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Russland vs. Ukraine - Druckversion

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RE: Russland vs. Ukraine - Facilier - 01.04.2022

(01.04.2022, 16:34)Nightwatch schrieb: Nach meinem Dafürhalten sehen wir den kompletten Zusammenbruch der Nordfront gegen Kiew. Das hat sich abgezeichnet und kommt für mich nicht überraschend.

Mit dem Angriff Steiners wird das alles wieder in Ordnung kommen.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 01.04.2022

Werter Nightwatch:

Zitat:Ich habe hier schon am Mittwoch vor einer Woche geschrieben, dass die Ukrainer an der Westflanke des Vorstoßes soviel Druck aufbauen, dass eine Einkesselung der Russischen Verbände im Raum Irpin durch Kappung der wenigen Verbindungsstraßen bei Iwankiv über den Teteriw möglich ist und eine Kollabierung der kompletten Nordwestfront möglich ist.

An dieser Stelle sollte ich anmerken, dass ich zu diesem Zeitpunkt deine Ausführungen für unrealistisch angesehen habe und hier schrieb, dass es nicht so kommen wird. Zu diesem Zeitpunkt war auch noch eine Menge russischer Artillerie vor Ort und das Artilleriefeuer erheblich. Die Russen ersetzten da Truppen und Bewegung durch Feuer, sind doch alle drei Faktoren gegeneinander verrechenbar.

Nun ist in den letzten Tagen das russische Artilleriefeuer erlahmt, wie ebenfalls von dir vorher gesagt - offenkundig hat das logistische Gründe. Damit war der Raum nicht mehr zu halten, da die Truppen dafür zu stark ausgeblutet waren und eben kein Artilleriefeuer als Substitut für Truppenzahl und/oder Bewegung mehr aufrecht erhalten werden konnte.

Ich finde diesen Krieg derart spannend und faszinierend, vor allem auch weil ich mich jetzt schon mehrfach geirrt habe in meinen Annahmen über das was da als nächstes geschieht bzw. was die Russen leisten können und was nicht. Das aktuelle Geschehen nordwestlich von Kiew ist gerade so ein Fall. Die ukrainischen Stellungen am Fluss Irpin entlang waren gut, ich habe nicht erwartet dass der Russe sie nehmen kann. Aber umgekehrt hätte ich noch vor wenigen Tagen ausgeschlossen, dass umgekehrt die Ukrainer die Irpin Linie nehmen können.

Ich ging fest davon aus, dass die Russen zumindest in der Defensive bzw. in einem Stellungskrieg mit ihrer Artillerie die Linien halten könnten und dass sie die Versorgung ihrer Artillerie in den Griff kriegen würden. Stattdessen wie von dir vorher gesagt der Totalzusammenbruch der russischen Front in diesem Abschnitt.

Das ist einfach spektakulär ! Es ist wirklich sehr lehrreich für mich, wie ich mich dermaßen hier geirrt habe.

Schneemann:

Zitat:d. h. wohl grob 20% bis 25% je der Panzerfahrzeuge und Mannschaften, die dort an- und eingesetzt wurden. Das ist vergleichsweise viel, aber im Grunde nicht ausreichend, um eine halbwegs funktionierende Armee zu einer derartigen Flucht zu nötigen.

Rein militärwissenschaftlich brechen die meisten Armeen bei ca. 1/5 bis 1/4 Verluste in sich zusammen, ebenso die meisten Kampfverbände. Das ist ganz normal. Es gibt in der Kriegsgeschichte viele Streitkräfte die schon bei geringeren Verlusten kollabiert sind, und nur sehr selten welche (wie die kaiserlich japanische Armee) welche Verluste weit über das genannte Maß einstecken konnten.

Dessen ungeachtet ist die Frage, ob die Verluste im Raum Kiew überhaupt diese Schwelle erreicht haben, oder ob sie niedriger waren oder ob sie sogar höher waren. Das ist alles höchst unklar. Unabhängig davon ist die russische Kampfmoral anscheinend auf dem Tiefpunkt angekommen, so dass trotz überlegener Artillerie selbst in der Defensive nichts mehr erreicht werden konnte.


RE: Russland vs. Ukraine - Facilier - 01.04.2022

(01.04.2022, 20:57)Quintus Fabius schrieb: An dieser Stelle sollte ich anmerken, dass ich zu diesem Zeitpunkt deine Ausführungen für unrealistisch angesehen habe und hier schrieb, dass es nicht so kommen wird.

Nun, bedenke:
Die Moral war vorher schon im Keller, als man noch (halbwegs) in der Offensive war. Dass diese vollständig zusammenbrechen "muss", wenn dann auch noch ein Rückzug angeordnet wird bzw. man zurückgedrängt wird, ist fast schon ein Automatismus oder? Es wäre jedenfalls zutiefst menschlich. Wo soll jetzt noch die Kraft für irgendeine Disziplin herkommen?


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 01.04.2022

@ Schneemann
Ukrainer in Ivankiv:
https://twitter.com/jphilli88/status/1509959612388327427
https://twitter.com/TWMCLtd/status/1509956415296835586

Diese Karte stellt ungefähr die Situation da, wobei die Ukrainer jetzt auch in Bucha und Hostomel stehen. Da sind keine russischen Verbände mehr.
https://twitter.com/mhmck/status/1509861844432961536/photo/1
Alternative:
https://twitter.com/War_Mapper/status/1509909297207070727
Die Frage ist jetzt, ob jetzt noch größere russische Verbände im Raum Südlich von Ivankiv verblieben sind oder ob sie (die überlebenden) mobilen Verbände alle rechtzeitig rausbekommen haben. Mindestens viel Material wird aber aufgegeben worden sein.

Für mich sieht das nach einem mehr oder weniger geordneten Rückzug aus, die Masse der russischen Verbände ist jetzt definitiv nicht überrannt worden, mindestens die Nachhut ist aber von den nachrückenden Ukrainern angegriffen und teils aufgerieben worden.

Wie gesagt, mich wundert dieser Rückzug nicht. Es mag ja sein, dass irgendwie X Verbände mit Y Panzerfahrzeugen im Raum vor Irpin gestanden haben. Nur standen die da halt am Ende einer 100km langen Nachschubroute über nicht viel mehr als eine größere Straße und ein paar bessere Waldwege.
Vier Wochen steht man dann da, das mit dem Umfassungsversuch war effektiv nach der ersten Woche gelaufen nachdem sich die Vorstöße südwestlich von Irpin festgefressen hatten.
Nachschubsituation dann bekanntermaßen schlecht – mit zu wenig Munition und Treibstoff wird maximal die Stellung gehalten. Wetter dann wahlweise zu kalt oder zu schlammig, Brücken über den Iprin gesprengt, massig motivierte Infanterie schon in den Vororten, exorbitante Verluste und für Kiev hätten die Kräfte eh nie gereicht – die Initiative lag damit effektiv seit der zweiten, spätestens seit der dritten Kriegswoche bei den Ukrainern.

Und die haben sich halt nicht bitte lassen und in den letzten Wochen an der Westflanke des Vorstoßes / der Versorgungslinie mit immer mehr Kräften Druck aufgebaut. Die Russen hatten dann noch versucht die Lage mit Vorstößen nach Westen zu stabilisieren, aber diese Vorstöße sind mit bestenfalls minimalen Geländegewinnen schnell zusammengebrochen.
Am Ende ist es dann einfach eine Frage der geographischen Gegebenheiten. Egal wie viele Einheiten die Russen um Hostomel stehen hatten – der Nachschub läuft ziemlich singulär über Ivankiv. Dort verläuft die einzige vernünftige, russisch kontrollierte Straße nach Weißrussland und die Ukrainer standen in den Dörfern westlich davon schon in Artilleriereichweite (die sie wohl nicht hatten).
Da man das Äquivalent von ein paar Brigaden im dauerhaften Gefecht nicht über ein paar matschige, mit SOF verseuchte Waldwege versorgen kann, dürfen die Ukrainer die Straße bei Iwankiv halt keinesfalls unterbrechen. Oder gerne halt auch weiter nördlich. Nachschubkonvois zusammenzuschießen bekommt halt auch jede bessere Heimwehr hin und geeignete Munition fließt ja aus der Westukraine mittlerweile in Masse zu.

Insofern – was will man machen. Oder besser: Was wollte man überhaupt noch dort?! Die Kräfte sind zur Einnahme von Kiew völlig unzureichend, Umfassung ist genauso ausgeschlossen, eigene Ausfälle mittlerweile erheblich, Versorgungslage kritisch und die Flanken sind hart bedrängt. Der Abzug ist nur folgerichtig. Einzig erstaunlich, dass sich auf russischer Seite jemand gefunden hat, der diesen Rückzug befehlen konnte.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 01.04.2022

Parallel zum Rückzug aus dem Raum um Kiew haben die Russen im Osten angeblich Izyum eingenommen:

https://mil.in.ua/en/news/the-russians-are-controlling-izyum-general-staff-of-the-ukrainian-armed-forces/

https://liveuamap.com/en/2022/1-april-russian-troops-captured-izyum-town-in-kharkiv-region

Das gefährdet etliche ukrainische Verbände in der Ostukraine. Und die folgende Live Karte hatten wir auch schon länger nicht mehr:

https://liveuamap.com/

Zudem für heute beschließend noch ne Analyse:

https://www.theatlantic.com/ideas/archive/2022/03/russia-ukraine-invasion-military-predictions/629418/

Good equipment and clever doctrine reveal little about how an army will perform in a war.



RE: Russland vs. Ukraine - voyageur - 02.04.2022

Zitat:@Facilier -
Die Moral war vorher schon im Keller, als man noch (halbwegs) in der Offensive war. Dass diese vollständig zusammenbrechen "muss", wenn dann auch noch ein Rückzug angeordnet wird bzw. man zurückgedrängt wird, ist fast schon ein Automatismus oder? Es wäre jedenfalls zutiefst menschlich. Wo soll jetzt noch die Kraft für irgendeine Disziplin herkommen?


Ich würde da sehr vorsichtig sein. Manchmal reicht schon eine warme Suppe, um die Moral wieder zu verbessern.

Die Russen haben den Rückzug rund um Kiev anscheinend gut durchgezogen. Rückzugskämpfe gehören zu den schwierigsten Standardsituationen einer Truppe, also Vorsicht vor zu schellen Urteilen.

Das zurückgelassene Material zählt nicht, das kann schon seit einiger Zeit zerstört oder kaputt sein.Und ich bin mir nicht sicher ob unsere Truppen diese Schlammschlacht so viel besser durchgezogen hätten.


RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 02.04.2022

Es dürfte auch interessant sein und werden, wie sich andere bzw. Drittstaaten positionieren. Die zentralasiatischen ehemaligen Sowjetrepubliken rudern ja schon langsam weg von Moskau, da sie eben ein Interesse daran haben, mit dem Westen weiterhin Geschäfte machen zu können. Peking laviert herum und stellt sich einerseits teils demonstrativ an die Seite Moskaus, lässt dann aber wiederum wenig Taten folgen, zumal man ja auch nicht so wirklich glücklich ist, dass die "neue Seidenstraße" in Mitleidenschaft gezogen wird. Zudem will man auch in China den Westen als Handelspartner nicht verlieren (aus den USA und der EU gab es da schon deutliche Hinweise).

Spannend auch, welchen Weg Indien beschreiten wird...
Zitat:Tauziehen um Indien

Richtung Osten - oder Westen?

Indien vermeidet eine Positionierung gegenüber dem Ukraine-Krieg. Doch der Druck auf das Land steigt - Minister aus Ost und West geben sich in Neu-Delhi die Klinke in die Hand. Vorerst genießt Indien die Aufmerksamkeit. [...]

"Wir sind alte Freunde und gute Partner" sagt der russische Außenminister Lawrow bei einer Pressekonferenz in Neu-Delhi. "Unser Treffen findet in einem schwierigen internationalen Umfeld statt" - das sind die sehr diplomatischen Worte des indischen Außenministers Jaishanker. [...] Aber der russische Außenminister ist ohnehin nicht nach Indien gekommen, um über den Krieg in der Ukraine zu diskutieren. Der ja ohnehin nicht existiere, das hat Lawrow auch in Neu-Delhi nochmal betont - Russland führe ausschließlich eine militärische Operation dort durch: "Sie kennen unsere Haltung, wir verstecken nichts und wir begrüßen es sehr, dass Indien sich der Fakten bewusst ist und sich nicht auf eine Seite schlägt." [...]

Indien hat sich bislang bei allen Resolutionen enthalten und den russischen Krieg in der Ukraine nicht verurteilt. Denn Indien ist vor allem militärisch abhängig von Moskau, die meisten Waffen aus dem Arsenal der indischen Armee kommen aus Russland. [...] Aber der russische Außenminister ist vor allem nach Indien gekommen, um andere Geschäfte zu auszuhandeln. [...] Es soll um Öl gehen, das Russland zu Discounterpreisen anbietet. Und auch um Kohle. [...] Dann kommt noch die Frage, mit welcher Währung die Deals abgeschlossen werden. Die USA haben Indien gewarnt, es werde Konsequenzen für das Land haben, wenn lokale Zahlungstransaktionen ins Spiel kämen, die die US-Sanktionen gegen Russland unterlaufen würden. [...]

Indien beuge sich keinem Druck, von keiner Seite, sagt Sharma. Kein Land der Welt stelle seine nationalen Interessen hinten an. Und insgeheim, so sagt er, genieße Indien sogar die große internationale Aufmerksamkeit.
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/indien-russland-ukraine-101.html

Diese Staaten müssen sich natürlich auch darüber im klaren sein, dass ihnen ihre eigene Politik auf die Füße fallen könnte. Wenn man sich nun nicht dazu durchringen kann, einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg als solchen zu benennen, so kann es durchaus sein, dass, wenn einmal Indien oder China ein derartiges Problem haben, der Rest des Planeten in der UN sich auch nicht dazu durchringen kann, das Problem beim Namen zu nennen. Und sowohl Indien als auch China haben keine ruhigen Grenzen bzw. beäugen sich ja selbst gegenseitig sehr kritisch, teils feindselig...

Weiterhin: Im Kontext der russischen Absetzbewegungen scheint es wohl so zu sein (zumindest bislang gemäß ukrainischer Quellen), dass die von Russland geräumten Gebiete gezielt (d. h. unabhängig von den Kämpfen) und unnötig stark verwüstet und auch mit Sprengfallen gepflastert wurden und werden. Quasi also eine Art verminte und "verbrannte Erde". Sollte das stimmen, so wäre es ein weiterer Beleg dafür, dass die russische Armee eben nicht hastig flüchtet, sondern zuvor sich noch die Zeit nimmt, das Gelände "unbrauchbar" zu machen. Und es wäre übrigens ein klarer Völkerrechtsbruch bzw. Bruch der Haager Landkriegsordnung...
Zitat:Ukraine war: Russia creating 'complete disaster' with mines around homes and corpses, President Zelenskyy warns

The Ukrainian president was speaking early on Saturday as Russian troops continued to withdraw from areas around Kyiv. [...] Russian forces are creating "a complete disaster", leaving mines around homes and even corpses, Ukraine's president has said. [...] "They are mining homes, mining equipment, even the bodies of people who were killed. There are a lot of trip wires, a lot of other dangers." [...]

Russia said earlier this week that it would reduce military activity around the Ukrainian capital and the northern city of Chernihiv, claiming this would increase trust between both sides at peace talks.
https://news.sky.com/story/ukraine-war-russia-creating-complete-disaster-with-mines-around-homes-and-corpses-zelenskyy-warns-12580120

Schneemann


RE: Russland vs. Ukraine - Broensen - 02.04.2022

Kurzes OT dazu:

Ich erwarte eigentlich, dass sich die zentralasiatischen Staaten zunehmend an China orientieren werden, was von Peking ja bereits seit einiger Zeit vorangetrieben wird. Wenn jetzt Russland an militärischem und wirtschaftlichen Einfluss verliert, wird sich der Trend fortsetzen und letztendlich auch Russland selbst treffen. Das Zentrum der östlich-autoritären Welt verschiebt sich einfach nur. Indien stellt aus westlicher Sicht meiner Meinung nach hier die große Chance dar, diese Entwicklung in Grenzen zu halten und gleichzeitig die eigenen Abhängigkeiten von China zu verringern, indem wir unsere verlängerte Werkbank auf den Subkontinent verlegen.
Daher sollte man jetzt verstärkt darauf setzen, Indien aus der Abhängigkeit von Russland zu befreien. Ich bin generell kein Freund von Rüstungsexporten außerhalb eigener Bündnissysteme, aber Indien wäre mir da deutlich lieber als die arabischen Länder, sofern Indien sich dann auch wirklich von Russland löst. Tut man das jetzt nicht, sehe ich die Gefahr, dass Russland bei seinem anstehenden Absturz Indien hier mit sich reißt. Je stärker die Abhängigkeit Moskaus von Peking werden wird, desto weniger kann die Kooperation mit Russland Indien gegen China schützen.


RE: Russland vs. Ukraine - Facilier - 02.04.2022

https://michaelrasche.eu/putin/

Eine interessante Analyse von Putins Ideologie und Denken anhand seiner eigenen Texte, Aussagen und der Vordenker, auf die er immer wieder Bezug nimmt.


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 02.04.2022

Impressionen

Die Panzer einer kompletten BTG steht im Raum Irpin zerstört am Straßenrand
https://twitter.com/OzKaterji/status/1510281020712624133

Ukrainische Truppen auf dem Flugplatz Hostomel
https://twitter.com/COUPSURE/status/1510327264566726657

Die Ukrainer melden 280 aufgesammelte tote Zivilisten allein in Bucha, etliche offensichtlich hingerichtet (graphic)
https://twitter.com/visegrad24/status/1510316881340780549

Austausch von Kriegsgefangenen - den weiblichen Soldaten wurden die Haare abgeschnitten
https://twitter.com/gil_iryna/status/1510248492631011328

Überholung russischer Beutefahrzeuge durch Ukrainer:
https://twitter.com/Arslon_Xudosi/status/1509972600235216903

Grabenkrieg, 21st century edition
https://twitter.com/seth_hettena/status/1510312246051672066

Tschernobyl wieder Ukrainisches Territorium
https://twitter.com/InnaSovsun/status/1510320581773774849


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 02.04.2022

Und mal noch ein Insider: ich hatte heute mal wieder Kontakt mit meinen Freunden im Fernen Osten und sie wurden jetzt verlegt. Sie gingen davon aus, dass es für sie auch in Richtung Ukraine gehen würde, stattdessen wurden sie auf die Kurilen verlegt, wo anscheinend ein größeres Manöver stattfindet. Es wird alles immer seltsamer.

Und noch ein interessantes Fundstück: Da ich ja immer Strelkov folge bin ich darüber gestolpert wie er davon berichtet, dass russische Berufs- und Zeitsoldaten einfach den Dienst quittieren und kündigen wenn sie in die Ukraine verlegt werden sollen. Was legal möglich ist, da Russland sich ja nicht im Krieg befindet und sie daher einfach völlig legal kündigen und die Armee verlassen können. Wenn er davon öffentlich spricht, muss es ein ernsthaftes größeres Problem sein

https://twitter.com/kamilkazani/status/1509979072365056008


RE: Russland vs. Ukraine - Ottone - 03.04.2022

Die Weigerung für einen Einsatz in der Ukraine betrifft gleichermassen Rosgvardia, was dann eine Entlassung zur Folge hat gegen die nicht wenige (200+) laut Meduza nun klagen. Die Begründing ist die gleiche: Weil es (ganz bewußt) aus juristischer Sicht kein Krieg in der Ukraine ist dürfen Rosgvardia Mitglieder nicht zu diesem Einsatz gezwungen werden - sonst wäre das für die Dauer von 6 Monaten zulässig.


RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 03.04.2022

Hinweis darauf, dass die Russen bei ihrem Abzug nicht nur die Taktik der verbrannten Erde anwenden, sondern dass sie auch zahlreiche andere Kriegsverbrechen begangen haben. In der 25.000-Einwohner-Stadt Bucha, etwa 30 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Kiew, sollen nach der Rückeroberung über 200 Leichen gefunden worden sein...
Zitat:‘They were all shot’: Russia accused of war crimes as Bucha reveals horror of invasion

Ukrainian forces liberating the town near Kyiv find streets littered with corpses of civilians and burned-out Russian tanks. [...] As Ukrainian armoured columns rolled into Bucha, a town north-west of the capital, they found streets blocked by burned-out Russian tanks and military vehicles, and strewn with the bodies of civilians whom locals said had been killed by the invading forces without provocation. [...]

Reporters from Agence France-Presse saw at least 20 bodies, all in civilian clothing, strewn across a single street in Bucha, and the body of a missing Ukrainian photographer, Maksim Levin, was discovered in a nearby village. [...]

One had his hands tied behind his back with a white cloth, and his Ukrainian passport left open beside his corpse, said journalists who accessed the ravaged town. “All these people were shot,” Bucha’s mayor Anatoly Fedoruk told AFP, adding that 280 other bodies had been buried in mass graves in the town. “These are the consequences of Russian occupation.” Ukrainian soldiers in Bucha, who were welcomed warmly by residents of the town, attached cables to the bodies and pulled them off the street for fear they may be booby-trapped.
https://www.theguardian.com/world/2022/apr/03/they-were-all-shot-russia-accused-of-war-crimes-as-bucha-reveals-horror-of-invasion

Minengefahr vor den Küsten: Durchaus realistisch, bereits vor einigen Tagen haben rumänische Marineeinheiten Treibminen im Schwarzen Meer unschädlich gemacht (u. a. hier: https://www.reuters.com/world/europe/romania-tries-defuse-mine-found-floating-off-black-sea-coast-2022-03-28/). Ob das nun nur alleine russische Minen sind, sei mal dahingestellt, auch die Ukrainer haben Defensivsperren vor bspw. Odessa geworfen - schon vor Wochen...
Zitat:+++ Liveticker +++

Britischer Geheimdienst warnt vor Seeminen im Schwarzen Meer

Der britische Geheimdienst berichtet, ein Angriff russischer Truppen über See sei unwahrscheinlich. Die russischen Seestreitkräfte würden sich bei einer Landung einem hohem Risiko aussetzen, da die ukrainische Armee genügend Zeit zur Vorbereitung gehabt habe. Der Geheimdienst warnt vor Minen im Schwarze Meer und im Asowschen Meer. Diese seien wahrscheinlich russischen Ursprungs.
https://www.n-tv.de/politik/08-03-Britischer-Geheimdienst-warnt-vor-Seeminen-im-Schwarzen-Meer--article23143824.html

Dazu auch:
Zitat:Is There A Serious Sea Mine Threat In The Black Sea?

The threat of sea mines reportedly first appeared after an Estonian general cargo ship sank after colliding with a sea mine off the coast of Odessa. Four crew members are still missing after the explosion. [...]

Two weeks after this incident, on March 18, the Russian coastal station Novorossisiyk issued a disturbing NAVTEX message (Navigational telex – an international service providing navigational and meteorological warnings and forecasts) stating that mines anchored by Ukrainian naval forces near the port of Odesa had loosened their chains due to stormy weather. The Novorossisiyk station claimed that about 420 sea mines were floating on the water and accused Ukraine of violating the provisions of the 1907 Hague Convention. [...]

Laying hundreds of sea mines takes a long time because it’s a delicate activity, and Ukrainian ships cannot lay mines while the Russian fleet monitors the area 24 hours a day. Other methods of laying mines are aircraft or submarines, but even these are impossible as Ukraine doesn’t have these capabilities. Perhaps Ukraine laid a few mine lines quickly and carelessly with a tug or other small ship, but laying 420 mines seems almost impossible. [...]

At 9:30 a.m. local time on March 26, a MILCO (mine-like contact) was detected by a Turkish fishing vessel in the anchorage area near the entrance to the Strait of Istanbul, and the MILCO’s position was reported to the Turkish Coast Guard. Coast Guard vessels proceeded to the area and established a security zone to prevent unwanted entry. Subsequently, a Turkish Navy-affiliated underwater defence team (UDT) secured the MILCO on shore and began an investigation.
https://www.navalnews.com/naval-news/2022/03/opinion-is-there-a-serious-sea-mine-threat-in-the-black-sea/

Zu den russischen Versuchen, Rekrutierungen in Syrien vorzunehmen:
Zitat:In Syria, Russia leads effort to recruit fighters for Ukraine

Analysts say Moscow has been recruiting Syrian fighters through its mercenary network and local groups.

Beirut, Lebanon – Even after a decade of civil war, Syrians have been trying to find a way out of the country to fight in another. Moscow through the mercenary company the Wagner Group and supported Syrian fighter groups have been recruiting men to fight alongside Russian troops in Ukraine. Thousands across the war-torn country have reportedly expressed an interest in signing up. [...]

“Moscow is taking the lead with recruitment,” Omar Abu Layla, a Syrian activist based in Europe who runs Syrian media and monitoring group Deir EzZor 24, told Al Jazeera. “If you see it as a hierarchal structure, you have Russia at the top, then the Wagner Group, then the National Defence Forces,” he explained, the latter being a network of private pro-government fighter groups. Russian President Vladimir Putin announced in March that he will approve up to 16,000 fighters from the Middle East to deploy in Ukraine’s Donbas region to support Russian-backed rebel groups. [...]

Russian defence-ministry-owned Zvezda TV broadcast a video of Syrian men in military garb, waving Syrian and Russian flags, pledging to fight alongside Russian forces in Ukraine. [...] A fighter in Homs with the recently disbanded Russia-backed group Desert Hawks Brigade said its leader, Mohamad Jaber, has been contacting former fighters to regroup and support Russia’s war in Ukraine. He accepted Jaber’s request. The Desert Hawks was considered one of Syria’s two most significant and ruthless fighter branches in the military. It has taken part in key offensives in Aleppo, Palmyra, Lattakia, and Deraa to keep President Bashar al-Assad in power. [...]

One recruiter claimed in a post that volunteers deployed to Syria will be paid a monthly salary of 1,500 euros (US$1,657), have all their personal expenses covered, and will receive a 50,000 euro ($55,235) lump sum at their end of service. “I want to sign up, please somebody help me,” one middle-aged man said in the comment section. However, a young man on the page, dressed in military garb in his photo, said this recruiter was a fraud. [...] Some analysts are sceptical about the recruitment process and whether Russia will deploy armed Syrians in Ukraine anytime soon. [...] No Syrian fighters have reached Ukraine yet. [...] That said, not all Syrians are interested in fighting a new war, after more than a decade of conflict in their own country that has killed hundreds of thousands of people and displaced millions. Some say despite Russia’s crucial military support to the Syrian government, Ukraine is not a war for them to fight.
https://www.aljazeera.com/news/2022/4/1/in-syria-moscow-leads-effort-to-recruit-fighters-for-ukraine

Es scheint wohl also so, als wenn bislang die Rekrutierungsbemühungen nicht sonderlich erfolgreich waren und zudem teils unter fadenscheinigen Versprechen, ja beinahe Bestechungsversuchen, erfolgen. Und auch wenn bislang wohl keine Syrer in der Ukraine aufgetaucht sind, so frage ich mich, wie es denn überhaupt im russischen Selbstverständnis funktionieren sollte - man definiert sich ja auch als christliches Bollwerk gegen z. B. die radikalen Islamisten im Kaukasus -, wenn man nun Muslime für sich und gegen die christlichen Ukrainer kämpfen lassen würde...

Schneemann


RE: Russland vs. Ukraine - hunter1 - 03.04.2022

@Schneemann
Keine Sorge, die Tschetschenen sind allesamt Muslime. Und von denen werden viele in der Ukraine eingesetzt.


RE: Russland vs. Ukraine - voyageur - 03.04.2022

Ukraine 03. April: "Rückzug, Rückzug, Umverteilung?"
Theatrum belli (französisch)
von Stéphane AUDRAND
3. April 2022
[Bild: https://theatrum-belli.com/wp-content/uploads/2022/04/UKR-carte-030422-696x443.jpeg]
Die russischen Streitkräfte evakuieren den Norden der Ukraine unter relativ guten Bedingungen. Das Rückzugsmanöver ist eines der heikelsten: Selten von langer Hand geplant, unter Druck und zwangsläufig vor dem Hintergrund verminderter Mittel, Müdigkeit und einer unorganisierten Führung durchgeführt, kann es zu einer Niederlage führen, wenn es schlecht ausgeführt wird und der Gegner die Gelegenheit nutzt, um es erfolgreich auszunutzen. Bisher ist dies nicht der Fall: Die ebenfalls verschlissene ukrainische Armee besetzt die Positionen vorsichtig wieder.

Die nordwestliche Achse von Kyiw (1) war die operativ schwierigste. Da es keine Eisenbahnlinie gab, konnten sich die russischen Streitkräfte dort nicht dauerhaft halten.

Nordöstlich der Hauptstadt (2) zogen sich die russischen Streitkräfte zurück, ohne jedoch den Druck auf Tschernihiw, einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt, dessen Verteidigung zum Scheitern der russischen Offensive im Norden beigetragen hatte, zu lockern. Weiter im Osten (3) (4) wird der Rückzug entlang der Nachschubachsen ebenfalls von Verzögerungsstellungen begleitet. Die Gefahr eines "Kollapses" des russischen Korps scheint gebannt. Um Charkiw (5) herum hält das Bombardement der russischen Artillerie an, während die ukrainische Armee ihre moderaten Angriffe fortsetzt.

Im Donbass nahmen die Russen zwar Izyum (6) ein, hielten aber sofort an, um eine Pause einzulegen - ein Zeichen dafür, dass sie keine "frischen" Panzerreserven zum Ausnutzen einschleusen können, was den Verteidigern einen geordneten Rückzug ermöglicht. Die russischen Offensivbewegungen konzentrierten sich auf einen "inkrementellen" Angriff (7), der das Beste aus ihrer Artillerie herausholte, die der ukrainischen immer noch weit überlegen war.

Solange die Granatenvorräte ausreichen, können sie "unter Beschuss vorrücken" und die Ukrainer langsam aber sicher aus dem Donbass drängen. Da die Ukrainer in Bezug auf schwere Artillerie und Luftangriffe unterlegen sind, können sie nicht reagieren.

Mariupol (8) liegt in Trümmern, und die Russen konzentrieren sich darauf, die letzten Reste der Verteidiger zu "säubern". Die russischen Truppen wurden dort erheblich verschlissen.

Weiter im Westen (9) versuchen die Russen, ihre Positionen zwischen Cherson und südlich von Krywyj Rih zu halten, während sie ihre Kräfte auf See und in Transnistrien (10) bewegen, um die Ukrainer festzuhalten.

Der vor zwei oder drei Tagen begonnene Rückzug der russischen Streitkräfte aus dem Norden der Ukraine wird sich durch eine lange "Regeneration" und Umgruppierung fortsetzen. In der Zwischenzeit hält der langsame, aber unaufhaltsame Vorstoß in den Donbass den Druck auf die ukrainischen Truppen aufrecht.

Da die Ukrainer weder die gegnerischen Grenzen überschreiten noch in nennenswerter Tiefe zuschlagen können, können sie nicht das Risiko eingehen, die Front um Kyiw auszudünnen. Ihr defensiver Erfolg war im Norden echt, als es ihnen gelang, die russische Hauptoffensive mit weit unterlegenen Kräften zu blockieren. Doch der Mangel an mobilen Reserven und schweren ukrainischen Mitteln wirkt sich auf Dauer weiterhin negativ aus.