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Re: Irak - Shahab3 - 04.01.2014

Ich vermute, dass Familenclans durchaus eine hohe Bedeutung im Balkan haben. Die in Teilen des Irak dominierende Stammeskultur ist aber vermutlich nicht vergleichbar und in ihrer Auswirkung auf das politische und private Leben erheblich präsenter. Im Irak, insbesondere in den Westprovinzen, werden ganze Ortschaften/Landstriche von einem Stamm/Clan kontrolliert. Damit meine ich, dass die eigentlichen Staatsgewalten durch die Stammesführung ausgeübt werden. Ich kenne mich im Balkan so gar nicht aus, aber ich vermute einfach mal, dass das dort nicht so extrem ist bzw sich auf kriminelle/mafiöse Strukturen reduziert. Im Irak stehen sie tatsächlich in Konkurrenz zur Staatsgewalt und stellen damit ein großes Hindernis beim "Nation Building" dar. Das "jüngst" in Afghanistan praktizierte Konzept, Staatsregierungen aus Stammesvertretern zusammen zu setzen, entstammt vom Ansatz der britischen und französischen Kolonialphase und hat nirgendwo funktioniert. Das sind konträre Strukturen.

Glücklicherweise bedrohen im Irak die eingesickerten Salafisten nun die Stammes-Strukturen, so dass die Stämme hier auf Seiten der Regierung aktiv wurden. Der irakische Staat und seine Sicherheitsorgane sind vermutlich viel zu schwach, sich gegen deratige äußere Faktoren zu verteidigen. Ein weiteres Problem mit den Stämmen ist, dass ihnen der Staat nichts bedeutet und sie notfalls opportunistisch agieren. Sie sind so lange loyal zur Regierung, so lange sie selbst davon profitieren. Das kann sich innerhalb weniger Tage um 180 Grad ändern.

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Edit: Rebellen der Gruppe Islamic State of Iraq and the Levant (ISIL) haben inzwischen die volle Kontrolle über Falludscha übernommen. Die Offensive der irakischen Armee ist verpufft.


Re: Irak - Erich - 05.01.2014

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.nzz.ch/aktuell/international/auslandnachrichten/55-aufstaendische-getoetet-1.18214820">http://www.nzz.ch/aktuell/international ... 1.18214820</a><!-- m -->
Zitat:55 Aufständische getötet

Irakisches Militär greift durch


Auslandnachrichten Gestern, 21:52

Irakische Sicherheitskräfte haben in der Unruheprovinz Anbar 55 «Al-Kaida-Kämpfer» getötet. Das sagte der Kommandant der irakischen Bodentruppen, General Ali Ghaidan Majid, am Samstag der Nachrichtenagentur AFP.
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Achtung - bei der NZZ ist nur eine beschränkte Anzahl von kostenfreien Aufrufen pro Monat möglich
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/irak1066.html">http://www.tagesschau.de/ausland/irak1066.html</a><!-- m -->
Zitat:Gewalt im Irak

Terrorgruppe auf dem Vormarsch

Ein Ableger des Terrornetzwerkes Al Kaida versucht sich im Westen des Irak niederzulassen. In Falludscha ist das der radikal sunnitischen Gruppe offenbar gelungen - trotz des entschiedenen Vorgehens der schiitisch dominierten Regierung.

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Ihr Ziel hat sich die Gruppe gleich in den Namen geschrieben: "Islamischer Staat im Irak und in der Levante", heißt sie. Und mit Levante sind Länder am östlichen Mittelmeer gemeint, also beispielsweise Syrien, der Libanon oder Jordanien.

Die Gruppe ist ein Ableger von Al Kaida und versucht sich im Westen des Irak einzunisten, vor allem in der Provinz Anbar. Die beiden Städte Falludscha und Ramadi sind ganz oder zu großen Teilen unter der Kontrolle der Terrorgruppe. Bewohner aus Falludscha erzählen im irakischen Fernsehen, viele Familien seien in die Dörfer außerhalb geflüchtet, die Geschäfte zu, die Straßen leer. Lebensmittel und Benzin würden knapp. Nur die Kämpfer seien draußen, immer wieder höre man Schüsse.
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In Ramadi, der Provinzhauptstadt, kämpfen Stammesführer mit den Truppen der Regierung gegen den Al-Kaida-Ableger. In Falludscha sieht das anders aus: Hier haben sich Familienclans wohl auf die Seite der Terrorgruppe geschlagen.

Der irakische Ministerpräsident Nuri al Maliki kündigte an, Anbar von Al Kaida und Verbündeten zu säubern. Und er appellierte an die Stammesführer: "Einige machen sich etwas vor. Sie sind in etwas hineingezogen worden - ohne zu merken, dass sie Al Kaida und deren Projekte unterstützen, auch in den Medien und politisch." Er forderte sie auf, dies noch einmal zu überdenken, "denn sie sind mit verantwortlich für die Konsequenzen, mit denen unsere Truppen konfrontiert werden beim Kampf gegen die Verbrecher und Mörder". Ein Armeegeneral schätzt allerdings, es werde wohl noch Tage dauern, bis die Al-Kaida-Kämpfer aus den Städten vertrieben sind.
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Hier zeichnet sich wohl ab, dass sich die syrische und irakische Regierung gemeinsam gegen die wahabitischen Al-Quaida stellen.


Re: Irak - Erich - 06.01.2014

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/irak1072.html">http://www.tagesschau.de/ausland/irak1072.html</a><!-- m -->
Zitat:Aufruf von Ministerpräsident Maliki

Falludscha soll sich selbst befreien

Nach der Eroberung der irakischen Stadt Falludscha durch Islamisten hat Regierungschef Nuri al Maliki Anwohner und Stammesvertreter zum Widerstand aufgerufen. Im Staatsfernsehen forderte er die Bevölkerung und die Stämme von Falludscha auf, "die Terroristen zu vertreiben". So sollten sie verhindern, dass ihre Stadtteile zum Schauplatz von Kämpfen zwischen den Aufständischen und Regierungstruppen werden.
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Seit Tagen unter Kontrolle der Al-Kaida-Verbündeten

Kämpfer der mit dem Terrornetzwerk Al Kaida verbündeten Extremistengruppe Islamischer Staat im Irak und der Levante (ISIL) hatten die Stadt in der westlichen Provinz Anbar in der vergangenen Woche unter ihre Kontrolle gebracht.

Falludscha war schon nach dem US-Einmarsch im Frühjahr 2003 eine Hochburg der sunnitischen Rebellen und Schauplatz heftiger Kämpfe. Schließlich gelang es den US-Streitkräften mit Hilfe regionaler Stammesmilizen, die Stadt und die Provinz Anbar unter Kontrolle zu bringen. Seit dem Abzug der US-Truppen Ende 2012 gewannen islamistische Rebellen in Anbar jedoch wieder an Boden.

Im Kampf gegen Al Kaida im Westen des Iraks hat der Iran der Regierung in Bagdad Hilfe angeboten. Falls der Irak anfragen sollte, werde man militärische Ausrüstung und Berater anbieten, zitierten iranische Medien den iranischen Stabschef Mohammad Hedschasi.
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Stand: 06.01.2014 10:45 Uhr
der Irak kann in der bestehenden Form der kolonialen Grenzen nicht zur Ruhe kommen;
die Minimallösung zur Beendigung des Konflikts ist eine Kantonisierung mit möglichst viel innerer Autonomie der ethnisch und religiös unterschiedlichen Landesteile.
Wenn das nicht reicht, wird der Irak zerfallen - in einen kuridschen Norden, einen sunnitisch-arabischen Westen und einen schiitisch-arabischen Süden. Diese unterschiedlichen Landesteile würden dann auch eine Pufferzone, eine Übergangsregion zwischen dem Iran und Saudi-Arabien bilden.


Re: Irak - Shahab3 - 06.01.2014

Zitat:der Irak kann in der bestehenden Form der kolonialen Grenzen nicht zur Ruhe kommen;
die Minimallösung zur Beendigung des Konflikts ist eine Kantonisierung mit möglichst viel innerer Autonomie der ethnisch und religiös unterschiedlichen Landesteile.

Das ist Unfung, bzw nicht das Problem. Auf dem Boden des heutigen Irak gab es schon lange niht mehr so viel regionale Autonomie und religiöse Freiheiten wie heute. In Anbar und bei den Serien von Bombenanschlägen haben wir es nicht mit einem Volksaufstand einfacher Sunniten zu tun, die sich (warum überhaupt?) benachteiligt fühlen. Das aktuelle Problem sind die Salafisten unter der Flagge von ISIL/ISIS, Al-Nusrah, Al-Kaida und Konsorten. Das sind international denkende Ideologen, keine die nationalstaatliche Probleme beackern. Sie sind diejenigen die im Irak die Bomben legen und nun Falluja kontrollieren. Das sind auch diejenigen die in Syrien die Massenhinrichtungen und Vertreibungen von Christen und Alawiten zu verantworten haben. Im Gegensatz zu den Taliban, die regional sesshaft und politisch integrierbar sind, ist das Problem mit ISIL und Co. tatsächlich nicht politisch lösbar! Die Salafisten nisten sich in jeden Staat von Zentralafrika bis Ostasien ein, der halbwegs labil und anfällig ist. Sie müssen also nahhaltig bekämpft werden. Einen anderen Weg gibt es nicht. Dann kann man auch darüber nachdenken, wie man die tatsächlichen Probleme der labilen Staaten individuel lösen kann.


Re: Irak - Erich - 06.01.2014

Shahab3 schrieb:...
Auf dem Boden des heutigen Irak gab es schon lange niht mehr so viel regionale Autonomie und religiöse Freiheiten wie heute. In Anbar und bei den Serien von Bombenanschlägen haben wir es nicht mit einem Volksaufstand einfacher Sunniten zu tun, die sich (warum überhaupt?) benachteiligt fühlen. Das aktuelle Problem sind die Salafisten unter der Flagge von ISIL/ISIS, Al-Nusrah, Al-Kaida und Konsorten. Das sind international denkende Ideologen, keine die nationalstaatliche Probleme beackern. Sie sind diejenigen die im Irak die Bomben legen und nun Falluja kontrollieren. Das sind auch diejenigen die in Syrien die Massenhinrichtungen und Vertreibungen von Christen und Alawiten zu verantworten haben.
...
Die Salafisten nisten sich in jeden Staat von Zentralafrika bis Ostasien ein, der halbwegs labil und anfällig ist. ....
da würde ich Dir nicht widersprechen - möchte aber ergänzen, dass diese islamistischen Terrorbanden sich nur festsetzen können, wenn in der Bevölkerung eine gewisse Akzeptanz vorhanden ist. Und diese Akzeptanz gilt es auszutrocknen.

Konkret:
Die Unruhen begannen, als der sunnitische Oppositionsführer im Irak seitens der Regierung Ärger bekam. Ob das nun ein Auslöser war, den die Salafisten nur ausgenutzt haben - oder aber tatsächlich ein breiter Ärger vorhanden ist, der den Salafisten entsprechenden Rückhalt in der Bevölkerung gibt, kann ich nicht beurteilen.
Ich habe aber Grund zur Annahme, dass die andauernden Erfolge der Salafisten nicht möglich wären, wenn nicht entsprechende Unterstützung seitens breiter Bevölkerungsschichten oder zumindest entsprechende Akzeptanz vorhanden wäre.


Re: Irak - Erich - 06.01.2014

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/irak-zweifrontenkrieg-gegen-die-islamisten-12739700.html">http://www.faz.net/aktuell/politik/ausl ... 39700.html</a><!-- m -->
Zitat:Irak
Zweifrontenkrieg gegen die Islamisten

06.01.2014 · Während die Terroristen im Irak gegen die Armee kämpfen, werden sie in Syrien von Rebellen angegriffen – und geraten in die Defensive. Die irakischen Sicherheitskräfte erlitten derweil die schwerste Niederlage seit dem Abzug der Amerikaner.
...

inzwischen sind die Dschihadisten des „Islamischen Staats“ erstmals in der Defensive – sowohl im Irak als auch in Syrien. In Falludscha und Ramadi geht die irakischen Streitkräfte mit Luftangriffen gegen sie vor. In Syrien macht ihnen die Offensive der Rebellen zu schaffen. Zuvor war es ihnen gelungen, ihren „Islamischen Staat“ grenzübergreifend zu konsolidieren. Das Einflussgebiet dschihadistischer Gruppen in der Region erstreckt sich von Falludscha und Ramadi im Osten über den Euphrat bis nördlich von Aleppo bis in den Libanon.
...



Re: Irak - Shahab3 - 07.01.2014

Erich schrieb:Ich habe aber Grund zur Annahme, dass die andauernden Erfolge der Salafisten nicht möglich wären, wenn nicht entsprechende Unterstützung seitens breiter Bevölkerungsschichten oder zumindest entsprechende Akzeptanz vorhanden wäre.

Die Art der Verbreitung/Ansteckung (als/über soziale Netzerke) sowie das exponentiell-epidemische Wachstum dieses Phänomens tragen charakteristische Züge einer Sozialen Epidemie. Insofern hast Du sicherlich nicht Unreht: Wäre die soziale Ansteckung der anfangs neutralen und gemäßigten Personen schwierig, wäre die Epidemie als Solche bedeutungslos bzw nicht existent. In Krisengebieten ist die Ausbreitung militanten , salafistischen Gedankenguts epidemisch, trifft dort auf besonders guten Nährboden.

.....................................................................................................

Zitat:Sun Jan 05, 2014 7:30
Iran Offers to Aid Iraq in War on Terrorism

TEHRAN (FNA)- A senior commander of the Iranian Armed Forces said Tehran is ready to provide Iraq with logistical backup to help the Muslim neighboring nation in its war on terrorism.

Deputy Chief of Staff of the Iranian Armed Forces for Logistics and Industrial Research General Mohammad Hejazi pointed to some reports by some Iraqi newspapers that Iraq has asked for Iran’s help to confront the Al-Qaeda terrorist organization, and said, “I am not informed of any such demand, but if Iraq asks for consultation or equipment aid, we will provide it.”
...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://english.farsnews.com/newstext.aspx?nn=13921015001350">http://english.farsnews.com/newstext.as ... 1015001350</a><!-- m -->


Re: Irak - Patriot - 07.01.2014

Shahab3 schrieb:
Erich schrieb:Ich habe aber Grund zur Annahme, dass die andauernden Erfolge der Salafisten nicht möglich wären, wenn nicht entsprechende Unterstützung seitens breiter Bevölkerungsschichten oder zumindest entsprechende Akzeptanz vorhanden wäre.

Die Art der Verbreitung/Ansteckung (als/über soziale Netzerke) sowie das exponentiell-epidemische Wachstum dieses Phänomens tragen charakteristische Züge einer Sozialen Epidemie. Insofern hast Du sicherlich nicht Unreht: Wäre die soziale Ansteckung der anfangs neutralen und gemäßigten Personen schwierig, wäre die Epidemie als Solche bedeutungslos bzw nicht existent. In Krisengebieten ist die Ausbreitung militanten , salafistischen Gedankenguts epidemisch, trifft dort auf besonders guten Nährboden.

Außerdem nimmt die Geschwindigkeit der Ausbreitung mit Dauer und Brutalität des Konfliktes zu. Syrien und Irak waren und sind hierfür leider Paradebeispiele. Die Saudi Intentionen bzgl des Konfliktes dürften von Anfang an in diese Richtung zu werten sein. Mit jedem zerstörerischen Konflikt steigt, mittels der extremistischen und ruhelosen Salafi-Ideologie, ihr Einfluss in der Region.

Zitat: “I am not informed of any such demand, but if Iraq asks for consultation or equipment aid, we will provide it.”
...

Theoretisch könnten sogar iranische Truppen auf irakische Anfrage durchaus direkt eingreifen, völkerrechtlich gäbe es da nicht viel zu beanstanden. Es wäre aber intelligenter, mit Rücksicht auf die aktuelle geopolitische Lage und auch mit Blick auf die sunnitische Minderheit, nur indirekt um Hilfe zu bitten. Insgesamt sehe ich aber die Notwendigkeit einer Unterstützung von Außen. Sollten die Iraker dem Ganzen nicht Herr werden, sehe ich ernsthafte Tendenzen eines Auseinanderbrechens des Iraks und ein Übergreifen der Konflikte auf unittelbare Nachbarregionen. Ein solches Szenario sollte den Iran als dann betroffenen erst Recht die Grundlage geben präventiv, zusammen mit der irakischen Regierung vorzugehen. Ein koordiniertes Vorgehen wäre daher nur im Sinne der gesamten Region.


Re: Irak - Schneemann - 12.01.2014

Zitat:Kämpfe im Irak: Die doppelte Belagerung von Falludscha

Die irakische Armee hat seit Tagen Falludscha umzingelt. Die Truppen wollen die Qaida-Kämpfer vertreiben, die den Ort teilweise unter ihre Kontrolle gebracht haben. Örtliche Stammesvertreter versuchen, weiteres Blutvergießen verhindern.

Bagdad/Falludscha - Ein Großangriff der irakischen Armee auf die Stadt Falludscha im Westen des Landes scheint [...] abgewendet. Stammesvertreter bemühen sich seit Freitag, ein Abkommen zwischen Qaida-Kämpfern und der Regierung in Bagdad zu vermitteln. Solange diese Verhandlungen andauern würden die Truppen, die Falludscha in der vergangenen Woche umzingelt haben, den Ort nicht angreifen, versicherten Militärvertreter.

Die Vermittler wollen, dass die Kämpfer der Qaida-Miliz "Islamischer Staat im Irak und in Syrien" (ISIS) die Kontrolle über die Stadt lokalen Stammesmilizen übergeben. Die militanten Islamisten sollten sich aus Falludscha zurückziehen, im Gegenzug müsse die Regierungsarmee von einer militärischen Einnahme der Stadt absehen. [...] Zehntausende Menschen sind vor der Gewalt aus Falludscha und Ramadi geflohen. In ruhigeren Zeiten leben in beiden Städten jeweils rund 500.000 Menschen.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/in-falludscha-vermitteln-stammeschefs-zwischen-isis-und-regierung-a-942970.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/i ... 42970.html</a><!-- m -->

Indirekt ist es ja schon bezeichnend: Als die US Army und das USMC anno 2004 Falludscha zusammenschossen, um die sunnitischen Extremisten dort zu vernichten, redete man frei heraus und boshaft von "Besatzern" (US Army) und "Rebellen" (Islamisten). Genau genommen sind ja nun wieder "Rebellen" dort, aber heute echauffieren sich genau die, die damals das Vorgehen der US-Truppen gnadenlos geißelten, über die einstmaligen "Rebellen", die nun zu "sunnitischen Terroristen" werden durften und die es ja heute durch die schiitisch zementierte Dawa-Partei dieses intranational wirkenden Halbdespoten al-Maliki in Irak "zu vernichten gilt". Man sieht aber eben wieder einmal, wie schnell die Grenzen der "Wahrnehmung" sich bezüglich Nahost verschieben...

Schneemann.


Re: Irak - Shahab3 - 12.01.2014

@Schneemann
Zitat: Als die US Army und das USMC anno 2004 Falludscha zusammenschossen, um die sunnitischen Extremisten dort zu vernichten, redete man frei heraus und boshaft von "Besatzern" (US Army) und "Rebellen" (Islamisten).

Die USA waren eine der fremden Besatzungsmächte. Gegen die fremden Besatzungsmächte wurde keinesfalls nur von Salafisten ein Partisanenkrieg geführt. Für die Amerikaner war natürlich alles "Al-Kaida Terror" was sich gegen ihre Besatzung militärisch zur Wehr setzte. Aber dass die Amerikaner von einem "Krieg gegen den Terror" bzw "Kampf gegen Al-Kaida" gesprochen und ihren Krieg auf diese Weise vermarktet haben, hat doch keine Relevanz für die Dokumentation der sich tatsächlich stellenden Situation. Das Spiel mit den Terminologien (Terror, Freedom, Democracy, Al-Kaida, Bin-Laden, gähn.. ) war im Irak ein Kernelement der amerikanischen Marketingstrategie und wir wurden daher auch im Fernsehen jeden Tag gefühlte 30 Mal mit dem Wort "Terror" bombardiert. Das heisst aber nicht, dass es auch tatsächlich nur religiöse Fanatiker oder Terroristen waren, gegen die sie gekämpft haben.

Die Besatzer haben viel mehr gegen ein relativ breites Spektrum aus gemäßigten bis radikalen Sunniten/Schiiten, alte Baath Kader bzw generell irakische Nationalisten gekämpft. Jede dieser irakischen Gruppen hat dabei durchaus legitim gehandelt, sofern sie gezielt die Besatzungsmacht angegriffen hat.

Auch ein Widerstand gegen die russische, amerikanische und britische Besatzung Deutschlands wäre in meinen Augen völlig legitim gewesen. Auch wenn er von kommunistischer oder nationalsozialistischer Seite geführt worden wäre, aber nur dann wenn er sich gezielt gegen die ausländischen Besatzer gerichtet hätte. Tatsaächlich hat sich das deutsche Volk allerdings als sehr opportunistisch erwiesen und sich sowohl an die kommunistischen wie auch die amerikanischen Besatzer leicht angepasst und mit ihnen abgefunden. Damit war die Teilung Deutschlands in Interessensgebiete der Besatzungsmächte ein Leichtes!

Zitat:Genau genommen sind ja nun wieder "Rebellen" dort, aber heute echauffieren sich genau die, die damals das Vorgehen der US-Truppen gnadenlos geißelten, über die einstmaligen "Rebellen", die nun zu "sunnitischen Terroristen" werden durften

Es sieht so aus, als handele es sich bei den Rebellen/Terroristen (nenne sie doch einfach wie du willst) konkret um Kämpfer der militanten, supranationalen Salafistengruppe ISIL, die wohl tatsächlich ihren Ursrpung in der amerikanischen Besatzungsphase des Irak hatte und dort auch schon gegen die Amerikaner kämpfte und nun womöglich in größerer Zahl von der Kurdenmiliz YPG aus Nordost-Syrien vertrieben wurde. Diese Gruppe hat das Ziel erklärt, die Staaten der Region zu destabilisieren, zu zerschlagen und ein neues salafistisch geprägtes Kaliphat/Emirat von Palästina, über Jordanien, Syrien bis Irak zu errichten. Unter ISIL vereinen sich laut versch. Internetquellen ca. 6-10.000 Kämpfer mit internationaler Zusammensetzung. Selbstverständlich haben die etablierten Staaten dort ein erhebliches Interesse daran, diese Gruppe zu vernichten. Staatsfeindlicher und militanter kann eine Gruppe praktisch nicht sein. Sie zu bekämpfen dient nicht nur dem Schutz staatlicher Ordnung, sondern auch zum Schutz der großen Mehrheit vor einer extrem radikalen und gewaltbereiten Minderheit. Der Ansatz des, Zitat Schneemann, "Halbdespoten Maliki", die lokale mehrheitlich sunnitische Bevölkerung von Anbar und die dortigen Stammeführungen in den Kampf gegen die ISIL mit einzubinden halte ich für sehr intelligent. Auch wenn mich Stammesstrukturen generell irritieren, so können sie zumindest hier ihre Nützlichkeit erweisen.


Re: Irak - Shahab3 - 09.02.2014

Zitat:Iraq attacks kill 70 as gunmen make gains in Anbar
By Colin Freeman

4:18PM GMT 15 Jan 2014

Iraq's prime minister warned that al-Qaeda was trying to turn a vast chunk of his country into an “evil statelet” last night after one of the worst days of violence in months.

A combination of bomb attacks and shootings claimed the lives of at least 75 people, including 18 who were killed in a blast at a funeral tent in a village near Baquba, north of Baghdad. The crowds were mourning a pro-government Sunni militiaman killed two days before
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.telegraph.co.uk/news/worldnews/middleeast/iraq/10574558/Iraq-attacks-kill-70-as-gunmen-make-gains-in-Anbar.html">http://www.telegraph.co.uk/news/worldne ... Anbar.html</a><!-- m -->


Re: Irak - Schneemann - 13.02.2014

Zur Lage der Binnenflüchtlinge im Irak, derzeit rund 1,4 Millionen, vor allem auch im Kontext der laufenden Auseinandersetzungen mit Islamisten in der Anbar-Provinz:
Zitat:Violence in Iraq's Anbar province 'displaces 300,000'

Up to 300,000 people have now been displaced by the fighting between Sunni militants and security forces in Iraq's western province of Anbar, the UN says. Militants led by the jihadist Islamic State in Iraq and the Levant (ISIS) took over parts of the cities of Falluja and Ramadi in late December. Since then, troops and allied tribesmen have struggled to regain control. [...] A further 1.1 million internally displaced people (IDPs) have still not returned to communities in Iraq wracked by violence since 2003.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-26150727">http://www.bbc.co.uk/news/world-middle-east-26150727</a><!-- m -->

Schneemann.


Re: Irak - Shahab3 - 17.02.2014

Schneemann schrieb:Up to 300,000 people have now been displaced by the fighting between Sunni militants and security forces in Iraq's western province of Anbar, the UN says.
...
A further 1.1 million internally displaced people (IDPs) have still not returned to communities in Iraq wracked by violence since 2003.

Die direkten Folgen des amerikanischen und saudischen Engagements im Irak wohlgemerkt. Und jetzt liefern die Amerikaner hektisch neue Drohnen und Kampfhubschrauber an die irakischen Streitkräfte, um damit die Proxies ihrer saudischen Verbündeten zu töten. In Syrien liefern beide Seiten Waffen an die sogenannten "Rebellen", die inzwischen zu tausenden aus dem europäischen Kernland zum Jihad nach Syrien eingedrungen sind. Diese "Rebellen" sind prinzipiell die gleichen, die in Anbar gegen die amtierende irakische Regierung kämpfen. Kürzlich haben die Amerikaner den Saudis 15.000 PALR verkauft. Wo sollen die wohl landen? Diese Form der Arbeitsteilung ist einer bewusst Chaos stiftenden Politik geschuldet. Da fragt man sich, warum sie so agieren? Ich kann es mir nur so erklären, dass das Chaos die Ölpreise hochtreibt, wovon die beiden dominanten Akteure ja am meisten profitieren und die Amis können sich dadurch nebenbei auch noch ihre eigenen Fracking-Bestrebungen schön rechnen, die bekanntlich ab Ölpreis x [wäre zu googlen] wirtschaftlich werden.

Zitat:Iraqi forces retake control of Sulaiman Bek: Officials
Mon Feb 17, 2014 5:44PM GMT

Security forces in Iraq have retaken the northern town of Sulaiman Bek and surrounding areas in Salahuddin Province following clashes with militants stationed in the town, officials say.

Army and police forces that were backed by helicopters attacked Sulaiman Bek on Monday, forcing militants to retreat, local official Talib al-Bayati said.

The Monday assault on the town left 15 militants dead.
...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.presstv.ir/detail/2014/02/17/351121/iraqi-forces-retake-sulaiman-bek/">http://www.presstv.ir/detail/2014/02/17 ... aiman-bek/</a><!-- m -->


Re: Irak - Mitleser - 17.02.2014

Shahab3 schrieb:....Da fragt man sich, warum sie so agieren? Ich kann es mir nur so erklären, dass das Chaos die Ölpreise hochtreibt, wovon die beiden dominanten Akteure ja am meisten profitieren und die Amis können sich dadurch nebenbei auch noch ihre eigenen Fracking-Bestrebungen schön rechnen, die bekanntlich ab Ölpreis x [wäre zu googlen] wirtschaftlich werden.
...

Good point. Auch die texanischen konventionellen Ölquellen sind ja nicht mehr das, was sie mal waren. Aber wenn der Preis nur hoch genug ist, rechnet sich das wieder. Über diesen Zusammenhang wurde schon beim Irakkrieg spekuliert.


Re: Irak - Erich - 09.03.2014

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/irak-anschlag124.html">http://www.tagesschau.de/ausland/irak-anschlag124.html</a><!-- m -->
Zitat:Viele Tote bei Sprengstoffanschlag

Kein Ende der Gewalt im Irak

Im Süden des Iraks sind bei einem Selbstmordanschlag nach Polizeiangaben mindestens 42 Menschen getötet worden, unter ihnen zahlreiche Zivilisten. Laut örtlicher Polizei wurden mehr als 100 Menschen verletzt.

...

Für den Anschlag übernahm zunächst niemand die Verantwortung. Er trägt allerdings die Handschrift einer sunnitischen Extremistengruppe, die häufig Selbstmordattentate und Autobomben nutzt, um Anschläge auf öffentliche Plätze und Regierungsgebäude zu verüben. Ziel der Gruppe ist es, das Vertrauen in Regierungschef Nuri al Maliki zu unterminieren. Maliki gehört wie die Mehrheit der Bevölkerung im Irak der schiitischen Glaubensrichtung an. Er gilt gilt als Hardliner, der versucht, die sunnitische Minderheit aus der Politik des Landes herauszuhalten.

UN-Angaben: Mehr als 8860 Tote im vergangenen Jahr
...
Stand: 09.03.2014 16:21 Uhr