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- fgraf - 26.01.2007

Zitat:NEUE IRAK-STRATEGIE
Bush erteilt Lizenz zum Töten iranischer Spione

Tot oder lebendig: Präsident Bush hat die US-Streitkräfte angewiesen, iranische Agenten im Irak zu töten oder gefangen zu nehmen. Nach Informationen der "Washington Post" soll damit Teherans Einfluss in der Region zurückgedrängt werden

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,462401,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 01,00.html</a><!-- m -->


- Tiger - 26.01.2007

Weiss nicht ob das gut ist...
Irgendwie habe ich da den Eindruck, das Bush jr. einen Floh mit einer Bazooka zu erledigen hofft.
Vor allem: Inwieweit ist der Iran wirklich aktiv in das Chaos im Irak verwickelt?


- Azrail - 26.01.2007

Tiger schrieb:Weiss nicht ob das gut ist...
Irgendwie habe ich da den Eindruck, das Bush jr. einen Floh mit einer Bazooka zu erledigen hofft.
Vor allem: Inwieweit ist der Iran wirklich aktiv in das Chaos im Irak verwickelt?

..Und vor allem wie wird die Reaktion darauf sein das Amerikas Präsident auffodert "iranische Staatsbeamte" umzubringen.
Werden diese Beamten sich nnicht "wehren"?

Sprich wird der Iran nicht versuchen im Gegenzug mithilfe von shiitischen Milizen GIs zu killen.


- hunter1 - 26.01.2007

Ich weiss nicht, was sich von dieser Geschichte halten soll, vielleicht ists auch nur Säbelgerassel, bzw. eine Art Warnschuss gegen die iranischen Agentenaktivitäten. Frei nach dem Motto: "Haut ab, oder..."
Die Ankündigung dieser Strategie (öffentlich) ist sehr ungeschickt, wenn sie auch umgesetzt wird; die iranischen Agenten sind schliesslich keine Kombattanten, sondern Zivilisten (allenfalls werden die Amis sie als illegale Kombattanten bezeichnen, sofern das irgendwie geht). Die amerikansiche Regierung gibt also grünes Licht zur Jagd auf (und zur Tötung von) Zivilisten. Dieselbe Regierung verurteilt sunnitische und schiitische Todesschwadronen im Irak :roll:

Aus US-Sicht ist das Zurückbinden iranischer Ambitionen schon sinnvoll, aber ein bisschen mehr Heimlichkeit wäre schon angebracht gewesen.


- Tiger - 26.01.2007

Ich habe, wie in meinem vorangegangenen Beitrag hier angedeutet, auch den Eindruck, das die USA ein mögliches Engagement des Iran im Irak aufbauschen.
Wenn der Iran tatsächlich schiitische Milizen im Irak unterstützt...welche denn? Im Fall des Libanon unterstützt der Iran ja ganz offen die Hisbollah. Aber ich wage zu bezweifeln, das etwa die Miliz von Moqtadr al-Sadr - es wird gerne übersehen, das der Mann auch ein glühender irakischer Nationalist ist - vom Iran unterstützt wird.
Die US-Regierung scheint erneut damit zugange zu sein, leichtfertig Beschuldigungen auszusprechen und Beweise aufzublasen oder zu fälschen...


- Turin - 26.01.2007

Zitat:Wenn der Iran tatsächlich schiitische Milizen im Irak unterstützt...welche denn? Im Fall des Libanon unterstützt der Iran ja ganz offen die Hisbollah. Aber ich wage zu bezweifeln, das etwa die Miliz von Moqtadr al-Sadr - es wird gerne übersehen, das der Mann auch ein glühender irakischer Nationalist ist - vom Iran unterstützt wird.

Es wird auch hierzulande gern übersehen, dass es nicht nur "eine" schiitische Miliz gibt, sondern deren viele, die regional Kontrolle ausüben. Sadr hat sicher kaum Verbindungen zum Iran, und von der Haltung seiner Miliz hängt viel ab, was das Gleichgewicht zwischen den direkten oder zögerlichen Unterstützern der neuen Regierung und deren Gegnern bei den Schiiten ausmacht. Im Süden des Irak allerdings gibt es ganz andere Gruppierungen und bei denen ist der iranische Einfluss nach unabh. Aussagen sowohl von britischen und US-Kommandeuren wie auch den Medien (die sich dahin trauen) nicht zu leugnen.

Es wäre ein großer Fehler, jeder Miliz gleich Verbindungen zu den Iranern zu unterstellen, ein ebenso großer ist es allerdings, hier blauäugig einfach das Gegenteil von allem anzunehmen, was man in Washington so sagt.
Ebenso naiv wäre es, anzunehmen, der Iran wäre in keinster Weise in die Vorgänge im Irak verwickelt, schließlich geht es hier um handfeste Interessen in einer Region, die in der Vergangenheit für die iranischen Geschicke von fundamentaler Bedeutung war.

Man stelle sich vor, in Frankreich herrscht Bürgerkrieg und hierzulande hätte man kein Interesse daran, wie die Sache ausgeht.


- Tiger - 26.01.2007

@Turin
Ein sehr guter Beitrag, Respekt!

Zitat:Es wird auch hierzulande gern übersehen, dass es nicht nur "eine" schiitische Miliz gibt, sondern deren viele, die regional Kontrolle ausüben.
Stimmt! Tatsächlich gibt es eine ganze Anzahl sowohl schiitischer wie auch sunnitischer Gruppierungen und Milizen im Irak. Die Auseinandersetzungen im Irak werden gern als Kampf zwischen Sunniten und Schiiten dargestellt, was jedoch stark vereinfacht ist. Tatsächlich hat es jedoch bereits Kämpfe zwischen Milizen der gleichen Glaubensrichtungen gegeben. So soll etwa die Miliz von Moqtadr Al-Sadr sich bereits Gefechte mit anderen, vom Iran unterstützten schiitischen Milizen geliefert haben. Ebenso bekannt ist, das der irakische Ableger der Al Kaida schon von sunnitischen Milizen angegriffen wurde.

Zitat:Im Süden des Irak allerdings gibt es ganz andere Gruppierungen und bei denen ist der iranische Einfluss nach unabh. Aussagen sowohl von britischen und US-Kommandeuren wie auch den Medien (die sich dahin trauen) nicht zu leugnen.
Ich habe diesen iranischen Einfluss auch nicht abgestritten. Mir stellt sich eher die Frage, wie stark er wirklich ist...

Zitat:Ebenso naiv wäre es, anzunehmen, der Iran wäre in keinster Weise in die Vorgänge im Irak verwickelt, schließlich geht es hier um handfeste Interessen in einer Region, die in der Vergangenheit für die iranischen Geschicke von fundamentaler Bedeutung war.
Der Iran mit seiner Bevölkerung, die mehrheitlich der schiitischen Richtung des Islam anhängt, versteht sich als theokratisch geprägter Staat. Im Süden des Irak gibt es ebenfalls eine Bevölkerung weitgehend schiitischen Glaubens, und dazu noch eine Anzahl von Stätten, die für diese religiöse Richtung recht bedeutend sind.
Ebenso könnte der Iran auch die Erdölvorräte im Süden des Irak als "interessant" betrachten...
Last not least dürfte der Iran zusätzlich daran interessiert sein, seine Grenzen zu sichern und den außenpolitischen Rivalen Saudi-Arabien und den "großen Satan" USA auf Distanz zu halten. Das kann gut durch einen Ausbau des eigenen Einflusses im Irak geschehen.


- Ingenieur - 29.01.2007

Nichts anders im Irak, aber einiges neu...

Erstmal Sturm auf Nadschaf


Zitat:NADSCHAF
Blutige Offensive gegen die "Soldaten des Himmels"

Bis zu 350 Milizionäre sind bei einer Attacke von US- und irakischem Militär nahe Nadschaf ums Leben gekommen. Unter den Toten ist auch der Anführer der bisher unbekannten "Soldaten des Himmels". Die Miliz wollte irakischen Angaben zufolge Pilger angreifen.

Endlich wird mal eine Bande ausgehoben BEVOR sie Schaden ausheben kann.
Weiß jemand, ob die 350 Tote auf Seite der Miliz gesichert sind, oder ob man die noch durch 3 teilen muss?

---+++---


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Zitat:TERROR-KAMPF
"Die Regierung wollte den Krieg"

Der Vorwurf wiegt schwer: Tyler Drumheller beschuldigt den US-Präsidenten, Geheimdienstinformationen massiv manipuliert zu haben. Im SPIEGEL-Gespräch erklärt der frühere CIA-Chef für Europa, wie trickreich die Regierung von George W. Bush dabei vorging.

Jetzt kommt mal ein bisschen Licht in die Entstehung der Begründungen für den letzten Golfkrieg. Nach dem Artikel soll ein irakischer Asylant in Deutschland sich dem BND als Mitarbeiter in dem irakischen Biowaffenprogramm aus und berichtete von den ganzen "MobileLaborsAntraxABCundwasweißich"-Zeug. Die haben das dann der CIA weitergegeben und das Weiße Haus übernahm den Bericht dann für Powells berühmter UNO-Rede.


- defend0r - 29.01.2007

herrlich das die story von den biowaffenlabor vom bnd kam. der bnd wird seinem ruf als trümmertruppe wieder gerecht Smile
das die "beweise" für massenvernichtungswaffen gefaked waren, dürfte jedem klar gewesen sein. nur niemand wagt es den usa die stirn zu bieten. und wenn jetzt im nachhinnein 100mal bewiesen wird, dass alles bullshit war, stört das trotzdem keinen. das es keine konsequenzen für die aussenpolitischen verfehlungen im zusammenhang mit dem irak-krieg gibt ist man ja schon gewohnt.


- Tiger - 29.01.2007

@Ingenieur
Wenn man beim CIA diese Behauptung tatsächlich so hoch bewertet hat, spricht das für einen schweren Bewertungsfehler. Dieser kann natürlich als Folge ideologischer Borniertheit interpretiert werden.
Das wirft kein gutes Bild auf den CIA...


- Ingenieur - 29.01.2007

Entschuldigt, aber ihr habt beide den Artikel nicht richtig gelesen. :wink:

Der BND gab die Berichte an die CIA weiter mit dem Vermerk, dass die Geschichte nicht gesichert ist. Die CIA konnte die Angaben des irakischen Pseudo-Wissenschaftlers nicht bestätigen und gaben sowohl Infos als auch Zweifel an die Regierung weiter
Das Weiße Haus und das Pentagon wischten allerdings alle Bedenken beiseite und pickten sich - typisch Politiker und Manager - das raus, was ihrer Agenda passte. Der BND versicherte vor der Weitergabe bei der CIA, dass ihre Verhörergebnisse nicht in der UNO veröffentlicht werden. Powell war aber einen Tick zu schnell. Das Fischer "not convinced" war, ist ja klar. Er wusste, dass die BND-Infos nicht gesichert waren.


- defend0r - 30.01.2007

die frage ist warum man überhaupt unglaubwürdige berichte weitersendet. jedem dürfte klar gewesen sein, was das in der situation für konsequenzen haben könnte. die aussagen des CIA-mannes lesen sich für mich, als wäre dem bnd erst im nachhinein klar geworden, dass der mann nicht ganz so viel wahrheit erzählt. schließlich sagt er:
Zitat:"Curveball" war ein cleverer Typ, der pausenlos über seine Geschichte redete und alle ziemlich lange überzeugte.
offensichtlich sind dem bnd auch erst nach längerfristiger prüfung zweifel gekommen. in dem geschäft sollte man vielleicht erst denken und dann handeln.


- pio - 01.02.2007

Was geschah wirklich in Nadschaf? Vielleicht hat es sich ja so zugetragen:

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24563/1.html">http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24563/1.html</a><!-- m -->


- Ingenieur - 02.02.2007

Ohne unabhängige Medien ist es natürlich schwierig da irgendwas Richtung Wahrheit herauszufinden.
Die Version "böse Miliz will Pilger überfallen" ist wahrscheinlich die optimistischste Version, die von TP mit "harmlose Sekte wird von bösem Amis geplättet" die pessimistischste...

Fakt ist, dass die Miliz nicht schlecht bewaffnet war (Flak, Abwehrraketen) und das Gefecht nicht unbedingt einseitig war, sowie Nadschaf eine Widerstandshochburg ist. Das heißt noch nicht, dass die US/irakische Version stimmt, deutet aber eher dahin.

Ich vermute mal eher, dass die irakische Regierung unter Druck seitens der USA stand größere Erfolge in der Milizen- und Terrorbekämpfung vorzuweisen. Dann haben sie sich eben eine schnell ausgesucht, die irgendwie Dreck am Stecken hat, aber noch nicht so stark ist.


Milizen - ThomasWach - 02.02.2007

Zum Thema Milizen und der Lizenz zum Töten iranischer Agenten will ich doch nochmal auslassen.
Es ist natürlich ab einem bestimmten Punkt fast schon eine Glaubenssache, wie man nun die derzeitigen Perspektiven bewerten will. Aber eins ist für mich klar. Die Büchse der Pandora ist offen. Inwiefern sie erst gar nicht hätte geöffnet werden dürfen, ist eine nun völlig irrelevante Debatte. Die Frage ist, wie man bestmöglich aus dem Schlamassel raus kommt, ergo wie man die Kämpfe zwischen den ethnisch-religiösen Gruppierungen minimieren kann. Das ist die Hauptsache, da der Fortgang des sich immer weiter anheizenden Tötens der Iraker untereinander ist wahrer circulus vitiosus ist, ein Teufelskreis, ein Zirkel sich immer weiter aufwiegelnden und gegenseitig antreibenden Hasses dieser Gruppen.

Ich finde daher die Aktion, iranische Agenten zum Töten frei zu geben, rechtlich fraglich, sehr riskant, aber auch ein Schritt zumindest um diesen Gordischen Knoten zu entwirren. Um eins klar zu stellen: Der Irak ist jetzt schon ein grausamer, blutiger Fehlschlag. Mit reinem Humanismus und Philathropie wird man da momentan nicht viel bewegen können. Daher kann man sicher darüber streiten, ob das Vorgehen der USA im weiteren Rahmen (international, rechtlich) vertretbar ist. Aber der Iran mischt sich nunmal ein, das ist Faktum. Hier spielt da auch keine Rolle, inwiefern der Iran da wirklich auch de facto qualitativ Unterstützung leistet. Diese symbolische Verdammung Irans zeigt aber Entschlossenheit und ist daher auch symbolisch ein Akt, um den potentiellen Bürgerkriegsfraktionen amerik. Stärke und auch Entschlossenheit zu demonstrieren, wenn es sein muss auch gegen deren Unterstützer im Ausland. Das ist wohl der dahinter liegende Gedanke der amerik. Verantwortlichen. Ob diese Wirkung so eintritt, ist sicher eine andere Frage, aber irgendetwas müssen die USA eben versuchen, diese in sich festgefahrenen Zirkel der Gewalt zu entwirren.
Denn viele schiitische Milizen erhalten Unerstützung seitens Irans. Die wohl größte Miliz, die Badr-Miliz des Sciri-Führers Al-Hakim wird aufgrund seiner Treue zu Teheran wohl auf jeden Fall vom Iran direkt unterstützt. Diese Einheiten sind eindeutig antisunnitisch und antiamerikanisch. Die Milizen von al-Sadr geben wohl kein eindeutiges Bild ab, da seine Mahdi-Armee wohl schon seit einiger Zeit innerlich zerfällt und Regionalkommandeure mehr und mehr ihre eigenen Wege gehen. Die moderatere Haltung al-Sadrs, die er seit einigen Monaten inne hatte und die er an den Tag legen musste um mit dem Sciri, den Amerikanern und den übrigen politischen Kräften zusammen zu arbeiten, haben ihm viele seiner fanatischen Anhänger wohl übel genommen. Ich war schon vor ein paar Monaten auf einen Artikel im IHT gestoßen, der das eindringlich beschrieb, dass er mehr und mehr Kontrolle über seine Mahdi-Miliz verliert. Nicht zu vergessen der Umstand, dass seine Bewegung eh nie die innere Struktur des Sciri hatte. Sieht man sich nun den Fall Naschaf liest man auch, dass dieser schiitische Möchtegernmessias und Mahdi auch zunächst zu Al-Sadr gehörte, dann aber sich von ihm entfernte.Auch ist denkbar, dass solche Gruppen indirekt beliefert werden vom Iran, um mehr Unruhe zu schüren. Direkt gibt es da aber wohl keine Verbindungen, da Al-Sadr als irakischer Nationalist wohl eindeutig gegen den Sciri und Teheran eingestellt ist. Es gab auch schon Kämpfe zwischen ihnen und Al-Sadr geht auch sogar so weit, dass er auch schon Verbindungen zu national gesinnten sunnitischen Milizen und Aufständischen gesucht hat.
Das macht das ganze Bild eben kompliziert: Sunnitische Stammesmilizen, die ausländische und Al Quaida Krieger jagen, dann wiederum kämpfen sie gemeinsam gegen die Schiiten, die iranisch gesinnt sind und antisunnitisch, wobei national gesinnte Schiiten auch wieder den Schulterschluß zumindest zeitweise gesucht hatten mit national gesinnten Sunniten, um gegen die Amerikaner und die "Agenten Teherans" zu kämpfen, ständig wechselnde Allianzen, sich neu bildende Widerstandsgruppen und wieder verschwindende Einheiten mit jeweils eigenem Profil und eigenen Zielen. Dieses tödliche Tohuwabohu zu ordnen, ist sicher nicht die leichteste Aufgabe und daran würde jeder Akteur wohl verzweifeln.
Und so oder so, irgendwann wäre der durch Saddams Gewaltregime aufgestaute Druck und Zweispalt zwischen den Irakern mal durchgebrochen und rausgekommen... Nun eben jetzt...