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(Allgemein) Bundeswehr vs. Zahal - Druckversion

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Bundeswehr vs. Zahal - Quintus Fabius - 24.10.2024

Worum es mir hier ginge ist, in einem Vergleich der Kapazitäten von Bundeswehr und Zahal herauszuarbeiten, warum die IDF mehr Kampfkraft besitzt und was für Kapazitäten sich hier bei welchem Gesamtaufwand gegenüberstehen.

Natürlich ist das schwer vergleichbar, dass die IDF ja eine besonders reine Form der Wehrpflichtarmee sind, während die Bundeswehr mit ihrem vorherrschenden Zeitsoldatentum aktuell wohl am ehesten einer Söldnerarmee aus der Zeit der Kabinettskriege ähnelt.

Dessen ungeachtet kann man meiner Ansicht nach trotzdem Vergleiche anstellen, indem man nur die aktiven Einheiten betrachtet und was für Mannstärken und was für Ausrüstung diesen zur Verfügung steht.

Im aktiven Dienst hat der IDF beispielsweise weniger Soldaten als die Bundeswehr: ca. 174.000 vs ca. 180.000

Dennoch hat Israel deutlich mehr Kampftruppe, und viel mehr einsatzfähige Brigaden. Beispielsweise hat man aktuell im Heer an aktiven einsatzbereiten Kampftruppen bei ca. 130.000 Mann nicht weniger als 1 SOF-Brigade, 1 Fallschirmjäger-Brigade, 1 Infanterie-Brigade, 1 Infanterie-Lehr-Brigade, 3 mechanisierte Infanterie-Brigaden, 6 selbstständige verstärkte mechanisierte Bataillone, 3 Panzer-Brigaden und 1 Panzer-Lehr-Brigade, 1 Artillerie-Brigade und 2 Artillerie-Regimenter, 1 Pionier-Brigade, 1 SOF-Pionier-Bataillone und dazu noch etliche Logistik, Ausbildungs- und Führungsstrukturen.

Diese Einheiten können im aktiven Dienst auf ungefähr 500 Kampfpanzer, ungefähr 1000 schwere Schützenpanzer / Transportpanzer, ungefähr 300 Haubitzen, 300 Mörser und 50 Raketenartilleriesysteme zurückgreifen. Wohlgemerkt ist das nur der aktive Bestand.

Und ich will mich auch nur auf diesen beziehen, und die Massen an eingelagertem Material ignorieren. Beispielsweise hat Israel ja tausende (!) weitere Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und Artileriesysteme eingelagert.

Und das alles wird realisiert mit einem Wehretat von 25,5 Milliarden Euro im Jahr 2023. Man vergleiche dies mit dem deutschen Wehretat.

Auch die israelische Rüstungsindustrie ist hochleistungsfähig, die Systeme sind auf dem Stand der Dinge oder führend, und die Israelis hängen querschnittlich nicht hinter der Bundeswehr hinterher, ganz im Gegenteil.

Nun könnte man argumentieren, dass der Etat der Bundeswehr in den letzten zwei Dekaden ja viel niedriger war als heute und entsprechend dadurch Finanzierungsdefizite entstanden sind. Aber auch der israelische Wehretat war vor zwei Dekaden viel niedriger als heute und lag beispielsweise im Jahr 2009 bei gerade mal 11,8 Milliarden Euro.

Und mit einem solchen Wehretat unterhält Israel darüber hinaus eine beachtliche Atomstreitmacht (Nukelarwafen sind extrem teuer) und darüber hinaus eine der leistungsfähigsten Luftwaffen weltweit. Die israelischen Luftstreitkräfte verfügen bei ungefähr 35.000 Mann im aktiven Dienst über 47 F-16D, 98 F-16I, 36 F-15D, 25 F-15I, 39 F-35I (insgesamt wurden 75 F-35I bestellt). Rechnet man da noch die vielen Drohnen ein, die Kampfhubschrauber, Mehrzweckhubschrauber, Transportflugzeuge usw. und bedenkt, dass Israel auch noch über eigene Satelliten, Trägerraketen, ballistische Raketen, Marschflugkörper usw. verfügt, und dazu noch über immense Mengen an Wirkmitteln dann stellt sich

im Vergleich zur Bundeswehr, der aktuellen Luftwaffe und ihren Möglichkeiten die Frage, wie Israel derart viel Kampfkraft aufstellen kann, während die Bundeswehr für so viel mehr Geld so wenig Kampfkraft entwickelt.

Was sind die Unterschiede, was die Gründe hierfür? Was könnten wir von Israel lernen ?


RE: Bundeswehr vs Zahal - Milspec_1967 - 24.10.2024

Meine Einschätzung:

Der wichtigste Unterschied:
Das Land ist seit 70 (!) Jahren im Dauer Kriegszustand.
Da funktioniert Verteidigung und Rüstungsindustrie genauso effektiv wie bei uns der Discounter ALDI.

Der zweitwichtigste Unterschied:
GANZ Israel, alle Männer und Frauen besteht aus Wehrpflicht mit irrer Reservisten Quote.
Deutschland...NULL.

Der drittwichtigste Unterschied:
Die Bürokratisierung ganz Deutschlands (Beamte und Juristen erzrzeugen immer nur Gesetzte , immer mehr Beamte und immer mehr Juristen...aber niemals etwas sinnvolles, niemals werden Gesetzte konsequent ERSATZLOS gestrichen...unsere Armee ist überbürokratisiert.

Der viertwichtigste Unterschied:
Der Anteil von Israel Landes Verteidigung am BIP ist über dreimal so hoch wie in Deutschland (5,3 zu 1,6%)
Der Anteil der nationalen Rüstungsindustrie am Export in Israel ist in 2012 20%(!) = 8 Mrd $ zu 65 Mrd $.
Deutschland 2022: 8 Mrd zu 1.594Mrd €
Israels Rüstungsindistrie exportiert somit 40 (!) mal mehr Wertschöpfung in Relation zum BIP als die Deutsche und besetzt dementsprechend viele der akademischen Nachwuchse in Israel.

Diese 4 Gründe erklären also alles:
Israel hat keine Streitkräfte ...Israel IST eine Streitkraft.

Krieg und das Geschäft damit bestimmen den Alltag im Krieg...aber durch die Exporteinnahmen auch zum großen Teil den Wohlstand der Israelis. (andere Volumen Industriezweige (Automobil, Luftfahrt, Schiffahrt, Maschinenbau, Chemie, Öl) gibt es kaum.)

Die Kampfkraft, Mut und Fähigkeiten eines jeden einzelnen Soldaten der Bundeswehr im FRIEDEN gegen eine Armee Israels im Dauerkrieg zu beaurteilen ist anmaßend....das weiß man eben nur im echten Krieg, was geht....Und den hatten wir seit fast 80 Jahren (glücklicherweise oder leider ???) nicht.

In den meisten Punkten ist ein Vergleich beider Länder somit unfair.

--------

Deutschland vergleiche ich lieber mit F, UK und ...neuerdings Türkei.
Die Türkei ist uns in Drohnenbau , LfK Bau und Schiffbau inwischen (fast) ebenbürtig oder besser.....baut eigenen 5th Gen Jäger und beschreitet als lokale Großmacht, die Sie ja gern wieder sein will, konsequenten Aufrüstungskurs.
UK und F haben oftmals in vielen Bereichen null zivile Gesetze, die Ihre Ihre Armee unnötig einschränken und Armee hat immer Vorrang vor allem.
Zudem ist dort traditonell die Bürokratie recht gering und die Wertschöpfung direkt in und für die Armee hoch.
Und natürlich auch ständig (Kolonial) Einsätze...somit immer Mini-Krieg für Teile der Armee (insbesondere Marine, LL Kräfte, SOF etc.)

Kurz:
F, UK haben eine echte , kampffähige Armee...Deutschland hat eine Armeebehörde, keine kampffähige Armee.

Lernen kann man viel...umsetzen kann man...nichts !
Die Gesellschaft hier ist zutiefst dekadent , pazifisiert, zum großen Teil inzwischen antidemokratisch diktaturenfreundlich....
Einmarschierende rote Armee würde inzwischen in Ostdeustchland als Befreier begrüßt werden (überspitzt ausgedrückt)
Insgesamt entfernt sich die EU und NATO von der Demokratie (USA unter Trump als nächstes)
Israel ist eindeutig demokratisch und weiß wogegen, besser wofür es kämpft....ums nackte Überleben nämlich, umgeben von radikalen Schlächtern.
Hier ist den dekadenten Bürgern egal, ob Putinsche Horden (Wagenknecht, AfD) Dikatur wollen...hauptsache Energie ist billig, Eiegenheim und Auto ungefährdet...und ALDI liefert !


RE: Bundeswehr vs Zahal - Broensen - 24.10.2024

(24.10.2024, 11:54)Quintus Fabius schrieb: Und das alles wird realisiert mit einem Wehretat von 25,5 Milliarden Euro im Jahr 2023. Man vergleiche dies mit dem deutschen Wehretat.
...
im Vergleich zur Bundeswehr, der aktuellen Luftwaffe und ihren Möglichkeiten die Frage, wie Israel derart viel Kampfkraft aufstellen kann, während die Bundeswehr für so viel mehr Geld so wenig Kampfkraft entwickelt.
Als erstes würde ich mal auf die Verteilung des deutschen Wehretats schauen, insbesondere auf die Aspekte Personal/Altersversorgung und Standortbetrieb im Verhältnis zu Rüstungsausgaben. Und auch innerhalb der Rüstungs- und Betriebsausgaben dann nochmal auf Effizienz der Mittel, Mehrkosten durch unnötige oder zumindest nicht militärisch bedingte Anforderungen etc.
Die Standortkosten in DE und IS dürften im massiven Missverhältnis zueinander stehen.
Außerdem sind natürlich auch die deutschen Ämter-, Kommandos und Führungseinrichtungen der BW ausreichend dimensioniert, um gleich mehrere Streitkräfte dieser Größe zu führen und die Altersversorgung fällt in unserer Berufsarmee auch extrem ins Gewicht.


RE: Bundeswehr vs Zahal - voyageur - 24.10.2024

(24.10.2024, 11:54)Quintus Fabius schrieb: Und das alles wird realisiert mit einem Wehretat von 25,5 Milliarden Euro im Jahr 2023. Man vergleiche dies mit dem deutschen Wehretat.

Was sind die Unterschiede, was die Gründe hierfür? Was könnten wir von Israel lernen ?

Man sollte aber folgendes nicht vergessen
* jährliche US Militärhilfe 4 Milliarden Dollars
* subventionierte Rüstungslieferungen zB aus DE (UBoote+ Schiffe ?) und den USA

Und Fragen in welchem Budget werden zB Renten abgerechnet.

Aber grundsätzlich gilt schon das Israel einen Euro effizienter ausgibt


RE: Bundeswehr vs Zahal - Nightwatch - 24.10.2024

(24.10.2024, 11:54)Quintus Fabius schrieb: Was sind die Unterschiede, was die Gründe hierfür? Was könnten wir von Israel lernen ?
Milspec hat schon alles wesentliche gesagt.

Noch ein paar Akzente:
Die IDf hat eine Mission, die Bundeswehr eine Verwaltung. Damit steht und fällt alles. Bei der Bundeswehr ist Bürokratie Lebensinn, bei der IDF gibt es schon garniemanden der sich damit beschäftigen könne.

Interessanterweise sind die Personalkosten in den Budgets prozentual ähnlich hoch. Aber während sich die Bundeswehr bzw. das Verteidigungsministerium mehrere Armeekorps aus Zivilangestellten leistet, wissen die Israelis wissen wahrscheinlich nicht mal was das ist. Ernsthaft, so wie ich das überblicke haben die überhaupt nur wenige Tausend Zivilangestellte.
Dazu kommt, ein großer Teil der bemühten 175.000 aktiven Soldaten sind keine Berufssoldaten wie in der Bundeswehr sondern Wehrpflichtige, die völlig schmerzbefreit einhesetzt werden und durch die lange Dienstzeit (wenigstens 32 Monate) auch verwendungsfähig sind. Die Besoldung ist zuletzt stark gestiegen aber immernoch effektiv Mindestlohn.
Dagegen ist das Unteroffizierkorps unterentwickelt, idR Wehrpflichtige, die wegen ihrer Verwendung ein paar Jahre dranhängen (müssen) und man hat auch vergleichbar kleines Offizierkorps.

Also viele Indianer, wenig Häuptlinge und die Frauen nimmt man gleich mit auf Kriegspfad damit sie im Tippi keinen Stress anfangen können Wink


RE: Bundeswehr vs Zahal - Milspec_1967 - 24.10.2024

(24.10.2024, 18:19)Nightwatch schrieb: Milspec hat schon alles wesentliche gesagt.

Noch ein paar Akzente:
Die IDf hat eine Mission, die Bundeswehr eine Verwaltung. Damit steht und fällt alles. Bei der Bundeswehr ist Bürokratie Lebensinn, bei der IDF gibt es schon garniemanden der sich damit beschäftigen könne.

Interessanterweise sind die Personalkosten in den Budgets prozentual ähnlich hoch. Aber während sich die Bundeswehr bzw. das Verteidigungsministerium mehrere Armeekorps aus Zivilangestellten leistet, wissen die Israelis wissen wahrscheinlich nicht mal was das ist. Ernsthaft, so wie ich das überblicke haben die überhaupt nur wenige Tausend Zivilangestellte.
Dazu kommt, ein großer Teil der bemühten 175.000 aktiven Soldaten sind keine Berufssoldaten wie in der Bundeswehr sondern Wehrpflichtige, die völlig schmerzbefreit einhesetzt werden und durch die lange Dienstzeit (wenigstens 32 Monate) auch verwendungsfähig sind. Die Besoldung ist zuletzt stark gestiegen aber immernoch effektiv Mindestlohn.
Dagegen ist das Unteroffizierkorps unterentwickelt, idR Wehrpflichtige, die wegen ihrer Verwendung ein paar Jahre dranhängen (müssen) und man hat auch vergleichbar kleines Offizierkorps.

Also viele Indianer, wenig Häuptlinge und die Frauen nimmt man gleich mit auf Kriegspfad damit sie im Tippi keinen Stress anfangen können Wink

Dem stimme ich vollumfänglich zu.
Man stelle sich vor, die jetzigen Panzer Besatzungen außer Kommandant, die locker im 6 Monaten von A bis Z vollständig daran ausgebildet werden können, wären Wehrpflichtige wie früher auch zu meiner W15 Zeit,.... dann wären die Personalkosten ein Bruchteil dessen, was heute ausgegeben wird... Zumindest in der Masse im Heer... Egal ob Logistik oder Panzer... Jeder Posten dort ist als ATN in 2-4 Monaten erlernbar (für Leute mit IQ oberhalb Brötchen und digital natives)
Dazu gäbe es auch keine Familiengelder, Kindergeld etc, da Wehrpflicht junge 18 jährige Männer und Frauen unverheiratet ohne Kinder heran zieht... Wie eben 1985 perfekt funktionierte!!
So billig funktioniert das in Israel.


RE: Bundeswehr vs Zahal - Quintus Fabius - 25.10.2024

Mir war schon vorher klar, dass die schnelle, einfache und scheinbar alles erklärende Antwort: Armee im Dauerkriegszustand, Überall Feinde, eine Kultur der allgemeinen Wehrpflicht sein würde.

Aber:

Ich halte das für zu einfach, denn man muss diesen Faktoren welche sich hier für Israel positiv auswirken auch einige andere entgegen halten.

Der wesentlichste ist meiner Ansicht nach die Frage der Effizienz.

Israel hatte 2022 wie 2023 einen Wehretat von ungefähr 25,5 Milliarden Euro. Dazu noch die US Militärhilfe (vor dem Krieg) von ungefähr 4 Milliarden, so dass man (vor dem Krieg) ungefähr 30 Milliarden Euro ansetzen kann.

Und ja, durch die Wehrpflicht spart man immens viel Geld. Man hat die ganzen Zivilangestellten so nicht und vieles weitere, aber kann das diese immense Differenz zur Bundeswehr erklären ?!

Denn die Bundeswehr hatte einen Wehretat im Jahr 2023 von nicht weniger ca 67 Milliarden Euro.

Die Differenz beträgt also nicht weniger als um die 37 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr.

Sparen mangelnde Zivilangestellte und geringere Personalkosten für die Wehrpflicht also mehr (!) als 50% der Kosten ein ?! Sparen die Mannschaftsdienstgrade als Wehrpflichtige ernsthaft 37 Milliarden Euro ?! Sparen weniger Offiziere tatsächlich 37 Milliarden Euro ein ?!

Das kann es also nicht allein sein, nicht ansatzweise. Israel muss also einiges grundsätzlich fundamental anders machen.

Und um einen der wesentlichsten Punkte nochmal zu betonen, der hier nicht angeführt wurde: Israel ist eine Nuklearmacht und solche Waffen und vor allem die Trägersysteme und was da noch alles an Infrastruktur dazu gehört sind extrem teuer.

Meiner rein privaten Einschätzung unterhält Israel eine wesentlich schlagkräftigere, wesentlich größere Streitmacht und dies für weniger als die Hälfte des Geldes ! Solche Vergleiche kann man übrigens auch noch für etliche andere Länder anstellen. Beispielsweise gelingt es Italien im Vergleich zu Großbritannien eine de facto fast gleiche Streitmacht zu unterhalten, ebenfalls für die Hälfte des Geldes. Nun hat Großbritannien aber natürlich ebenso Nuklearwaffen und damit durch diese ebenfalls eine immense finanzielle Belastung.

Bei Israel aber hat die IDF als Streitmacht für weniger als 50% der Kosten eine immens größere Kampfkraft und dazu noch Nuklearwaffen.

Ich halte daher eure Erklärungen für unzureichend.


RE: Bundeswehr vs Zahal - Quintus Fabius - 25.10.2024

Ein paar direkte Antworten:

Milspec_1967:

Zitat:Der wichtigste Unterschied: Das Land ist seit 70 (!) Jahren im Dauer Kriegszustand.

Natürlich, ein dauernder Kriegszustand bringt viel praktische Erfahrung etc. ist also ein immenser Vorteil insbesondere was das Können angeht. Er stellt aber fortwährend eine immense Belastung dar und kann notwendige Modernisierungen behindern oder sogar verhindern. Er kann Systeme überlasten, so dass sie gerade dadurch ins hintertreffen geraten. Die Bundeswehr war finanziell schon mit Afghanistan überfordert, aber Israel kann mit weniger als der Hälfte des Wehretat einen solchen Dauerkriegszustand halten und sich dabei noch immens fortentwickeln. Das ist eine Besonderheit. Ein andauernder Kriegszustand kann selbst sehr gute Armeen rasant demoralisieren und massiv schwächen. Man nehme beispielsweise Vietnam und wie negativ sich dieser Krieg auf die US Wehrpflichtarmee ausgewirkt hat.

Man kann hier natürlich argumentieren, dass es bei Israel nicht um Expeditionskriegsführung in fremden Ländern ging, sondern immer um das eigene Überleben, aber auch das nutzt sich an der Front bei Soldaten irgendwann ab, weil sich die Front als eigene Welt von der Heimat abkoppelt. Selbst wenn es um die eigene Heimat geht, verfällt bei zu viel Krieg irgendwann die Motivation der Truppe.

Zitat:Die Bürokratisierung ganz Deutschlands (Beamte und Juristen erzrzeugen immer nur Gesetzte , immer mehr Beamte und immer mehr Juristen...aber niemals etwas sinnvolles, niemals werden Gesetzte konsequent ERSATZLOS gestrichen...unsere Armee ist überbürokratisiert.

Und da kommen wir überein: meiner Meinung nach ist dies einer der wesentlichsten Aspekte. Aber da fehlt mir eben der Einblick in die IDF. Sind diese tatsächlich so viel unbürokratischer ? Sind dort Vorschriften, Gesetze, Verordnungen usw. tatsächlich so viel weniger und/oder werden so viel weniger beachtet ? Man liest oft über die erstaunliche Disziplinlosigkeit israelischer Soldaten. Aber was ist Disziplin überhaupt in diesem Kontext ?! Wie definiert man sie? Ist das Missachten von Vorschriften Disziplinlosigkeit wenn zugleich eine hohe Kampfbereitschaft besteht ?

Und wie erzeugt das Gegenteil von Bürokratie eine Einsparung von 37 Milliarden Euro im Jahr ?

Zitat:Der Anteil von Israel Landes Verteidigung am BIP ist über dreimal so hoch wie in Deutschland (5,3 zu 1,6%)

Für das stehende Heer und die Frage der Beschaffung halte ich hier aber die absoluten Zahlen für viel wesentlicher. Das israelische BIP ist ja schon allein dadurch so klein, weil es sich nur um ein kleines Volk handelt. Israel hat nur 9 Mio Einwohner, Deutschland ungefähr 85 Mio, dass muss man hier halt mal auch mit einberechnen. Rein von der Bevölkerung her müsste Deutschland daher eine immens viel größere und immens viel stärkere Streitmacht haben. So wie es ja früher bei uns der Fall war !

Noch darüber hinaus: Man gibt zwar prozentual vom BIP gerechnet mehr aus, aber das tun viele Staaten weltweit und haben trotzdem immens schwache Armeen. Mali gibt beispielsweise aktuell knapp über 3% des BIP für seine Streitkräfte aus, und nun sieh dir mal die malische "Armee" an. Deiner Darstellung nach müsste sie doppelt so stark wie die Bundeswehr sein. Der Oman gibt fast 9% seines BIP aus, die Armee des Oman ist aber jetzt keine Militärmacht ersten Ranges. Ich halte daher die Frage wieviel Prozent des BIP ausgegeben werden hier für irrelevant bzw. stark verfälschend.


Broensen:

Zitat:Als erstes würde ich mal auf die Verteilung des deutschen Wehretats schauen, insbesondere auf die Aspekte Personal/Altersversorgung und Standortbetrieb im Verhältnis zu Rüstungsausgaben.

Das sind genau die Fragen über welche ich in Bezug auf die IDF zu wenig weiß, oder die Zahlen welche von der IDF dazu genannt werden für mich seltsam erscheinen. Beispielsweise: wieviel Prozent seines Wehretat gibt Israel für Waffen / Wirkmittel / Ausrüstung aus ? Bei der Bundeswehr ist dieser Anteil prozentual beispielsweise recht gering. Wenn er aber in Israel sehr viel höher wäre, wie werden dann die Personalkosten gestemmt? Umgekehrt wenn die Personalkosten gar nicht so niedrig sind, wie werden die Waffen finanziert?

Es muss faktisch so sein, dass die Bundeswehr prozentual von dem Geld was sie hat zu wenig für Waffen / Aufrüstung ausgibt und dass dieses Geld dann extrem ineffizient ausgegeben wird. Anders erklären sich die Verhältnisse nicht. Israel muss also fortwährend wesentlich bessere Kaufverträge haben, und seine Systeme schneller und günstiger kriegen. Anders wären die bestehenden Mengen an Systemen nicht erklärbar.

Warum aber haben wir keine vergleichbar guten Verträge? Warum sind wir derart ineffizient ? Nur wegen der Bürokratie allein ? Und erklärt unsere Ineffizienz eine derart extreme Differenz ?

Zitat:Die Standortkosten in DE und IS dürften im massiven Missverhältnis zueinander stehen.

Wie hoch sind diese Standortkosten in Israel ?

Zitat:die Altersversorgung fällt in unserer Berufsarmee auch extrem ins Gewicht.

Wieviel Geld geben die Israelis für die Pensionen ihrer Offiziere etc aus ? So viel weniger, dass dadurch eine derart extreme Differenz entstehen kann?


Werter Nightwatch:

Zitat:während sich die Bundeswehr bzw. das Verteidigungsministerium mehrere Armeekorps aus Zivilangestellten leistet, wissen die Israelis wissen wahrscheinlich nicht mal was das ist. Ernsthaft, so wie ich das überblicke haben die überhaupt nur wenige Tausend Zivilangestellte.

Hab dazu mal recherchiert, und Israel hat anscheinend schier unfassbar wenige Zivil- / Verwaltungsangstellte. Scheint eine niedrige vierstellige Zahl zu sein.

Wie verwaltet sich diese Armee aber dann real praktisch ? Reichen diese wenigen aus ? Wird das einfach von den Soldaten nebenbei erledigt ? Ignoriert man daraus resultierende Verwaltungsprobleme einfach ?

Wie betreibt man eine derart hochtechnische Armee mit derart wenig Verwaltung ?


RE: Bundeswehr vs Zahal - alphall31 - 25.10.2024

Die Begeisterung ist in Israel schon wegen des niedrigen Soldes nicht sehr hoch Wehrdienst zu leisten. In Kampfeinheiten bekommt man 380 Euro ansonsten 195 Euro .
Auch hat der wiederstand gegen die Regierung die Armee in eine große Krise gestürzt . Auch ist Israel Verpflichtet für die 3,8 Mrd die man jährlich aus den USA bekommt Rüstungsgüter dort zu beschaffen . Damit hat man schon automatisch einen ständigen Zulauf von gerät.

Die Offiziere sind zu einem guten Teil Reservisten , ebenso Piloten.
https://de.connection-ev.org/article-3746

Zitat: Die Bundeswehr war finanziell schon mit Afghanistan überforder

Wenn ich bei den Fahrzeugen Vergleiche mit was Fr oder Gb in afghanistan waren standen wir recht gut da .
Natürlich könnte immer etwas mehr sein. Aber bei den Briten fing der Mangel ja schon mit standartgewehr an.
Über den Mangel an Luftfahrzeugen brauch man nicht reden.

Zitat: Wie verwaltet sich diese Armee aber dann real praktisch ? Reichen diese wenigen aus ? Wird das einfach von den Soldaten nebenbei erledigt ? Ignoriert man daraus resultierende Verwaltungsprobleme einfach ?

Wie betreibt man eine derart hochtechnische Armee mit derart wenig Verwaltung ?

Das geht problemlos auch bei militärischen Einheiten der Bw. Hat man in den Einsätzen sehen können. Bis zu einem gewissen Punkt . Sobald ein Stab eine gewisse Größe erreicht hat fangen die an wie im heimatstandort zu arbeiten .


RE: Bundeswehr vs Zahal - lime - 25.10.2024

(25.10.2024, 21:09)Quintus Fabius schrieb: Und wie erzeugt das Gegenteil von Bürokratie eine Einsparung von 37 Milliarden Euro im Jahr ?

Für das stehende Heer und die Frage der Beschaffung halte ich hier aber die absoluten Zahlen für viel wesentlicher. Das israelische BIP ist ja schon allein dadurch so klein, weil es sich nur um ein kleines Volk handelt. Israel hat nur 9 Mio Einwohner, Deutschland ungefähr 85 Mio, dass muss man hier halt mal auch mit einberechnen. Rein von der Bevölkerung her müsste Deutschland daher eine immens viel größere und immens viel stärkere Streitmacht haben. So wie es ja früher bei uns der Fall war !

Dann schau halt mal in den Staatshaushalt. Wieviel Gelder gibt Israel für EU-Beiträge, UN-Beiträge etc., Asylkosten, Entwicklungshilfe usw. aus? Wenn kaum Gelder aus dem eigenen Land abfließen kann man auch wesentlich mehr damit erreichen.
Und zur Bürokratie, mehr Bürokratie kostet im Regelfall auch immer mehr Geld. In Israel wird halt nicht in den "Wasserkopf" investiert sondern in die Substanz. 90% der Zivilangestellten sitzen doch im Regelfall nur die Arbeitszeit ab. Hinzu kommt ein Wust aus Gesetzen, Verordnungen und Regulierarien. Erbsenzähler die akribisch jedes einzelne Patrönchen zählen gibt es meines Wissens in der israelischen Armee keine.


RE: Bundeswehr vs Zahal - Nightwatch - 25.10.2024

(25.10.2024, 21:09)Quintus Fabius schrieb: Das sind genau die Fragen über welche ich in Bezug auf die IDF zu wenig weiß, oder die Zahlen welche von der IDF dazu genannt werden für mich seltsam erscheinen. Beispielsweise: wieviel Prozent seines Wehretat gibt Israel für Waffen / Wirkmittel / Ausrüstung aus ? Bei der Bundeswehr ist dieser Anteil prozentual beispielsweise recht gering. Wenn er aber in Israel sehr viel höher wäre, wie werden dann die Personalkosten gestemmt? Umgekehrt wenn die Personalkosten gar nicht so niedrig sind, wie werden die Waffen finanziert?
Über den Daumen gepeilt eigentlich identisch:
40% Personalkosten – Deutschland etwas mehr, Israel etwas weniger
30% Beschaffungen – Deutschland etwas weniger, FMF für Israel inkludiert
20% Materialerhaltung
10% Sonstiges und R&D – wobei Israel deutlich mehr in R&D investiert

Personal haben wir schon skizziert. Der israelische Ansatz voll auf unterbezahlte Wehrpflichtige zu setzen generiert einfach unglaublich viel mehr Kampfkraft. Es geht da aber nicht nur um die Kampf- und Kampfunterstützungstruppen, Wehrpflichtige

Hinsichtlich der Beschaffungen ist es schon eine spannende Frage wie Israel Effizienzen generiert.
Zentral dürfte die sehr enge Zusammenarbeit mit den effektiv hauseigenen Rüstungskonzernen (zum Teil Jahrzehntelang Staatsbetriebe) sein. Da gibt es keine langen Vergabeverfahren mit rießigen bürokratischen Rattenschwanz, die produzieren auf Zuruf genau das was die Streitkräfte bestellen - wahrscheinlich ohne relevante Gewinnmargen oder gar Verlust wenn man es über Export wieder reinholen kann.
Kann oder will man nicht lokal produzieren wird kompromislos von der Stange gekauft. Keine Goldrandlösungen, keine Experimente, was nicht passt werkelt man sich hinterher selbst zu recht.

Am Ende muss man sich aber auch verdeutlichen, dass soviel mehr jetzt nicht bei rumkommt, zumindest beim Heer.
Hätte das Deutsche Heer ein paar Hundert Leopards 2 mehr (nicht abgegeben nach Ende des Kalten Krieges) wäre man durchaus auf Augenhöhe. Israel hat in der letzten Dekade schließlich auch gewaltig Material abgebaut und Reserven reduziert um Kosten zu sparen. Die Beschaffung der Namer zieht sich über 20 Jahre hin, Schützenpanzer fehlen noch immer, M109 schleppt man weiter, M113 und Humvees sind noch lang keine Randerscheinungen.
Ähnlich übrigens auch bei der Luftwaffe. Die Neubeschaffungen lässen sich auch nur stemmen in dem man erhebliche Einschnitte bei älteren Mustern vorgenommen hat.

Ein weiterer Punkt der dazu kommt: Man hat auch in Israel jetzt nicht militärishce Verbrauchsgüter für den großen Krieg vorgehalten sondern sich weitgehend auf die Amerikaner verlassen. Es hat shcon seine Gründe, warum die Zuwendungen seit dem 7. Oktober durch die Decke gegangen sind.


(25.10.2024, 21:09)Quintus Fabius schrieb: Hab dazu mal recherchiert, und Israel hat anscheinend schier unfassbar wenige Zivil- / Verwaltungsangstellte. Scheint eine niedrige vierstellige Zahl zu sein.

Wie verwaltet sich diese Armee aber dann real praktisch ? Reichen diese wenigen aus ? Wird das einfach von den Soldaten nebenbei erledigt ? Ignoriert man daraus resultierende Verwaltungsprobleme einfach ?

Wie betreibt man eine derart hochtechnische Armee mit derart wenig Verwaltung ?
Die Wehrpflichtigen dienen nicht alle in Kampf- oder Kampfunterstützungseinheiten sondern auch auf Positionen in denen sich hierzulande hochbezahlte Verwaltungsspeizialisten breit gemacht haben.
Also eine Armee mit echten Kampfautrag in militärischer Selbstverwaltung durch Paarundzwanzigjährige. Das ist kein System in dem Bürokratische Strukturen wachsen und gedeihen können.