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- Erich - 02.02.2007

Thomas Wach schrieb:....

Ich finde daher die Aktion, iranische Agenten zum Töten frei zu geben, rechtlich fraglich, sehr riskant, aber auch ein Schritt zumindest um diesen Gordischen Knoten zu entwirren. ....
das wird nicht dazu beitragen, den Irak zu befrieden - im Gegenteil, damit werden die Spannungen zu Iran und den Schiiten bzw. zwischen den Schiiten noch verstärkt
Zitat:Um eins klar zu stellen: Der Irak ist jetzt schon ein grausamer, blutiger Fehlschlag. Mit reinem Humanismus und Philathropie wird man da momentan nicht viel bewegen können. Daher kann man sicher darüber streiten, ob das Vorgehen der USA im weiteren Rahmen (international, rechtlich) vertretbar ist.
das ist nicht nur eine rechtliche Frage sondern auch eine Frage der Opportinität - ich halte die Entscheidung jedenfalls nicht für zielführend
Zitat:Aber der Iran mischt sich nunmal ein, das ist Faktum.
Der Iran ist Nachbar und Schutzmacht der Schiiten - und er mischt sich genauso ein wie Saudi-Arabien als Nachbar und Schutzmacht der Sunniten. Am meisten aber mischen sich die Amerikaner ein, die nicht mal Nachbarn geschweige denn traditionelle Schutzmacht sind (allenfalls noch neue Schutzmacht der Kurden ....).
Von "gleicher Augenhöhe" aus betrachtet - und das ist den Muslimen und den Arabern ein inneres Bedürfnis - muss dann konsequent noch eher jeder Amerikaner auf der Abschussliste stehen.
Zitat:..... Stärke und auch Entschlossenheit zu demonstrieren, wenn es sein muss auch gegen deren Unterstützer im Ausland. Das ist wohl der dahinter liegende Gedanke ....
genau das ist es - damit wird für Terroristen der nächste Einsatz in den USA legitimiert.

aber so einfach ist das alles dann auch gar nicht:
Zitat:Denn viele schiitische Milizen erhalten Unerstützung seitens Irans. ......Sieht man sich nun den Fall Naschaf liest man auch, dass dieser schiitische Möchtegernmessias und Mahdi auch zunächst zu Al-Sadr gehörte, dann aber sich von ihm entfernte. ..........
Das macht das ganze Bild eben kompliziert: Sunnitische Stammesmilizen, die ausländische und Al Quaida Krieger jagen, dann wiederum kämpfen sie gemeinsam gegen die Schiiten, die iranisch gesinnt sind und antisunnitisch, wobei national gesinnte Schiiten auch wieder den Schulterschluß zumindest zeitweise gesucht hatten mit national gesinnten Sunniten, um gegen die Amerikaner und die "Agenten Teherans" zu kämpfen, ständig wechselnde Allianzen, sich neu bildende Widerstandsgruppen und wieder verschwindende Einheiten mit jeweils eigenem Profil und eigenen Zielen. Dieses tödliche Tohuwabohu zu ordnen, ist sicher nicht die leichteste Aufgabe und daran würde jeder Akteur wohl verzweifeln.
Und so oder so, irgendwann wäre der durch Saddams Gewaltregime aufgestaute Druck und Zweispalt zwischen den Irakern mal durchgebrochen und rausgekommen... Nun eben jetzt...
damit, Thomas, bestätigst Du eine Aussage in nachstehendem Artikel - ein heilloser Durcheinander, und in diesem Chaos verursachen die USA etwas Ordnung zu bringen; so wie sie das anstellen wird es ihnen gelingen - indem nämlich nach den Sunniten auch noch die Schiiten gemeinsam Front gegen die Amerikaner machen und sich alle Fraktionen (nehmen wir mal die Kurden aus) verbünden, um die Amerikaner gemeinsam zu bekämpfen, bis man dann - sobald Uncle Sam den Irak verlassen hat - wieder aufeinander losgeht;
dazu passt dann auch diese Nachricht aus der Tagesschau:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6369630_REF3,00.html">http://www.tagesschau.de/aktuell/meldun ... F3,00.html</a><!-- m -->
Zitat:US-Geheimdienstbericht sieht wachsende Gefahr im Irak
Schlechte Nachrichten für Bush-Regierung

Die Lage im Irak wird immer gefährlicher und der Einfluss der USA schwindet zusehends - zu diesem Schluss komme ein Geheimdienst-Bericht für US-Präsident George W. Bush, meldet die "Washington Post". ....
Stand: 02.02.2007 17:44 Uhr

ach ja und zu Nadschaf eine neue Information:
(na da kommt doch mal wieder Freude auf)
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.gmx.net/de/themen/nachrichten/ausland/irak/3558896,cc=000000160300035588961Nqe7y.html">http://www.gmx.net/de/themen/nachrichte ... Nqe7y.html</a><!-- m -->
Zitat:02.02.2007
In Kooperation mit SPIEGEL ONLINE
"Heer des Himmels" im Nebel von Nadschaf

Hunderte Iraker starben am Sonntag nahe Nadschaf. Irakische und US-Truppen sollen vermeintliche Aufständische des schiitischen "Heer des Himmels" angegriffen haben. Doch jetzt wachsen Zweifel an dieser Geschichte: Alles soll ganz anders gelaufen sein als offiziell dargestellt.

Berlin - Vier Tage sind seit der "Schlacht von Nadschaf" vergangen, in der nach offiziellen irakischen Angaben 263 Menschen umkamen.....

Von einem "Massaker" ist die Rede, das auf Missverständnissen und Fehleinschätzungen der Militärs basiere.......



- ThomasWach - 03.02.2007

Befriedet bekommt man den Irak kurzfirstig wohl sicher nicht mehr. Das ist utopisch, höchstens es gibt eines Tages da mal eine Friedhofsruhe, da aufgrund zahllosen Blutvergießens und darauf folgernder religiöser und ethnischer Säuberung vollkommen homogene Siedlungsräume entstanden sind, die die bisher bestehenden religiös und ethnisch durchmischten Siedlungsräume ablösen.
Aber momentan geht es darum, einfach nur so weit es geht die Anzahl der betiligten Akteure niedig zu halten und die Gewalt niedrig zu halten.
Egal, was man macht, es wird immer noch Gewalt geben, selbst wenn es nur darum geht, mit Gewalt Gewalt zu beenden. Was aber auch nicht immer klappt.

Iran mischt sich wohl tatsächlich ein und ist für die Hauptströmung der Schiiten, den Sciri, eine große Stützte. Wenn man das limitieren kann, wäre schon einiges gewonnen. Dass das schwierig ist, auch unintendierte Nebenfolgen produziert ist klar, aber da ist nicht unbedingt ein Argument dafür, alles so zu lassen wie bisher.
Also, die Ankündigung (!!) der Tötung iranischer Agenten ist wohl zunächst erstmal eine rhetorische Figur, die symbolisch die Iraner warnen soll. Ob das zu den gewünschten Ergebnissen führt, ist nie sicher, nur ist die Einmischung Irans tatsächlich negativ und es gibt wohl auch genügend Schiiten im Irak, die von der Bindung zum Iran gar nichts halten, zum einen die Nationalististen um Al-Sadr, andererseits die Separatisten in Basra, die gerne unabhängig wären. Saudi-Arabien spielt wohl derzeit noch eine kleinere Rolle bei den Sunniten, zumindest offiziell und auch qualitativ. Auch weil die sunnitische politische Szene für mich etwas ungeordnet scheint. Klare größere politische Organisationen und Strukturierungen gibt es da wohl nicht, nur unzählige Stammesmilizen und lose verbundene Terror- und Widerstandsgruppen verschiedener Provenienz (also sowohl religiös, als auch baathistisch).
Da heißt es abwarten.
Aber eins glaube ich inzwischen definitiv nicht mehr: An die Einigung der Iraker gegen die Amerikaner! Das gab es mal, nur diese zweifelhafte Chance ist lange schon vergeben. Als Al-Sadr die sunnitischen Widerständler im sunnitischen Dreieck unterstützen wollte und es da wohl auch Verbindungen gab, also 2004, vielleicht noch 2005, wäre dies möglich gewesen. Aber seit dem Bombenanschlag auf die die schiitische Moschee in Samarra im Februar 2006 ist der Graben zwischen Sunniten und Schiiten nur gewachsen. Momentan ist der Hass zwischen Schiiten und Sunniten größer als alles andere bzw. innerhalb dieser Gruppen. Die Amerikaner sind da nur die unerwünschten versuchten Ordnungshüter.


Baghdad market bomb 'kills 102' - Cluster - 03.02.2007

Baghdad market bomb 'kills 102'

http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/6327057.stm

Zitat:At least 102 people have been killed and 215 injured in a lorry bombing at a market place in Baghdad, Iraqi security officials have said. (...)

Solche Anschläge sind einfach nur extrem hinterhältig und auf maximale zivile Opfer ausgerichtet. Der Hass, der damit erzeugt wird, wird irgendwann zielgerichtet ausbrechen und zu noch viel schlimmeren Exzessen führen.


- Tiger - 03.02.2007

Inzwischen ist man bei diesem Anschlag bei 135 Toten angelangt... Sad
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,464130,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 30,00.html</a><!-- m -->


- Erich - 03.02.2007

Thomas Wach schrieb:.....
Aber eins glaube ich inzwischen definitiv nicht mehr: An die Einigung der Iraker gegen die Amerikaner! Das gab es mal, nur diese zweifelhafte Chance ist lange schon vergeben. ....
das ist der derzeitige Stand, nur darf man nicht übersehen, wie schnell sich im Nahen und Mittleren Osten die Allianzen ändern können;
bisher haben ("nur") die arabischen Sunniten im Irak als "Verlierer" agiert,
die Schiiten haben von der US-Intervention letztendlich profitiert - wenn sie jetzt auch die Opfer amerikanischer "hau-drauf" Aktionen werden, wird sich sehr schnell auch bei Schiiten ein Aggressions-Potential gegen die USA aufbauen.
Da die schiitischen Teile der Bevölkerung durchaus auch nicht homogen sind hat u. U. sogar die irakische Regierung ein Interesse daran, US-Militär zur "Zähmung" rivalisierender Gruppierungen einzuspannen.
Dass das aber nicht zur Befriedung sondern nur zu mehr Aggression und Widerstand führt, müsste langsam klar sein.

Cluster schrieb:Solche Anschläge sind einfach nur extrem hinterhältig und auf maximale zivile Opfer ausgerichtet. Der Hass, der damit erzeugt wird, wird irgendwann zielgerichtet ausbrechen und zu noch viel schlimmeren Exzessen führen.
das ist richtig, nur darf man nicht vergessen, dass es auch Kräfte gibt, die ein - aus welchen Gründen auch immer - großes Interesse daran haben, das Chaos noch zu verstärken und möglicherweise auch, in einem provozierten Bürgerkrieg dann als "Sieger" die Macht zu ergreifen;
ich halte es durchaus für denkbar, dass Al Quaida oder andere Verrückte sogar gezielt auf beiden Seiten bomben, um die Lage zu verschärfen und die Bevölkerung aufeinander zu hetzen.
Solange die Amerikaner und deren Verbündete den Irak nicht verlassen (zumindest den arabischen Teil) werden sie immer als Vorwand für solche Aktionen herhalten - und den willigen und billigen "Watschenknaben" für möglicherweise ganz andere Intentionen sein.
Natürlich können die Amerikaner erst gehen, wenn sie kein "Kräftevakuum" hinterlassen. Das wäre die beste Gelegenheit für Al Quaida & Co., die Macht an sich zu reissen.
Deshalb plädiere ich nach wie vor für eine Regionalisierung des Konflikts, d.h. dass Nachbarn des Irak die Sicherungsaufgaben übernehmen müssen. Ich sag sogar hauptsächlich:
der Iran im schiitisch-arabischen Teil und
die Syrer im sunnitisch-arabischen Teil
- unterstützt durch Polizei und Truppen aus Ägypten und anderen Staaten der arabischen Liga,

baldmöglichst,
denn wenn der Irak zum "Schauplatz für einen Stellvertreter(bürger)krieg" zwischen Iran (als Schutzmacht der Schiiten) und Saudi-Arabien (als erklärter Schutzmacht der Sunniten) wird, dann haben wir die beiden konträrsten Strömungen des Islam - Schiismus und Wahabismus - in einem aktiven Konflikt, der die ganze Region in einen Strudel stürzt.
Die Syrer sind einerseits über die Baath-Partei dem alten Regime zumindest ideologisch verbunden, haben als (überwiegend) Sunniten auch einen "Draht" zu den sunnitischen Arabern und sind gleichzeitig über die guten Beziehungen zum Iran in der Lage, gemeinsam mit den Schiiten an einer Befriedung zu arbeiten.

Aber dazu müssen die entscheidenden Köpfe in den USA erst mal eine Bereitschaft entwickeln, auch mit Syrien und nicht nur mit den Saudis zusammen zu arbeiten.


- Cluster - 04.02.2007

Bush droht Irak mit Folgen

http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/10/0,3672,4343690,00.html

Zitat:Angesichts der anhaltenden Gewalt im Irak droht US-Präsident Bush der Führung in Bagdad mit Konsequenzen, falls sie nicht energisch durchgreifen sollte. Die Verpflichtung der USA zum Militäreinsatz sei nicht unbefristet, sagte Bush. Am Samstag starben allein bei einem Anschlag in Bagdad mehr als 130 Menschen. (...)



- hunter1 - 04.02.2007

Zitat:Bush droht Irak mit Folgen
Oh Mann :roll:
Was will er denn konkret tun? Die Truppen abziehen und die Finanzhilfe einstellen? Dann übernehmen einfach die Nachbarstaaten die Schirmherrschaft und aus dem Irak wird definitiv ein failed state.
Bush hat anscheinend das Gefühl, dass die Amerikaner die einzige konstruktive Lösung für die Zukunft des Iraks kennen und umsetzen können.


- ThomasWach - 04.02.2007

Zitat:Erich postete
das ist der derzeitige Stand, nur darf man nicht übersehen, wie schnell sich im Nahen und Mittleren Osten die Allianzen ändern können;
bisher haben ("nur") die arabischen Sunniten im Irak als "Verlierer" agiert,
die Schiiten haben von der US-Intervention letztendlich profitiert - wenn sie jetzt auch die Opfer amerikanischer "hau-drauf" Aktionen werden, wird sich sehr schnell auch bei Schiiten ein Aggressions-Potential gegen die USA aufbauen.
Da die schiitischen Teile der Bevölkerung durchaus auch nicht homogen sind hat u. U. sogar die irakische Regierung ein Interesse daran, US-Militär zur "Zähmung" rivalisierender Gruppierungen einzuspannen.
Dass das aber nicht zur Befriedung sondern nur zu mehr Aggression und Widerstand führt, müsste langsam klar sein.

Sicher sind die Allianzen immer flüssig. Nur muss man sich mal die Geschehnisse dort unten ganz genau anschauen. Der Hass auf die Amerikaner spielt in vielen Regionen nunmal aber nicht mehr die erste Geige. Inzwischen hat sich der Hass zwischen den Sunniten und Schiiten und innerhalb dieser Gruppen derart verstärkt, dass man inzwischen durchaus von einer Irakisierung des Konflikts sprechen könnte - nur eben als durch und durch innerirakischen Konflikt. Der Bombenanschlag auf die heilige Moschee in Samara hat die Schiiten extrem aufgehetzt gehabt gegen die Sunniten und die wiederholten Milizeneinfälle der Schiiten in sunnitische Quartiere und das darauf folgende Töten und die ständigen Bombenaschläge sunnitischer Extremisten in schiitischen Gebieten hat einen Zirkel des Hasses und der Gewalt produziert, der eben den Fokus primär auf den innerirakischen Konflikt legt! Der Hass aufeinander ist exponentiell gewachsen und anders als im Fall der Amerikaner hat diese Gegnerschaft eben schon eine gute 1350 Jahre alte Geschichte! Denn der Kampf zwischen Sunniten und Schiiten hat eben eine lange Geschichte, gerade auch im Irak. Und auch noch aus den Zeiten Saddams ist die Gegnerschaft und der Hass zwischen Sunniten und Schiiten groß. Die Amerikaner produzierten mit ihrem Vorgehen mal eine kurze historische Sekunde der Verbundenheit zwischen Sunniten und Schiiten als Iraker. Aber diese Identität ist einfach in der breiten Masse zu schwach. Die übrigen Gegnerschaften sind einfach viel zu stark. Natürlich gibt es vielleicht national gesinnte Sunniten und Schiiten, die gegen die USA gerne zusammenarbeiten würden. Nur das ist eben nicht die Mehrheit und die Zahl solcher Leute nimmt nicht gerade zu, wenn ständig schiitische Milizen in sunnitischen Gegenden als Todesschwadronen Jagd auf Menschen machen oder sunnitische Extremisten ständig Schiiten in die Luft jagen. Da sehe ich einfach an den realen Verhältnissen dort unten nicht, wie auf einmal dieser dynamisch in die andere Richtung gehende Prozess gestoppt werden könnte und nun plötzlich alle wieder gegen die USA sein könnten. Dafür sind die USA im Irak auch viel zu sehr unten durch und zum Papiertiger verkommen. Und rein empirisch: Wie viele Iraker kommen denn letztlich durch irak.-amerik. Kampfhandlungen zu Tode und wie viele durch Todesschwadronen und Bombenaschläge auf Zivilisten? Die Amerikaner sind nicht mehr derart im Fokus, ganz im Ernst, ihre Präsenz iszt momentan der einzige Grund dafür, dass es keinen offenen, heißen Bürgerkriehg gibt. Denn sowohl die sunnitischen Extremisten, insbesondere Al Quaida und auch die schiitischen Extremisten, Teile von Al-Sadrs Milizen und wohl auch Teile der Badr-Milizen des Sciri greifen gezielt die andere Seite im Irak an, um den Konflikt anzuheizen und zum end game um den irak zu kommen. Immerhin hat doch selbst Al-Sarkawi, als er noch lebte, gezielt zum Töten der Schiiten aufgerufen.
Nur du kannst das einfach nicht vor sich hinköcheln lassen und ich frage mich ernsthaft, mit welchen Mitteln du denn bitte schön die Gewalt einschränken willst, wenn schiitische Milizen machen was sie wollen und sunnitische Gewalttäter Bomben hochgehen lassen, wo sie wollen. Mit guten Worten - mit Verlaub - wirst du da nichts erreichen und auch nichts mit verstärkter finanzieller und humanitärer Hilfe. Dafür ist der Konflikt einfach viel zu weit eskaliert. Jetzt hilft nur die Aktionsradien der entscheidenden Akteure einzuschränken, um weitere Eskalation zu verhindern. Will heißen: Du musst einfach gegen die schiitischen Milizen vorgehen und das können nur die Amerikaner, denn die irakischen Sicherheitskräfte sind derart mit dem Personal der Milizen verschmolzen, dass effektiv nur die Amerikaner hier vorgehen können. Das gleiche bei den Sunniten: Der Eingriff irakischer, mehrheitlich schiitischer Einheiten gegen die Extremisten wird auch zu mehr Gewalt führen, denn so wird deren Zwist nich verstärkt. Die Amerikaner sind da jetzt ein notwendiges Übel, aber ihr Agieren wird nicht mehr die Iraker gegen sie zusammenschweißen, dafür ist der Konflikt zu weit fortgeschritten bei den Irakern. Der Hass ist zu groß.

Zitat:Solange die Amerikaner und deren Verbündete den Irak nicht verlassen (zumindest den arabischen Teil) werden sie immer als Vorwand für solche Aktionen herhalten - und den willigen und billigen "Watschenknaben" für möglicherweise ganz andere Intentionen sein.
Natürlich können die Amerikaner erst gehen, wenn sie kein "Kräftevakuum" hinterlassen. Das wäre die beste Gelegenheit für Al Quaida & Co., die Macht an sich zu reissen.
Deshalb plädiere ich nach wie vor für eine Regionalisierung des Konflikts, d.h. dass Nachbarn des Irak die Sicherungsaufgaben übernehmen müssen. Ich sag sogar hauptsächlich:
der Iran im schiitisch-arabischen Teil und
die Syrer im sunnitisch-arabischen Teil
- unterstützt durch Polizei und Truppen aus Ägypten und anderen Staaten der arabischen Liga,

baldmöglichst,
denn wenn der Irak zum "Schauplatz für einen Stellvertreter(bürger)krieg" zwischen Iran (als Schutzmacht der Schiiten) und Saudi-Arabien (als erklärter Schutzmacht der Sunniten) wird, dann haben wir die beiden konträrsten Strömungen des Islam - Schiismus und Wahabismus - in einem aktiven Konflikt, der die ganze Region in einen Strudel stürzt.
Die Syrer sind einerseits über die Baath-Partei dem alten Regime zumindest ideologisch verbunden, haben als (überwiegend) Sunniten auch einen "Draht" zu den sunnitischen Arabern und sind gleichzeitig über die guten Beziehungen zum Iran in der Lage, gemeinsam mit den Schiiten an einer Befriedung zu arbeiten.

Mit Verlaub, ich halte diese Lösung weder für gut, noch für möglich oder realistisch. Es wäre nämlich nicht nur ein Problem, die Amerikaner zu solch einer Lösung zu bewegen, ich sehe auch wenig Interesse gerade bei den Syrern für solch ein gewagtes Unternehmen. Syrien wird sich wohl sehr freuen über die Probleme der Amerikaner, aber selbst in diesen Schlamassel werden sie sich aum gern hineinziehen lassen, denn syrische Einheiten würden vielleicht gut mit den sunnitischen baathistischen Widerständlern auskommen (auch wenn die Baathparteien aus Irak und Syrien extrem verfeindet sind), aber kaum mit den sunnitischen Extremisten. Da würden die Kämpfe auch nur weitergehen. Die nationalen schiitischen Gruppen würden mit einer iranischen Besetzung des Südirak auch nicht zufrieden sein, auch die Separatisten in Basra nicht. Hier würde es dann einen innerschiitischen Kampf geben, in dem der Iran zu neuen Besatzungsmacht wird, denn die Mullahs werden nur zu gerne die südirakischen Ölquellen sich in die Tasche stecken. In solch einer Fortentwicklung, wie du hier projektierst, würde die ganze Region noch weiter unter Spannung setzen! Die Iraner würden daher sich auch nur mit Guerillakrieg und Milizen auseinandersetzen und wir hätten das Problem, dass wir auch noch die Iraner über alle Maßen zusätzlich gestärkt hätten, da mit deiner Lösung wir ihnen auch noch fast das gesamte Öl des Iraks ihnen auf dem Silbertablett serviert hätten. Etwas dumm in einer Situation, in der wir derart mit ihnen konfligieren wie über das Atomprogramm! Und was sollten wir mit den gemischten Siedlumngsgebieten im Irak machen? Wer bleibt dort? Eine Mischung sunnitischer und schiitischer Einheiten aus Iran und Ägypten? Das ist nichts anderes als ein Plan für einen großen regionalen Krieg Erich, der im Irak ausgetragen würde! Ich kann deinen Vorstellungen da ganz wenig abgewinnen. Natürlich muss man Syrien und Iran mit einbeziehen, muss sie anhören, muss ihnen Einfluss gewähren, aber das heißt definitiv nicht, dass man sie aktiv auch mit Truppen einbinden darf, denn da holst du dir den Bock als Gärtner! Wenn du Truppen willst, dann Einheiten, die so stark wie möglich neutral sind. Iraner, die nur den Südirak gewinnen wollen oder Syrer, die selbst ihr in ihrem Land Probleme haben, stellen keine Lösung dar!

@ Hunter

Ich denke aber durchaus auch, dass die Amerikaner für das durch sie verursachte Problem des Iraks (denn der Irak wurde erst durch die Amerikaner jetzt zum Problem) momentan auch nur die einzigste Lösung sind, die einigermaßen funktionabel ist. Wie aufgezeigt weiter oben, die Nachbarstaaten und die Gruppen im Irak selbst würden die Lage wohl noch mehr eskalieren lassen. Der durch sie verursachte und drohende Bürgerkrieg wird nunmal aber auch nur durch die Amerikaner verhindert momentan!


- Ingenieur - 04.02.2007

Naja, die Idee der Baker-Komission, Syrien und Iran mit einzubinden will mir auch nicht wirklich in den Kopf. Auch ihnen offen Einfluss zu gewähren, wäre ein massiver Fehler.
Erstens sind die iranischen und syrischen Sicherheitskräfte um einiges schlechter ausgebildet und ausgerüstet als die US-Armee und zweitens werden in ethnische heterogenen Gebieten eher die ihnen verwandten Kräfte stärken, als für Ordnung sorgen.

Was vielleicht eher helfen würde, wenn mit man nicht ganz so extremistische Milizenführer wie Sadr o.ä. versucht zu kooperieren, um gegen die Todesschwadronen und Terroristen vorzugehen. Wenn man sie als Partner auf gleicher Augenhöhe akzeptiert, könnte man vielleicht den einen oder anderen für die irakische Sache einspannen.


- Cluster - 04.02.2007

Blicken wir der Sache doch ganz nüchtern ins Auge. Es gibt zuviele widerstreitende Interessen in der Region. Eine friedliche Lösung wird es nicht geben. Alles andere würde mein Bild des Homo Sapiens Sapiens (?!) erheblich erschüttern. Denn eins steht fest, das zweite Sapiens haben wir sicherlich nicht verdient.

Die USA werden nicht ewig dort bleiben, dazu ist der innenpolitische Druck zu groß. Ein bleiben der USA wird die Angelegenheiten nur verzögern mehr nicht.


- hunter1 - 04.02.2007

@Thomas Wach

Auch wenn die Amerikaner momentan punkto Feuerkraft als einzige die Stärke haben, die Widerstandskämpfer im Irak zu zerschlagen und mit massiver Gewalt für Ordnung zu sorgen (sehe ich als einzige eventuelle Lösung zugunsten der US-Ziele), verstehe ich nicht, welche Konsequenzen Bush Maliki androhen will.
Da wären:
1. Drohung des Rückzugs der Koalition. Konsequenz: Der Irak wird einen Bürgerkrieg erleben, unter Einbezug aller Nachbarn, und könnte vermutlich als failed state abgeschrieben werden. Die USA könnten sagen: "das habt ihr nun davon! Nun schaut halt selbst weiter!" Dafür wärs definitiv vorbei mit dem US-Einfluss im Nahen Osten, Erdöl aus dem Irak gäbs auch keins, den Iran würde es z.B. besonders freuen. Die Türkei könnte im Nordirak schalten und walten.
2. Drohung der Entmachtung Malikis. Konsequenz: es müsste eine neue Regierung her, die vor den genau gleichen Problemen wie die jetztige stehen würde und vermutlich ebenfalls keinen Ausweg wüsste. Im Irak würde es so weitergehen wie bisher.
3. Drohung der Erhöhung von militärischer Präsenz und damit der Gewalt, mit der Absicht, "den Job halt selbst zu machen, weil die Iraker ja nicht können". Konsequenz: Möglicherweise wäre damit das Ziel, nämlich die Befriedung des Iraks, erreichbar. Dazu müsste die Truppenstärke der USA aber vervielfacht werden, die ROE müssten ev. noch angepasst werden (d.h. es wird unzimperlicher vorgegangen). Folge davon wären explodierende Kriegskosten, ein weiterer Zerfall der Heimatfront, die Inkaufnahme von mehr toten Soldaten und, last but not least, die Wut der arabischen Welt. Es ist aber nicht mal gesagt, dass diese Methode erfolgreich sein würde, v.a. nicht langfristig.

Habe ich eine Drohung vergessen?

Jedenfalls ist keines der Beispiele für die Ziele der USA förderlich. Für Maliki zwar auch nicht unbedingt, aber er weiss vermutlich, dass die USA solche Drohungen schwer in die Tat umsetzen werden.
Fazit: Bush hat mit der Drohung von Folgen an die irakische Regierung ein erschreckendes Beispiel von Schwäche gezeigt, v.a. auch deshalb, weil die Sache uns (die Zuschauer, Kritiker) - und vermutlich Maliki ebenfalls - via die Medien erreicht hat. Wenn ihm derart die Argumente ausgehen, sollte er solche Äusserungen vielleicht besser lassen.


- Erich - 04.02.2007

Cluster schrieb:Blicken wir der Sache doch ganz nüchtern ins Auge. Es gibt zuviele widerstreitende Interessen in der Region. Eine friedliche Lösung wird es nicht geben. Alles andere würde mein Bild des Homo Sapiens Sapiens (?!) erheblich erschüttern. Denn eins steht fest, das zweite Sapiens haben wir sicherlich nicht verdient.

Die USA werden nicht ewig dort bleiben, dazu ist der innenpolitische Druck zu groß. Ein bleiben der USA wird die Angelegenheiten nur verzögern mehr nicht.
so ist es - und dann gibt es nur zwei Alternativen:
ein Ende mit Schrecken oder
ein Schrecken ohne Ende

in dem Fall ist es mir auch persönlich lieber, dass der Konflikt regionalisiert wird, d.h. dass die Nachbarn die Suppe auslöffeln, die ihnen Bush eingebrocht hat (das war jetzt sehr sarkastisch gesagt - aber ehrlich: die weitere Präsenz der USA wird den Konflikt nicht beenden sondern nur verlängern; den USA wird es jedenfalls nicht gelingen, das Feuer, das sie entfacht haben, wieder zu löschen).
Vor diesem Hintergrund würde ich die Option wählen, die uns (und da spreche ich allgemein für "den Wesen") die geringsten Opfer kostet, und das ist eine möglichst geordnete Übergabe an die einzigen Mächte, die in der Lage sind, dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten.
Dass das "Ölreservoir Irak" für die nächsten Jahrzehnte verloren ist, müssen wir (und die USA) so und so zur Kenntnis nehmen. Ich habe aber die Hoffnung, dass die Nachbarstaaten des Irak schon aus eigenem Interesse bemüht und auch aufgrund der Beziehungen zu den diversen Gruppierungen im Irak (und der Präsenz der eigenen Geheimdienste) in der Lage sind, für Ruhe zu sorgen. Die engen Kontakte zwischen Syrien und dem Iran lassen eine halbwegs stabile Kooperation vermuten, beide Seiten können sich zur "Schutzmacht" einer der beiden arabischen Konfliktparteien aufschwingen, und die Beteiligung weiterer Länder aus der arabischen Liga (Ägypten ...) wird wohl zuverlässig dafür sorgen, dass die Unabhängigkeit des Irak gewahrt wird und der Irak nicht als "Beute" der beiden Nachbarn zerteilt wird.


Das <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID6372690_REF3,00.html">http://www.tagesschau.de/aktuell/meldun ... F3,00.html</a><!-- m -->
Zitat:Nach verheerendem Anschlag in Bagdad
Neue Unruhen in der irakischen Hauptstadt
...
Stand: 04.02.2007 12:59 Uhr
ist jedenfalls auf Dauer keine Lösung, und den USA wird es nicht gelingen, diese Anschläge und Unruhen zu beenden.

Nun kann man natürlich den damit steigenden Einfluss des Iran oder Syriens fürchten, aber wäre das nicht auch eine Anerkennung von Tatsachen, etwa dass der Iran eine der wenigen halbwegs demokratisch gewählten Regierungen in der Region hat (verglichen etwa zu Saudi Arabien); würde das nicht im Endeffekt auch die Beziehungen zum Iran deutlich verbessern, wenn man ihn endlich mit an den Tisch holt und als Partner einspannt und ernst nimmt?
Ich weiß, mit meiner Skepsis gegenüber den Saudis bin ich in einer Minderheitenposition im Westen, aber ich bin nunmal jemand, der die vorgelegten Meinungen hinterfragt - und da schneidet beim Versuch einer objektivierten Beurteilung der Iran die iranische Demokratie und der Schiismus in einigen Punkten durchaus besser ab als die absolutistische Monarchie und der Wahabismus von der arabischen Halbinsel.
Und dann - Syrien ist sicher nicht besser oder schlechter als manch anderer Staat der Region, durchaus despotisch regiert und mit einem Geheimdienst, der bis in die Stadtviertel hinein die Leute kontrolliert und zu "unsauberen Methoden" wie Folter usw. greift; aber:
Syrien ist noch ein Staat, der - schon aufgrund der eigenen Bevölkerung - nicht von irgendeiner der islamistischen Gruppierungen dominiert ist, sondern sich als religiös neutral versteht, und genau das wird in dem zunehmend religiös geprägten Konflikt im Irak gebraucht.

Ja, es ist richtig, die Einbindung des Iran würde die Saudis massiv verärgern - und genau deshalb muss eine weitere sunnitisch-arabische Macht mit eingebunden werden. Das können aber nur die Ägypter sein, denen die Saudis langsam aber sicher das Wasser als "sunnitisch-arabische Führungsmacht" abgraben - auch hier sind mir die Ägypter lieber als eine wahabistisch geprägte absolutistische Monarchie.
Ich würde daher versuchen, auch die Ägypter (neben Syrien und Iran) als dritte regionale Führungsmacht einzubinden, damit deren Position stärken und zugleich - wie sagt man so schön - die Verantwortung in die Hände der "arabischen Bruderstaaten" abgeben .....


- Francisco - 05.02.2007

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.n24.de/politik/article.php?articleId=96439&teaserId=97478">http://www.n24.de/politik/article.php?a ... erId=97478</a><!-- m -->

Zitat:USA planen Großoffensive in Bagdad

Die US-Armee plant eine Großoffensive gegen Aufständische in der irakischen Hauptstadt Bagdad. Der Berater der 9. irakischen Armee-Division, der amerikanische Oberst Doug Heckman, sagte, das werde eine Offensive, wie sie die Stadt noch nie gesehen habe.



- Turin - 05.02.2007

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.guardian.co.uk/international/story/0,,2002479,00.html">http://www.guardian.co.uk/international ... 79,00.html</a><!-- m -->

Zitat:Inquest told of 'rogue' US attack on British convoy


Matthew Taylor
Wednesday January 31, 2007
The Guardian

A group of British soldiers yesterday described their frantic attempts to stop an attack on their convoy by "rogue" US warplanes that left one dead and four injured.
Oxfordshire coroner's court heard that two US A10 planes opened fire on a patrol in southern Iraq in March 2003, killing Lance Corporal of Horse Mattie Hull three days before his 26th birthday.
...



- Cluster - 05.02.2007

Was lehrt einem das? immer MANPADs dabei haben und wenn die Piloten ihre eigenen Leute nicht erkennen wollen runterholen.