Forum-Sicherheitspolitik
Russland vs. Ukraine - Druckversion

+- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org)
+-- Forum: Hintergründe (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=97)
+--- Forum: Krisen, Konflikte und Kriege (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=99)
+--- Thema: Russland vs. Ukraine (/showthread.php?tid=5210)



RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 27.06.2022

Zitat:Ohne es beschreien zu wollen, sollten wir hier arg aufpassen, nicht dass wir in einigen Jahren augenreibend feststellen müssen, dass es kein Sinaloa-Kartell ist, dass den USA Sorgen bereitet, sondern dass die Europäer es mit einem Cherson- oder Charkiw-Kartell zu tun haben, in welchem Mafiosis, Geheimdienstler, Tschetschenen und Söldner aller Färbungen sich tummeln und die nebenbei noch Strelas und panzerbrechende Richtminen in der Garage liegen haben. Naja, vielleicht betreibe ich aber auch nur wieder Schwarzseherei...

Keineswegs ist das Schwarzseherei. Die Ukraine ist sehr weitgehend von der organisierten Kriminalität durchzogen und unterwandert. Durch die vielen ukrainischen Flüchtlinge nach ganz Europa wird sich genau diese organisierte Kriminalität aus der Ukraine in ganz Europa ausbreiten. Durch den Krieg und die Zerstörungen und damit einher gehenden Verfall der Staatsmacht in der Fläche, Schwächung der Sicherheitsbehörden usw usf, und bei Kriegsende dann auch die Möglichkeiten sich immens Gelder unter den Nagel zu reißen wird die ukrainische Mafia einen immensen Aufschwung erleben, vor allem wenn die Ukraine gewinnt.

Das hat historische Beispiele: beispielsweise stieg die Mafia in Italien vor allem durch den 2WK derart auf und konnte in der Nachkriegszeit genau von den Folgen des Krieges erheblich profitieren.

Mit dem Ukrainekrieg züchten wir uns also ein immenses Kriminalitätsproblem in ganz Europa, vor allem wenn die Ukraine siegt.

Noch darüber hinaus ist die Ukraine bereits vor Kriegsbeginn eine der Drehscheiben für den internationalen Waffenschmuggel gewesen. Nun werden über die Ukraine westliche High-End Systeme ihren Weg in die Hände islamistischer Terroristen und sonstiger solcher problematischer Gruppen finden. Hoffentlich funktioniert das Geoblocking bei einigen der Systeme, aber da die Ukrainer in so etwas technisch versiert sind, wird da sicherlich etliches von der Ukraine in finsterste Kanäle fließen.

Und beschließend wird sich die Ukrainische Mafia gegenüber Konkurrenten in Europa aufgrund des immens leichten Zugangs zu Kriegswaffen eher durchsetzen können. Entsprechend wird es aber zu Verteilungskämpfen kommen, in einem Ausmaß dass viele sich jetzt noch nicht vorstellen können. Meiner rein persönlichen Einschätzung nach vor allem zwischen den etablierten Strukturen in Holland hinter denen zunehmend die mexikanischen Drogenkartelle stecken, der Ndrangheta und den Ukrainern, wobei letztgenannte gerade in dieser Bundesrepublik sich dabei auf Dauer durchsetzen werden.

Schlußendlich haben wir einen korrupten Mafiastaat dann zum EU Beitrittskandidaten gemacht, zahlen direkt wie indirekt für das Kriegsgeschehen dort bis zur Selbstzerstörung und ernten dafür dann einen ins Nirgendwo ausufernden Anstieg der OK in ganz Europa.

Ein Grund warum ich glaube, dass die ukrainische Mafia sich gerade eben in dieser Bundesrepublik ausbreiten wird ist, dass man diese ganze Sache nicht auf Drogen (Konkurrenz der Niederländer) und Waffen (kein Markt in der BRD) beschränkt sehen darf. Die Ukraine war und ist eines der Länder welches sehr weitgehend im internationalen Menschenhandel drin steckt und dies vor allem auch im Bereich der Zwangsprostitution. Pro Dekade werden mindestens um die 50.000 Ukrainerinnen ins Ausland verkauft, verschleppt, versklavt, vergewaltigt und gegen ihren Willen Drogenkrank gespritzt. Evventuell sind es sogar noch deutlich mehr. Die Ukraine ist neben dem Waffenhandel eine der Drehscheiben des Menschenhandels.

Extreme Gewalt gegen Frauen ist in der Ukraine ohnehin weit verbreitet. Darüber hinaus ist die Ukraine ein Zielland für Sextourismus, auch und gerade für Pädophile und daher passt dies nur allzu gut um aktuellen Bordell Europas, nämlich dieser Bundesrepublik die genau in diesem Bereich einen entsprechend hohen Bedarf hat, der gerade eben von den ukrainischen OK Strukturen gedeckt werden kann. Auch die Fälle wo jetzt Frauen und Mädchen als Flüchtlinge in die Fänge von Menschenhändlern und Zuhältern gerieten sind dergestalt, dass primär Ukrainer hier die Ukrainerinnen in diese Bereiche verschleppten, was die hiesigen Medien natürlich so nicht berichten.

In den letzten Jahren hatte sich die vor 2014 katastrophale Situation in der Ukraine in Bezug auf Menschenhandel und Sexsklaverei etwas verbessert, diese Errungenschaften werden aber durch den aktuellen Krieg meiner Einschätzung nach weitgehend zunichte gemacht werden. Und das Bordell Europas Schland wird der dankbare Abnehmer der ukrainischen Sexsklavinnen sein und mit diesen die ukrainische OK in dieser Bundesrepublik erheblich an Macht und Einfluss gewinnen.


RE: Russland vs. Ukraine - PKr - 27.06.2022

(27.06.2022, 11:00)Quintus Fabius schrieb: Die Ukraine ist sehr weitgehend von der organisierten Kriminalität durchzogen und unterwandert. Durch die vielen ukrainischen Flüchtlinge nach ganz Europa wird sich genau diese organisierte Kriminalität aus der Ukraine in ganz Europa ausbreiten. Durch den Krieg und die Zerstörungen und damit einher gehenden Verfall der Staatsmacht in der Fläche, Schwächung der Sicherheitsbehörden usw usf, und bei Kriegsende dann auch die Möglichkeiten sich immens Gelder unter den Nagel zu reißen wird die ukrainische Mafia einen immensen Aufschwung erleben, vor allem wenn die Ukraine gewinnt.

Das hat historische Beispiele: beispielsweise stieg die Mafia in Italien vor allem durch den 2WK derart auf und konnte in der Nachkriegszeit genau von den Folgen des Krieges erheblich profitieren.
Der Aufstieg der italienische Mafia nach dem II.WK lag vor Allem an der einfachen Logik der US-Truppen, wonach jeder Feind Mussolinis ein Verbündeter sei. Daher wurden viele aus Gefängnissen und Lagern befreite Mafiosi zu Bürgermeistern etc. und konnten sich etablieren.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 27.06.2022

Meiner Einschätzung nach werden auch in der Ukraine durch den Krieg die OK Strukturen die Politik weitreichender infiltrieren können als dies ohne den Krieg möglich gewesen wäre.

Dazu kommen dann die Sonderprofite aus mehr Menschenhandel, mehr Prostitution (Kriegsbedingt!), mehr Waffenschmuggel, mehr Drogenhandel und der Unterschlagung von Aufbauhilfen bzw. den Profiten aus dem Wiederaufbau (Bauwirtschaft). Die Not der Menschen durch den Krieg und auch nach Kriegsende wird sowohl die ohnehin in der Ukraine grassierende Drogensucht nochmal deutlich ausweiten, als auch viele junge ukrainische Frauen und Kinder in die Prostituion und in die Fänge von Menschenhändlern treiben.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 27.06.2022

BLICK VON OSTEN:

Bezugnehmend auf die folgenden Artikel:

https://u-f.ru/news/politics/u25711/2022/06/27/340356

https://u-f.ru/news/army/u25711/2022/06/27/340358?utm_source=yxnews&utm_medium=desktop&utm_referrer=https%3A%2F%2Fyandex.ru%2Fnews%2Fsearch%3Ftext%3D

Zitat:Lisichansk wurde noch nicht eingenommen und ein "Militärexperte" kündigt bereits die "Eroberung von Charkow" an und ein anderer - unser berühmter Oberst Kassad - sagt eine "Serie von Kriegen mit der NATO" in "Drittländern" voraus.

Sie alle sind jedoch noch weit vom verstorbenen „Bati“ Zakharchenko entfernt: Sie stottern zumindest noch über die Eroberung Londons; über diese allgemeine Richtung des „militäranalytischen Denkens“ kann man sich nur freuen.


Im weiteren die versprochene aktuelle Analyse des Geschehens (Stand 27.06.2022 Nachmittags):

Zitat:Ein kurzer Überblick über die Situation an der Front

1. Front "Grenze" (von der Grenze zu Weißrussland bis zum Gebiet Charkow).

Beide Seiten bauen hier allmählich ihre Truppen auf und versuchen die Grenze zu decken, wobei ich den Feind der Fähigkeit verdächtige uns hier zuerst einen heimtückischen unerwarteten Schlag zu versetzen (ich weiß nicht ob dies gerechtfertigt ist oder nicht). Die Kiewer machen es aber in jedem Fall besser, sie haben mehr personelle Ressourcen. Sie ergreifen zudem bereits die Initiative und beschießen russische und zivile Einrichtungen auf unserer Seite der Grenze und entsenden auch Sondereinheiten in russisches Gebiet. Sie haben zudem vor kurzem bereits zweimal kleinere Einheiten des Grenzschutzes ungestraft angegriffen und vernichtet (einmal mit 6 Toten und einmal mit 4 Toten), was ja inzwischen allgemein bekannt geworden ist.

Wahrscheinlich sind beide Seiten aufgrund fehlender Ressourcen noch nicht bereit, in diesem erweiterten Gebiet eine durchgehende "aktive" Front zu schaffen. Was den "Angriff" einer der Parteien zu taktischen oder propagandistischen Zwecken keineswegs ausschließt.

2. Front von Charkow

Mehrere Kämpfe von lokaler Bedeutung gehen in den nördlichen und zentralen Sektoren weiter. Offensichtlich haben die russischen Truppen entweder nicht die Kraft hier in die Offensive zu gehen noch überhaupt den Wunsch eine solche zu entwickeln. Die Ukrainer wollen es, aber ihnen fehlen dort schwere Waffen. Russische Truppen denen es gelang etwas vorzudringen schufen eine "Sicherheitszone", die die angrenzenden Regionen der Russischen Föderation zumindest vor Beschuss schützt und als Sprungbrett für einen zukünftigen Angriff auf Charkow dienen kann.

Im südlichen Sektor (Gebiet Balakleya) haben die Streitkräfte der Ukraine die ganze vergangene Woche versucht, die Izyum-Gruppe der Streitkräfte der RF mit einem Flankenangriff zu gefährden. Über örtliche Kämpfe hinaus ging die Sache aber nicht.

3. Slawische Richtung

Entlang der gesamten Front südlich von Izyum (von Bolshaya / Velikaya Kamyshevakha bis Seversky Donets) gibt es Schlachten von lokaler Bedeutung, Artilleriegefechte und Aktionen von Aufklärungs- und Sabotagegruppen. Die Streitkräfte der Russischen Föderation führten keine Offensivaktionen im klassischen Sinne des Wortes durch und konzentrierten ihre Bemühungen auf Versuche, den Ballungsraum Sewerodonezk-Lysichansk zu "zerquetschen". Die Versuche hier feindliche Stellungenzu sondieren und taktische Vorstöße durchzuführen gehen unvermindert weiter.

Die Streitkräfte der Ukraine, die stellenweise leicht kontern, verstärken weiterhin ihre Hauptstreitkräfte am Rande der Festung Slavyansk-Kramatorsk und entlang der Linie Slavyank-Barvenkovo ​​​​in der Hoffnung, hier eine entscheidende Verteidigungsschlacht führen zu können, wenn das Kommando der Streitkräfte der RF beschließen sollte, diesen befestigten Bereich frontal zu stürmen.

4. Agglomeration Sewerodonezk-Lysichansk

Die ganze Woche über wurden hier an der gesamten Front erbitterte Kämpfe mit schweren Verlusten für beide Seiten fortgesetzt (auf unserer Seite fiel der Löwenanteil erneut auf die Truppen der LDNR). Dem Feind gelang es, die Überreste seiner Streitkräfte aus dem Brückenkopf am linken Ufer des Seversky Donets (südlich von Severodonetsk) abzuziehen, wobei er die meisten schweren Waffen aufgab und erhebliche Verluste erlitt. Den Einheiten der Streitkräfte der Ukraine und der Söldnereinheiten, die hier verteidigten gelang es jedoch eine vollständige Niederlage und Vernichtung zu vermeiden.

Ähnlich war die Situation in der "Festung" Gorskoye-Zolotoye - trotz schwerer Verluste gelang es dem Feind, den Kern seiner Garnison aus der operativen Einkreisung zurückzuziehen und im "Kessel" nur kleine Einheiten und Gruppen demoralisierter Deserteure zurück zu lassen, die während des Generalrückzugs vergessen wurden. Es wurden deshalvb nur wenige Gefangene gemacht. Wir können sagen, dass unsere "Milben die Luft erobert haben".

Allerdings ist der gefährliche Vorsprung im Rücken der vorrückenden Popasnaya-Gruppe jetzt „abgeschnitten“ und die Integrität der Front der Streitkräfte der Ukraine am südlichen und südöstlichen Stadtrand von Lisichansk wurde dadurch zerstört. Die Streitkräfte der LDNR und die Streitkräfte der Russischen Föderation gingen direkt bis zum südlichen Stadtrand von Lisichansk und nahmen es im Westen fast in eine operative Einkreisung, die jedoch bis gestern Abend noch nicht abgeschlossen war.

Ich nehme die Möglichkeit eines allmählichen Rückzugs der Garnison der Streitkräfte der Ukraine in ständigen Kämpfen in Richtung Sewersk und des Abschlusses des Kampfes um dieses Gebiet innerhalb einer Woche an (wenn die Streitkräfte der Ukraine keine großenfrische Reserven in die Schlacht einbringen).

5. Front Sewersk-Bachmut-Soledar

Keine wesentlichen Änderungen. Hier verläuft die zweite Linie langfristiger Verteidigungsstrukturen, die von den Streitkräften der Ukraine während der Zeit der „nicht alternativen Vereinbarungen von Minsk“ errichtet wurden. Alle diese Städte haben außerdem konzentrische Verteidigungsanlagen. In Artemovsk und Soledar gibt es auch von der Sowjetunion gebaute Militärbasen (außerdem gibt es in Soledar eine tief in den Boden eingelassene und schwer befestigte unterirdische Basis).

Der Angriff auf diese zweite Verteidigungslinie, die von einer ausreichenden Anzahl von Truppen besetzt ist, wird ohne die Einspannung aller Streitkräfteder Russischen Föderation und LDNR nicht erfolgreich sein, und ich prognostiziere daher dass dieser Angriff nicht in naher Zukunft stattfinden kann (es sei denn natürlich, das russische Militärkommando entscheidet entgegen dem gesunden Menschenverstand etwas anderes).

6. Front von Donezk

Das Vordringen in die erste Verteidigungslinie der Streitkräfte der Ukraine in der Nähe von Avdiivka wurde aus demselben Grund nicht weitergeführt - ein akuter Mangel an kampfbereiten Einheiten und ein ebenso akuter Mangel an Soldaten in den einsetzbaren Einheiten. An der Front von Horliwka/Torezk (Dserschinsk) bis Marinka kommt es zu Stellungskämpfen, hoher Aktivität feindlicher Drohnen und Scharfschützen, und einem sich abschwächenden Beschuss (meistens abwechselnd; gestern wurde beispielsweise Gorlowka zertrümmert) militärischer Einrichtungen, wobei die Artillerie der Ukraine hier gezielt die Wohngebiete der Frontstädte beschießt sowie lebenswichtige Einrichtungen. Dies ist keine Propagandameldung, sondern die Realität vor Ort.

7. Südfront von Donezk

Innerhalb weniger Tage gelang es dem Feind, unsere Truppen in das Gebiet südlich von Ugledar zu drängen, die "sekundären" Einheiten der hier verteidigenden "Mobiks" um 2-3 Kilometer (an manchen Stellen etwas mehr) zurückzuwerfen und die Front auf die Linie zu den Dörfern Pavlovka und Yegorovka zu veschieben. Der feindliche Angriff war eindeutig begrenzt und diente der Ablenkung – um den Druck der Einsatzkräfte der RF und der LDNR auf Lisichansk zu verringern. Trotzdem demonstrierte er die relative Schwäche unserer Front in einem ziemlich wichtigen Sektor.

8. An den Fronten Saporoschje und Cherson

Im Allgemeinen - keine Änderungen. Überall aber gibt es eine wachsende Aktivität des Feindes und insbesondere seiner Artillerie. Die ukrainische Offensive in Richtung Cherson wird durch den Feind sehr langsam und vorsichtig weiter geführt und gerade deshalb besteht die Gefahr hier den Feind zu unterschätzen. Und auch hier offenbar sich eine relative Schwäche unserer Front trotz der umfangreichen Feldbefestigungen welche in diesem Raum bisher angelegt werden konnten.

Allgemeine Schlussfolgerungen:

1) Der langwierige Kampf der „zweiten („konkreten“) Phase der Spezialoperation“ geht zu Ende. Ob diese mit einer Kampfpause enden oder sich sofort in einen „Kampf um die Initiative“ (die von Kadyrow angekündigte „effektive Phase“) verwandeln wird, kann ich nicht erraten, aber ich gehe dennoch davon aus, dass dieser Kampf außerhalb des Donbass beginnen wird. Der Kampf endete mit taktischen Erfolgen der Streitkräfte der Russischen Föderation, aber strategisch - im Großen und Ganzen war er völlig erfolglos, da die Gruppierung der Streitkräfte der Ukraine im Donbass zu Beginn des 5. Monats der Spezialoperation nicht besiegt werden konnte , und einfach von den meisten Positionen nur allmählich verdrängt wurde.

2) Die Niederlage der Streitkräfte der Ukraine im Kampf um Severodonetsk-Lysichansk einerseits und das Scheitern der strategischen Operation zur Befreiung des Donbass der RF-Streitkräfte andererseits haben bereits zu einer weiteren Erhöhung der militärischen Lieferungen für die Streitkräfte der Ukraine von unseren "lieben westlichen Partnern" geführt. Vieles wird im August durch dem Einsatz von Reserven auf beiden Seiten endgültig entschieden. Ob die Zeit gegen die Ukraine oder gegen die Russische Föderation arbeiten wird, hängt davon ab, ob die politische Führung der RF endlich die Notwendigkeit erkennt die Wirtschaft unseres Landes so schnell wie möglich auf eine Kriegswirtschaft umzustellen.



RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 27.06.2022

Zum Verbleib vieler westlicher Waffen erste Indizien:

https://www.thedefensepost.com/2022/06/02/interpol-illicit-arms-ukraine/

Interpol Warns of Flood of Illicit Arms After Ukraine War


https://bulgarianmilitary.com/2022/06/02/location-kyiv-javelin-atgm-is-sold-for-30k-on-the-darknet/

Location Kyiv: Javelin ATGM is sold for $30K on the darknet


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 28.06.2022

Noch nen Fundstück zur EloKa dort:

https://www.nzz.ch/international/der-elektronische-krieg-in-der-ukraine-unsichtbar-aber-wichtig-ld.1688611?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE

Strelkov erwähnte vor ein paar Wochen schon, dass die Russen bis dato zu wenig EloKa eingesetzt hätten (dann wären die Anfangsschwächen vor allem mangelnder Quantität geschuldet), dies aber laut seinen Quellen jetzt korrigiert werden soll. Das würde genau dazu passen.


RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 29.06.2022

Die NATO will anscheinend (heute) beschließen, die Zahl ihrer schnell verlastbaren bzw. sofort einsetzbaren Kräfte von derzeit 40.000 Mann auf 300.000 Mann zu verstärken:
Zitat:+++ Live Ticker +++

Deutschland will sich mit 15.000 Soldaten an den erweiterten Nato-Eingreifkräften von insgesamt mehr als 300.000 Soldaten beteiligen. Die Bundesregierung sei bereit, „eine Division zu stellen, sprich: 15.000 Soldatinnen und Soldaten“, sagte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) am Dienstagabend kurz vor Beginn des Nato-Gipfels in Madrid. Dazu sollen nach ihren Angaben „circa 65 Flugzeuge und 20 Schiffe“ kommen. [...]

Deutschland sei bereit, dazu einen Beitrag zu leisten, sagte Lambrecht. Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte am Montag im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine ein neues Truppenmodell angekündigt, das die Staats- und Regierungschefs auf ihrem zweitägigen Gipfel ab Mittwoch billigen dürften.

Damit soll die Zahl der einsatzbereiten Nato-Kräfte zu Land, zur See und in der Luft nahezu verachtfacht werden – von derzeit rund 40.000 auf „weit mehr als 300.000". Stoltenberg sprach von der „größten Neuaufstellung unserer kollektiven Verteidigung und Abschreckung seit dem Kalten Krieg“.
https://www.faz.net/aktuell/ukraine-konflikt/ukraine-liveticker-15-000-bundeswehrsoldaten-fuer-nato-eingreiftruppe-18028371.html

Weiterhin - zu russischen Angriffen auf zivile Einrichtung (u. a. war vorgestern ein Einkaufszentrum bei Krementschuk von Raketen getroffen worden, wobei es vermutlich über 20 Tote gab):
Zitat:Krieg in Osteuropa

Selenskyj wirft Russland »Staatsterrorismus« vor [...]

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat nach dem Raketeneinschlag in einem Einkaufszentrum mit mindesten 18 Toten Russland den gezielten Angriff auf das zivile Objekt vorgeworfen. »Die russische Rakete hat genau dieses Objekt getroffen. Zielgerichtet. Offensichtlich gab es so einen Befehl«, sagte er in seiner täglichen Videoansprache . Ziel sei es gewesen, so viele Menschen wie möglich zu töten. Zur Untermauerung seiner Vorwürfe zeigte er Videoaufnahmen des Einschlags in der Stadt Krementschuk. Offiziellen Angaben zufolge gibt es immer noch 36 Vermisste.
https://www.spiegel.de/ausland/russland-ukraine-krieg-das-geschah-in-der-nacht-zu-mittwoch-29-juni-a-7ad7bd38-4053-4ef9-b21f-887535e86ee9

Schneemann


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 29.06.2022

JOMINI

https://twitter.com/JominiW/status/1541582909177470976

Zitat:Gesamtkarte: https://twitter.com/JominiW/status/1541582909177470976/photo/1

1/ Ukrainian TVD, Day 108-123. Mid-June has seen the Russian Armed Forces maintain their operational momentum and make important gains in the Donbas while the Ukrainian Armed Forces continue to press their counteroffensive in the Kherson Oblast.

Meiner Ansicht nach verlaufen sowohl die Offensive im Donbas wie auch die ukrainische Gegenoffensive mehr schlecht als recht. Important gains als Begriff zu verwenden finde ich etwas euphemistisch.

2/ Weather Outlook. The ten-day forecast will see temps range from 32-28 C during the day and 20-15 C at night. Little to know cloud cover favors air & missile strikes, while good night illumination may hamper UAF SOF activity. Wind Speed & direction favors RAF artillery.

Die Hitze schlaucht die Panzertruppe und die Infanterie (und auch viele andere Soldaten) noch weiter aus. Ein Aspekt der meist wenig Beachtung findet. Deutsche Soldaten die in voll-klimatisierten Fahrzeugen mit Klo und Wasserkocher im Fahrzeug patroullieren können sich heute kaum noch vorstellen wie heiß und stickig ein russisches Panzerfahrzeug im inneren ist.

Karte Kharkiv:

https://twitter.com/JominiW/status/1541582911446589442/photo/1

3/ Kharkiv OD. The situation here remains tenuous for both sides as heavy losses, coupled with priority of effort to the Izium-Lysychansk area have reduced the combat capacity & capability of units operating in Kharkiv. The RAF will continue attempts to advance closer to Kharkiv.

Es gab da laut Strelkov mehrere kleinere russische Vorstöße deren genauer Sinn sich nicht erschließt und die allesamt mehr oder weniger erfolglos waren. Nur an einer Stelle, den Namen kann ich allerdings nicht mehr wiedergeben, hatten die Russen hier einen taktischen Erfolg und sitzen da jetzt in den ukrainischen Stellungen. Das müssten die Ukrainer bereinigen da dies bei einer Wiederaufnahme der Offensive durch die Russen dort natürlich genau der Punkt wäre, wo man ansetzen kann.


Karte Ternova-Rubizhne:

https://twitter.com/JominiW/status/1541582912730107905/photo/1

4/ Ternova-Rubizhne AO. This area is the most critical portion of the Kharkiv OD for Russian & Ukrainian forces. Opposing force ratios will likely remain at 1:1 for quite some time. The RAF will likely continue their effort to regain control of Staryi Saltiv & the T2104 Hwy.

Karte Severodonetsk:

https://twitter.com/JominiW/status/1541582913824751617/photo/1

5/ Severodonetsk-Donetsk OD. The tactical situation in the Popasna Salient & south of Lysychansk has deteriorated for the UAF. Russian forces have managed to advance north toward Lysychansk along the Siverskyi Donets. These successes have forced the UAF to abandon Severodoentsk.

Karte Lysychansk:

https://twitter.com/JominiW/status/1541582915166937089/photo/1

6/ The UAF is in the process of consolidating and establishing new defensive positions in Lysychansk, but Russian forces are attempting to press their advantage along the T1303 Hwy and seize the heights in southern Lysychansk before the UAF fortify them.

Laut Strelkov gibt es dort bereits ausgebaute ukrainische Stellungen. Man befestigt dort also eventuell weniger als dass man vielmehr die vorhandenen Systeme noch weiter ausbaut.

Anbei:

https://www.youtube.com/watch?v=Ibdo5msrqbw

7/ If the RAF can keep the UAF units in Lysychansk off balance and threaten their encirclement it is likely the Ukrainian General Staff will opt to withdraw from Luhansk to establish a new defensive line on the heights running along the west side of the T0513 Hwy

Findet angeblich gerade eben schon statt. Man führt da nur noch Rückzugsgefechte und stütz sich dabei auf die bereits erwähnten befestigten Höhen im Süden ab.

8/ NW of Slovyansk Russian forces have been making slow but steady advances on a broad front roughly from Sosnove to Kuruika. Although UAF defensive positions are holding against successive assaults, pressure from the east could weaken this line.

Karte Zaporizhzhia:

https://twitter.com/JominiW/status/1541582918287609856/photo/1

9/ Zaporizhzhia OD. Activity in the OD generally remains localized attacks to improve tactical positioning, however the UAF has conducted a sizeable counterattack south of Vuledar that has liberated several towns and shifted the line of contact at least 10km further south.

10/ Partisan activity in this OD is steadily increasing with attacks common in Melitopol targeting Russian occupation administrators. Partisan activity is also targeting Russian supply convoys (rail & road) moving equipment through Melitopol to the Vasylivka & Polohy areas.

Hier stellt sich die Frage inwieweit das wirklich echte Partisanen aus der Bevölkerung heraus sind, oder inwieweit das nicht viel eher ukranische Sondereinheiten sind, welche in das Gebiet infiltrieren.

Karte Odessa / Kherson:

https://twitter.com/JominiW/status/1541582920460210180/photo/1

11/ Odesa-Kherson OD. The Ukrainian counteroffensive into northern Kherson has made gradual success over the last couple of weeks. Around Kherson City, the RAF has been pushed back from its first line of defenses, with the area between Blahodatne & Kyselivka heavily contested.

Laut Strelkov haben die Russen dort drei Verteidigungslinien. Und allein für die erste hat man jetzt schon erhebliche Zeit benötigt.

12/ The UAF retains a window of opportunity in Kherson to seize key points that will make the RAFs long term defense of Kherson problematic. These gains must be made before Russian EW, close air, & indirect fire support prevent a further penetration of secondary RAF defenses.

Karte Schwarzes Meer:

https://twitter.com/JominiW/status/1541582922771304448/photo/1

13/ Black Sea OTMO. The Russian blockade of Odesa continues but is coming under increased UAF air & UCAV pressure. Improved UAF strike capabilities threaten to degrade the Russian Black Seas Fleet ability to interdict shipping in and out of Odesa.



RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 29.06.2022

Michael Kofman (den ich wegen seiner ausgewogenen neutralen Haltung sehr schätze):

Zitat:https://twitter.com/KofmanMichael/status/1541806128874803200/photo/1

A few thoughts on the current course of the war. The Russian offensive grinds on in the Donbas. Both sides have made incremental gains, neither is near collapse, but equally, both lack the forces for a major breakthrough. Thread. (Will use some of Nathan's maps) 1/

https://twitter.com/KofmanMichael/status/1541806130682384388/photo/1

Over the past month Russian forces struggled to break out of Popasna, but have now taken Severodonetsk, and their advance at Toshkivka places them outside Lysychansk. The Russian military now threatens to sever the Severodonetsk/Lysychansk pocket. 2/

After first reinforcing the city, UA was forced to withdraw from Severodonetsk to Lysychansk, and from the area around Zolote. This allowed the Russian military to advance, threatening ground lines of communication. (Jomini has a good sitrep) 3/

If successful, Russian forces will eventually run into a UA line of defense at Bakhmut-Siversk. This will reset the battle line further west, but UA positions around Slovyansk & Kramatorsk remain heavily fortified. Russian forces have not had much success pushing from Izyum. 4/

Due to heavy losses in the early weeks of the war & difficulty in coordinating forces, the Russian military has been unable to conduct larger envelopments. Instead, forced into a plodding advance, concentrating fires, leveling towns, to press UA forces from their positions. 5/

The Russian goal in Donbas is likely to setup a battle for Slovyansk/Kramatorsk, with an axis of advance from Izyum and another from the east, assuming they were able to get past Bakhmut. This objective appears aspirational at best. 6/

The offensive in this part of the battlefield is likely to drag on, perhaps well into July or August. Though both sides are liable to become exhausted due to losses of manpower and materiel. 7/

North of Kharkiv there has been a see-saw battle between UA efforts to push Russian artillery away from the city & Russian efforts to retain a buffer. The fight is indecisive. It does not appear that UA has the forces to threaten Russian supplies to Izyum. 8/

https://twitter.com/KofmanMichael/status/1541806138580209664/photo/1

Around Kherson, west of the river, UA forces have made steady gains eating away at Russian positions & inching a bit closer to the city. The battle lines are more fluid here, and Russian forces are the most spread out in these positions. (Yellow UA gains, Purple RU per Nathan) 9/

https://twitter.com/KofmanMichael/status/1541806139817574401/photo/1

Kherson is where a future UA counter offensive could play out. Despite the present focus on the Donbas, economically and strategically Kherson is more significant, and it is where UA ability to conduct offensive operations will likely be tested in the future. 10/

The battle over Donbas is important but not especially decisive for Ukraine. UA has sought to exhaust Russian forces there by forcing attritional fights over cities/towns, while making localized counter attacks along other parts of the front. 11/

Recently there have been UA advances in the southern part of the Donbas by Vuledar. This suggests that Russian forces, while concentrated on the Lysychansk salient, are stretched thinly across a 800km+ front. 12/

https://twitter.com/KofmanMichael/status/1541806143177211904/photo/1

The general lack of force availability (on both sides) has forced this into an attrition war. The Russian military holds a substantial advantage in fires, although not a dramatic advantage in manpower and materiel, hence a lack of momentum in operations. 13/

Despite the focus on the map, who advanced at what rate, etc. the more important question is how the fighting affects the two forces & their prospects for sustaining the war. Gains may be small, but losses on both sides in a battle high. 14/

Russian forces are increasingly dependent on mobilized manpower from LDNR, Wagner ChVK, volunteers & reserve battalions manned by recently contracted servicemen. These units now absorb the bulk of the attrition. Fighting for Severodonetsk was largely by LNR mobilized units. 15/

The Russian mil is using LDNR as dismounted infantry, and trying to cobble the rest together (VDV, Motor rifle units, Wagner formations) into groups capable of offensive maneuver. They shift more capable forces around the battlefield to attempt localized advances. 16/

On the UA side, significant losses in recent months have led to a growing dependence on territorial defense forces and lower quality replacements. However, the situation does not suggest UA forces are anywhere near collapse in the Donbas. 17/

Ukrainian discourse in recent weeks had begun to paint a bleak picture in part to motivate faster delivery of Western military aid. UA is in a capability trench, low on ammunition, with losses mounting, in need of artillery & MLRS to attain some parity in an attrition war. 18/

HIMARS will allow UA to conduct strikes at tactical-operational depths, hitting Russian logistics & C2. But this capability is being provided in installments and the impact could be greatest when it is first introduced, before Russian forces attempt to adapt. 19/

This phase of the war will probably drag on into the summer. Costs on both sides are mounting, unsustainable casualties may lead to an operational pause in the coming months. That will still see a relatively dynamic battlefield rather than a stalemate (this is a guestimate). 20/

Overall, local mil balance in Donbas favors Russia, but long term trends still favor Ukraine. However, that estimate is conditional on sustained Western military assistance, and is not necessarily predictive of outcomes. This is likely to be a protracted war. 21/

I will follow up with a thread on force quality and availability. This strikes me as the more important question to examine. There are issues with degradation of force quality on both sides, and adaptations taking place that will shape the course of the war. 22/

I'll add that at this rate Russian gains in the Donbas are likely to be limited chiefly to Luhansk oblast, i.e. I'm skeptical of RU ability to press into Slovyansk/Kramatorsk. If sufficiently armed, UA should be able to generate forces for its own offensive in a later phase.

Some folks are treating that last add-on comment as an optimistic prediction. I guess it can read that way, but is not meant to be. More a sentiment based on the last 2 months. Wars don't progress in linear fashion. Difficult to account for the myriad intangibles involved.



RE: Russland vs. Ukraine - voyageur - 30.06.2022

Zitat:In jedem Fall haben die schädlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die europäischen Gesellschaften noch nicht richtig begonnen, ob er nun, wie zu befürchten ist, andauert oder, wie man angesichts des unsäglichen menschlichen Leids hoffen kann, in den kommenden Monaten beendet wird. Sie werden ab diesem Winter und zweifellos für lange Zeit spürbar sein.

Krieg in der Ukraine - Perspektiven nach vier Monaten
Theatrum belli (französisch)
Stéphane AUDRAND


Nach vier Monaten wütender Kämpfe, erheblicher menschlicher und materieller Verluste, der Zerstörung von Städten und Dörfern, Kriegsverbrechen und anderen barbarischen Akten, Spannungen auf den internationalen Getreidemärkten und einer Energiekrise, erweist sich die russische Invasion der Ukraine als ein Konflikt außerhalb der Norm, zumindest außerhalb der Normen, an die sich die westlichen Länder seit 1999 gewöhnt hatten:
Weit entfernte Konflikte, die in materieller und menschlicher Hinsicht wenig bindend waren und bei denen unsere Staatskanzleien den Luxus hatten, den Zeitpunkt der Intervention und den Zeitpunkt des Abzugs, die Freunde und Gegner, die einzusetzenden Kräfte und die zuzuweisenden Budgets selbst zu bestimmen. In jedem Fall haben die schädlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die europäischen Gesellschaften noch nicht richtig begonnen, ob er nun, wie zu befürchten ist, andauert oder, wie man angesichts des unsäglichen menschlichen Leids hoffen kann, in den kommenden Monaten beendet wird. Sie werden ab diesem Winter und zweifellos für lange Zeit spürbar sein.
Bequeme Konflikte mit völliger Straffreiheit in der Luft, einer ungeteilten Herrschaft über die Ozeane, wenig verwundbaren rückwärtigen Stützpunkten, menschlichen Verlusten, die oft unter den Unfallraten in Friedenszeiten lagen, und Operationen, die in ihrer Intensität und Dauer begrenzt waren.
Konflikte, die letztlich innenpolitisch nur ein Ablenkungsmanöver waren, ein politischer Nebenschauplatz der Debatten, ohne größere Auswirkungen auf den Lebensstandard und den Lebensstil unserer Bevölkerung oder die makroökonomische Ausrichtung.

All das ist vorbei. Der von Wladimir Putin eingeleitete Angriff hat zu einem dauerhaften, intensiven Konflikt geführt, der schwere und langwierige Auswirkungen auf den europäischen Raum, aber auch auf die Strukturierung der wirtschaftlichen und politischen Machtverhältnisse auf globaler Ebene haben wird. Auch wenn seine unmittelbaren Auswirkungen für die französische Gesellschaft derzeit noch relativ schmerzlos sind, könnte die Sache nicht von Dauer sein. Vor allem, und das ist wahrscheinlich, wenn der Krieg weitergeht.


Vom anfänglichen Scheitern zum russischen Aufschwung

Die recht flüssige und für Russland katastrophale Anfangsphase veranschaulichte die Schwierigkeiten einer groß angelegten, ehrgeizigen Operation, die im Geheimen auf einer falschen Einschätzung des Gegners aufgebaut wurde. Wladimir Putin, der von seinen eigenen Sprachelementen ebenso wie von einem Geheimdienstapparat, der nicht in der Lage war, ihm zu widersprechen, vergiftet wurde, glaubte wohl wirklich an die Schwäche des ukrainischen Staates, seiner Regierung und seiner Armee.

In der Annahme, es mit einer Marionette zu tun zu haben, die von korrupten Serientätern bedient wird und ein verzerrtes Spiegelbild seiner eigenen Verwaltung ist, startete der Herrscher des Kremls eine Operation, die durch einen anfänglichen heftigen Schock Verblüffung und den Zusammenbruch der Regierung in Kyiw, den Rücktritt von Präsident Selenski und die Massenkapitulation unfähiger, unmotivierter und von der russischen Macht überwältigter ukrainischer Soldaten bewirken sollte.

Kurzum, nachdem er den schnellen Fall Kabuls nach dem Abzug der Amerikaner fast kampflos miterlebt hatte, dachte der russische Präsident, dass er nur eine westliche Version des vom Westen aufgebauten afghanischen Staates vor sich habe. Dem war nicht so. Ebenso wie er nicht zugeben konnte, dass sich die ukrainische Gesellschaft frei zu westlichen Lebensweisen entwickeln könnte, ohne dass die CIA hinter dieser Ablehnung Russlands steht, war Wladimir Putin nicht in der Lage, sich einen stärkeren, entschlosseneren und geschickteren Gegner vorzustellen als 2014, als seine Truppen im Donbass und auf der Krim mehrfach ihre taktische und operative Überlegenheit unter Beweis gestellt hatten.

Die Operation, die am 24. Februar 2022 nach vier Monaten der Spannungen, die zu einem vorzeitigen Verschleiß von Menschen und Material beigetragen hatten, gestartet wurde, war daher als eine Art Spaziergang gedacht, mit unzureichender Logistik, einer sehr (zu) kurzen Phase von Erstschlägen und dem Bestreben, mehr politische als militärische Wirkung zu erzielen.

Der Anblick der russischen Kolonnen, die ohne Aufklärung oder Vorbereitung im Gleichschritt in ukrainische Dörfer einmarschierten, um dort selbst in russischsprachigen Gebieten zunächst mit Beschimpfungen empfangen und dann auf kurze Distanz von Panzerabwehrraketen und automatischen Waffen dezimiert zu werden, war ein Symbol für dieses Unverständnis des Gegners. Weit davon entfernt, wie die Tschechoslowaken 1968 kampflos die Waffen niederzulegen, kämpften die Ukrainer und in gewissem Sinne hat Wladimir Putin durch sein Handeln die ukrainische Nation zusammengeschweißt.

Nur der südliche Teil der Offensive, nahe der Krim, funktionierte bis zur Einnahme von Cherson "ungefähr wie geplant": Mit einer guten, gut geführten und ziemlich homogenen Infanterie gelang es der 49. kombinierten Armee, einen erheblichen Teil des Territoriums gegen lokal weniger widerstandsfähige ukrainische Kräfte einzunehmen.

Die zahlenmäßige Schwäche der von der Krim abziehenden russischen Truppen verhinderte jedoch einen schnellen Durchbruch, der die Einnahme von Mikolajew und Odessa vorausgesetzt hätte, zwei urbanen Gebieten, die für die Mittel der Invasoren viel zu groß waren. Allerdings verband nun ein breiter Landstreifen die Krim mit Russland und der Dnepr-Zuflusskanal wurde wieder gefüllt. Auf See haben die stillschweigende Blockade der russischen Flotte, der Rückzug privater Reedereien aus dem Kriegsgebiet und die Verminung der ukrainischen Küste, um Landungen zu verhindern, dazu beigetragen, das Land de facto von jedem Zugang zum weltweiten Seehandel abzuschneiden, was kataklysmische Auswirkungen auf die Wirtschaft hat, nicht nur über den Getreideexport.

Angesichts des anfänglichen ukrainischen Defensiverfolgs wurde vielfach die Erinnerung an den katastrophalen Einmarsch der UdSSR in Finnland 1939/40 wachgerufen. Dabei wurde jedoch etwas zu schnell vergessen, dass die Rote Armee nach wochenlangen blutigen Niederlagen die finnische Verteidigung schließlich mit einem ähnlichen Ansatz wie heute im Donbass - dem methodischen Vorrücken durch Feuer - durchbrach, was durch den Beschuss von über 300.000 Granaten während der ersten 24 Stunden der Offensive in Karelien im Februar 1940 veranschaulicht wurde.

Ein Blick auf die russische Militärgeschichte zeigt, dass der Beginn eines Konflikts oft schwierig oder sogar katastrophal ist, dass die russische Armee aber auch oft in der Lage ist, sich im Laufe der Zeit zu erholen. Um sich auf die Konflikte des 20. Jahrhunderts zu beschränken:
Das Desaster von Tannenberg 1914 verhinderte nicht die Broussilow-Offensive 1916.
Der Bürgerkrieg von 1917-1922 brachte die Rote Armee an den Rand des Abgrunds, bevor sie im Juli und August 1920 offensiv nach Polen zurückkehrte.
Und natürlich wurde die absolute Katastrophe der deutschen Invasion im Sommer 1941 schließlich unter erheblichen menschlichen und materiellen Kosten in einen Sieg verwandelt.

Seit dem wenig ruhmreichen, aber gut geführten Rückzug der in der Nordukraine eingesetzten Kräfte ist die russische Armee zu einer Form der "methodischen Schlacht" zurückgekehrt, die direkt aus dem 20. Jahrhundert stammt, aber auch mit modernen Waffen noch funktioniert. Diese Änderung der Haltung ging mit mehreren Anpassungen einher, die im Großen und Ganzen darin bestanden, die Mission an die Stärke anzupassen und nicht umgekehrt.

Die Russen konnten mit einem Format von rund 200.000 Mann nicht in ein Land einmarschieren, das Widerstand leistete. Sie konnten höchstens die städtischen Zentren besetzen und für Recht und Ordnung sorgen, wenn der ukrainische Staat zusammengebrochen war und seine Armee kapituliert hatte.

Der erste Akt der Korrektur bestand daher darin, die Front durch die Räumung des Nordens auf eine überschaubare Länge zu bringen. Dann wurde durch die Verkürzung ihrer Kommunikationslinien die russische Logistik gefestigt. Die vom Schienenverkehr abhängigen Nachschubköpfe liegen nun nahe genug an den Artilleriekonzentrationen, um die täglichen Ströme nachfragegerecht zu gestalten, während die Nutzung von Inlandsstrecken den Nachschub vor ukrainischen Eindringlingen zu Land oder aus der Luft schützt.

Durch die Konzentration auf ein Gebiet in der Nähe des russischen Hoheitsgebiets kann die Luftwaffe effektiver eingreifen und ihre Angriffe in sicherer Entfernung von der Front durchführen, ohne feindliches Gebiet durchqueren zu müssen oder sich mit der Deflation der zahlreichen Luftabwehrhüllen der eigenen Landstreitkräfte auseinandersetzen zu müssen.

Schließlich begrenzt die russische Armee durch die Situation eines langsameren, lineareren und vorhersehbareren Vormarsches ihre Führungs- und Kontrollprobleme, die zu Beginn der Krise durch den Verlust zahlreicher Generäle und hoher Offiziere sowie mehrerer Aufklärungseinheiten und anderer taktischer Gefechtsstände noch verschärft wurden.

Der derzeitige russische Vormarsch - einfallslos, aber effektiv.


Die russische Armee hat die Ideen des operativen Schocks, des mechanisierten Manövers in der Tiefe oder sogar der großen Umfassung nach Aufbrechen der gegnerischen Front aufgegeben und ist daher zu einem linearen Ansatz der Feuerkraft zurückgekehrt (auch wenn kleine Einkreisungen möglich sind):

Die ukrainischen Stellungen werden durch Kampfaufklärung identifiziert, die sie zur Enthüllung zwingt, und dann von einer überbordenden Artillerie zerschlagen, deren mangelnde Präzision durch die Anzahl und das Volumen des Feuers ausgeglichen wird.

Da die mittlere Reichweite des russischen Feuers (ohne Raketenwerfer) fünfzehn bis zwanzig Kilometer beträgt, erfolgt der Vormarsch also auf einer Hälfte dieser Tiefe, bevor die Batterien und Logistikköpfe verlegt werden müssen. Diese Eroberung ist unaufhaltsam angesichts eines Gegners, der nicht über ausreichende Mittel für Gegenbatterien verfügt, vor allem auf flachem Gelände, das sich kaum für die Tarnung der Kräfte eignet. Lediglich Stadt- und Industriegebiete, die aus Stahlbetonkonstruktionen bestehen und unterirdische Ebenen haben, bilden Widerstandspole, die von der Artillerie nicht reduziert werden können und durch Belagerung und Straßenkampf erobert werden müssen.

Selbst die Krise bei der Infanterie scheint der Kreml mit den in Russland üblichen Notlösungen bewältigt zu haben, ohne eine allgemeine oder teilweise Mobilisierung der russischen Stadtbevölkerung anzuordnen, was ein echtes politisches Risiko für die Macht bedeutet hätte.

Durch den Rückgriff auf Söldner, ausländische Freiwillige und vor allem auf Angehörige benachteiligter ethnischer Minderheiten aus dem Kaukasus oder dem Fernen Osten verfügt der Kreml über eine "verbrauchbare" Infanterie, die zwar kaum in modernen Kampfhandlungen ausgebildet ist, aber den doppelten Vorteil hat, dass sie oft die Grundlagen des Umgangs mit Schusswaffen kennt und im Feld eine größere "Rustikalität" an den Tag legen kann als die russische Stadtbevölkerung, die wenig begeistert von der Idee ist, sich an diesem Konflikt zu beteiligen.

Natürlich sind die so rekrutierten Infanteriekräfte weit von der Qualität der Fallschirmjäger entfernt, die zu Beginn der Krise verloren gingen, aber sie reichen aus, um die unter Artilleriefeuer zerschmetterten gegnerischen Stellungen zu "säubern". Auf lange Sicht, solange Moskau über beträchtliche Devisenreserven verfügt, kann die Rekrutierung hochbezahlter Freiwilliger fortgesetzt werden, da es sich nicht um riesige Truppenstärken handelt.

Darüber hinaus stehen aufgrund der Zyklen des russischen Nationaldienstes jedes Jahr mehrere zehntausend Wehrpflichtige zur Verfügung, die in mehreren Monaten ausgebildet werden, was ebenfalls langfristig einen Strom von mehr oder weniger begeisterten "Freiwilligen" erzeugt, die zum Teil im aktuellen Konflikt eingesetzt werden können.

Am anfälligsten ist die russische Armee im Bereich der Führung, und es wird viele Jahre dauern, bis die anfänglichen Verluste im Offizierskorps aufgeholt sind, was die Fähigkeit Russlands zu großen modernen kombinierten Operationen für lange Zeit beeinträchtigen wird. Russland verfügt über riesige Bestände an alten Panzern, die es reaktivieren kann, aber nicht über "Bestände" an alten Feldwebeln und Hauptleuten, die es verjüngen könnte.

Eine der großen Unbekannten, die über den russischen Bemühungen schwebt, ist die Fähigkeit, Artilleriemunition in ausreichender Menge zu produzieren, um die aktuellen Taktiken über den Sommer hinaus zu versorgen.

Erste Analysen der Trümmer moderner russischer Raketen zeigen deren Abhängigkeit von westlichen Komponenten, und es ist nicht sicher, ob das Land seine Langstreckenziele auf ukrainisches Territorium mit Marschflugkörpern oder ballistischen Raketen sehr lange fortsetzen kann, ohne seine Vorräte für die Vorsorge gegenüber der NATO anzutasten. Es besteht die Möglichkeit, dass China Ersatzteile oder sogar komplette Raketen liefert, aber Peking scheint sich derzeit eher mit verbalen Zusagen und grundsätzlicher Unterstützung zufrieden zu geben.

Europa und die USA sind lebenswichtige Exportmärkte für die chinesische Wirtschaft und Präsident Xi Jinping weiß, dass seine Bevölkerung an das Ende ihrer Toleranz gegenüber Wirtschaftskrisen gelangt. Während der Konflikt in Peking zweifellos als hervorragende Gelegenheit gesehen wird, Russland zu vasallisieren und ein von China abhängiges "Groß-Nordkorea" zu schaffen, scheint die chinesische Führung nicht bereit zu sein, sich frontal vom Westen - ihren Kunden - zu entfremden, um die russische Luftwaffe vor der Verknappung zu retten.

Abgesehen von Präzisionsmunition verschießen die Russen für ihre oftmals alten Systeme große Mengen an Artilleriegeschossen und Raketen. Diese Munition ist zwar nicht so stark wie die Präzisionsraketen von der Einfuhr westlicher Komponenten abhängig, doch ihre Produktion hält mit Sicherheit nicht mit den Feuerraten Schritt. Die Bewertung der russischen Bestände ist schwierig. Zu Beginn des Krieges waren sie beträchtlich, wahrscheinlich in der Größenordnung von mehreren Millionen Einheiten.

Bei einem Verbrauch, der mehrere zehntausend Schuss pro Tag betragen könnte, ist es jedoch fraglich, ob die russische Offensive über den Sommer 2022 hinaus mit der gleichen Kadenz fortgesetzt werden kann. Eine operative Pause wird notwendig sein, die umso kürzer ausfallen wird, je mehr die russische Industrie in der Lage ist, die Lagerbestände trotz der internationalen Sanktionen aufzufüllen. Aber wird die Ukraine bis dahin durchhalten?

Siege und Abnutzung der ukrainischen Armee.

Die Ukraine ihrerseits beginnt in der Tat, "die Schuld auf sich zu nehmen". Die Euphorie, die nach der russischen Evakuierung des Nordens des Landes und der Zerstörung des Kreuzers Moskwa vorherrschte, ist verflogen. Die Verluste, die von der ukrainischen Regierung allmählich eingeräumt werden, sind beträchtlich.

Mit 100 bis 200 Soldaten, die jeden Tag bei Operationen getötet werden, und wahrscheinlich doppelt oder dreifach so vielen Verwundeten verliert die ukrainische Armee jede Woche zwischen 3.000 und 4.000 Mann, was einer Brigade entspricht. Mit der Entscheidung, die Sievierodonezker Bresche und im weiteren Sinne die Stellungen im Donbass hartnäckig zu verteidigen, hat der ukrainische Generalstab einige seiner besten Nahkampfeinheiten in eine Schlacht verwickelt, in der sie ihr menschliches und materielles Potenzial nur nutzen können, um Zeit zu gewinnen.

Dieser Zeitgewinn ist jedoch nur dann militärisch sinnvoll, wenn er es ermöglicht, in der Zwischenzeit überlegene Kräfte zu generieren, den Gegner schneller zu zermürben oder anderweitig einen größeren politischen Vorteil zu erlangen.

Es ist nicht klar, ob dies der Fall ist, weder bei den Kräften noch bei der Politik. Vielmehr muss man in dem ukrainischen Willen, jeden Zentimeter Boden zu verteidigen, eine prinzipielle Haltung sehen, die darin besteht, kein Gebiet des nationalen Territoriums dem Eindringling zu überlassen, ohne es zuvor teuer erkämpft zu haben, um so noch lange Argumente gegen jede russische Annexionsstrategie von Gebieten zu haben, die aus Moskaus Sicht "stillschweigend aufgegeben" worden wären.

Dieser politisch verständliche Wunsch hat jedoch zur Folge, dass das Potenzial des militärischen Instrumentariums schneller abgenutzt wird, als es sich regenerieren kann. Die Tatsache, dass die Ukraine über eine große und motivierte Streitmacht verfügt, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Ausbildungsniveau der neuen Rekruten sehr niedrig ist und dass sich, wie in Russland, die sozialen Spannungen allmählich auf der Ebene der längeren Bindung der Soldaten bemerkbar machen.

Die Ukraine profitiert zwar von einem beträchtlichen (wenn auch abnehmenden) Zustrom ausländischer Freiwilliger, kann sich aber nicht auf dieselben "Tricks" wie Russland stützen, um ihre Truppenstärke aufrechtzuerhalten. Unter diesen Umständen hat es verheerende Auswirkungen auf ihre Moral, wenn sie den Härten des Kampfes - insbesondere dem Artilleriebeschuss - ausgesetzt sind, wie es die europäischen Armeen im Ersten Weltkrieg bitter erfahren mussten. Wenn unerfahrene Soldaten über längere Zeit unter gegnerischem Beschuss stehen und keine Möglichkeit haben, darauf zu reagieren, protestieren sie natürlich gegen ihre Führung.

Die einzige Möglichkeit, den russischen Vormarsch zu bremsen, besteht derzeit darin, die Munitionslager der russischen Logistikkette ins Visier zu nehmen. Der ukrainischen Armee fehlen jedoch die Mittel, um dies ausreichend und effektiv zu tun. Sie kann die russische Offensive verlangsamen, aber nicht stoppen, wie es vielleicht durch tief greifende westliche Angriffe auf Züge und Eisenbahnknotenpunkte möglich wäre.

Dasselbe gilt für lokale Gegenangriffe, von denen der größte Charkiw freigab. Die ukrainische Armee hat gezeigt, dass sie offensive kombinierte Operationen, an denen mehrere mechanisierte Brigaden beteiligt sind, bewältigen kann, doch auch hier fehlt es ihr an Mitteln:

Die russische Feuerkraft ist ohne nennenswerte Luftunterstützung verheerend, und Gegenangriffe bringen nur etwas Zeitgewinn, der mit hohen Verlusten verbunden ist. Es ist anzumerken, dass die Lieferung westlicher Artillerie mit großer Reichweite für die Ukraine zwar sehr nützlich ist, aber kein Allheilmittel darstellt.

Die Anzahl der gelieferten Systeme ist zu gering, um eine ausreichende Feuermasse zu bilden. Da die ukrainische Artillerie nicht über genügend Gegenbatterie-Radargeräte verfügt, die in einem komplizierten elektronischen Umfeld operieren, kann die ukrainische Gegenbatterie-Artillerie zwar einige "Treffer" erzielen, hat aber auch Schwierigkeiten, die russischen Batterien ins Visier zu nehmen.

Die Drohnen, die in der Lage sind, in der Tiefe für die Zielerfassung zu operieren, wurden größtenteils in der Anfangsphase "verbraucht", und die russischen Streitkräfte sind nun effektiver darin, sie abzuschießen. Die genaue Lokalisierung der russischen Batterien hängt daher von der Aufklärung ab, die durch den linearen Charakter der Front und die Truppendichte erschwert wird.

Die anfängliche "flüssige" Situation wurde übertroffen und durch die verkürzte Front ist man nun näher an den Argonnen im Jahr 1915 als an der von Guy Brossolet theoretisierten "Nicht-Schlacht", die man von Februar bis April erlebte.

Ein Beweis übrigens dafür, dass man in ein und demselben Konflikt mehrere Phasen haben kann, die sich in Bezug auf die Dichte der Kräfte und die Organisation des Kampfes stark unterscheiden, was eine große Anpassungsfähigkeit der Generalstäbe und der Streitkräfte voraussetzt.

Das Einsetzen der Schlammsaison, die die Operationen verlangsamen wird, wird die Bedingungen für eine Stabilisierung der Frontlinie verstärken, eine Situation, in der die Seite mit der schwersten Artillerie tendenziell die Oberhand gewinnt. Dies erschwert nicht nur den russischen Vormarsch, sondern auch den ukrainischen Rückzug, da die mechanisierten Streitkräfte gezwungen sind, entlang der Straßen zu operieren.

Derzeit verfügen die Ukrainer über die Mittel, um die russischen Invasoren zu bremsen, insbesondere durch das Halten der städtischen Gebiete, die sich als noch schwieriger zu erobern erweisen als im Zweiten Weltkrieg, aber nicht, um sie zurückzudrängen.

Es ist schwer vorstellbar, wie die Kiewer Armee in der Lage sein sollte, groß angelegte Gegenangriffe zu starten, die geeignet wären, das Staatsgebiet mindestens ein Jahr lang zu befreien. Und selbst dann nur, wenn es gelänge, im Westen des Landes ein homogenes, gut ausgerüstetes und ausgebildetes Kampfkorps zu bilden, das nicht an die Front gebunden ist. In der Zwischenzeit ist es jedoch fraglich, ob die Munitionsproduktion der westlichen Länder ausreichen wird, um die russische Feuerkraft auszugleichen, wenn die Europäer nicht erhebliche Anstrengungen unternehmen, um ihre industrielle Basis zu stärken.

Frankreich produziert bestenfalls einige zehntausend Schuss 155 mm pro Jahr. Es könnte der ukrainischen Armee also jedes Jahr nur so viel liefern, dass ein oder zwei Feuertage bei der derzeitigen Intensität gewährleistet wären, ohne seinen eigenen Bedarf zu vernachlässigen...

Wenn die Amerikaner eine sehr viel höhere Produktion in der Größenordnung von 300.000 Schuss pro Jahr haben, müssten ihre Fabriken mit theoretisch voller Leistung laufen (240.000 Schuss pro Monat), um den derzeitigen Bedarf der Ukraine zu decken.

Auch hier gibt es keine Anzeichen dafür, dass eine industrielle Mobilisierung in dieser Größenordnung im Gange ist.

Nach etwas mehr als hundert Kriegstagen begannen die westlichen Materiallieferungen zu versiegen. Die USA und ihre Verbündeten griffen weitgehend auf ihre knappen Munitionsvorräte zurück, was die Invasion bremste und Kyiw rettete. Doch die mutigen, aber unzureichend ausgebildeten ukrainischen Soldaten haben viel geschossen, viel "zu viel", wie es scheint, von der "reichen" Munition (Javelin, NLaw, Stinger). Die Lager waren bald leer und die Alliierten konnten nur noch einen bescheidenen Strom liefern, der an ihre Produktion in Friedenszeiten gebunden war.

Im Bereich des Großgeräts ist die Lage in der Ukraine nicht besser: Ein Großteil der Waffenfabriken, insbesondere um Charkiw, wurde mehr oder weniger stark beschädigt. Das Gros der Armee ist immer noch mit Material aus der Sowjetzeit ausgestattet, für das neue Teile und Munition anderswo nur schwer zu bekommen sind.

Die ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten haben ihre alten Lagerbestände zugunsten der Ukraine geleert und Rumänien hat zusammen mit Bulgarien Produktionslinien zur Herstellung kompatibler Artilleriemunition wiedereröffnet, aber das ist immer noch sehr wenig. Die Ukraine hat von der Eroberung zahlreicher Materialien profitiert, die aufgearbeitet oder "kannibalisiert" werden können, doch die Verluste sind hoch und das Land verfügt nicht über die gleichen Bestände wie Russland.

Die Lieferung zahlreicher ungleicher Materialien aus älteren Generationen (wie dem französischen VAB) und von unterschiedlichen Herstellern durch westliche Länder führt zu logistischen Schwierigkeiten, ohne dass es möglich wäre, große Einheiten einheitlich auszurüsten.

In der "Tiefe" scheint die Grenze des Westens in der Bereitstellung von Langstreckenraketen zu liegen, die in der Lage sind, die russische Logistik zu neutralisieren. Präsident Biden lehnte dies ab, wohl aus Angst, eine "rote Linie" zu überschreiten: Der Ukraine die Mittel zu geben, um russische Städte in der Tiefe zu treffen, könnte eine "unkonventionelle" Eskalation seitens Russlands rechtfertigen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach anfänglichen Erfolgen, die sowohl auf die gute Vorbereitung und Entschlossenheit der Ukraine als auch auf russische Fehler zurückzuführen waren, der Kampf sowohl brutaler als auch weniger komplex geworden ist und wir uns nun in einer Situation befinden, in der sich tendenziell "der Mächtigere" durchsetzt. Und das ist nicht wirklich die Ukraine.

Nicht mit diesem Ausmaß an westlicher Unterstützung in Form von Munition und Material. Während es kaum Zweifel daran gibt, dass das Tempo der Kämpfe gegen Ende des Sommers an Intensität verlieren wird, ist unklar, ob die Ukraine lange genug durchhalten wird, um nicht einen großen Rückschlag im Donbass und darüber hinaus zu erleiden. Der Rückzug der ersten ukrainischen Linien hat zum Zeitpunkt der Abfassung dieser Zeilen begonnen und ist immer noch ein heikles Manöver unter feindlichem Feuer.

Der Rückzug scheint sich auf Sievierodonetsk zu beschränken, und es scheint der Wille zu bestehen, weiterhin Lyssychansk und anschließend das Gebiet um Sloviansk und Kramatorsk zu verteidigen, selbst auf die Gefahr hin, dass das ukrainische Schlachtkorps, das dringend zur Ruhe gelegt werden sollte, dort noch mehr verschlissen wird.

Die Chancen auf Frieden scheinen gering zu sein, die Verhandlungen sind ins Stocken geraten, und während Präsident Zelensky diese Woche die G7 um Unterstützung bat, um den Krieg "vor Jahresende" zu beenden, scheint der Kreml zu antworten, dass der einzige Weg zur Beendigung der Kämpfe, den Moskau in Betracht zieht, die "Kapitulation" der Regierung in Kyiw ist. Derzeit macht also keine der beiden Seiten offiziell eine "Öffnung", die einen Waffenstillstandsprozess in Gang setzen könnte.

Wie geht es weiter? Die Auswirkungen eines anhaltenden Konflikts auf Europa und die Welt.

Im kommenden Jahr wird die große Frage sein, wie sich der Konflikt auf die Fähigkeit der Protagonisten auswirken wird, die großen militärischen Anstrengungen in Bezug auf Menschen und Material fortzusetzen.

Die Verhängung von Sanktionen gegen die russische Wirtschaft ist trotz der spektakulären Ankündigungen ein schrittweiser Prozess, der nur langsam Wirkung zeigt. Die jüngste Kontroverse um die Blockade der Kaliningrader Ströme durch Litauen steht somit im Zusammenhang mit dem vierten europäischen Sanktionspaket, das Mitte März verabschiedet wurde (seitdem gab es zwei weitere) und dessen Umsetzung schrittweise bis Ende 2022 erfolgen wird. Im Allgemeinen ist die russische Wirtschaft auf die Sanktionen, mit denen sie seit 2014 konfrontiert ist, "vorbereitet".

Das Land ist energie- und rohstoffautark und obwohl seine Abhängigkeit von importierten Komponenten und Materialien nicht unterschätzt werden sollte, wird es wahrscheinlich Jahre dauern, bis sie Wirkung zeigt. Sie kann seine Kriegsanstrengungen behindern, aber nicht zu seiner Niederlage führen.

Die Hypothese eines Ölembargos hatte das Potenzial, zu Beginn der Krise eine starke Wirkung zu entfalten, doch der Westen zögerte zu lange und sah sich mit der Mauer der Realität im Energiebereich sowie der Weigerung Indiens und Chinas konfrontiert, auf russisches Öl zu verzichten, das ihnen mit einem Abschlag von mehr als 30 USD pro Barrel angeboten wird.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass es den USA und Europa gelingt, einen Teil der russischen Kriegsanstrengungen für mehrere Jahre zu bremsen, indem sie die Ströme von Dual-Use-Gütern reduzieren, bis Moskau Alternativen gefunden hat. Langfristig werden sich diese Knappheiten jedoch in Grenzen halten und Russland auch dazu veranlassen, immer weiter aus dem "Weltsystem" auszubrechen und alternative Verbindungen zu einer wachsenden Zahl von Ländern aufzubauen, wodurch die Karten der globalen Wirtschaftssysteme neu gemischt werden.

Die russische Bevölkerung scheint sich damit abgefunden zu haben, diesen neuen Lebensstil zu akzeptieren und das Narrativ des Kremls zu unterstützen, indem sie sich wieder auf die Privatsphäre konzentriert. Ein "stilles Unbehagen" scheint für lange Zeit der Alltag der Russen sein zu müssen.

Auf ukrainischer Seite werden das Land und seine Bevölkerung auf Dauer lernen müssen, im Krieg, in der Kriegswirtschaft und im Kriegsleid zu leben, unter der ständigen Bedrohung von Bombenangriffen bis ins Herz des Landes, mit hohen Verlusten an Menschenleben und einem verschlechterten Lebensstandard.

Diese lange Zeit des Krieges wird zwangsläufig auf die Popularität der Regierung drücken, die zwar bislang große Beweglichkeit in der Kommunikationsschlacht und in der Diplomatie bewiesen hat, aber auch die materiellen Probleme bewältigen muss, die mit dem verlängerten Kriegszustand verbunden sind (Transport, Bildung, Freizeit, nichtmilitärische Produktion usw.).

In dieser Hinsicht sollte die Wiedererlangung eines - wenn auch begrenzten - Zugangs zum Meer für die Ukraine und ihre Unterstützer eine Priorität sein, vielleicht sogar noch mehr als das Halten des Donbass. Die Neutralisierung der Schlangeninsel, die Minenräumung eines Küstenkorridors bis zu den nahe gelegenen rumänischen Gewässern und der Schutz der Küstenzone durch Luft- und Schiffsabwehr könnten dem Land, das Mühe hat, über Schiene und Straße Handel zu treiben, einen Sauerstoffschub verleihen.

Eines der größten Risiken für die Ukraine besteht darin, dass die westliche Unterstützung, die das Land über Wasser hält und von der Präsident Zelensky im wahrsten Sinne des Wortes abhängig ist, allmählich versiegen wird. Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Energiekrise

in Europa werden sich im Winter bemerkbar machen und die Einheit der europäischen Unterstützung belasten. Deutschland beginnt offensichtlich, angesichts der Aussicht auf massive Gasabschaltungen, die einen Teil seiner Industrie zum Stillstand bringen würden, in Panik zu geraten, während die Inflation überall in Europa abhebt (6% in Frankreich, 17-20% in den baltischen Staaten).

Im Bereich der Elektrizität sind in diesem Winter Blackouts zu befürchten, die auf eine zu geringe Produktion zurückzuführen sind, da die erneuerbaren Energien nicht ausreichen, die deutschen und belgischen Atomkraftwerke unverantwortlich abgeschaltet werden und die Gaskraftwerke nicht in Betrieb genommen werden können. Die gesundheits- und klimaschädliche Kohle scheint 2022 in Europa leider eine Energie der Zukunft zu sein.

Die europäische Getreidesaison endet im Juli. Das im September 2022 beginnende Getreidejahr wird mit Düngemittelknappheit (Stickstoff, Kali) und hohen Kraftstoffpreisen zu kämpfen haben. Weitere Knappheiten zeichnen sich ab: Metalle, Nahrungsmittel usw.

Insgesamt haben die Europäer immer noch Schwierigkeiten zu erkennen, in welch privilegierter Lage sie sich befinden - ein historisches Erbe eines Platzes, den sie in der Globalisierung längst verloren haben. Jahrhunderts die Welt beherrschten und viele der "Werkzeuge" der Globalisierung - Finanzsystem, Seeverkehr, Industriestandards, internationale technische Gremien, große Handelsgesellschaften - mit definierten und begründeten, haben sich die Europäer durch das Überleben ihrer Marktpositionen und ihrer Fähigkeit, als Vermittler aufzutreten, den Zugang zu Ressourcen bewahrt.

Der laufende Zyklus der Neudefinition der geopolitischen Beziehungen hat gerade erst begonnen. Er könnte uns durch die "Entkopplung" der Volkswirtschaften diesen Zugang zu Ressourcen nehmen und uns mit der Realität eines europäischen Raums konfrontieren, der seine eigenen Bodenschätze und Energieressourcen erschöpft hat und der, wenn er das Glück hat, über Ackerland zu verfügen, um seine Bevölkerung zu ernähren, Importeur von "allem anderen" ist.

Daher wird die Versuchung für einige europäische Regierungen immer größer werden, in den kommenden Monaten zu versuchen, sich mit Russland zu versöhnen, in der Hoffnung, ihre Energieversorgung zu sichern. Die Einheit der europäischen Front wird davon abhängen, ob es uns gelingt, Blackouts und Engpässe in den Supermärkten zu vermeiden oder sie zumindest auf "sozial gerechte" Weise zu bewältigen.

Wir hängen ebenso sehr an den amerikanischen LNG-Lieferungen wie an der Hoffnung auf einen milden Winter, wir beginnen gerade erst zu verstehen, dass Rationierungen notwendig sein werden, ja, und dass es besser ist, sie fair zu organisieren, als den Schwarzmarkt ausufern zu lassen.

Fazit - der kommende Winter

Wie wir sehen, wird der Krieg zweifellos lang und schwierig sein und schwerwiegende Folgen für ganz Europa haben. Derzeit werden die Risiken einer Eskalation im nahen Ausland trotz der Rhetorik des Kreml glücklicherweise durch die NATO an den russischen Grenzen eingedämmt:

Die Mitgliedstaaten, die durch das Bündnis und die nukleare Abschreckung geschützt sind, sind sowohl vor Russland sicher als auch davon abgehalten, eine direkte Intervention durchzuführen, die eine Eskalation mit sich bringen würde. Ohne die NATO, die sie "mit ihren Verbündeten koordiniert", wären Polen und Balten vielleicht schon in die Ukraine eingedrungen. Die Eindämmung des Konflikts scheint eine Selbstverständlichkeit zu sein, aber sie ist auch eine tägliche Herausforderung, die genauso wichtig ist wie ihre Beendigung.

Ein plötzliches Ende der Kampfhandlungen ist zwar unwahrscheinlich, aber natürlich immer möglich, insbesondere in Verbindung mit unerwarteten politischen Entwicklungen in Russland oder der Ukraine. Die Möglichkeit eines einseitigen Stopps der Offensive infolge eines Regimewechsels in Moskau besteht, ist aber ebenfalls unwahrscheinlich: Wladimir Putin ist nicht allein und vielleicht nicht einmal der extremistischste der russischen Führer.

Die ukrainische Regierung könnte in der Hoffnung, Russland zu besänftigen, zu erheblichen territorialen Zugeständnissen gezwungen werden, wenn sie das Gefühl hat, dass ihre nationalen Widerstandskräfte am Ende sind. Es ist jedoch nicht sicher, ob Wladimir Putin bereit wäre, über eine Teillösung zu verhandeln, wenn er glaubt, dass er mit Gewalt noch weiter voranschreiten kann. Politisch gesehen kommen Verhandlungen nur dann zustande, wenn einer der Kontrahenten mit einer inneren Destabilisierung konfrontiert ist, die es lebenswichtig macht, den äußeren Krieg zu beenden (der Fall Russlands 1917), wenn beide Seiten eine festgefahrene Situation feststellen, deren gewaltsame Auflösung teurer wäre als Verhandlungen (die Zeit nach Jom Kippur 1973) oder wenn der internationale Druck zu stark ist (der französisch-englische Rückzug in Suez 1956). Keine dieser drei Hypothesen ist derzeit wahrscheinlich.

Mittelfristig wäre ein mit Waffengewalt errungener russischer Sieg eine Katastrophe, da er eine Bestätigung dafür wäre, dass die Grenzen des europäischen Raums mit Gewalt, Zerstörung und Verbrechen in Frage gestellt werden. Er wäre ein Signal an Moskau, dass es möglich ist, Aggressionszyklen unter dem Schutz seines Atomwaffenarsenals durchzuführen, und ein Anreiz für andere Mächte, die überall auf der Welt die aus dem Kalten Krieg hervorgegangenen Grenzziehungen in Frage stellen wollen.

Die weltweiten Spannungen könnten also selbst bei einem Waffenstillstand zunehmen, wenn Moskau substanzielle territoriale Zugeständnisse erzwingt, wie es sie seit 1945 noch nie gegeben hat (denn nein, so fragwürdig einige amerikanische Aktionen seit dem Ende des Kalten Krieges auch waren, sie haben nie zu einer Annexion von Gebieten durch Washington geführt).

In Europa besteht zudem die Gefahr, dass die Einstellung der Feindseligkeiten zu einer Rückkehr zu den alten Dämonen der Abrüstung und des Pazifismus führen könnte, weil Russland seinen militärischen Apparat so sehr verschlissen hat, dass es keine Bedrohung mehr darstellt.

Die westeuropäischen Staaten, die der Gefahr einer energie- und wirtschaftspolitischen Destabilisierung ausgesetzt sind und mit einer Stagflation konfrontiert sind, die ihre öffentlichen Finanzen zerfrisst, könnten entgegen ihren langfristigen Interessen den Abwärtszyklus ihrer militärischen Anstrengungen wieder aufnehmen und sich dabei auf die USA und ihre östlichen Nachbarn stützen.

Dies wäre ein Fehler: Unabhängig von der Zukunft der Atlantischen Allianz ist es wünschenswert, dass der europäische Raum in erster Linie von europäischen Soldaten und mit europäischen Waffen verteidigt wird. Wir müssen bereit sein, in Friedenszeiten den Preis dafür zu zahlen.

In jedem Fall haben die schädlichen Auswirkungen des Krieges in der Ukraine auf die europäischen Gesellschaften noch nicht richtig begonnen, ob er nun, wie zu befürchten ist, andauert oder, wie man angesichts des unsäglichen menschlichen Leids hoffen kann, in den kommenden Monaten beendet wird. Sie werden ab diesem Winter und zweifellos für lange Zeit spürbar sein.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 30.06.2022

Zitat:Die anfängliche "flüssige" Situation wurde übertroffen und durch die verkürzte Front ist man nun näher an den Argonnen im Jahr 1915 als an der von Guy Brossolet theoretisierten "Nicht-Schlacht", die man von Februar bis April erlebte.

Ein Beweis übrigens dafür, dass man in ein und demselben Konflikt mehrere Phasen haben kann, die sich in Bezug auf die Dichte der Kräfte und die Organisation des Kampfes stark unterscheiden, was eine große Anpassungsfähigkeit der Generalstäbe und der Streitkräfte voraussetzt.

Diese Erkenntnis ist wesentlich: Krieg nimmt immer phasenweise neue Formen an, wenn die bisher vorliegende Form scheitert, oder ihren Zweck erfüllt hat, oder sich sonstwie die Umstände ändern. Der Krieg schwankt daher ständig von einer Form zur nächsten und zwar fast jeder Krieg. Es ist kriegsgeschichtlich extremst selten dass ein Krieg nur in einer Form geführt wird. Seitens westlicher (europäischer) Militärs aber wird hier ein viel zu gleichbleibendes Geschehen angenommen. Man stellt daher ganz spezifische Streitkräfte auf, die auf eine bestimmte Weise kämpfen sollen. Wenn diese Art und Weise aber scheitert, und auch wenn sie erfolgreich ist, dann ändert sich eventuell die Form des Krieges so drastisch, dass die für eine andere Form konzipierten Streitkräfte dann erhebliche Nachteile darin haben.

Insgesamt also benötigt man Wehrstrukturen, welche wesentlich vielseitiger sind und die sich vor allem anderen sehr schnell und sehr weitgehend anpassen können. Entsprechend muss diese Anpassungsfähigkeit sich durch die ganze Armee ziehen, von der Beschaffung der Ausrüstung über die Ausbildung hin zur Doktrin und zur Strategie usw usw. Meiner Ansicht nach fehlt vielen westlichen TM (europäischen) Armeen aber genau diese Anpassungsfähigkeit weitgehend.

Armeen, insbesondere die Soldaten, die Offiziere selbst, sind querschnittlich meiner Meinung nach zu konservativ, neigen zu sehr zu Strukturextrapolierung und hängen zu sehr in den von ihnen selbst gezüchteten geistigen Inzuchtstrukturen fest. All dies wäre schon negativ genug, wird aber dann durch die Bürokratie und den Umstand dass viele europäische Streitkräfte, insbesondere diese Bundeswehr, mehr eine Art Verwaltung sind, die ganz nebenbei noch wie rein zufällig auch ein paar Kriegswaffen haben, drastisch verschlimmert. Die völlige (vor allem auch geistige) Erstarrung, die Unfähigkeit also sich anpassen zu können, wird dieser Bundeswehr in einem ernsthaften Krieg das Genick brechen und dies selbst dann, wenn sie in einer Eingangs-Phase (aus welchen Gründen auch immer) erfolgreich wäre.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 30.06.2022

Russland hat übrigens die Schlangeninsel geräumt. Nachdem man derart viel investiert hat um diesen völlig sinnfreien winzigen Felsen zu halten.

Und man hat anscheinend eine Reihe von ukrainischen Kämpfern frei gelassen (anscheinend ein Austausch, laut offiziellen Zahlen 144 Mann), darunter auch 43 Kämpfer des Azow Regimentes. Die Ultranationalisten in der RF rasen deshalb vor Wut und hängen das derart hoch auf dass sie schon von Verrat sprechen, während es umgekehrt in unseren Medien nicht mal eine Zeile wert ist.


RE: Russland vs. Ukraine - Schneemann - 01.07.2022

Zur Geschichte mit der Schlangeninsel:
Zitat:MILITÄRISCHER ERFOLG FÜR KIEW

Ukraine treibt Russland zum Rückzug von der Schlangeninsel

Nach zuletzt mehreren Rückschlägen an der Front im Donbass kann die Ukraine heute wieder einen militärischen Erfolg melden. Russland macht derweil widersprüchliche Angaben zum Angriff auf ein Einkaufszentrum. [...]

Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte den Rückzug von der Insel, die von den russischen Truppen bereits am ersten Tag des Überfalls auf die Ukraine am 24. Februar besetzt worden war. Es stellte den Abzug der russischen Truppen indes als „Zeichen des guten Willens“ dar. Damit werde der Weltgemeinschaft demonstriert, dass Russland die Bemühungen der Vereinten Nationen nicht behindere, einen humanitären Korridor zum Export landwirtschaftlicher Produkte aus der Ukraine zu organisieren. Die Ukraine könne es nun nicht mehr mit der Anwesenheit russischer Truppen begründen, dass sie kein Getreide über das Schwarze Meer exportiere, heißt es in der Erklärung des russischen Verteidigungsministeriums. [...]

Die nur 0,2 Quadratkilometer große Insel liegt dem Donaudelta vorgelagert direkt an der Grenze zwischen den Gewässern der Ukraine und Rumäniens. Die Kontrolle über sie erlaubt nach Ansicht von Militärfachleuten eine weitgehende Kontrolle über den nordwestlichen Teil des Schwarzen Meeres und den Luftraum im Süden der Ukraine. Das ukrainische Militär kündigte an, bald wieder eigene Soldaten auf die Insel zu schicken.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/erfolg-fuer-die-ukraine-russland-raeumt-die-schlangeninsel-18141345.html

Hinter die Darstellung, dass es eine humanitäre Aktion gewesen sei, mache ich mal ein großes Fragezeichen. Allerdings sehe ich es auch skeptisch, dass die Ukrainer die Russen zum Rückzug genötigt hätten. Vermutlich war es eher so, dass man russischerseits nicht so wirklich einen weiteren Sinn darin sah, dieses winzige Eiland in exponierter Lage zu halten und vielleicht tatsächlich unnötige Verluste zu riskieren, zumal der Besitz der Insel im Ansatz zwar medienwirksam war, aber rein strategisch und taktisch keine Vorteile brachte. Auch kann man die zur Sicherung abgestellten Einheiten nun anderweitig einsetzen.

Zu aktuellen Waffenlieferungen: Nun will auch Italien PzH 2000 liefern, damit wären es dann wohl 23 (12 gelieferte und 11 Zusagen) Exemplare:
Zitat:Italy delivers to Ukraine five PzH 2000 155mm self-propelled howitzers

According to information published by the Italian newspaper "Il Mattino" website on June 29, 2022, PzH 2000 155mm tracked self-propelled howitzers donated by Italy coming from the Italian army military inventory would be on their way to Ukraine. [...]

Italy would then be the 3rd NATO country to supply PzH 2000 155mm howitzers to Ukraine after the Netherlands and Germany. Indeed, in May 2022, the Army Recognition editorial team reported that Netherlands and Germany approved the delivery of 12 PzH 2000, 155mm tracked self-propelled howitzers to Ukraine. The Netherlands has provided five examples to Ukraine while Germany has supplied seven. On June 29, 2022, the German Defense Minister Lambrechts announced a new delivery of six additional PzH 2000 howitzers to Ukraine.
https://www.armyrecognition.com/defense_news_june_2022_global_security_army_industry/italy_delivers_to_ukraine_five_pzh_2000_155mm_self-propelled_howitzers.html

Schneemann


RE: Russland vs. Ukraine - lime - 01.07.2022

(01.07.2022, 12:08)Schneemann schrieb: Zur Geschichte mit der Schlangeninsel:
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/erfolg-fuer-die-ukraine-russland-raeumt-die-schlangeninsel-18141345.html

Hinter die Darstellung, dass es eine humanitäre Aktion gewesen sei, mache ich mal ein großes Fragezeichen. Allerdings sehe ich es auch skeptisch, dass die Ukrainer die Russen zum Rückzug genötigt hätten. Vermutlich war es eher so, dass man russischerseits nicht so wirklich einen weiteren Sinn darin sah, dieses winzige Eiland in exponierter Lage zu halten und vielleicht tatsächlich unnötige Verluste zu riskieren, zumal der Besitz der Insel im Ansatz zwar medienwirksam war, aber rein strategisch und taktisch keine Vorteile brachte. Auch kann man die zur Sicherung abgestellten Einheiten nun anderweitig einsetzen.

Zu aktuellen Waffenlieferungen: Nun will auch Italien PzH 2000 liefern, damit wären es dann wohl 23 (12 gelieferte und 11 Zusagen) Exemplare:
https://www.armyrecognition.com/defense_news_june_2022_global_security_army_industry/italy_delivers_to_ukraine_five_pzh_2000_155mm_self-propelled_howitzers.html

Schneemann

Scheinbar hat die Ukraine nun die Möglichkeiten (westliche Ari bzw. Munition) um die Schlangeninsel direkt unter Artilleriefeuer zu nehmen. Insofern wäre es Verschwendung wenn man russischerseits dort unter stetigen Verlusten bleiben würde. Die offizielle Begründung dürfte nur der Rahmen für diesen Fakt sein. Unabhängig davon dürfte die Insel keinen militärischen Wert haben.


RE: Russland vs. Ukraine - Quintus Fabius - 01.07.2022

Der Wert ist in Wahrheit politisch-wirtschaftlicher Art. Mit Inkorporierung dieser Insel in das russische Staatsgebiet kann man entsprechende Ansprüche auf bestimmte Seegebiete erheben.

Und, das folgende dürfte eventuell voyageur erfreuen: Es waren französische CAESAR Haubitzen welche die erforderliche Reichweite und Wirkung bereit stellten, welche zur Aufgabe der Insel führten.