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Russland vs. Ukraine - Druckversion

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RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 19.04.2023

Noch ein anderes Thema: Die Verschleppung von ukrainischen Kindern durch die Russen. Das ist ein heikles Thema, einerseits wegen der Materie selbst, andererseits weil man hier nur relativ ungenaue Zahlen findet (je nach Quelle gibt es recht deutliche Abweichungen).

Hinzu kommt, dass man sich sehr schnell den Vorwurf einfangen kann, man betreibe antirussische Propaganda, wenn man dieses eindeutige Kriegsverbrechen anspricht - manche prorussischen Quellen und Moskau-Proponenten in den sozialen Netzen vergleichen die Behauptungen dahingehend sogar mit der Brutkastenlüge aus dem Golfkrieg 1991 (was natürlich nur ein weiterer Versuch ist, mediale Verwirrung zu stiften). Denn während diese Brutkastengeschichte seinerzeit tatsächlich erfunden und gestellt war, ist die Verschleppung ukrainischer Kinder keine Erfindung, egal ob man höheren oder niedrigeren Zahlen glauben will. Und ein Kriegsverbrechen ist es allemal, egal, wie hoch man die Zahl der Betroffenen ansetzt...
Zitat:The Kids Aren’t Alright

Kyiv says more than 16,000 Ukrainian children have been taken to Russia. This is the story of a few who made it home. [...]

According to Ukraine’s National Information Bureau, more than 16,000 children have been taken to Russia or Russian-controlled territory since the invasion last February, while other estimates place the figure as high as 400,000. Moscow claims any children now under its watch were either orphans or had requested evacuation, but Kyiv warns of a far more sinister plot: generational genocide, an attempt to erase Ukraine’s identity by stealing its future.

Some children were taken from occupied areas such as Kherson and the Kharkiv region, their parents asked to sign a release form without being told the children would not be coming back. Others were taken from conflict hot spots such as Mariupol or from filtration camps, the clearinghouses in Russia for evacuees from war zones in Ukraine. Many remain in camps or foster homes, but an unknown number of children, including children whose parents were killed by Russian forces, have been forcibly adopted in Russia. [...]

But some, a tiny handful, of the Ukrainian children have been brought back home. Through a local Telegram group, Markina, Verbovytskyi, and others heard about a charity, Save Ukraine, that was working to repatriate Ukrainian children. After two months of nervous planning, a group of 13 women set out in early April on an arduous journey through Poland, Belarus, and deep into enemy territory to rescue 31 children. They were eventually reunited in a camp on the western side of the Crimean Peninsula. [...]

Save Ukraine, which is working to locate and return as many children from Russia as possible, assisted with the ICC investigation. Mykola Kuleba, the head of the charity, said mothers first started reporting that their children were being taken to “summer” camps last August, with their first rescue mission taking place in September. [...]

At least 400 Ukrainian orphans have been adopted by Russian families, according to the Ukraine-based Regional Center for Human Rights, which calculated its figure in January from Russian government statements. Russia said 1,000 more were waiting to be adopted. Research by Yale University’s Humanitarian Research Lab released in February identified 32 “integration” camps where children are indoctrinated in Russian history, propaganda, language, and culture. [...]
https://foreignpolicy.com/2023/04/17/russia-ukraine-children-kidnapping-war-crimes-icc/

Schneemann


RE: Russland vs. Ukraine - alphall31 - 19.04.2023

Laut Airforces sind 15 Su 34 ( +1 die nicht ganz geklärt war ) im Jahr 2022 Verlust gegangen . Diese sind hauptsächlich im März und September verloren gegangen. Daraus könnte man schließen wann die jeweiligen Verbände im Einsatz waren. Die Verluste bei SU 35 sind bedeutend geringer , auch die der SU 30 waren geringer soweit ich mich erinnern kann. Zum Vergleich sind im gleichen Zeitraum im Friedensbetrieb 6x f35 oder 10 x Reaper Drohnen abgestürzt ( ebenso viele Blackhawks )



Bei zu liefernden Kpz Leopard 2 a4 aus Polen leider nur noch 13 .


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 19.04.2023

Die Ukraine fragt vermehrt nach weiteren Mitteln für die Luftraumverteidigung:

https://twitter.com/nexta_tv/status/1648623082054078466/photo/1

https://www.ft.com/content/9e68f9d6-0c0e-4d71-adc0-9a95fc57ad4d

Zitat:Military briefing: Ukraine pleads for missiles as air defence stocks run low

Ukraine will plead for urgent shipments of surface-to-air missiles at a meeting of its western allies this week, fearful that an acute shortage could allow Russia to launch widespread bombing attacks.



RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 23.04.2023

Für das Protokoll - entsprechende Gerüchte und Hinweise gab es ja schon ab Donnerstag Nacht, aber die Ukrainer haben mittlerweile nach massiven Artilleriebeschuss mindestens bei Kherson den Dnepr überquert und dort nun anscheinend einen relativ breiten Brückenkopf bilden können.
Die Stärke der involvierten Verbände ist unklar, die Meldungen zur der erfolgreichen Überquerung stammen allerdings primär aus russischen Quellen, sodass da schon einiges im Gange sein wird.
Karte:
https://twitter.com/Tendar/status/1650085240113692673/photo/1

Es soll auch oberhalb von Kherson Angriffe über den Fluss gegeben haben, Meldungen über Brückeköpfe gibt es von dort allerdings bis lang nicht, wmgl war man dort also nicht erfolgreich.

Shoutout an dieser Stelle für War and tactic, ein Deutschprachiger YT Kanal, der zumindest in meiner Bubble die erste deutschsprachige Quelle für diese Angriffe gewesen ist:
https://www.youtube.com/watch?v=u-PpIjDz1Ak

Berwertung - ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass ein Angriff über den Dnepr Erfolg haben und den nötigen Schwung entwickeln könnte um schnell ausreichend Raum zu gewinnen, damit die Russen irgendwelche Pontonbrücken nicht unter Artilleriebeschuss nehmen können.
Freilich, rein theoretisch gedacht, wenn es gelänge eine Panzerdivision dort über den Dnepr zu bringen und ausreichend zu versorgen wäre das Erreichen der Krim und die Säuberung der Rajon Skadowsk vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen.
Eine Offensive hier hätte des großen Vorteil, das es dort keine umfangreicheren russischen Feldbefestigungen gibt. Karte dazu übrigens hier: https://www.google.com/maps/d/viewer?mid=1rRKs40IEbGRsV0Fhky25l5OkPJ_vUvQ&ll=46.27437724472089%2C33.25230183196983&z=9
Wie auch immer, höchstwahrscheinlich dienen diese Angriffe über den Dnepr dazu, die Russen zu zwingen wieder mehr Kräfte dorthin zu verlegen.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 23.04.2023

Auch wenn es nur ein Ablenkungsangriff sein sollte, um russische Kräfte dorthin zu bewegen, von der eigentlichen strategischen Linie der Offensive abzulenken und unabhängig davon eine Flanke für diese zu eröffnen etc. ist das Vorgehen dennoch sehr erstaunlich. Mit derartigen Kräften über den Fluss zu gehen, an dieser Stelle, ist ungewöhnlich und ziemlich risikoreich. Was zu der Frage führt was für Kräfte das überhaupt sind und wie stark sie sind. Die Ukraine hat ja mit Sondereinheiten schon öfter in diesem Bereich herumgestochert.

https://www.understandingwar.org/backgrounder/russian-offensive-campaign-assessment-april-22-2023

Zitat:Russian milbloggers have provided enough geolocated footage and textual reports to confirm that Ukrainian forces have established positions in east (left) bank Kherson Oblast as of April 22 though not at what scale or with what intentions. Geolocated footage published by a Russian milblogger on April 22 shows that Ukrainian forces have established positions on the Dnipro River bank north of Oleshky (7km southwest of Kherson City) and advanced up to the northern outskirts of the settlement on the E97 highway, as well as west of Dachi (10km south of Kherson City).[1] This footage also indicates that Russian forces may not control islands in the Kinka and Chaika rivers less than half a kilometer north of the geolocated Ukrainian positions near the Antonivsky Bridge.



RE: Russland vs. Ukraine - Broensen - 23.04.2023

(23.04.2023, 13:17)Nightwatch schrieb: Freilich, rein theoretisch gedacht, wenn es gelänge eine Panzerdivision dort über den Dnepr zu bringen und ausreichend zu versorgen wäre das Erreichen der Krim und die Säuberung der Rajon Skadowsk vergleichsweise einfach zu bewerkstelligen.
...
Wie auch immer, höchstwahrscheinlich dienen diese Angriffe über den Dnepr dazu, die Russen zu zwingen wieder mehr Kräfte dorthin zu verlegen.

Ein mechanisierter Angriff gegen die Krim erscheint von dort wenig sinnvoll aufgrund der schwierigen eigenen Logistik. Jedoch eine Bedrohung der russischen Versorgungslinien von der Krim in Richtung Melitopol und Saporischia ist auch mit Infanterie und leichter Artillerie im Rahmen des Möglichen. Wenn dann eine zweite (mechanisierte) Angriffsachse von Saporischschja Richtung Asowsches Meer eröffnet wird, könnte das tatsächlich einen russischen Rückzug auf die Krim erzwingen.
So könnte sich das letztjährige Cherson-Szenario ggf. wiederholen, indem Übersetzversuche entlang des Kachowkaer Stausees russische Truppen dorthin locken, die dann von der Versorgung abgeschnitten und eingeschlossen werden.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 23.04.2023

Das hat vielleicht nicht mal einen wirklich tieferen Grund / verfolgt keinen ganz großen Plan. Die Ukrainer neigen (richtigerweise) dazu, dort vorzustoßen, wo die Russen dies ihnen ermöglichen und wo sie schwach sind. Entlang des Flusses gegenüber Kherson stand fast nichts an russischen Kräften, entsprechend ist eine mögliche Erklärung schlicht und einfach, dass man dort vorgeht, einfach nur weil man es dort kann.

Was dann daraus für Fernwirkungen erwachsen ist meiner Meinung nach kaum kalkulierbar.


RE: Russland vs. Ukraine - Nightwatch - 24.04.2023

Programmhinweis:
Für Heute Abend ab 20:00 ist auf dem YouTube Kanal Militär&Geschichte von Torsten Heinrich ein längeres Live-Interview mit einem deutschen Ukraine-Veteranen angekündigt:
https://www.youtube.com/watch?v=Exmb--Oa-l0

Soweit noch nicht bekannt, der Kanal ist auch sonst absolut zu empfehlen.


RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 24.04.2023

Russischer TOS-1A-Flammenwerfer im Einsatz bei den Ukrainern...
Zitat:Ukrainian Army uses captured Russian TOS-1A Flamethrower in Bakhmut offensive against Russian troops

According to information published on the "Ukrainian Front" Twitter account on April 18, 2023, the Ukrainian army uses for the first time captured Russian army TOS-1A flamethrower 220mm rocket launcher system to strike Russian troops in the area of Bakhmut. [...] Citing open source information, currently, the Russian armed forces will have lost 6 TOS-1A 220mm flamethrowers, and four were reportedly captured by the Ukrainian army. This artillery system is considered a destructive weapon due to its capability to fire rockets equipped with thermobaric warheads.
https://www.armyrecognition.com/ukraine_-_russia_conflict_war_2022/ukrainian_army_uses_captured_russian_tos-1a_flamethrower_in_bakhmut_offensive_against_russian_troops.html

Beim Aufrufen dieses Artikels sieht man auch einen Film, wie ein (mutmaßlich) eroberter T-80 seitens der Ukrainer eingesetzt wird bei Bakhmut. Es ist schon erstaunlich, selbst wenn nur 50% der Behauptungen zutreffen, wie viel Geraffel der Russen den Ukrainern offenkundig weitgehend einsatzbereit in die Hände gefallen ist - und wie viel davon nun selbst gegen die russischen Streitkräfte verwendet wird. Es bestätigt sich wieder mal die Vorgehensweise, dass man liegengebliebene Fahrzeuge schlichtweg selbst zerstören sollte, wenn keine großen Aussichten auf eine zeitnahe Bergung bestehen.

Ich meine, das summiert sich so langsam. Nach Oryx und nach aktuellem Stand haben die Ukrainer in etwa...

- 500 Panzer,
- 260 IFV (BMPs aller Varianten etc.),
- 93 APCs (BTRs aller Varianten etc.),
- 100 SPGs (darunter rund 30 2S3 [152 mm] und ebenso rund 30 sehr moderne 2S19 Msta-S [152 mm]),
- 100 gezogene Geschütze aller Kaliber...

...erbeutet. Dazu kommen noch zahlreiche Raketenwerfer. Selbst wenn sie nur ein Viertel (Minimalschätzung) von diesen ganzen Fahrzeugen wieder klar bekommen, ist das eine komplette Panzerdivision, vermutlich sind es also eher zwei vollständige Divisionen.

Schneemann


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 29.04.2023

Über tschetschenische Kämpfer auf Seiten der Ukraine:

https://www.politico.eu/article/when-russia-defeated-ukraine-look-chechnya-war/

Ich habe ja schon mehrfach seit Monaten darauf hingewiesen, dass eine russische Niederlage in der Ukraine zum einen sofort Folgekriege im Kaukasus zur Folge haben wird, und zum anderen einen weiteren Krieg gegen die Ukraine in einigen Jahren. Entsprechend ist eine russische Niederlage in der Ukraine nicht nur keine Lösung, sondern führt nur zu einer Ausweitung und mehr Kriegen.

Das möchte ich nicht als pro-russische Position verstanden wissen, ganz im Gegenteil habe ich Russland schon vor 20 Jahren als den Feind der Zukunft gesehen und öffentlich allenorten so bezeichnet. Da faselte man hierzulande noch von lupenreinen Demokraten.

Zitat:“Believe me, when Russia loses this war with Ukraine, it cannot exist as a state. It’s impossible. It will fall apart,” he adds, a view echoed by Belarusian volunteers POLITICO interviewed two days before. “We just need freedom. People need freedom,” Torto says.

Es gärt auch bei anderen Volkgsgruppen in Russland. Auf eine eindeutige Niederlage in der Ukraine kann daher meiner Ansicht nach durchaus eine Destabilisierung der russischen Föderation erfolgen, welche diese als Machtfaktor ausschaltet und entsprechend zu internen Konflikten führt. Dies kann in einer entsprechenden Dialektik nur zu einem offen faschistischen / nationalbolschwistischen Staat führen, der dann per Völkermord etc die Macht im Inneren wieder herstellen wird. Dem folgend wird sich diese Gewalt dann erneut nach außen Bahn brechen. Entsprechend wird eine russische Niederlage die Wahrscheinlichkeit eines Krieges mit dem Westen deutlich erhöhen.

Die Schlussfolgerung daraus ist für mich, dass wir dringend aufrüsten müssen, und zwar so schnell wie möglich und dass auch sonst unsere Gesellschaft so schnell wie möglich auf diesen Krieg hin vorbereitet und umgebaut werden muss. Das wird natürlich nicht geschehen. Rein persönlich halte ich den Krieg des Westens mit der Russischen Föderation für unvermeidlich, und zwar ungeachtet der nuklearen Frage und der aktuellen Schwäche Russlands. Ein entsprechendes Nationalbolschewistisches Regime wird in 20 Jahren ganz andere Möglichkeiten haben, und wir werden dann aufgrund der zukünftigen Umstände eventuell deutlich schwächer sein als jetzt.


RE: Russland vs. Ukraine - Schlingel - 29.04.2023

(29.04.2023, 13:24)Quintus Fabius schrieb: Über tschetschenische Kämpfer auf Seiten der Ukraine:

https://www.politico.eu/article/when-russia-defeated-ukraine-look-chechnya-war/

Ich habe ja schon mehrfach seit Monaten darauf hingewiesen, dass eine russische Niederlage in der Ukraine zum einen sofort Folgekriege im Kaukasus zur Folge haben wird, und zum anderen einen weiteren Krieg gegen die Ukraine in einigen Jahren. Entsprechend ist eine russische Niederlage in der Ukraine nicht nur keine Lösung, sondern führt nur zu einer Ausweitung und mehr Kriegen.

Da magst du recht haben, die Frage an dieser Stelle wäre aber, was dann die "beste" Lösung für den Westen / die Ukraine wäre... Wahrscheinlich müsste man das losgelöst betrachten, da unter diesen Umständen die beste Lösung für die Ukraine ja nicht zwangsläufig die beste Lösung für den Westen darstellt und umgekehrt.
Ich persönlich hoffe ja irgendwo darauf, dass die Russen irgendwann -wenn militärisch nichts mehr erreichbar ist und der innenpolitische Druck oder der Druck durch Russlands "Verbündete" wächst- das "Erreichte" innenpolitisch über ihre Propagandakanäle als Sieg verkaufen können und dann vorerst einmal Ruhe einkehrt. Ist aber wohl Wunschdenken.


(29.04.2023, 13:24)Quintus Fabius schrieb: Die Schlussfolgerung daraus ist für mich, dass wir dringend aufrüsten müssen, und zwar so schnell wie möglich und dass auch sonst unsere Gesellschaft so schnell wie möglich auf diesen Krieg hin vorbereitet und umgebaut werden muss. Das wird natürlich nicht geschehen. Rein persönlich halte ich den Krieg des Westens mit der Russischen Föderation für unvermeidlich, und zwar ungeachtet der nuklearen Frage und der aktuellen Schwäche Russlands. Ein entsprechendes Nationalbolschewistisches Regime wird in 20 Jahren ganz andere Möglichkeiten haben, und wir werden dann aufgrund der zukünftigen Umstände eventuell deutlich schwächer sein als jetzt.

Nimm es mir nicht übel, ich hoffe, dass du hier daneben liegst.
Kurzfristig halte ich einen Krieg mit Russland sehr unrealistisch, da Russland einfach nicht in der Lage dazu ist und das mehr oder weniger an Selbstmord Grenzen würde.
Aber so meintest du das ja auch garnicht, und langfristig könntest du (leider) durchaus Recht behalten.
Wobei ich nicht ganz so schwarz sehe, da es meiner Meinung nach vermutlich mehr als 20 Jahre dauern wird, um die schlagfähigkeit herzustellen um es mit der Nato aufnehmen zu können.
Und wenn die Russen ihre Korruption nicht in den Griff bekommen (was ja sehr wünschenswert ist, von "unserer" Seite aus), dann schaffen Sie es vielleicht auch garnicht.

Liegt dann vermutlich auch irgendwo an der Konsequenz und dem Durchhaltevermögen des Westens was Sanktionen und Isolierung Russlands angeht (und wie China / Indien in Zukunft mit Russland umgehen), denn das dürfte das Wiedererlangen militärischer Schlagfähigkeit massiv behindern. Vor einem "Nordkorea in Großformat" hält sich meine Angst in Grenzen, wobei Russland natürlich mehr Möglichkeiten hat, dennoch aufzurüsten.

Ansonsten bin ich ganz bei dir, wir sollten uns auf alle Eventualitäten vorbereiten. Bei der gesellschaftlichen Entwicklung sehe ich da aber ebenfalls einigermaßen schwarz, von daher bleibt zu hoffen, dass es nicht zum Äußersten kommt.
In Anbetracht der nuklearen Fähigkeiten der dann vermutlich beteiligten Kriegsparteien drängt sich zudem die Frage auf, ob man sich darum dann überhaupt noch Gedanken darüber machen müsste...


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 29.04.2023

Zitat:Wobei ich nicht ganz so schwarz sehe, da es meiner Meinung nach vermutlich mehr als 20 Jahre dauern wird, um die schlagfähigkeit herzustellen um es mit der Nato aufnehmen zu können.

Wenn es die NATO dann noch so geben wird bzw. sie funktional ist. Es ist aber durchaus realistisch, dass beispielsweise in den nächsten 20 Jahren: 1. China die Insel Taiwan angreift und einnimmt - mit den entsprechenden Folgen für die Weltwirtschaft und die weltweite Stabilität und mit der Folge, dass die USA im Pazifik gebunden sind, womit Europa für Russland frei zum Abschuss wird; 2. In den USA es zum Bürgerkrieg bzw. massivsten inneren Unruhen kommt und/oder isolationistische rechtsradikale Gruppen in den USA an die Macht kommen, welche die Sicherheit Europas nicht mehr garantieren; 3.die Russen angreifen obwohl es Selbstmord ist; 4. etliche Staaten in den nächsten Jahren kollabieren und zu Failed States werden deren Bevölkerungen dann als Flüchtlinge in Millionenzahl nach Europa drängen, zuvorderst wäre hier beispielsweise Ägypten zu nennen; 5. Es zum Krieg zwischen der Türkei und Griechenland kommt in welchem die EU nicht gut abschneidet; 6. Die Russen keinen offenen Krieg führen im Sinne eines konventionellen Angriffs, sondern zu den Formen des modernen Krieges greifen und die EU auf diese Weise indirekt angreifen (Guerilla im Baltikum, Massenhafter Terrorismus, Cyberkriegsführung usw usw) ohne dass die USA dann den Europäern helfen; 7. In Russland ein de facto Nationalsozialistisches Regime an die Macht kommt, welches die Korruption und die Ineffizienz mit extremer Gewalt unterdrückt um dann außenpolitisch den Konflikt zu suchen.

usw usw usf

Zur Entspannung etwas aktuelle russische Pop-Musik:

https://twitter.com/VolodyaTretyak/status/1649417360975994882

https://twitter.com/irgarner/status/1649395666806886400?s=46&t=by61cTLilN3ClGlXENs95g


RE: Russland vs. Ukraine - alphall31 - 30.04.2023

Aus welchem Grund sollte Russland eine Gefahr führ Deutschland darstellen ? An welchem Land des Alten Europas sollte Russland Interesse haben ? Außer als Handelspartner wie Ja bis 2014 praktiziert wurde


RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 30.04.2023

Zitat:Es ist aber durchaus realistisch, dass beispielsweise in den nächsten 20 Jahren: 1. China die Insel Taiwan angreift und einnimmt - mit den entsprechenden Folgen für die Weltwirtschaft und die weltweite Stabilität und mit der Folge, dass die USA im Pazifik gebunden sind, womit Europa für Russland frei zum Abschuss wird; 2. In den USA es zum Bürgerkrieg bzw. massivsten inneren Unruhen kommt und/oder isolationistische rechtsradikale Gruppen in den USA an die Macht kommen, welche die Sicherheit Europas nicht mehr garantieren; 3.die Russen angreifen obwohl es Selbstmord ist; 4. etliche Staaten in den nächsten Jahren kollabieren und zu Failed States werden deren Bevölkerungen dann als Flüchtlinge in Millionenzahl nach Europa drängen, zuvorderst wäre hier beispielsweise Ägypten zu nennen; 5. Es zum Krieg zwischen der Türkei und Griechenland kommt in welchem die EU nicht gut abschneidet; 6. Die Russen keinen offenen Krieg führen im Sinne eines konventionellen Angriffs, sondern zu den Formen des modernen Krieges greifen und die EU auf diese Weise indirekt angreifen (Guerilla im Baltikum, Massenhafter Terrorismus, Cyberkriegsführung usw usw) ohne dass die USA dann den Europäern helfen; 7. In Russland ein de facto Nationalsozialistisches Regime an die Macht kommt, welches die Korruption und die Ineffizienz mit extremer Gewalt unterdrückt um dann außenpolitisch den Konflikt zu suchen.
Das mag nun alles etwas spekulativ erscheinen, aber ich denke, dass hier nicht alle Punkte wirklich realistisch sind...

1.) Der Krieg mit Taiwan wird in rund zwei Jahren spätestens stattfinden. Und ich hatte es schon dreimal hier in verschiedenen Strängen geschrieben: Wir sollten diese zwei Jahre gut nutzen und uns vorbereiten (wirtschaftliche Entflechtung etc.).

2.) Europa wird nicht einfach "frei zum Abschuss" sein für Russland. Während in Russland der gesellschaftliche Konsens immer mehr erodiert und die Rüstung wegen der Sanktionen schwächelt, wird Europa zusammenrücken, was auch aktuell schon geschieht. Hinzu kommt, dass trotz aller Unbilden (Munitionsmangel) die Europäer rund viermal so viel Geld für die Rüstung ausgeben wie die Russen und in Europa auch viermal so viele Menschen leben, die eine wesentlich höhere Finanzkraft haben. Tendenz steigend. Wenn also dieser innere Zerfall in Russland so weiter voranschreitet wie bisher, dann werden die Europäer keinen Angriff seitens der Russen fürchten müssen. Ich meine, bereits aktuell käme die russische Armee vermutlich nicht mal bis zu Weichsel (und das wäre schon sehr optimistisch gedacht).

3.) In den USA werden die gesellschaftlichen Spannungen zwischen links und rechts (vereinfacht gesagt) sicherlich weiter bestehen, aber einen flächendeckenden Bürgerkrieg, wenn man vllt. mal den Sezessionskrieg der 1860er Jahre bedienen will, wird es so nicht geben. Dass irgendwelche isolationistischen, rechtsradikalen Gruppen dort an die Macht kommen könnten, sehe ich ebenso nicht, zumal die besonders schrillen Protagonisten aktuell an Boden verlieren. Vielleicht haben wir irgendwo mal in abgelegenen Gebieten kleinere "Waco's", aber von einer Machtübernahme oder umfassendem Chaos werden wir nicht ausgehen können.

4.) Der Kollaps von einigen Staaten, besonders im afrikanischen und nahöstlichen Umfeld, wird vermutlich kommen, das sehe ich auch so. Auch sehe ich genauso Ägypten als einen der Wackelkandidaten an. Auch Pakistan zähle ich dazu. Ob daraus aber Millionen von Fliehenden nach Europa resultieren, müssen wir aber abwarten. Auch das zerfallene Libyen hat sich schneller wieder stabilisiert als erwartet. Die Folgen werden eher sein, dass sich Europa zunehmend abschotten wird und dass für die Staaten des südlichen Mittelmeerraumes und des Nahen Ostens massive Probleme entstehen.

5.) Zwischen Türken und Griechen sehe ich keine große Chance auf einen Krieg. Vieles hängt einerseits von der innenpolitischen Entwicklung in der Türkei ab - und trotz Drohnen und einem schicken kleinen Stealth-Jet ist die Lage in der Wirtschaft sehr mau -, und Herr Erdogan wird auch nicht mehr allzu lange herrschen. Andererseits haben die Türken in ihrem Hinterhof mit Syrien, den Kurdengebieten und dem Kaukasus schon genügend Baustellen. Zuletzt bräuchte man da noch einen Konflikt im Westen...

6.) Cyberkriegführung und Wirrnis streuende Troll-Aktionen in den (a)sozialen Medien praktizieren die Russen jetzt eh schon, so langsam kann man sich darauf einstellen und hat das bereits auch. Und bzgl. eines Guerilla- und Partisanenkampfes im Baltikum oder gar EU-weit etc. sehe ich keine Chance auf einen Erfolg für Moskau. Sicherlich, den einen oder anderen Anschlag bzw. Auftragsmord durch mehr oder minder geheime Geheimagenten werden wir vermutlich sehen (so wie wir sie in den letzten Jahren aber auch schon hatten), aber hinsichtlich Untergrundkrieg wird es eher so sein, dass dieser in Russland stattfindet seitens der Gegner des Kreml - egal ob sie nun "domestic" sind oder aus dem Ausland kommen. Schon jetzt fliegen Schienenstränge und Treibstofflager in Russland in die Luft - und nicht in Polen oder in Lettland...

7.) Wenn eine Art von nationalsozialistisch-ultranationalistischem Regime in Russland an die Macht käme - die Risiken dazu sehe ich durchaus auch -, dann würde dies aber den neuen Herrschern erstmal mehr Probleme bereiten als es Freiräume schafft. Dann wäre die Ukraine auch das kleinste Problem, denn dann würde vermutlich der Kaukasus zwischen Georgien und Dagestan auf die Barrikaden gehen und die zentralasiatischen Staaten, von Aserbaidschan bis Kasachstan, würden endgültig von Moskau abrücken und sich gen China und Iran ausrichten (was sie teilweise heute schon tun). Und das dünn besiedelte Sibirien bzw. der ferne russische Osten wären endgültig der Spielplatz Pekings. Dann hätten sich irgendwelche Mobilisierungen dort auch erst mal erledigt, vielleicht sieht man sogar bürgerkriegsähnlichen Konflikten entgegen, und die Moskauer Führer müssten ihre eigenen Jungens aus Moskau und Petersburg losschicken (was sie aber nicht machen würden, da sie dies die Unterstützung aus dem Volk endgültig kosten würde). Am Ende bliebe dann noch eventuell ein eingeigeltes, verbohrtes, faschistisches Kernrussland mit vielleicht 70 Mio. Einwohnern, das international völlig isoliert dastünde, das unter Bevölkerungsflucht leiden und wirtschaftlich am Boden liegen würde (und zum reinen Rohstofflieferanten Pekings degradiert wäre). Quasi - um Helmut Schmidt mal zu bemühen - ein "Obervolta mit Atomwaffen", das dem Rest Europas ähnlich auf die Nerven ginge wie Nordkorea den nahen asiatischen Anrainern...

Insofern - um wieder die Kurve zu kriegen: Irrigerweise sind es ja genau diese Ultranationalisten in Russland, die dem "bösen" Ausland diese Art von Vorhaben (Zerstückelung Russlands etc.) unterstellen. Sie merken aber dabei nicht, dass sie es selbst sind, die mit ihrer extrem intoleranten und nationalistischen Denke einem solchen Schicksal Vorschub leisten könnten, weil sie alle rundherum entweder als Feinde oder "gefälligst dienstbare" Vasallen und Untertanen ansehen. Im imperialistisch gefärbten 19. Jahrhundert mag dies noch leidlich funktioniert haben, im 21. Jahrhundert wird es jedoch nicht mehr funktionieren, zumal wenn man diese Völker auch noch aus dem rassistischen Augenwinkel heraus betrachtet und selbst nicht allzu viel anbieten kann außer der Knute.

Ich möchte das nachfolgende Ideenkonstrukt nun bitte nicht als prorussisch oder verharmlosend verstanden wissen (dies bin ich sicherlich nicht und das ist auch nicht meine Intention) - aber wenn man einmal wohlwollend bzw. im geostrategischen Sinne und Interesse Russlands argumentieren möchte, dann wäre es zwingend notwendig...

1.) ...sofort diesen unsinnigen Mistkrieg in der Ukraine zu beenden und danach, auch wenn das viele Jahre dauern wird, wieder eine Vertrauensbasis zu Kiew aufzubauen, inkl. einem Friedensvertrag und einer Wiederannäherung. Ggf. irgendwann einmal auch Unterstützung beim Wiederaufbau anbieten und eine Entschuldigung aussprechen. Langfristiges Ziel: Wiedergewinnung der Ukraine als engem Partner.
2.) ...verstärkt in den Kaukasus zu investieren und dort wieder die Rolle des stabilisierenden, verantwortungstragenden Hegemons einzunehmen. Aktive Übernahme der Rolle eines Vermittlers, gerade im Bereich Georgien, Armenien und Aserbaidschan.
3.) ...eine Charmeoffensive nach Zentralasien zu unternehmen und die dortigen Staaten wieder zu "umgarnen". Die Knute wird nicht mehr funktionieren, also muss man mit Überzeugung arbeiten. Unterstützung und Ausbau der Beziehungen, wirtschaftliche, diplomatische und ggf. militärische Hilfe bei der Absicherung der kritischen Grenzen nach Süden (Afghanistan), gerade z. B. im Bereich Turkmenistan/Tadschikistan. Kritische Beobachtung des militanten Islam in dieser Region.
4.) ...Investitionen in den fernen Osten des Landes vorzunehmen. Zwar weiterhin gute Handelsbeziehungen zu China erhalten, aber diese massiven Aufkäufe von Anteilen in der Infrastruktur seitens Pekings zurückfahren und regulieren. Ggf. Übersiedlungsthemen eingrenzen, Sicherung der Grenze. Bilateral zu Peking für die Ein-China-Politik eintreten, aber zugleich in der UN und international auf die Souveränitätsrechte der Staaten (mit dem Blick auf Taiwan) pochen.
5.) ...Wiederaufnahme der Beziehungen zum Westen anzustreben - ggf. irgendwann einmal wieder Handelsbeziehungen zur EU aufbauen, "Entspannungsübungen" mit der NATO, ebenso Dialog mit den USA über die Wiederinkraftsetzung von aufgekündigten Abrüstungsvereinbarungen.
6.) ...im Inneren hart und entschlossen durchzugreifen bzgl. Bekämpfung der Korruption, des Oligarchentums und der organisierten Kriminalität in der Politik- und Geheimdienstriege, d. h. auch ein Ende des Systems Putin herbeizuführen wäre vonnöten (das muss aber aus Russland selbst kommen).

Das wird natürlich alles dauern und die massiv verkorkste Sachlage wird nicht innerhalb eines Jahres bereinigt sein, vermutlich wird es mehr als grob zehn oder gar 15 Jahre dauern, diese Scherben wieder aufzusammeln und wieder Vertrauen aufzubauen, aber danach wäre Russland stärker und geeinter als heute. Und es wäre international wieder ein angesehener Player in West und Ost und ein Garant für Stabilität.

Ich befürchte aber, dass diese korrupte und paranoid-narzisstische Verbrecherbande in Moskau das Land weiter gegen die Wand fährt. Hält sich also das System Putin weiterhin, wird dies den Zerfall Russlands beschleunigen.

Schneemann


RE: Russland vs. Ukraine - alphall31 - 30.04.2023

Ein Bericht über den wahrscheinliche Herkunft des T 90 der auf einem Rastplatz in den USA auftauchte

http://https://de.topwar.ru/215459-gde-ukraincy-zahvatili-nash-tank-t-90a-i-pochemu-ego-brosili-okolo-mestnogo-kazino-v-ssha.html