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(Allgemein) Bundeswehr – quo vadis? - Druckversion

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RE: Bundeswehr – quo vadis? - DeltaR95 - 09.04.2022

(08.04.2022, 21:25)Pmichael schrieb: Der passende Gesetzesentwurf wurde Mitte März vorgestellt. Das 2% Ziel wird durch das Sondervermögen schlagartig erreicht in dieser Legislaturperiode.
Es ist fast schon jämmerlich wie der Author nun einen Gesetzesentwurf der Mitte März vorgestellt wurde als plötzlich einkassiert framen will.

Hier mal ein Artikel des Tagesspiegel von 27.02.
https://www.tagesspiegel.de/politik/erhoehung-der-ruestungsausgaben-100-milliarden-mehr-fuer-die-bundeswehr/28111130.html

Scholz kündigte an, dass im Bundeshaushalt für 2022 ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro angelegt werden soll, aus dem dann auf Jahre hinaus der Mehrbedarf der Bundeswehr finanziert werden soll. Damit wird Deutschland nach den Worten von Scholz seine Wehrausgaben ab 2024 auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erhöhen und damit die so genannte Nato-Quote erfüllen.

Nüchterne Analyse vor dem schnittfestem Schaum... Kanzler Scholz hat in seiner Rede Ende Februar wortwörtlich folgendes gesagt (aus dem Plenarprotokoll):

Zitat:Der Bundeshaushalt 2022 wird dieses Sondervermögen einmalig mit 100 Milliarden Euro ausstatten.
Die Mittel werden wir für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben nutzen.

Die ist eindeutig auf den Anteil "Rüstungsinvestive Maßnahmen" des EP 14 bezogen.

Dazu noch folgendes:

Zitat:Wir werden von nun an Jahr für Jahr mehr als 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.

Dies ist der reguläre gesamte Einzelplan 14.

Wir halten einmal fest:

a) Mit 100 Mrd. abzgl. Steuer und Preisangleichung bleibt über vier Jahre was über? 50 Mrd? Die Preiseskalation der Fachserien, die Grundlage vieler Verträge der öffentlichen Hand sind, sind von Dezember 2020 bis heute um 22 % (!) gestiegen - ohne Mehrwert für die Bundeswehr.
b) Die Beamtenbesoldung, an die die Besoldung der Soldaten gekoppelt ist, ist seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus 2020 in großen Teilen verfassungswidrig niedrig und liegt teilweise unter Sozialhilfe-Niveau. Viele Bundesländer schaffen gerade alle Besoldungsstufen bis A5 oder sogar A6 ab. Was das für die Bundeswehr bedeutet, kann sich jeder selber ausrechnen. Meine Prognose: Die (sinnfreie) Verstetigung des Einzelplan 14 bei rund 50 Mrd. EUR bis 2026 - und ja, auch das "mehr" gegenüber dem letzten Eckwertebeschluss - wird allein durch Anpassung der Personalkosten und die allgemeine Preissteigerung, die die Bundeswehr wie alle anderen Unternehmen trifft, mehr als aufgefressen.
c) Reguläre Lesart der Rede von Scholz war eine Anhebung des Einzelplan 14 auf 2,0 % BIP UND ein Sondervermögen von 100 Mrd. EUR zur "Sanierung" der maroden Ausrüstung und etwas Aufwuchs.
d) Wenn man so die Nachrichten liest, sind die 100 Mrd. - na ja, effektiv die 50 - schon doppelt, dreifach und vierfach verplant.

Fazit: Diese "Zeitenwende" ist einfach nur eine Nebelkerze, solange nicht mal in der Regierung Einigkeit herrscht, dass die 100 Mrd. EUR nur für die Bundeswehr sind und nicht für "Energiewende" oder "feministische Außen- und Sicherheitspolitik" - abgesehen davon, dass die Regierung ohne die Opposition nicht mal die Aufnahme ins Grundgesetz beschließen kann.

Ich wäre also vorsichtig, jetzt schon das Scheckbuch für F35 und Konsorten zu zücken, wenn hinterher absehbar kein Geld mehr für den Betrieb da ist. Wie will man mehrjährige Beschaffungen anstoßen, wenn ab 2025/2026 das Sondervermögen "leer" ist? Einfache Antwort, gar nicht... ach nein! Ist dann einfach nur das Problem der "nächsten"... Regierung...


RE: Bundeswehr – quo vadis? - Pmichael - 09.04.2022

Es ist nicht besonders interessant über Interpretation zu reden wenn der Tagesspiegel, für den der Author schreibt, es schon damals richtig verstanden hat.


RE: Bundeswehr – quo vadis? - ObiBiber - 09.04.2022

(09.04.2022, 14:34)DeltaR95 schrieb: Fazit: Diese "Zeitenwende" ist einfach nur eine Nebelkerze, solange nicht mal in der Regierung Einigkeit herrscht, dass die 100 Mrd. EUR nur für die Bundeswehr sind und nicht für "Energiewende" oder "feministische Außen- und Sicherheitspolitik" - abgesehen davon, dass die Regierung ohne die Opposition nicht mal die Aufnahme ins Grundgesetz beschließen kann.

Ich wäre also vorsichtig, jetzt schon das Scheckbuch für F35 und Konsorten zu zücken, wenn hinterher absehbar kein Geld mehr für den Betrieb da ist. Wie will man mehrjährige Beschaffungen anstoßen, wenn ab 2025/2026 das Sondervermögen "leer" ist? Einfache Antwort, gar nicht... ach nein! Ist dann einfach nur das Problem der "nächsten"... Regierung...

Immer diese Schwarzseher hier…das ist ja fast schon bösartig negativ gesehen…
klar wird das Sondervermögen und der EPL14 erst im Juni beschlossen… und es wird auch hoffentlich beschlossen…aber es ist genau das was nötig ist und missverständlich sind die Pläne auch nicht…

Das Sondervermögen dient:
nur als Überbrückung bis der reguläre EPL14 die Höhe von2% des BIP erreicht hat
Der Absicherung von langfristigen/großen Rüstungsvorhaben außerhalb des regulären Haushalts
Außerdem steigt der EPL14 in den nächsten 4 Jahren auch um weitere 12 Mrd im Vergleich zum aktuellen Plan.
Anstatt wie ursprünglich geplant abzusinken…

Viele haben missverstanden dass der Etat direkt auf 2% des BIP steigt UND zusätzlich direkt 100 Mrd bereitstehen… das Geld könnte gar nicht so schnell ausgegeben werden…
klar kann man jetzt viel beauftragen…aber die Rechnungen kommen dann erst nach und nach in den nächsten 10-15 Jahren!

Für Rüstungs/Beschaffungsmaßnahmen sollen in den nächsten 4 Jahren insgesamt 140 Mrd€ bereitstehen (regulärer Anteil aus dem EPL14 + Sonderetat)
das ist schon sehr massiv und wird für sehr viele Projekte reichen!
Klar ist es wichtig dann in 4 Jahren dann der reguläre EPL14 angehoben wird auf die 2%… aber bis dahin ist alles abgesichert was man überhaupt beschaffen und in Auftrag geben kann…
Ich glaube viel mehr Geld kann die Bundeswehr in der Zeit auch gar nicht ausgeben!


RE: Bundeswehr – quo vadis? - Leuco - 09.04.2022

Ich kann mich dem Ausführungen von ObiBieber nur anschließen.

Es ist natürlich auch richtig, dass die kommenden Regierungen die 2% werden anders stemmen müssen. Dies war aber im kalten Krieg auch möglich.

Das herumgerechne mit den Bedarfen bei Besoldung etc. greift zu kurz. Natürlich werden die 100 Mrd über die nächsten Jahren inflationär weniger. Gerade wenn diese auf so hohem Niveau bleibt, wird dies schneller der Fall sein. Wenn die Geldmenge derart steigt, steigt natürlich auch das BIP und die Steuereinnahmen.

Hier kommt dann das Missverständnis mit dem Sondervermögen. Dieses soll kurzfristig das Anheben auf 2% erleichtern. Die 2% sind die Zeitenwende. Das Sondervermögen ist die Gesichtswahrung für die FDP, die sich in Form von Christian Linder direkt vor der Wahl noch über die Grünen lustig gemacht haben, da sie andere Worte für Verschuldung gebrauchen.

Ob das Sondervermögen dann ein Jahr früher oder später ausgeht ist erstmal zweitrangig. Wie die 2% in drei Jahren finanziert werden ist dann tatsächlich Aufgabe der nächsten Regierung. Ob hier ein weiteres Sondervermögen (Worthülse) aufgesetzt wird (damit die FDP und die CDU weiter von ihrer schwarzen Null sprechen können), es durch eine normale Staatsverschuldung finanziert wird oder wir es schaffen das Ganze auf nachhaltig zu finanzieren, wird sich zeigen müssen.

Ich gehe fest davon aus, dass im nächsten Wahlkampf die 2% in allen Parteien außer bei den Linken enthalten sein wird.

Die Ausstattung wird nun auf den Weg gebracht. Da diese aber weitgehend nur die sowieso vorhandenen Bedarfe abdecken wird und wir keine Luftschlösser planen, ist dies auch gut realisierbar.


RE: Bundeswehr – quo vadis? - Broensen - 09.04.2022

(09.04.2022, 16:33)Leuco schrieb: Ich gehe fest davon aus, dass im nächsten Wahlkampf die 2% in allen Parteien außer bei den Linken enthalten sein wird.

Das ist ein wichtiger Punkt, den man nicht vergessen darf:
Die Regierungsparteien haben vor der Wahl Dinge angekündigt, an die sie sich trotz Zeitenwende weiterhin gebunden fühlen. Und das ist ja auch eigentlich richtig so. Man kann sich natürlich darüber streiten, ob diese konkreten Ankündigungen überhaupt realistisch und richtig waren, aber das ist eine andere Frage. Das Erreichen des 2%-Ziels über ein "Sondervermögen" ist einfach der kleinstmögliche Wortbruch dem eigenen Wähler gegenüber. Für eine kommende Legislaturperiode werden sich alle Parteien neu aufstellen hinsichtlich ihrer Verteidigungspolitik. Danach werden dann auch ganz andere Möglichkeiten bestehen als unter den aktuellen Voraussetzungen.

In dem Zusammenhang sind auch die ständigen Bemühungen der Union einzuordnen, die Ampel-Parteien dahin zu drängen, möglichst große Teile der "Zeitenwende"-Folgekosten aus dem regulären Haushalt zu finanzieren, damit diese zum Wortbruch am eigenen Wähler gezwungen werden, weil sie ihre vor der Wahl angekündigten Prioritäten nicht mehr finanzieren können. Zugleich hätte eine erhoffte Unions-geführte Nachfolgeregierung dann den großen Vorteil, dass die erforderlichen Streichungen an anderer Stelle bereits vom politischen Gegner durchgeführt wurden, während man sich selbst mit den sich daraus ergebenden Erfolgen rühmen kann. Hartz-IV lässt grüßen.

Spannend wird da noch die mittelfristige Finanzplanung gegen Ende der aktuellen Legislaturperiode werden, in der die Regierungsparteien dann ja schonmal vorlegen müssen, wie sie sich die Finanzierung in Zukunft vorstellen werden, für den Fall wiedergewählt zu werden.


RE: Bundeswehr – quo vadis? - Helios - 09.04.2022

(09.04.2022, 14:34)DeltaR95 schrieb: Ich wäre also vorsichtig, jetzt schon das Scheckbuch für F35 und Konsorten zu zücken, wenn hinterher absehbar kein Geld mehr für den Betrieb da ist.

Ich gebe zu bedenken, dass ein nicht unerheblicher Teil der aktuellen Planungen reine Ersatzbeschaffungen für aktuelle betriebene Systeme sind, und die bei letzteren ausufernden Betriebskosten dabei häufig mit ein Grund für die Ersatzplanung darstellen. Gerade aufgrund der aktuell schon vorhandenen und sich in Zukunft noch weiter verschärfenden Kostenexplosion des Tornados beispielsweise ist es also durchaus nicht unrealistisch, dass durch die Beschaffung mittel- und langfristig aktuell blockierte Mittel im Haushalt für andere Verwendungen frei werden. Natürlich lässt sich das nicht auf alle jetzt kursierenden Pläne übertragen, aber doch auf einige, und insbesondere auf die von dir als Beispiel genannte F-35.


RE: Bundeswehr – quo vadis? - DeltaR95 - 09.04.2022

(09.04.2022, 17:39)Helios schrieb: Ich gebe zu bedenken, dass ein nicht unerheblicher Teil der aktuellen Planungen reine Ersatzbeschaffungen für aktuelle betriebene Systeme sind, und die bei letzteren ausufernden Betriebskosten dabei häufig mit ein Grund für die Ersatzplanung darstellen. Gerade aufgrund der aktuell schon vorhandenen und sich in Zukunft noch weiter verschärfenden Kostenexplosion des Tornados beispielsweise ist es also durchaus nicht unrealistisch, dass durch die Beschaffung mittel- und langfristig aktuell blockierte Mittel im Haushalt für andere Verwendungen frei werden. Natürlich lässt sich das nicht auf alle jetzt kursierenden Pläne übertragen, aber doch auf einige, und insbesondere auf die von dir als Beispiel genannte F-35.

Das Problem aus meiner Sicht ist, dass wir nicht einfach "nur" einen Träger, sprich Flugzeug, für unser überbordendes Waffenarsenal mit unbegrenzt Munition brauchen - an der Beschaffung der F-35 hängt doch noch einiges mehr an Bewaffnung (z.B. Lenkflugkörper, Bomben) und Logistik, das wir jetzt wieder aufbauen müssen. Beistellungen halt...

Bei der aktuellen Inflationsrate und den zwingend notwendigen Verbesserungen monetärer Art, die wir brauchen, um ein attraktiver "Arbeitgeber" zu werden, sind 100 Mrd. EUR (wenn man dem ESuT Artikel des AL A BMVg glaubt real sogar nur 65 Mrd. über 10 Jahre, aber da wurde anscheinend eine optimistische Teuerungsrate angenommen) aus meiner Sicht her ENTWEDER genug, um das was da ist auf Stand zu bringen und aufzumunitionieren (ggf. einige kleine Fähigkeitserweiterungen), ODER sich jetzt kostspielige neue Fähigkeiten zu leisten.

Ich habe Bedenken, dass man sich jetzt mit dem Scheckbuch in Abenteuer der Beschaffung stürzt, die nur auf Versprechungen gebaut sind - die nächste Regierung muss sich nicht daran halten. Wenn ab 2025 dann plötzlich keine Anhebung des Einzelplan 14 erfolgt, sitzt man in der gleichen Falle, wie nach dem kalten Krieg... Massen an Gerät, aber kein Geld zum Erhalt. Diese 100 Mrd. EUR sind jetzt entweder die Rettung für die Bundeswehr, wenn jetzt auch langfristig (10 Jahre+) belastbare Zusicherungen gemacht werden, oder der Todesstoß, wenn es ab 2025 nicht anders kommt und das Sondervermögen aufgebraucht ist.

Mit den aktuell zugesicherten 50 Mrd. EUR für den EP 14 bis 2026 ist nicht mal die Inflationsrate und die Steigerung der Personalkosten abgedeckt. Das ist kein Hexenwerk, dies aus dem EP 14 und den öffentlichen Daten zu errechnen - auch die Bundeswehr muss ihre Liegenschaften heizen und bei dem Sanierungsstau wird bei den aktuellen Gas- und Ölpreisen das Geld sprichwörtlich verbrannt.

Ich reibe mir nur verwundert die Augen, wie jetzt jede TSK auf den "Ich brauch aber!"-Zug aufspringt (natürlich berechtigt), aus den 100 Mrd. EUR tolles neues Material bestellt werden soll, aber keiner die Auswirkungen auf den eigentlichen EP 14 berechnet - den der muss die Materialerhaltungskosten stemmen.

Ich wage einen Blick in meine Kristallkugel... was die Bundeswehr braucht, um wirklich wieder "LV/BV" zu können, kostet uns deutlich mehr als 100 Mrd. EUR.

@ obibiber

Zitat:Das Sondervermögen dient:
nur als Überbrückung bis der reguläre EPL14 die Höhe von2% des BIP erreicht hat
Der Absicherung von langfristigen/großen Rüstungsvorhaben außerhalb des regulären Haushalts
Außerdem steigt der EPL14 in den nächsten 4 Jahren auch um weitere 12 Mrd im Vergleich zum aktuellen Plan.
Anstatt wie ursprünglich geplant abzusinken…

Sie gehen also davon aus, dass in 2026 sich der EP 14 gegenüber der derzeitigen Finanzlinie aus dem diesjährigen Eckwertebeschluss von 50 Mrd. auf - was schätzen wir für das BIP in 2026? - 75 bis 90 Mrd. EUR erhöht? Das hat nichts mit Schwarzsehen zu tun, sondern mit blankem Realismus. Nochmal, der EP 14 sieht nach den letzten Pressemitteilungen keinerlei (!) weitere Erhöhung vor, sondern nur eine VERSTETIGUNG!

Zitat:klar kann man jetzt viel beauftragen…aber die Rechnungen kommen dann erst nach und nach in den nächsten 10-15 Jahren!

Ich dachte, diese "eine Krise kündigt sich 10 Jahre im Voraus an"-Klamotte ist seit dem 27.02.2022 Geschichte? Wink

Kleiner Tipp am Rande... es gibt Beschaffungsarten da wird mit VORKASSE (!) gearbeitet - FMS gehört da als Paradebeispiel dazu.


RE: Bundeswehr – quo vadis? - ObiBiber - 09.04.2022

Es ist trotzdem „schwarz sehen“ und „alles schlecht reden“ was hier abgeht!
Leute
In den nächsten 4 Jahren stehen der Bundeswehr 140 MILLIARDEN € zusätzlich zur Verfügung…
Im Vergleich zu vor 2 Monaten!
Macht euch das bitte mal bewusst!
Klar wird man am Ende keine goldenen Wasserhähne und Toiletten haben…
aber macht euch das bitte mal bewusst!
Dieses Geld wird exklusiv für neue Projekte und Beschaffungen bereitstehen!
Die Haushalte in den letzten 2-3 Jahren sind auch stark angestiegen und haben immer mehr Beschaffungen ermöglicht!
Bitte mal realistisch bleiben…
Für den Tornado Weiterbetrieb waren auch zig Milliarden vorgesehen… die kann man nun sparen!
Klar darf man 2026 den EPL14 nicht wieder auf 35 Milliarden runter kürzen (da kommen wir nämlich her)
…aber 2% des BIP werden weit über 70 Milliarden pro Jahr sein…davon stehen auch trotz Inflation locker 20 Milliarden pro Jahr für neue Projekte zur Verfügung!


RE: Bundeswehr – quo vadis? - Leuco - 09.04.2022

Der Haushalt wird bereits kurzfristig deutlich über den 50 Mrd. liegen. Die Erhöhung taucht vermutlich hier nur nicht auf, da die weiteren 20 Mrd bzw. ggf mehr aus dem Sondervermögen kommt. Das ist eine Milchmädchenrechnung. Der Haushalt steigt dann in ein paar Jahren nicht vom 50 Mrd. auf X. Er wird bereits bei den 2% liegen.

Die Ausführung dass wir uns in irgendwelche Abenteuer stürzen sind für mich nicht nachvollziehbar. Es geht um Aufmunitionierung und geplanten Ersatzbeschaffungen.

Was sind denn die großen Posten? Tornado Nachfolge, CH53 Nachfolge, Marder Ersatz, Ablösung alter Fregatten etc. Alles in realistischer Stückzahl.

Wäre hier ein Weiterbetrieb die Alternative?


RE: Bundeswehr – quo vadis? - DeltaR95 - 09.04.2022

(09.04.2022, 18:53)ObiBiber schrieb: Es ist trotzdem „schwarz sehen“ und „alles schlecht reden“ was hier abgeht!

Nein, das, was Sie als "Schwarz sehen" und "alles schlecht reden" betiteln, bezeichnet man gemeinhin beim Militär als Lagefeststellung, Lagebewertung und Lagebeurteilung!

Das bedeutet unter anderem explizit, dass man sich über die Phase NACH der Beschaffung im Vorfeld Gedanken macht.

140 Mrd. EUR INVESTIVE MITTEL bedeuten in der Nutzungsphase regelmäßig das Doppelte an NUTZUNGSMITTELN! Ganz einfach formuliert: Wenn Sie für 140 Mrd. EUR Material kaufen, müssen Sie sich darüber Gedanken machen, wie sie über die Nutzungsdauer (15 bis 20 Jahre) die zugehörigen 280 Mrd. EUR an Erhaltungskosten stemmen können Wink Lebenswegkostenmanagement, da gibt es sogar bei der Bundeswehr eine Vorschrift für (hoffe ich doch mal)...

Es geht hier auch nicht um den Weiterbetrieb, sondern das man sich mal auf gut Deutsch "ehrlich" macht - ein Paradebeispiel haben wir gerade mit den beiden Tankern der Marine erlebt, die 250 Mio. EUR (!) zu teuer sind gemäß Preisprüfern des BAAINBw.


RE: Bundeswehr – quo vadis? - ObiBiber - 09.04.2022

(09.04.2022, 18:58)DeltaR95 schrieb: Nein, das, was Sie als "Schwarz sehen" und "alles schlecht reden" betiteln, bezeichnet man gemeinhin beim Militär als Lagefeststellung, Lagebewertung und Lagebeurteilung!

Das bedeutet unter anderem explizit, dass man sich über die Phase NACH der Beschaffung im Vorfeld Gedanken macht.

140 Mrd. EUR INVESTIVE MITTEL bedeuten in der Nutzungsphase regelmäßig das Doppelte an NUTZUNGSMITTELN! Ganz einfach formuliert: Wenn Sie für 140 Mrd. EUR Material kaufen, müssen Sie sich darüber Gedanken machen, wie sie über die Nutzungsdauer (15 bis 20 Jahre) die zugehörigen 280 Mrd. EUR an Erhaltungskosten stemmen können Wink Lebenswegkostenmanagement, da gibt es sogar bei der Bundeswehr eine Vorschrift für (hoffe ich doch mal)...

Es geht hier auch nicht um den Weiterbetrieb, sondern das man sich mal auf gut Deutsch "ehrlich" macht - ein Paradebeispiel haben wir gerade mit den beiden Tankern der Marine erlebt, die 250 Mio. EUR (!) zu teuer sind gemäß Preisprüfern des BAAINBw.

Nein… eben nicht…
Weil ein Großteil des Geräts nämlich altes Gerät einfach 1 zu 1 ablöst!
und das alte Gerät ist mittlerweile deutlich teurer im Unterhalt und Betrieb als das modernste sonstwas super Kampfflugzeug…
Das ist Fakt!
Im Betrieb kostet ein Tornado aktuell mehr als eine f35 sonstwo auf der Welt!
Ich stelle ja jetzt nicht parallel die ganzen Neubeschaffungen hin und behalte das Alteisen!
Klar wird der Betrieb bei einer f35 jetzt nicht zwingend deutlich günstiger… aber massiv teurer auch nicht!


RE: Bundeswehr – quo vadis? - Quintus Fabius - 09.04.2022

Ich kann mich hier DeltaR95 nur anschließen. Folgendes ist Fakt:

Mit "nur" 2% des BIP - und bevor überhaupt dieser Wert erreicht wird - mit einer Streckung der 100 Milliarden auf mehrere Jahre während der Wehretat weiter deutlich unter 2% bleibt, ist die Bundeswehr nicht ausreichend schnell Kriegsfähig. Und es ist sogar zu bezweifeln ob man sie so überhaupt wieder kriegsfähig bringt.

Wenn wir jetzt so an die Sache heran gehen, und auch noch feministische Außenpolitik, zivile Cybersicherheit, Kulturpolitik und Zivilschutz aus dem gleichen Topf finanzieren, dann reicht diese Summe nicht, so groß hier auch vielen erscheinen mag! Es reicht nicht.

Das ist dann keine Zeitenwende, dass ist ein laues Lüftchen, wenn auch überaus passend zu dieser lauen Bundesrepublik. Und dies so zu bewerten ist auch keine Schwarzseherei oder schlecht reden, mit der jetzt genannten Interpretation werden wir innerhalb der nächsten Dekade keine tatsächlich kriegsfähigen Streitkräfte aufstellen können.

100 Mrd plus sofort 2% im weiteren ist eher das Minium dessen was erforderlich wäre, um innerhalb der nächsten Dekade eine vollumfänglich im konventionellen Bereich kriegsfähige Bundeswehr aufstellen zu können. Jetzt davon zurück zu rudern, und von femistischer Außenpolitik zu fantasieren, ist nichts anders als weiter den Kopf in den Sand zu stecken, ist die gleiche Perversion wie Privatpersonen Kennzeichen mit Z zu verbieten und den Import von Wodka, oder meine Bestellung eines Rucksacks aus Russland zu beschlagnahmen, während man zeitgleich jeden Tag hunderte von Millionen von Euro unserer Steuergelder an die Russische Regierung überweist.

Es gäbe angesichts dieses erneuten völligen Versagens der sogenannten politischen Eliten dieser Bundesrepublik hier nur eine Alternative:

Zitat:Leute. In den nächsten 4 Jahren stehen der Bundeswehr 140 MILLIARDEN € zusätzlich zur Verfügung…

Um mal gerade eben ObiBiber zu zitieren: man kann natürlich schon mit 140 Milliarden eine Kriegsfähige Armee aufstellen, das bedürfte aber dann einer sehr weitreichenden Militärreform. Ich nahm mal gerade eben ObiBibers Aussage, weil er ja schon öfter hier entsprechende Strukturen vorgestellt hat, die ein völliger Bruch mit dem wären was ist.

Statt also weitere PUMA zu beschaffen, die F-35 usw usf, sollten wir dann über eine vollständig andere Streitmacht reden. Zumindest rein theoretisch könnte man dann kriegsfähige Streitkräfte herstellen. Wie realistisch das in dieser Bundesrepublik wäre, so wie sie nun einmal ist, sollte jedem klar sein.......

Beschließend sage ich hiermit voraus, dass die Bundeswehr weder in 5 Jahren noch 10 Jahren Kriegsfähig sein wird und der Gros allen Geldes vertan sein wird.


RE: Bundeswehr – quo vadis? - DeltaR95 - 09.04.2022

(09.04.2022, 19:09)ObiBiber schrieb: Nein… eben nicht…
Weil ein Großteil des Geräts nämlich altes Gerät einfach 1 zu 1 ablöst!
und das alte Gerät ist mittlerweile deutlich teurer im Unterhalt und Betrieb als das modernste sonstwas super Kampfflugzeug…
Das ist Fakt!
Im Betrieb kostet ein Tornado aktuell mehr als eine f35 sonstwo auf der Welt!
Ich stelle ja jetzt nicht parallel die ganzen Neubeschaffungen hin und behalte das Alteisen!
Klar wird der Betrieb bei einer f35 jetzt nicht zwingend deutlich günstiger… aber massiv teurer auch nicht!

Was wollen Sie jetzt genau? Einfach nur 1:1 Tausch und Erhalt der unzureichenden Zahl an Material für eine LV/BV fähige Bundeswehr? Klar, dann reichen 140 Mrd. EUR, dann sind aber halt nicht genug Flugzeuge, Panzer und Schiffe da, um dem von Deutschland geforderten Beitrag zur LV/BV gerecht zu werden.

Die Rede war von Zeitenwende und der Wiederherstellung einer Bundeswehr, die auf derartige Aggressionen reagieren kann! Dafür reichen 2 % + 100 Mrd. EUR, wenn man seine Ambitionen nicht überstreckt!

Beispiel F-35: Kosten pro Flugstunde 27.000 USD $, Lebensdauer der Zelle war geplant für 8.000 Flugstunden, jetzt scheint es so zu sein, dass viele F-35 nach zehn Jahren schon "durch" sind. Der Flieger hat also Lifetime Cost von 216.000.000 Mio. USD! Da war ich mit 1:2 (Beschaffung zu Betrieb) noch sehr moderat, eher 1:3... der Hersteller hat sich gerade auf 30.000 USD pro Stunde "geeinigt"...

Aber ich gestehe, gegen die berichteten 74.000 € pro Stunde des Eurofighter geradezu ein "Schnäppchen" - ich vermute mal, wenn wir "mehr" fliegen würden und sich NRC verteilen, wäre er gleichauf.


RE: Bundeswehr – quo vadis? - Pmichael - 09.04.2022

Es ist halt die Frage was man nun als kriegsfähig bezeichnen will. Ich sehe in Europa keine andere Armee die in der Qualität und Quantität mit dem Heer mithalten könnte - in Großbritannien wird gerade stolz angekündigt die alten Warriors mit 100 zusätzliche Boxers (ohne Turm) ersetzen zu wollen, Frankreich glaubte ja schon lange nicht mehr an einen konventionellen Krieg in Europa, entsprechend ist die Armee auch ausgestattet.

Es kommt hier entscheidend darauf, dass man die Grundlagen endlich auf die Reihe kriegt wie Persönliche Ausrüstung, geschützte Logistik und Munition.


RE: Bundeswehr – quo vadis? - Helios - 09.04.2022

(09.04.2022, 18:41)DeltaR95 schrieb: Das Problem aus meiner Sicht ist, dass wir nicht einfach "nur" einen Träger, sprich Flugzeug, für unser überbordendes Waffenarsenal mit unbegrenzt Munition brauchen - an der Beschaffung der F-35 hängt doch noch einiges mehr an Bewaffnung (z.B. Lenkflugkörper, Bomben) und Logistik, das wir jetzt wieder aufbauen müssen. Beistellungen halt...

Das stelle ich nicht in Abrede, aber dann geht es um die Folge- bzw. Betriebskosten dieser Beistellungen, die de facto keine Ersatzbeschaffung sind, weil das Material ja eigentlich auch jetzt fehlt. Und diese ändert nichts an der Sinnhaftigkeit der Ersatzbeschaffung aus der Perspektive der möglichen Entscheidungen. Denn die konsequente Vorgehensweise, der Verzicht zur Verschiebung finanzieller Möglichkeiten auf andere Bereiche ist ja keine realistische Option, egal wie sinnvoll sie wäre. Für mich ist das durchaus ein relevanter Punkt, und daher die Frage, ob wir uns die F-35 leisten können in Anbetracht der Tatsache, dass wir uns aktuell noch den Tornado leisten, nicht zielführend.

Zitat:Ich wage einen Blick in meine Kristallkugel... was die Bundeswehr braucht, um wirklich wieder "LV/BV" zu können, kostet uns deutlich mehr als 100 Mrd. EUR.

Es kursieren dafür auch Zahlen, 250 Mrd. Investition über die nächsten 15 Jahre plus 2% Wehretat plus Verschiebung von indirekten Kosten (bspw. Pensionszahlungen) aus den Etat hinaus. Aber deshalb sollte man meines Erachtens nicht den Kopf in den Sand stecken, es ist sinnvoll, manch hochtrabenden Aufrüstungsplan kritisch zu hinterfragen, auch die Sinnhaftigkeit von aktuellen Strukturen und Systemen, trotz alledem sind Ersatzbeschaffungen notwendig, es sind Investitionen auch in Großprojekte notwendig, und es können durchaus einige Verbesserungen erzielt werden, wenn man das ganze konsequent macht. Es gibt halt nicht nur Schwarz und Weiß.

Zitat:Ich dachte, diese "eine Krise kündigt sich 10 Jahre im Voraus an"-Klamotte ist seit dem 27.02.2022 Geschichte? Wink

Naja, streng genommen war die Entwicklung doch seit spätestens 2014 absehbar - wenn man es denn sehen wollte. Wink