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Russland vs. Ukraine - Druckversion

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RE: Russland vs. Ukraine - Facilier - 03.04.2022

(03.04.2022, 16:41)Quintus Fabius schrieb: Laut US Geheimdienstberichten will Putin jetzt doch einen militärischen Oberbefehlshaber für den Krieg ernennen und die militärischen Operationen durch eine gemeinsame Führung koordinieren. Es ist schier unfassbar, dass nach deutlich mehr als 30 Tagen immer noch kein gemeinsames Kommando für die russischen Truppen existiert !

Man führt einen Krieg und niemand hat den Oberbefehl. Das ist einfach nur surreal !

Meine Theorie dazu:
Er wollte womöglich einen militärischen Oberbefehlshaber vermeiden, weil dieser als "starker Mann" mit der Truppe im Rücken eine starke Gefahr für ihn werden könnte.

Ähnliche Sorgen hatte Saddam mit Adnan Hayrallah, der dann ja auch "plötzlich" vom Himmel fiel.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 03.04.2022

Möglich bis Wahrscheinlich. Wenn er aber jetzt doch einen benennt muss die Lage ja katastrophal sein. Den jetzt wird ein solcher Oberbefehlshaber erst recht eine immense innenpolitische Gefahr für Putin werden, und dies noch umso mehr, sollte erfolgreich sein und den Krieg dann doch noch siegreich für Russland zu Ende bringen - den die Möglichkeit dafür besteht ja immer noch.

Und selbst wenn Putin ihn dann "nach dem Sieg" ermorden lässt, erzeugt dies dann nur noch weitere Probleme und dann besteht erst recht das Risiko dass das dann nicht mehr hingenommen wird.


RE: Russland vs. Ukraine - lime - 03.04.2022

(03.04.2022, 17:06)Quintus Fabius schrieb: Möglich bis Wahrscheinlich. Wenn er aber jetzt doch einen benennt muss die Lage ja katastrophal sein. Den jetzt wird ein solcher Oberbefehlshaber erst recht eine immense innenpolitische Gefahr für Putin werden, und dies noch umso mehr, sollte erfolgreich sein und den Krieg dann doch noch siegreich für Russland zu Ende bringen - den die Möglichkeit dafür besteht ja immer noch.

Und selbst wenn Putin ihn dann "nach dem Sieg" ermorden lässt, erzeugt dies dann nur noch weitere Probleme und dann besteht erst recht das Risiko dass das dann nicht mehr hingenommen wird.

Möglich wäre aber auch dass es ganz anders läuft und die russische Armee in den nächsten Jahren extrem reformiert wird. Historisch betrachtet war Rußland eigentlich bei einem Kriegsbeginn nie besonders erfolgreich. Aber meist lag dann in der Tiefe bzw. mit der Zeit die verging die Kraft. Ich halte es für durchaus möglich dass es dieses Mal auch so kommen könnte. Als Rußland Assad unterstützt hat ging es Anfangs ähnlich problembehaftet los, um mal in die jüngste Historie zum Vergleich zu schauen.


RE: Russland vs. Ukraine - Broensen - 03.04.2022

(03.04.2022, 17:06)Quintus Fabius schrieb: Den jetzt wird ein solcher Oberbefehlshaber erst recht eine immense innenpolitische Gefahr für Putin werden, und dies noch umso mehr, sollte erfolgreich sein und den Krieg dann doch noch siegreich für Russland zu Ende bringen - den die Möglichkeit dafür besteht ja immer noch.

Und selbst wenn Putin ihn dann "nach dem Sieg" ermorden lässt, erzeugt dies dann nur noch weitere Probleme und dann besteht erst recht das Risiko dass das dann nicht mehr hingenommen wird.

Mal so ganz auf doof: Das wäre eigentlich die ideale Möglichkeit für Putin, seinen eigenen Nachfolger zu platzieren. Putin selbst erringt offiziell den Sieg und ernennt seinen heldenhaften Oberbefehlshaber zu seinem Nachfolger. Der muss dann die Suppe auslöffeln, während der große Putin sich auf sein kleines Landanwesen zurückziehen kann. Durch seinen glorreichen Sieg über die Nazis ist er ja unantastbar geworden. Und da sein Nachfolger die eigene Legitimation auch aus diesem Krieg bezieht und bei den Kriegsverbrechen ebenfalls mit drin hing, wird der ihm auch nicht in den Rücken fallen können, ohne sich selbst zu gefährden.

Er müsste nur jemanden finden, der den Weg mitgehen würde und auch wenigstens minimale militärische Kompetenz aufweisen kann.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 03.04.2022

Eine solche Reform setzt gewisse wirtschaftliche und technologische Grundlagen voraus, die von einem derart geschwächten Russland nicht mehr aufgebraucht werden können, zumindest nicht zeitnah innerhalb der nächsten zwei Dekaden.

Kriege früher und Kriege heute zu vergleichen ist im weiteren ebenso problembehaftet wie das Geschehen in Syrien mit einem ernsthaften Krieg wie in der Ukraine zu verrechnen. Da sind Welten dazwischen.

Es ist hier im Westen immer noch sehr vielen gar nicht klar welches Ausmaß der Krieg in der Ukraine hat. So was gab es schon sehr lange nicht mehr - und zwar global gesehen. Realistischerweise kann man aktuell von mindestens 10.000 toten russischen Soldaten und mindestens 15.000 toten ukrainischen Soldaten ausgehen, dazu noch ein vielfaches an Verwundeten auf beiden Seiten. Und das in ca. 1 Monat und obwohl Russland eben nicht mit allem was es hat maximal reinschlägt - auch wenn hier im Westen fälschlicherweise dieses Bild gezeichnet wird.

Zum Vergleich: in Syrien sind innerhalb mehrerer Jahre gerade mal ca 250 russische Soldaten getötet worden.

Dazu noch die Verluste an Kriegsmaterial die auf beiden Seiten, vor allem aber bei den Russen selbst atemberaubend sind, nicht allein aufgrund von vernichtetem Material, sondern vielmehr noch was da unbeschädigt und einsatzbereit in ukrainische Hände gefallen ist.

Nun sind solche Verluste für die russische Gesellschaft und Sozialkultur tatsächlich wegsteckbar. Ich will daher damit nur aufzeigen, dass es sich hier um ein völlig anderes Geschehen handelt als alles was bisher war. Russland ist seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr mit einem solchen Kampf konfrontiert gewesen.

Um mal nur die Zahl der MANPADS zu quantifzieren: die NATO hat inzwischen gesichert mindestens 7000 MANPADS in die Ukraine geworfen. Innerhalb von nur 4 Wochen. Das ist gelinde gesagt einzigartig.
Nur diese Zahl für sich allein zeigt schon auf was für ein Ausmaß das ganze dort angenommen hat.

Wären die nur zu 10% erfolgreich, wären dass allein bereits 700 abgeschossene russische Luftfahrzeuge / Flugzeuge. Von den wenn es so weiter geht bald im sechsstelligen Bereich liegenden Panzerabwehrwaffen noch ganz zu schweigen. Das ist also alles nichts anderes als ein astreiner Stellvertreterkrieg der NATO gegen Russland um die Russische Föderation militärisch so weit wie möglich ausbluten zu lassen um dadurch den Rücken frei zu kriegen gegen China. Und das ist sehr gut so, tatsächlich ist das wirklich intelligente und durchtriebene Handeln der NATO hier ein erster Lichtblick für mich dass der Westen sich durchaus noch durchsetzen kann und wird.


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 03.04.2022

Zitat:12/ Information War. It is hard not to become overly emotional at the sights of images emerging from the formerly Russian occupied areas of west & NW Kyiv. The willful devastation coupled with stories of murder and rape cannot be ignored.

Vergewaltigungen sind im Krieg normal und de facto nicht verhinderbar. Es wird immer irgendwelche Truppen geben die davon ausgehen, dass sie so oder so drauf gehen werden und denen es daher egal ist und die deshalb vergewaltigen werden. Das ist keine Rechtfertigung, nur eine Erklärung.

Ja. Aber das ist hier zu einfach. Die Berichte aus den befreiten Gebieten zeichnen nicht das Bild einzelner marodierender Verbände sondern ein systemisches Problem.

Wer sucht der findet aktuell
- Berichte und Bilder über Folterkeller, zum Teil mit Minderjährigen Opfern
- Berichte über Massenvergewaltigungen, zum Teil von Kindern
- Bilder von halbverbrannten Zivilisten die zur Vertuschung angezündet wurden
- Behauptungen über von Panzern überollte Frauen udn Mädchen
- Bilder von verwesenden Leichen am Straßenrand
- Bilder aufgegebener russischer Camps die mit Schweinestall noch höflich umschrieben sind

Das hat halt nichts mehr mit einzelnen Verbänden zu tun die mal austicken. Das ist Disziplinlosigkeit und Führungsversagen auf breiter Ebene. Das geht so einfach nicht. Das will eine Armee sein, kein halbzivilisierten Horden. Wenn sich die Truppe meint so aufführen zu müssen muss halt durchgegriffen und Disziplin wiederhergestellt werden. Das geht wenn man möchte. Aber offensichtlich waren die Offiziere nicht willends oder nicht in der Lage dazu.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 03.04.2022

Ich habe mir ja die gleichen Bilder angesehen und für mich ist gerade daraus der Eindruck einzelner Marodeure entstanden. Wenn man das mal mit den wesentlich systematischeren und zahlenmässig immens viel umfangreicheren Vergewaltigungen im Bosnien-Krieg vergleicht, sollte das offensichtlich werden.

Dessen ungeachtet muss man natürlich schon konsternieren, dass das ein Zeichen von Disziplinlosigkeit und geringer Kampfmoral ist.

Aus den gleichen Gründen aus welchen russische Soldaten einfach ihre Panzer den Ukrainern überlassen haben (es gibt erste Hinweise darauf dass dies in Einzelfällen sogar gegen Geldzahlungen erfolgte), aus denen man einfach Angriffsbefehle verweigerte oder systemisch geplündert hat (das war tatsächlich systemtisch), kommt es natürlich im Vergleich vermehrt zu Vergewaltigungen und anderen solchen Übergriffen.

Die russische Truppe vor Ort ist moralisch völlig am Ende, daher auch die geringe Kampfkraft trotz der eigentlich theoretisch vorhandenen Überlegenheit. Was ich da schon in den letzten Tagen alles für Bilder und Filme gesehen habe von grenzenlos demotivierten Soldaten, die teilweise völlig besoffen im Feindgebiet herum torkeln und alles nur noch mit Fatalismus hinnehmen was da kommt, bis dahin, dass es sie nicht einmal mehr zu stören scheint wenn sie abgeknallt werden, das spottet jeder Beschreibung.

Find grad ein Video nicht mehr wo sie Munition von einem Lkw in den Straßengraben werfen um dann geplünderte Güter aufzuladen. Einfach Irreal !

Dessen ungeachtet gehen wir es mal genauer an:

Zitat:- Berichte und Bilder über Folterkeller, zum Teil mit Minderjährigen Opfern

Sind im Donbass sowohl auf russischer wie ukrainischer Seite seit 2016 bereits belegt und nachgewiesen. Das hat wenig mit der russischen Armee zu tun, als vielmehr mit den russischen und ukrainischen Sicherheitskräften, welche sich ja teilweise sogar aus Tschetschenen rekrutieren. Davon kann man wenig bis nichts über die russische Armee selbst ableiten.

[qutoe]- Berichte über Massenvergewaltigungen, zum Teil von Kindern[/quote]

Das sind noch keine Massenvergewaltigungen wie sie beispielsweise in Jugoslawien dann an der Tagesordnung waren. Das ist bisher alles sporadisch und wenig organisiert. Und eine vergewaltigte 12 jährige ist zwar zweifelsohne ein Kind, aber dass ist dennoch keine Massenvergewaltigung von Kindern, wie es die ukrainische Propaganda aktuell behauptet.

Zitat:- Bilder von halbverbrannten Zivilisten die zur Vertuschung angezündet wurden

Wieviele genau? Ich selbst habe bisher gerade mal ein dutzend davon gesehen und selbst da ist es zweifelhaft ob diese nicht einfach auch durch Waffenwirkung oder durch Brände welche im Krieg nunmal entstehen auf diese Weise umgekommen sind.

Zitat:- Behauptungen über von Panzern überollte Frauen udn Mädchen

Behauptungen der ukrainischen Propaganda. Dessen ungeachtet halte ich das für glaubwürdig, dass es einzelfallweise dazu gekommen ist. Hab auch schon einen Film gesehen wo sie von hinten auf weglaufende Frauen mit einem MG feuern. Dessen ungeachtet fehlt hier das systematische. Und der Kontext. Was wenn die Frauen beispielsweise unmittelbar vorher Molotov-Cocktails geworfen haben?!

Zitat:- Bilder von verwesenden Leichen am Straßenrand

Was in einem Krieg ja total unnormal ist......

Aber mal ernsthaft: wer an die Möglichkeit eines sauberen Krieges ohne all diese genannten Greuel glaubt, der glaubt auch an den Weihnachtsmann.

Zweifelseohne sind sicher hunderte ukrainische junge Frauen und Mädchen vergewaltigt worden. Von den Russen. Und ebenso zweifelsohne haben auch Ukrainische Soldaten junge Frauen und Mädchen in der Ukraine vergewaltigt. Und ebenso plündern die Russen und auch die Ukrainer stehlen was nicht niet- und nagelfest ist. Und ebenso ermorden beide Seiten Zivilisten und/oder Kriegsgefangene. In einem echten richtigen Krieg ist das einfach völlig normal. Das haben selbst die Amis und Franzosen im zweiten Weltkrieg nicht anders gemacht, und von den Russen zu dieser Zeit schweigen wir mal ganz.

Krieg führt immer dazu, dass psychisch gestörte Gewaltkriminelle, Sexualstraftäter und sonstige Psychos ihre Triebe ausleben können. Viele schließen sich gerade deshalb einer Armee an, um genau dies zu tun. Auf beiden Seiten.


RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 03.04.2022

Wobei ich die Befürchtung habe, dass das, was man bislang aus Bucha sieht - und es fällt schwer, sich die Bilder anzuschauen -, nur eine Spitze des Eisberges darstellt. Ich werde hier auch keine Artikel mit Bildern verlinken, wer will, soll selbst googeln.

Das wirkt alles nicht nach spontaner Rache oder eine affektiven Hassentladung, sondern hier ist ein dumpfes System dahinter - bzw. genau genommen auch wiederum kein System, denn es scheint keine Struktur oder dergleichen zu geben. Es ist einfach nur noch willkürlicher Mord, über Tage und Wochen hinweg (wenn man die unterschiedlichen Zerfallsstadien der Opfer sieht, kann man von ausgehen, dass der Tod sehr zeitversetzt eintrat).

Das wurde also nicht in den letzten 1-2 Tagen vor dem Abzug angerichtet, sondern hier marodieren seit Wochen irgendwelche Verbände herum und metzeln Zivilisten nieder, wobei man sich bei manchen Ereignissen eher an Bürgerkriege in Liberia oder dem Kongo erinnert fühlt. Nach all dem Versagen auf breiter Front ist dies nun der bittere, finale "Beweis", dass die russische Armee nicht nur zersetzt und korrumpiert und schlecht ausgestattet und geführt ist, sondern dass auch der moralische Kompass endgültig abhanden gekommen ist. Das ist eine Soldateska, und mit einer solchen gewinne ich auch keinen Krieg. Und es ist nicht nur ein Drama für die Menschen dort, sondern auch eine Schande für Russland. Wenn jemand hier reformieren will, so dass diese "Armee" wieder ein ernstzunehmender Faktor wird, so braucht er einen sehr langen Atem und viel Geduld...

Schneemann


RE: Russland vs. Ukraine - Facilier - 03.04.2022

https://twitter.com/visegrad24/status/1509482465433628677

"Finland is expected to take the decision on whether or not to apply for NATO membership before the end of May.
The newspaper Iltalehti has revealed that the first step, the publication of the Foreign and Security Policy Report, will take place April 14th. "

Ein finnischer NATO-Beitritt scheint damit immer wahrscheinlicher zu werden. Ich würde den Finnen auch dazu raten, dies nun schnell und entschlossen durchzuziehen, solange die Russen anderweitig beschäftigt und schwach sind.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 03.04.2022

Um diese Armee zu reformieren braucht man vor allem anderen eine andere Führung und auch eine andere Form der Führung. Von ganz oben bis hinunter zu den niedrrangigen Offizieren. Der Fisch stinkt immer vom Kopf her.

Es war ja beispielsweise eigentlich das Ziel der Militärreform ein echtes Unteroffizierskorps zu schaffen. Daraus ist nichts geworden und es gibt weiterhin keine wirkliche Unteroffiziersklasse. Eine Besonderheit in der russischen Armee sind Halb-Offiziere gewesen, welche eigentlich zwischen den Offizieren und Unteroffizieren stehen. Diese hätte man beispielsweise systematisch ausbauen können um sie zu dem angestrebten Unteroffizierskorps zu machen. Stattdessen hat man in den letzten Jahren größtenteils aufgelöst.

Wenn man diese Armee reformieren wollte, dann müsste man zunächst vor allem anderen mit brutaler Gewalt vorgehen, den anders wird man dort nicht voran kommen. Und schlußendlich müsste man die ganze Führung austauschen.

Und so moralisch verwerflich die Taten die da jetzt aufgedeckt wurden sind, sie sind nicht systematisch und es kommt in jedem ernsthaften Krieg zu genau solchen Handlungen, völlig gleich ob das nun der zweite Weltkrieg ist, oder der Koreakrieg oder der Vietnamkrieg oder selbst jetzt in Afghanistan, wo westliche Spezialeinheiten nachweislich nach belieben Zivilisten ermordet haben. Es kommt immer dazu, mal mehr, mal weniger, wieviel hängt natürlich von den Umständen ab. Je härter und je verlustreicher der Krieg ist, desto mehr häuft sich das. Das hat mit der Frage der Kampfkraft und wie man diese bewerten kann nur wenig zu tun. Es haben schon extrem kampfstarke Einheiten mit immenser interner Disziplin wesentlich schlimmeres in einem wesentlich größeren Umfang getan (Stichwort Waffen SS).

Und die Ukrainer machen übrigens das exakt gleiche mit russischen Zivilisten wenn diese ihnen in die Hände fallen. Die Flucht von russisch-stämmigen Ukrainern nach Russland hat durchaus auch die gleichen Gründe und wird noch massiv zunehmen. Und wie gesagt ist das auf beiden Seiten absolut nichts neues. Das war schon 2016 so:

https://www.amnesty.org/en/latest/news/2016/07/torture-and-secret-detention-on-both-sides-of-the-conflict-line-in-ukraine/


RE: Russland vs. Ukraine - voyageur - 03.04.2022

Zitat:Und die Ukrainer machen übrigens das exakt gleiche mit russischen Zivilisten wenn diese ihnen in die Hände fallen. Die Flucht von russisch-stämmigen Ukrainern nach Russland hat durchaus auch die gleichen Gründe und wird noch massiv zunehmen. Und wie gesagt ist das auf beiden Seiten absolut nichts neues. Das war schon 2016 so:

Bloß haben die Ukrainer den (westlichen) Medienkrieg gewonnen, und die "öffentliche Meinung" auf Ihrer Seite. Und der Krieg wird immer schmutziger werden.
Wie soll die westliche Politik noch Kompromisse mit Poutine aushandeln, ich sehe das immer weniger. Und die Lage wird sich jeden Tag verschlechtern.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 03.04.2022

Ja das stimmt, das wird immer schwieriger werden.

Der Medienkrieg in der Dritten Welt und vielen Schwellenländern sieht übrigens ganz anders aus, aber das nützt natürlich nichts für unsere Problemstellung, wie wir mit Russland je wieder zu einer halbwegs vernünftigen Koexistenz kommen wollen.

Meiner Meinung nach gibt es folgende denkbare (wahrscheinliche) Entwicklungen:

1. Russland "verliert" diesen Krieg - dann wird die zwingende Folge ein Folgekrieg sein - und das russische Volk selbst wird diese Revanche mit aller Macht fordern und sie dem geben, der ihr diese Revanche zusichert.
In diesem Fall wird das System Putin fallen und es werden noch deutlich radikalere Kräfte an die Macht kommen. Ein weiterer ernsthafterer Krieg wird dann einige Jahre später stattfinden dessen Ausgang und Verlauf völlig unkalkulierbar sind. In diesem Szenario wird Russland aber nicht das Anhängsel von China. Andererseits ist ein weiterer Krieg dann unvermeidbar.

2. Russland kann nach Innen ausreichend zeitnah einen "Sieg" verkaufen, beispielsweise weil der Donbass gesamt unter russische Kontrolle gerät und die Ukraine erklärt Neutral zu bleiben etc. Dann wird das System Putin trotzdem derart straucheln, dass die Russen zum Juniopartner der Chinesen werden und völlig abhängig von diesen. Da China kein Interesse daran hat wenn ein Folgekrieg ausbricht wird es seine Hilfestellung von einem Ausbleiben desselben abhängig machen. Zudem wird der Revanchegedanke im Volk nicht so stark ausfallen. Entsprechend kommt kein weiterer russischer Angriff auf die Restukraine.

3. Russland zieht die Sache bis zum bitteren Ende durch und zerstört die Ukraine mit allen Mitteln und sich selbst dabei gleich weitgehend mit. Das Risiko für eine weiterreichende Eskalation steigt dabei auch ständig immer weiter an. Zugleich kann es völlig unkalkulierbare Fernwirkungen geben, von einem Zusammenbruch Ägyptens über einen Zusammenbruch der Wirtschaft in Deutschland bis hin zum Militärputsch in Russland, dem Einsatz von Nuklearwaffen gegen die Ukraine usw usf In diesem Fall wird der Schaden für Europa ebenfalls immens sein und schlußendlich wird das System Putin ebenfalls dadurch fallen und wir sind wieder bei 1.

Wenn man es sich so betrachtet, wäre ein russischer Teilsieg nach möglichst hohen Verlusten für uns selbst die beste Option. Den wenn Russland verliert - und ebenso wenn es gewinnt, werden die Folgen für uns katastrophal sein. Daher sollte man die Sache geschickt so lange wie möglich vor sich hin köcheln lassen, die Russen aber eben nicht zu sehr in die Ecke treiben. Putin selbst würde hier mal wieder seine Lieblingsgeschichte aus seiner Jugend über eine große fette Ratte erzählen ....


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 04.04.2022

Analysen:

https://warontherocks.com/2022/03/is-russias-invasion-a-case-of-coercive-diplomacy-gone-wrong/

Eine mögliche Antwort auf der Suche nach Gründen für das unerklärliche russische Vorgehen:

Zitat:Is Russia’s Invasion a Case of Coercive Diplomacy Gone Wrong?

Conventional wisdom can change quickly. Whereas many opinion-makers once believed that Russian President Vladimir Putin’s threats were no more than a bluff, after Russian forces invaded Ukraine (again), conventional wisdom settled on a new position: that he planned to invade Ukraine all along, and that Moscow’s diplomatic efforts in advance of the assault were mere window-dressing meant to distract and divide the West. However, it is worth considering that the opposite might be true: that Moscow thought it might obtain some of its aims via coercive diplomacy and brinksmanship, and that the final decision to invade was only taken after these efforts failed. This could, in part, explain why the initial Russian military operation was so “bizarre” and haphazard — defined by “underweighted” and “piecemeal” attacks, obvious logistical problems, and a lack of basic combined arms tactics — and why most Russian soldiers were not told they would be invading Ukraine until the last moment (or, in some cases, not at all). How can we reconcile all the time and effort supposedly spent preparing for this invasion with the Russian army’s apparent lack of readiness for it?

Rather than interpreting the invasion as proof of Putin’s revanchist ambitions, or of secret plans to conquer the former-Soviet “near-abroad” by force, policymakers, analysts, and other observers should consider an alternate hypothesis: that Putin intended, and indeed expected, to achieve his political aims merely by presenting a highly credible threat.


Zusammenfassungen:

Militaryland:

Tag 39

https://militaryland.net/ukraine/invasion-day-39-summary/

Die Ukrainische Armee hat nun nördlich von Kiew die weißrussische Grenze erreicht. Damit ist der russische Abzug dort vollständig. Im Gegensatz zu allem anderen was man da in der Region bisher gesehen hat war der Abzug rein militärisch sehr sauber und ordentlich gemacht.

Auch die Truppen um Chernihiv haben sich in guter Ordnung zurück gezogen und das Gebiet weitgehend geräumt.

Gesamtkarte:

https://militaryland.net/ukraine/invasion-day-39-summary/

In der aktuellen Situation steht die Ukraine vor dem Problem, dass sie ihre Truppen nördlich von Kiew kaum frei machen kann und diese nicht - oder alternativ nicht ausreichend schnell in den Osten verlegen kann. Zudem besteht immer noch das Problem einer potentiellen Invasion der weißrussischen Armee in die West-Ukraine worauf die Ukrainer aktuell keine richtige Antwort hätten.

Andererseits ist eine solche Verlegung der siegreichen Truppen nördlich von Kiew vielleicht auch gar nicht nötig, da die Ukraine zahlenmässig aktuell mindestens um das vierfache überlegen ist. Es stehen ja nur ca. 150.000 Russen gegen ca. 600.000 Ukrainer die immer weitergehender mit westlichen Waffen vollgemüllt werden.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 04.04.2022

Über russische Kriegsverbrechen mal ein paar belastbare realistische Zahlen:

https://www.hrw.org/news/2022/04/03/ukraine-apparent-war-crimes-russia-controlled-areas

Zitat:Human Rights Watch has documented several cases of Russian military forces committing laws-of-war violations against civilians in occupied areas of the Chernihiv, Kharkiv, and Kyiv regions of Ukraine. These include a case of repeated rape; two cases of summary execution, one of six men, the other of one man; and other cases of unlawful violence and threats against civilians between February 27 and March 14, 2022.

On March 4, Russian forces in Bucha, about 30 kilometers northwest of Kyiv, rounded up five men and summarily executed one of them.

Russian forces in the village of Staryi Bykiv, in Chernihiv region, rounded up at least six men on February 27, and later executed them

On March 6, Russian soldiers in the village of Vorzel, about 50 kilometers northwest of Kyiv, threw a smoke grenade into a basement, then shot a woman and a 14-year-old child as they emerged from the basement, where they had been sheltering.

A woman told Human Rights Watch that a Russian soldier had repeatedly raped her in a school in the Kharkiv region where she and her family had been sheltering on March 13.

On March 13, a Russian soldier beat and repeatedly raped Olha [not her real name], a 31-year-old woman in Malaya Rohan, a village in the Kharkiv region that Russian forces controlled at the time.

Human Rights Watch received three other allegations of sexual violence by Russian soldiers in other villages in the Chernihiv region and in Mariupol in the south but has not been able to independently verify them.

On March 4, Russian forces summarily executed a man in Bucha, 30 kilometers northwest of Kyiv, and threatened to execute four others, said a teacher who witnessed the killing.

Und jetzt verzehnfachen wir das ganze mal und wir sind immer noch beim ganz normalen und vollkommen üblichen, was sich nicht mal sonderlich von dem unterscheidet was US Truppen im Irak so getrieben haben und von früheren Kriegen schweigen wir mal ganz.

Rein persönlich gehe ich übrigens davon aus, dass beide Seiten wesentlich mehr Kriegsverbrechen begehen als bisher in den westlichen Medien dokumentiert sind.

Zu den von der Ukraine genannten 410 toten Zivilisten plus im Raum Kiew: nur weil da Leichen liegen und Zivilisten tot sind heißt das nicht, dass diese einfach so ermordet wurden, die fallen auch Querschlägern zum Opfer, werden Opfer von Splittern und Artilleriebeschuss, kommen auch auf andere Weise ums Leben, beispielsweise durch Brandverletzungen weil sie in Häusern eingeschlossen waren die dann in Brand gerieten usw usw usf

Nicht jede Leiche eines Zivilisten die da herum liegt ist zwingend ein Kriegsverbrechen und ein ernsthafter großer Krieg ohne tote Zivilisten ist gar nicht führbar. Das soll alles keine Rechtfertigung oder Entschuldigung sein, sondern nur eine Erklärung !

Den ist es einfach absurd zu glauben, es könnte einen sauberen Krieg geben, das widerspricht der Natur des Krieges selbst. Je ernsthafter und massiver ein Krieg wird, desto mehr bricht das hervor.

Und wo ist in Wahrheit der moralische Unterschied ob ein gegen sein Willen zwangsrekrutierter Mann aus dem Donbass von Ukrainern aus dem Hinterhalt erschossen wird, obwohl er gar nicht dort kämpfen will, oder ob die Ukrainer russische Kriegsgefangene erschießen, oder die Russen umgekehrt ukrainische Kriegsgefangene oder irgendein Zivilist der über die Straße rennt erschossen wird weil man halt gar nicht erst abwarten will mit der Identifizierung auf was man da schießt ?! Es liegt in der Natur der Sache selbst, dass Kriegsverbrechen geschehen müssen.

Und auch deutsche Soldaten der Bundeswehr würden in einem ernsthaften massiven Krieg dann anfangen Kriegsverbrechen zu begehen.

Und jetzt beschließend mal frei von jeder Moralischen Betrachtung der Sache: Kriegs"verbrechen" (als ob nicht JEDER ernsthafte Krieg selbst nicht auch schon immer ein Verbrechen wäre!) sind meiner Auffassung nach vor allem deshalb problematisch, weil sie die Kampfkraft negativ beeinträchtigen. Sie müssen daher vor allem auch aus rein praktischen Gründen so weit wie möglich unterbunden werden. Zudem nehmen sie Einfluss auf die strategische Lage, und beeinflussen damit den Willen des Gegners.

Da Krieg ein Zweikampf zweier Willen ist, sind Kriegsverbrechen deshalb ablehnenswert, weil sie sich positiv für den Gegner auswirken und dessen Willen stärken. Zudem ermöglichen sie es dem Gegner Unterstützung von außerhalb zu mobilisieren. Wie dieser Mechanismus perfekt funktioniert sieht man ja gerade am vorliegenden Beispiel in der Ukraine. Andererseits wird jeder ernsthafte Krieg verunmöglicht und man verliert militärisch, wenn man ALLES immer vermeidet, was heute als Kriegsverbrechen tituliert wird. Beispielsweise der Beschuss und die Zerstörung ziviler Infrastruktur sind zwingend notwendig (weshalb auch die Ukrainer auf diese nach Belieben feuern). Da bestimmte militärische Handlungen die heute als Kriegsverbrechen angesehen werden also militärisch absolut notwendig sind, wirft das die Frage auf, wie man verhindern kann, dass der Feind diese exploriert.

Auch dafür bietet der Ukrainekrieg viele lehrreiche Beispiele. Man muss versuchen ein entsprechendes Narrativ hochaktiv zu gestalten, damit dann weitere anders lautende Informationen aufgrund des Bestätigungsfehler bei der Wahrnehmung derselben entsprechend dieses Narratives interpretiert und eingeordnet werden. Dieses Narrativ zu kreiieren ist der Ukraine perfekt gelungen und es ist bewunderswert was hier seitens der Ukraine damit strategisch erreicht wurde.

Das geht ja jetzt so weit, dass ukrainische Kriegsverbrechen selbst da wo sie bekannt werden einfach gar keine Rolle mehr spielen und vollständig ignoriert werden (können). Damit hat die Ukraine praktisch real mehr Handlungsfreiheit in der Anwendung der militärischen Mittel bzw. erhält Russland Nachteile wenn es seine militärischen Mittel genau so frei einsetzt wie das die Ukraine tut.

Der größte Teil aller Kriegsverbrechen ist daher vor allem anderen ein rein praktisches militärisches Problem dahin gehend, dass die mediale Explorierung derselben auch nur ein Mittel der Kriegsführung ist. Es verbleibt der kleine Teil von außergewöhnlichen Taten welcher tatsächlich negativ zu werten ist, auch in seiner unmittelbaren militärischen Wirkung, und daher mit aller Gewalt unterbunden werden muss.


RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 04.04.2022

@Quintus
Zitat:Der Medienkrieg in der Dritten Welt und vielen Schwellenländern sieht übrigens ganz anders aus, aber das nützt natürlich nichts für unsere Problemstellung, wie wir mit Russland je wieder zu einer halbwegs vernünftigen Koexistenz kommen wollen.
In der Tat. Ich schaue mir gerne auch mal afrikanische Meldungen an, und hier ist doch erstaunlich, wie viele afrikanische Länder sich noch an die frühere Unterstützung seitens der Sowjets (wobei das natürlich meistens Waffenlieferungen waren im Kontext irgendwelcher blutrünstiger ethnischer oder rohstoffspezifischer Streitereien) erinnern und daraus ableiten, sich auch entweder unverhohlen oder dezent prorussisch zu positionieren.

Gerade auch bspw. der Sudan - wo immer noch Gerüchte über den Bau einer russischen Militärbasis kursieren - steht auf Seiten der Russen. Auch in der Zentralafrikanischen Republik und in Mali machen sich Sympathien für Moskau breit. Auch bei der (unverbindlichen) UN-Resolution 68/262 Anfang März, wo 141 Länder Russlands Angriff verurteilten, haben viele afrikanische Staaten sich interessanterweise schlicht enthalten, u. a. Sudan und Südsudan, Uganda, Tansania, Angola, Südafrika, Algerien, Namibia etc. Aber es ist die Frage, ob diese Länder denn wissen, dass sie mit russischer Hilfe derzeit nicht rechnen und sich auch nicht ernähren werden können, allenfalls haben sie Munition, um ihre inneren und äußeren Feinde zu bekämpfen.
Zitat:1. Russland "verliert" diesen Krieg - dann wird die zwingende Folge ein Folgekrieg sein - und das russische Volk selbst wird diese Revanche mit aller Macht fordern und sie dem geben, der ihr diese Revanche zusichert.
In diesem Fall wird das System Putin fallen und es werden noch deutlich radikalere Kräfte an die Macht kommen. Ein weiterer ernsthafterer Krieg wird dann einige Jahre später stattfinden dessen Ausgang und Verlauf völlig unkalkulierbar sind. In diesem Szenario wird Russland aber nicht das Anhängsel von China. Andererseits ist ein weiterer Krieg dann unvermeidbar.
Es könnte allerdings auch sein, dass nach einer "Niederlage" nicht zwingend radikalere oder gar bspw. faschistischere Kräfte als Putin an die Macht kommen (obgleich ich dies auch vermute, siehe meinen 1917-Vergleich vor einigen Tagen), sondern z. B. gemäßigtere Kräfte aus der zivilen Basis, aus dem Oligarchentum oder aus dem Militär. Oder eine "Niederlage" und ein Sturz Putins ziehen einen erbitterten internen, jahrelangen Kampf zwischen Radikalen und Reformern nach sich, der das Land auf Jahre hinaus lähmt und aus dem internationalen Alltag hinauskegelt. Und dabei wäre es nicht mal zwingend so, dass ein Folgekrieg gegen die Ukraine entsteht, sondern man müsste sich wohl mehr Sorgen machen, wo überall russische Atomwaffen in wessen Händen landen könnten.

Ggf. sehen wir sogar eine Wiederholung des Bürgerkrieges zwischen Weißen und Roten - wobei, dass muss man auch erwähnen, westliche Mächte in diesen interveniert hatten (wenngleich mit wenig Erfolg) gegen die Bolschewisten. Nur eben sind es dieses Mal keine "Weißen" und "Roten", sondern "Putinisten", "Monarchisten", "Nationalisten", "Faschisten", "Militärs" und wohl auch der eine oder andere "Kommunist". Und gut möglich, dass der Westen in fünf Jahren dann intervenieren muss zu Gunsten einer Fraktion, um zu verhindern, dass "Faschisten" an Atomwaffen kommen.
Zitat:2. Russland kann nach Innen ausreichend zeitnah einen "Sieg" verkaufen, beispielsweise weil der Donbass gesamt unter russische Kontrolle gerät und die Ukraine erklärt Neutral zu bleiben etc. Dann wird das System Putin trotzdem derart straucheln, dass die Russen zum Juniopartner der Chinesen werden und völlig abhängig von diesen. Da China kein Interesse daran hat wenn ein Folgekrieg ausbricht wird es seine Hilfestellung von einem Ausbleiben desselben abhängig machen. Zudem wird der Revanchegedanke im Volk nicht so stark ausfallen. Entsprechend kommt kein weiterer russischer Angriff auf die Restukraine.

3. Russland zieht die Sache bis zum bitteren Ende durch und zerstört die Ukraine mit allen Mitteln und sich selbst dabei gleich weitgehend mit. Das Risiko für eine weiterreichende Eskalation steigt dabei auch ständig immer weiter an. Zugleich kann es völlig unkalkulierbare Fernwirkungen geben, von einem Zusammenbruch Ägyptens über einen Zusammenbruch der Wirtschaft in Deutschland bis hin zum Militärputsch in Russland, dem Einsatz von Nuklearwaffen gegen die Ukraine usw usf In diesem Fall wird der Schaden für Europa ebenfalls immens sein und schlußendlich wird das System Putin ebenfalls dadurch fallen und wir sind wieder bei 1.
Ich erachte Punkt 2 als eine der wahrscheinlicheren Lösungen. Zwar wird die deutsche Wirtschaft nicht zusammenbrechen - wie unter Punkt 3 gemutmaßt -, aber dass Ägypten und andere Staaten in Nahost so oder so ein gewaltiges innenpolitisch-gesellschaftliches Problem haben werden, ist sehr, sehr wahrscheinlich (siehe bereits aktuelle Entwicklungen bzgl. Nahrungsmittelpreisen). Auch die mediale Propagandapräsentation des Ukraine-Krieges innerhalb Russlands als einen das Regime stabilisierenden "Erfolg", wenn man denn nur den Donbass mit einigen Mühen absichert, erscheint durchaus plausibel. Und dass das System Putin (egal auch, wer ihn dann beerbt) sich dann gezwungenermaßen an China anlehnen wird, was zu entsprechender Abhängigkeit führen dürfte - und die wirtschaftlich pragmatisch denkenden Chinesen werden dann dem schwächeren Partner auch ganz klar sagen, was sie von möglichen Alleingängen und militärischen Abenteuern halten -, ist dann auch eher wahrscheinlich.
Zitat:Es stehen ja nur ca. 150.000 Russen gegen ca. 600.000 Ukrainer die immer weitergehender mit westlichen Waffen vollgemüllt werden.
Naja, die Rechnung kannst du so nicht ganz aufmachen. Die stehen sich nicht eins zu eins gegenüber. Aber in der Tat dürften die Ukrainer sogar mindestens genauso viele Truppen gehabt haben, wie die Russen zur Invasion aufgeboten hatten (ca. 200.000). Und wenn man nun bedenkt, dass ein Angreifer normal mehr Truppen als ein (nicht durch Sanktionen geschwächter) Verteidiger aufbieten sollte, so fragt man sich schon, wer im Kreml eigentlich am Rechenschieber saß. Oder man war einfach geblendet von der eigenen "Großartigkeit". Irgendwelche anderen Unbilden (Schlammperiode, westliche Hilfe, schlechte Taktik, altes Gerät, unzureichende Logistik und eine am Boden liegende Moral) mal außen vor gelassen.

Schneemann