mittelkleines Land wie Tschechien, Länder mit knapp 2 Millionen bzw. 10. Millionen Einwohnern. Hier geht es um knapp 40 Millionen Einwohner und je größer ein Land, desto größer seine Komplexität, seine Probleme usw. Das hat auch seine Folgen für das politische System, das eben gerade in Sachen Parteien nicht immer stabil ist und wie andere Länder Ostmitteleuropas Fluktuationen unterliegt. Gesellschaftlicher Wandel, Umbrüche im Leben und in den Gewohnheiten usw. bedeuten Unsicherheit und bedeuten mehr Dynamik, aber auch Wechsel.
Da kommen eben auch mal wieder konservative und populistische Parteien an die Macht. Sowas passiert sogar auch in Dänemark oder Österreich. Mehr als geheuchelte und übersteigerte Momentanpanik ist das für mich nicht und da es eben um Polen geht, wird in Deutschland erst recht gerne zugeschlagen.
Das heißt nicht, dass das alles gut ist, was in Polen passiert. Man kann solche leute durchaus kritsieren und ich versuche mich von Zeit zu Zeit an der Gazeta Wyborcza. Auch da wird die neue Regierung sicher nicht gehuldigt. Aber diese Regierung ist nicht Polen als ganzes und hinter dieser Regierung stecken auch strukturelle Gründe, ebenso wie beipielsweise hinter einer rechtspopulistischen dänischen Volkspartei unter Pia Foregard (ich hoffe, ich hab die Namen der Partei und ihrer parteichefin jetzt richtig aus dem Gedächtnis erinnert).
Aber mit einem - für mich persönlich - einfach nur arrogant selbstgerechten moralischen Zeigefinger zu kommen, halte ich persönlich - jetzt nur als User und in meiner Herkunft als Halbpole, als meine absolut persönlichen Meinung - für dumm und anmaßend. Das ist nicht konstruktiv, das vertieft bestenfalls deutsch-polnische Gräben, denn hier wird nur mit hochgereckter Nase bewertet, nicht erklärt und hinterfragt und beschrieben, was dahinter steckt.

Das zeigt eben nur, wie wenig Leute über Europa und seine Länder wissen und das wir eben letztlich doch in unserer Vielfältigkeit doch sehr stark variieren in Europa...
Wie sagte schon Luhmann:
Die Einheit liegt in der Differenz...


Zitat:Was sollen eigentlich diese ständigen Nazi-Vergleiche von Kaczynski & Co?

Ich kann mir keinen Reim daraus machen. Die poltern ohne Sinn und Verstand los... die haben wohl zu viele Reden des iranischen Präsidenten verfolgt.
Mhm. Schau dir die polnische Geschichte an, schau dir die momentane Teilung des Landes an in polen A udn Polen B und vielleicht wird dir dann einiges etwas klarer. Für dich (West??)-Deutschen, der wenig weiß über Polen und Land und Leute und Verhältnisse, mag das ohne Verstand sein, für andere mag dies in bestimmte Kontexte passen.
Es geht immerhin um ein Land, in dem jeder 5. Bürger (egal ob nun christlichen oder jüdischen Glaubens) während des 2. Weltkrieges ums Leben kam, solche Verlsute in Prozent hat kein anderes land verkraften müssen und nach dieser pein folgte zur Belohnung noch 45 Jahre sowjetische Herrschaft...
Mehr dazu will ich erstmal nicht sagen.


- Schneemann - 13.07.2006

Zitat:Mhm. Schau dir die polnische Geschichte an, schau dir die momentane Teilung des Landes an in polen A udn Polen B und vielleicht wird dir dann einiges etwas klarer. Für dich (West??)-Deutschen, der wenig weiß über Polen und Land und Leute und Verhältnisse, mag das ohne Verstand sein, für andere mag dies in bestimmte Kontexte passen.
Es geht immerhin um ein Land, in dem jeder 5. Bürger (egal ob nun christlichen oder jüdischen Glaubens) während des 2. Weltkrieges ums Leben kam, solche Verlsute in Prozent hat kein anderes land verkraften müssen und nach dieser pein folgte zur Belohnung noch 45 Jahre sowjetische Herrschaft...
Mehr dazu will ich erstmal nicht sagen.
Nunja,

ich bin zwar kein Experte für polnische Geschichte, aber kenne mich durchaus ein wenig aus (Warschauer Aufstand durch die AK 1944, Polenfeldzug 1939), auch was Beweggründe und die Nachkriegszeit angeht. Und ich kenne auch Details der deutschen Besatzungspolitik und der Opfer in Polen. Aber: Gerade diese schlimmen Erfahrungen sollten einen doch davon abhalten, zweideutige und deplatzierte Vgl. zu ziehen. Denn gerade dadurch, dass man z. B. "taz" und "Stürmer" vergleicht oder Erinnerungen an den "Hitler-Stalin-Pakt" in Bezug auf die Ostsee-Pipeline aufkocht, relativiert man die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Weil: Schnell sind manche verleitet zu sagen, dass die Pipeline zwar ärgerlich ist, aber zugleich der "Hitler-Stalin-Pakt" ja eigentlich nicht so schlimm und verhängnisvoll für Polen gewesen sein kann, wenn selbst polnische Politiker eine eher harmlose Pipeline mit ihm vergleichen. Manche könnten sagen: Auch ist der "Stürmer" wohl vielleicht ein relativ harmloses Blatt gewesen, dass zwar polemisch war, aber wohl eher unwichtig und lästig war, wenn man selbst in Polen, dass neben Weißrussland wohl am heftigsten unter der NS-Herrschaft zu leiden gehabt hat, die "taz" mit diesem Blatt vergleicht.

Kurz: Irgendwelche Vergleiche dieser Art sind unpassend, geschichtlich falsch, unverantwortlich und schaden Polen selbst. Warum? Weil man schnell verleitet sein könnte, die Verbrechen an Polen im Zweiten Weltkrieg zu verharmlosen à la "Klar, war schon schlimm, aber so schlimm war's wohl nicht, wenn man selbst in Polen jeden noch so harmlosen Käse im Ausland mit Ereignissen während des Zweiten Weltkrieges vergleicht!" Und das dürfte dann wohl in Polen auf argen - und verständlichen - Widerspruch stoßen und man wäre zutiefst empört.

Zitat:Radikale rechte Parteien haben in Frankreich mit le Pen große Erfolge gefeiert, waren in Italien unter Berlusconi mit an der Regierung beteiligt (Liga Nord und die ehemaligen Faschisten), sie sind in Dänemark in populistisch-konservativer Version mit an der Regierung und auch in den Niederlanden, zumindest bis Balkenende zurücktrat. Rechtspopulistische Parteien haben fast überall in Europa ihre Bedeutung, nicht zu vergessen Österreich. Da ist Polen absolut keine Ausnahme.
Das ist mir bekannt. Aber ich mag Vergleiche in der "Schiene", dass andere europäische Länder ja auch rechte Parteien haben, nicht sonderlich. Sie sind unpassend und gehen in die "Wenn alle in den Fluß hüpfen, dürfen wir ja auch reinhüpfen!"-Richtung. Kurz: Wenn alle das so falsch machen, machen wir das bitte auch falsch. Und zumindest stellen in den genannten europäischen Ländern die Rechtspopulisten nicht gleich (beide) Regierungschefs, wenn, dann sind es Regierungsbeteiligungen.

Und: Ich finde, dass man z. B. auch hier in Deutschland froh sein sollte, dass wir hier - trotz lahmender Wirtschaft, vielen Arbeitslosen und einer verstärkten Parteienpolarisierung - keine extremen Rechten im Bundestag sitzen haben. Das ist doch auch was wert. Und das haben diverse französische Medien auch hervorgehoben (u. a. hat sich Alfred Grosser in diese Richtung auch geäußert). Insofern finde ich solche Vgl. in Polen auch etwas deplatziert und kritisiere sie.

Schneemann.


- Demon Wojny - 14.07.2006

Ich habe eien Link zu dem "satirischen" Artikel.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.taz.de/pt/2006/06/26/a0248.1/text">http://www.taz.de/pt/2006/06/26/a0248.1/text</a><!-- m -->

Ich erlaube mir ein paar "satirische" Elemente herauszunehmen und hier zu posten.

Zitat:Man wusste zwar, dass Kaczynski sich brüstete, jahrzehntelang keinem deutschen Politiker auch nur den nackten Fingernagel gereicht zu haben. Oft genug hatte der ranghöchste Pole ausposaunt, er kenne von Deutschland nicht mehr als den Spucknapf in der Herrentoilette des Frankfurter Flughafens
Totaler Quatsch, naja und maßlos übertrieben, abar naja soll ja ausch so sein schätze ich mal.

Zitat:Es war bekannt, dass der 1949 geborene Kaczynski jene schwere Generation vertritt, die bereits vor ihrer Geburt von Deutschland gebissen worden war.
Also wenn ein Pole so eine Umschreibung über den Überfall Deutschlands auf Polen hört, bei dem 6 Millionen Menschen starben, da platz mir genauso der Kragen.


Zitat:die deutsche Vertilgung der polnischen Hauptstadt im Zweiten Weltkrieg
-kein Kommentar-


Zitat:Viele Polen haben ein in Jahrhunderten angeschwollenes Misstrauen gegen alles, was nicht Polen ist
Gerade das ist etwas gegenüber einem Land, jenes nicht-polnischen Könige regierten und in dem unzählige Kulturen die über Jahrhunderte in Fireden lebten, ein Zustand den man in Euorpa nirgens sonst fand, einfach nur eine Beleidigung.


Zitat:Russland hatte Polen schließlich den Daumen des Kommunismus in den After gedrückt-
Zitat:Lech, der bei seinem Studium von Recht und Gesetz irgendwas übersehen haben musste, wurde zwar 1981 verhaftet und saß ein Jahr bei verdünntem Wasser und mit Reißnägeln gebackenem Brot.
Erwekt den Eindruck das Lech wegen Autodiebstahls oder ähnlichem saß und nicht als politischer Häftling.


Zitat:mehr noch Jaroslaw, der mit der eigenen Mutter zusammenlebt - aber wenigstens ohne Trauschein
Ja, sehr satirisch.


Also es gibt eine Grenze zwischen Satire und Hohn und Spott. Dieser Artikel hat diese Grenze nciht nur einmal überschritten.
Aber es geht auch nciht nur um diesen Artikel, es geht um die gesammte öffentliche Meinung in Deutschland über Polen.
Dazu gehören die Polenwitze, eingeleitet durch Harrald Schmidt Mitte der 90 und von fast jedem Komiker oftmals kopiert bzw. einfach nacherzählt. Dazu gehört die Komikerunde bei Ingolf Lücks "Nachgetreten" die es nachdem Polen-Ecuador Spiel nicht schaffte etwas anderes über Polen zu sagen als die alten zum 100 mal aufgelegte Polenwitze, also sowas gibt es im polnischen öffentlich rechtlcihen Fernsehen nicht, das auf übelse Weise über den Nachbarn hergezogen wird unter dem Deckmantel "Ist doch nur Spaß". Zu Gast bei Freunden sag ich nur.... Es ist aber auch nicht lustig wenn die Bild-Zeitung die 100 besten Polenwitze zum 101 mal auspackt un dem breiten Deutschen Publikum präsentiert.

In Deutschland wird praktisch non-stop über Polen hergezogen, aus allen Teilen der Öffentlischen Medien, das ZDF neuerdings auch wie oben schon erwähnt.

Jezt wundern sich die Detuschen, dass in Polen die Staatsführung sagt: "Leute so geht das aber nicht". Anstatt sich selbst mal zu kritisieren und zu fragen womit diese Reaktion ausgelöst wurde, wird einfach noch einer oben draufgesetz und mit "Meinungsfreiheit" argumentiert. In diesem Falle wird der deutschen Öffentlichkeit aber eine Meinung gemacht, vom störrischen, dummen, klauenden und neuerdings noch undankabren Polen.

Wennd die Polen aber ihre Meinung sagen zum Pipeline-Projekt, oder zum Zentrum der Vertriebeen oder zur preußischen Treuhand, dann fühlt man sich plötzlich brüskiert. So so, also Meinungsfreihet nur für den der reicher und wichtiger ist?


- Tiger - 14.07.2006

@Thomas Wach

Zitat:Rechtspopulistische Parteien haben fast überall in Europa ihre Bedeutung, nicht zu vergessen Österreich. Da ist Polen absolut keine Ausnahme.
Und dann, das mögen auch manche vergessen: Polen ist und bleibt ein Transformationsland. Und dann eben nicht nur ein kleines, mit geringem Aufwand zu sanierendes Land wie Slowenien oder ein mittelkleines Land wie Tschechien, Länder mit knapp 2 Millionen bzw. 10. Millionen Einwohnern. Hier geht es um knapp 40 Millionen Einwohner und je größer ein Land, desto größer seine Komplexität, seine Probleme usw. Das hat auch seine Folgen für das politische System, das eben gerade in Sachen Parteien nicht immer stabil ist und wie andere Länder Ostmitteleuropas Fluktuationen unterliegt. Gesellschaftlicher Wandel, Umbrüche im Leben und in den Gewohnheiten usw. bedeuten Unsicherheit und bedeuten mehr Dynamik, aber auch Wechsel.
Da kommen eben auch mal wieder konservative und populistische Parteien an die Macht.
So hätte man vor 1933 auch den Aufstieg der NSDAP in Deutschland beschönigen können... :misstrauisch:

Zitat:Mhm. Schau dir die polnische Geschichte an,
Ich sehe bei der polnischen Geschichte im 20.Jahrhundert auch die Besetzung von Wilna, und nicht nur die Opfer, welche Polen im 2.Weltkrieg erleiden musste.
Es ist immer einfach, sich mit der Opferrolle zu identifizieren.


- hoywoy71 - 14.07.2006

Zitat:Wennd die Polen aber ihre Meinung sagen zum Pipeline-Projekt, oder zum Zentrum der Vertriebeen oder zur preußischen Treuhand, dann fühlt man sich plötzlich brüskiert. So so, also Meinungsfreihet nur für den der reicher und wichtiger ist?
Wenn die Polen ihre Meinung dazu sagen, ist da auch legitim und in Ordnung.
Wenn sie aber uns diese Dinge verbieten wollen, dann nicht. Das es dann zu Verstimmungen kommt, sollte nicht wirklich verwundern. Obwohl das bei uns keinen wirklich interessiert.
Das der Artikel der TAZ nicht wirklich doll ist, ist klar. Aber so etwas wie Pressefreiheit sollten die Polen inzwischen auch gelernt haben. Über uns Deutsche wird ständig im Ausland rumgelästert, siehe bei den Britten, aber deswegen fordert noch lange keiner irgendwelche Entschuldigungen. Hat eh keinen Sinn.
So etwas wie Coolness, sollte jeder Politiker beherrschen, ansonsten hat er auf diesem Posten nichts zu suchen.


- Demon Wojny - 14.07.2006

In Polen gibt es Pressefreiheit die mindestens genauso weit reciht wie die in Deutschland. Also ich laß seit Monaten bzw. noch nie etwas Positives über die Regierung in der polnsichen Presse. Dort wird die PIS/S/LPR dermaßen fertig gemacht und oft noch auf polemische Weise, das könnte man hier wenn überhaupt nur mit der Bild vergleichen.
Jetzt heisst es aber in Polen gäbe es keine Pressefreiheit durch so einen Blödsinn.
Genau das ist was ich meine, wenn solche Artikel herauskommen die gefüllt sind mit purer S*******

In Deutschland wird über Isreal oder israelische/jüdische Politker aber nicht ein solcher Artikel verfasst, nicht wahr, geschweige denn selten kritisches geschrieben obwohl mehr als genug und berechtigte Gründe dafür zu finden wären, so viel zur Pressefreiheit.
Also erstmal sich selbst angucken, bevor z.B. Thierse flammende Reden im Bundestag hält und die achso dolle deutsche Pressefreiheit verteidigt.


@ Tiger
Zitat:So hätte man vor 1933 auch den Aufstieg der NSDAP in Deutschland beschönigen können.
Nicht gerade passender bzw. trefflicher Bezug den Du da hergestellt hast, oder?
Die NSDAP mit der LPR oder irgendeiner rechten Partei in Europa indirekt zu vergleichen ist ziemlich daneben.


- ThomasWach - 14.07.2006

Zitat:So hätte man vor 1933 auch den Aufstieg der NSDAP in Deutschland beschönigen können...
Tja, sicher könnte man das. Nur dann müßte man null Ahnung von Geschichte, null Ahnung vom heutigen Polen haben und ein ideologischer Hohlkopf sein, dem seine politische Meinung allzu sehr die Weltwahrnehmung verstellt.

Ich hoffe, dass das deutlich war und solch ein relativierender Vergleich bestenfalls ein schnippischer Seitenverweis sein könnte, aber kein ernsthaftes Argument.

Ich halte es für relativ bodenlos, das damalige Deutschland mit dem heutigen Polen zu vergleichen. Allein schon der Umstand, dass die heutigen Polen wohl kaum derartige obrikeitshörige Untertanen sind wie die Deutschen damals. Erst als einziges Land wirklich dauerhaft und permanent gegen den Kommunismus gekämpft um nun nationalsozialistisch zu werden.. nee, ich erspar mir weitere Kommentare :wall:

Zitat:Ich sehe bei der polnischen Geschichte im 20.Jahrhundert auch die Besetzung von Wilna, und nicht nur die Opfer, welche Polen im 2.Weltkrieg erleiden musste.
Es ist immer einfach, sich mit der Opferrolle zu identifizieren.
Aber es ist noch einfacher, andere darin zu denunzieren.
Aber auch hier in Sachen Geschichtswissen: Setzen 6.
Was war denn Wilna nach dem Ersten Weltkrieg? Polnisch? Russisch? Litauisch? Du reduzierst hier historische Komplexität derart mit einem pauschalen, oberflächlichen Behandeln der Materie: Wilna hatte mehrheitlich eine polnische udn jüdische Bevölkerung in der Stadt, das Umfeld war litauisch geprägt. Bis ins Ende des 19. Jahrhunderts gab es keine unabhängige lituaische Unabhängigkeitsbewegung. Noch der Aufstand von 1863 wurde sowohl in den polnischen kerngebieten, als auch in heute zu Litauen gehörenden Gebieten geführt. Also, die Statusfrage Wilnas war, ähnlich wie die Grenzen in Belarus und der Ukraine sehr umstritten und auch dahingehnd problematisch, dass das alte Polen ein Vielvölkerstaat war, ein inklusives Nationskonzept zugrunde lag (nationis Polonibus, gentes Ruthenes ), das sich aber spätestens seit 1880/1900 geändert hatte usw.
Es ist sicher leicht den polnischen patriotismus damit zu denunzieren und er mag sicher auch sehr arrogant und stolz gewesen sein, aber man sollte die komplizierten historischen Hintergründe nicht derart verschleiner. Das verzerrt allzu sehr.

Mehr heute nicht zum Thema Polen von mir.