Forum-Sicherheitspolitik
Irak - Druckversion

+- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org)
+-- Forum: Blickpunkt Welt (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=90)
+--- Forum: Sicherheitspolitik und Wirtschaft (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=96)
+--- Thema: Irak (/showthread.php?tid=4)



- ThomasWach - 27.10.2006

Vorurteilsbedingte selektierte Weiterleitung von Informationen in der Bürokratie und in den Sicherheitsbehörden, so möchte ich das mal bezeichnen. Es gab inzwischen einige Berichte in den amerik. Medien und ich war schon über einige Zeitungsartikel gestoßen, in denen viele ehemalige Spezialisten und Fachleute aus den Sicherheitsbehörden, aus dem State Department und den Geheimdiensten sich böse darüber beschwerten, dass die obere Entscheidungsspitze die kritischen Berichte einfach ignorierten und letztlich "positive Berichte und Lageentscheide fast anforderten". Nachdem das so eion bißchen ging, gab es auch entsprechende Selbstbeschränkungen der Beamte: Wenn man eben merkt, dass kritische Einschätzungen beim Vorgesetzten nicht ankommen, weil dieser auf seine politische Karriere schielt und daher den politischen Entscheidungsträgern gefallen will, dann liefert man eben irgendwann auch selbst positivere Einschätzungen als eigentlich realiter adequat. Man darf eben nicht vergessen, wie stark doch die Ministerialbehörden in den USA politisch durchdrungen sind. Da werden eben eigene Aufstiegsregeln etc. wichtiger als die Sachlage. Es ist halt ein Fall überzogener Selbstreferenz wie der Theoretiker sagen würde...


- Tarkan - 27.10.2006

Kleine freie Übersetzung aus dem Türkischen:



Zitat:"Divide et Impera

Die von Bush eingesetzte Irak-Kommission, unter der Leitung des früheren Außenministers James Baker, hat ihre Arbeit nahezu gänzlich abgeschlossen und die Ergebnisse werden nach den Senatswahlen in November bekanntgegeben. Einige Positionen sind der amerikanischen Presse durchgesickert.

Danach soll nicht mehr weiterhin ein einheitliches Irak unterstützt werden, sondern der Irak in 3 Gebiete (Kurden, Schiiten, Suniten) aufgeteilt werden - divide et impera. Es soll nicht die Absicht sein, den Irak aufzuteilen, vielmehr eine förderale Struktur zu errichten. Die Zentralregierung (Also der Bund sozusagen) soll zuständig für die Außenpolitik, Grenzsicherung und Verwaltung des Erdöls zuständig sein. Zu diesem Zweck sollte eine Verfassungskommission einberufen und die Unterstützung dieses Plans durch Iran und Syrien eingeholt werden.

Dieser "Baker-Plan" wird allerdings von Bush nicht unterstützt. Bush ist bislang gegen eine förderale Struktur Iraks, weil eine solche Struktur Syrien und Türkei Schaden würde. Dennoch zeigt der "Baker-Plan", daß die Entscheidungsträger in Washington teilweise anders denken. Ähnliche Vorstellungen wie Baker verkündete bereits der demokratische Senator Joseph Biden.

Es wird spekuliert, ob die Bekanntmachung des Baker-Plans im Zusammenhang mit den Novemberwahlen zu sehen sei.
Unterdessen erfuhr der Baker-Plan erhebliche Kritik aus den Staaten des Nahen-Ostens. Eine Aufteilung Iraks würde die Probleme im Nahen Osten nicht lösen, sondern verschärfen."
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.asam.org.tr/tr/yazigoster.asp?ID=1194&kat2=1">http://www.asam.org.tr/tr/yazigoster.asp?ID=1194&kat2=1</a><!-- m -->



.


- Venturus - 27.10.2006

Zitat:die Unterstützung dieses Plans durch Iran und Syrien eingeholt werden.
Tja, da müssten die Amis sich aber um 180 Grad in ihrer Außenpolitik drehen. Denn hier kann man keine europäischen Stellvertreter vorschicken. Ich hab so meine Zweifel, ob das mit der aktuellen Regierungsmannschaft umsetzbar ist.

Zumal so eine Konföderation (denn mehr wäre es nicht), sicherlich nicht gerade ein Stabilitätsgarant wäre. Der schiitische Süden würde zu einer Filiale des Iran mutieren, im kurdischen Norden würde sich ohne die Amis der Konflikt mit der Türkei aller Wahrscheinlichkeit nach verschärfen und der sunnitisch Teil würde als freies Radikal rumgeistert.

Aber vermutlich immer noch die bessere Lösung als solange zu warten, bis die Besatzungstruppen kollabieren und man planlos und ohne jede Nachkriegsordnung aus dem Irak flüchtet.


- Shahab3 - 27.10.2006

Ich bin durchaus der Überzeugung, dass man schon lange die Teilung des Irak als Alternative ins Auge gefasst hat. Also langfristig, da braucht man sich wohl nichts vorzumachen, würde eine solche föderalstaatliche Lösung zu einer effektiven Teilung führen. Nur traut sich zu diesem Zeitpunkt offenbar niemand irgendwelche Grenzen zu ziehen. Und die Vorzeichen für diese Idee waren auch schonmal besser.
Die einzige Fraktion die diese Idee wirklich mitttragen dürfte wären die Kurden.
Die Kurden hätten dann ihren Staat, der Westen sein nordirakische Öl und die Amis einen weiteren Verbündeten und "Dauerbrenner" a la Israel. Et voila..

Ein weiterer Teilungskandidat für das divide-and-conquer-Prinzip (oder besser: conquer and divide) wäre Syrien. Ein Teil könnte dem kurdischen Irak angeschlossen werden, ein Teil dem sunnitischen Irak und ein weiter Teil zu Eretz Israel.

"2 mal 3 macht 4 widdewiddewitt und Drei macht Neune.
Ich mache mir die Welt widdewidde wie sie mir gefällt ....


Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminza Efraimstochter Langstrumpf


- Venturus - 27.10.2006

Zitat:Shahab3 postete
Die Kurden hätten dann ihren Staat, der Westen sein nordirakische Öl und die Amis einen weiteren Verbündeten und "Dauerbrenner" a la Israel. Et voila.
Wird die Türken unter Garantie freuen. Wink


- Shahab3 - 27.10.2006

Ne, vermutlich nicht Wink

Aber die TR hat sich ja auch für die US-Nahostpläne als unbrauchbar erwiesen. Die haben nicht ganz so mitgespielt, wie man das in Washington gerne gesehen hätte. So gab es auch kaum eine Nordfront gegen den Irak.

Aber die Kurden sind doch ein netter Fauspfand gegenüber Sunniten, Schiiten, Syrern, Iranern und Türken. Mit denen and der Hand kann man ne Menge Spökes veranstalten. Geradezu perfekt für das Zuckerbrot und Peitsche Spiel.


- Tarkan - 27.10.2006

Der Türkei kann es in ihrer Doktrin doch nur darum gehen, ein stabiles demoratisches Irak als Nachbarn zu haben.

Wenn nun die US-Regierung eine Kehrtwende machen würde und von ihrem usprünglichem Ziel abrückt, nämlich Einfühung einer Demoratie und nicht Zerschlagung und Aufteilung des Irak, dann wäre der Irak durch den Baker-Plan noch instabiler und würde auch dazu führen, daß alle Staaten im Nahen Osten und die Bevölkerung kein Vertrauen mehr in die USA hätten.



.


- Shahab3 - 27.10.2006

Nun, ohne jetzt näher auf auf den türkischen Rechtsstaat und die Chancen auf einen EU-Beitritt der TR näher einzugehen, was wohl auch schwer offtopic wäre und in den letzten Tagen zur Genüge diskutiert wurde:

Alle Nachbarländer des Irak wollen letztendlich einen stabilen Irak von dem keine Bedrohung ausgeht und den man als Markt und Einflussgebiet für sich gewinnen kann. Soweit sind sich dort alle einig. Die interessantere Frage ist somit vielmehr, welche politische Rolle der Irak einnehmen wird, bzw welche Rolle die einzelnen "Staats-Brocken" in einem geteilten oder föderalen Irak wahrnehmen. Und da stellt der kurdische Norden für alle Anrainer (insb. die TR, die noch das schlechtestes Verhältnis zu den Kurden pfelgt) ein ziemlich relevanter Streitpunkt dar.


- Tarkan - 27.10.2006

Der entscheidende Unterschied der Türkei, ist doch der, daß der Wille der Staatsbürger mehr zur Geltung kommt, als in allen anderen arabischen Staaten. Dort ist das Verhältnis oftmals umgekehrt - einzig Ägypten schickt sich an, sich ebenfalls abzukapseln. Diese Entwicklung empfinden einige Staaten dort als Bedrohung.


Demokratie ist nunmal die beste Staatsform, die in der Lage ist, den einzelnen Menschen im Staat die großmögliche Freiheit zu gewähren. Und die Türkei ist ein demokratischer Rechtsstaat. Und wenn ich sage, daß die Türkei ein demokratischer Rechtsstaat ist, dann bedeutet das nicht, daß in der Türkei alles rosig ausschaut. Natürlich gab es und gibt es Zustände, die Kritik verdienen und auch Verbesserungswürdig sind. Man muß aber bei der Kritik berücksichtigen, daß die Türkei in einer instabilen Region eingebettet ist, wo gewaltätige Geistesströmungen aus dem Nahen Osten und dem Kaukasus ungefiltert hereinströmen, was andere Problemlagen und Zustände verursacht, als andere EU-Mitglieder mit relativ friedlicher Umgebung. Dennoch: Vergleicht man die Zustände in der Türkei mit den Zuständen im Irak, Iran und Syrien, erscheint die Türkei ein Paradies - und genau das ist die türkische Erfolgsgeschichte :juhu:



Aber ok, das schweift hier sonst ab.



.Big Grin


- Shahab3 - 27.10.2006

Wie ich bereits sagte. Du solltest diese Diskussion lieber mit Erieye und Erich im passenden Thread führen und nicht mit mir hier.
Mir gehts es hier thematisch ganz konkret um den möglichen Zerfall des Irak und den folgenden Konsequenzen...und da (um die Kurve noch irgendwie zu kriegen) kann ich mir beleibe kein freundschaftliches Verhältnis der TR mit dem kurdischen Teil Iraks vorstellen. Bzw braucht man sich da nichts vorzustellen, sondern nur die Presseberichte über Anschläge auf der einen und Militäroperationen auf der anderen Seite zu lesen. Und nein, ich gehe nicht davon aus, dass es sich dabei um eine "arabische Erfindung" handelt :tard:


- Lara - 28.10.2006

Eine weitgehende Unabhängigkeit würden whrscheinlich erst mal für Ruhe sorgen, gut finde ich an dem Plan das Iran und Syrien "mit einbezogen" werden sollen. Allerdings sehe ich auch eine gewisse Problematik mit einem "Kurdenstaat". Sowohl auf Seiten der Kurden im Iran als auch auf Seiten der kurdischen Türken. Und auch das Öl, das im kurdischen Irak vorhaden ist, dürfte "Begehrlichkeiten" wecken auf Seiten der Türkei. Sollte es soweit kommen, müßte man m.M. nach ein wachsames Auge auf "Grenzzwischenfälle" haben.
Die Frage wäre auch noch wie förderal es werden soll?


- Tarkan - 28.10.2006

Zitat:16. Verhandlungstag


Wie bei den anderen Verhandlungstagen, kam es auch diesmal zu hitzigen Wortgefechten zwischen dem vorsitzendem Richter und den Angeklagten.

Der kurdische Richter Rauf begang mit der Entgegennahme der Aussagen des früheren stellvertretenden Regierungschef Taha Yasin Ramazan mit der Frage nach seinem Vor- und Zunamen.

Taha Yasin Ramazan begann zu antworten "Ich bin der stellvertretende Regierungschef Iraks.." und wurde vom Richter mit dem Hinweis unterbrochen, daß er lediglich seinen Vor- und Zunamen nennen soll. Daraufhin sagte Yasin Ramazan gar nichts mehr. Der Richter wiederholte: "Sagen sie uns nur ihren Namen..". Yasin Ramazan antwortete: "Sag ich nicht.."


Yasin gab die Aussage zu Potokoll, daß er nach seiner Festnahme durch das US-Militär 3 Wochen lang gefoltert worden sei, weil er Sadams Versteck nicht verraten habe. Als er sagte "Er wisse nicht, wo Sadam sich aufhalte" sei er dann verprügelt und gezwungen worden, auf dem Boden zu kriechen. Ferner wollte man, daß er gegen Sadam aussagen solle.


In dem "El-Duceyil"-Fall sei er, sowie der damalige Innenminister Sadun Sakir und andere Minister nicht verwickelt gewesen. Yasin verteidigte den "El-Duceyil"-Fall, indem 148 Todesurteile vollstreckt wurden, mit den Worten:
"Die Angeklagten hatten ihre Schuld zugegeben, den Regierungschef töten zu wollen, was erwarten sie da? Das man ihnen einen Orden verleiht? Oder, da der 1. Versuch gescheitert war, ihnen die Chance auf einen 2. Versuch ermöglicht?".

Der 16. Verhandlungstag zeigte wieder, daß der vorsitzende kurdische Richter nicht in der Lage war, die Verhandlung souverän zu leiten, da er der arabischen Spache nicht mächtig ist.
Übersetzt aus dem türkischen
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.asam.org.tr/tr/yazigoster.asp?kat1=30&ID=971">http://www.asam.org.tr/tr/yazigoster.asp?kat1=30&ID=971</a><!-- m -->



.


- Shahab3 - 29.10.2006

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.baz.ch/news/index.cfm?keyID=D9D08A04-1208-4059-9E63E3737491F484&startpage=1&ObjectID=8F10A47C-1422-0CEF-703631CEB015E30A">http://www.baz.ch/news/index.cfm?keyID= ... CEB015E30A</a><!-- m -->
Zitat:Spannungen zwischen irakischer Führung und den USA

Bagdad. AP/baz. Die Spannungen zwischen der irakischen Regierung und den USA dauern entgegen anders lautenden offiziellen Erklärungen offenbar an. In einem Treffen von Ministerpräsident Nuri al-Maliki und US-Botschafter Zalmay Khalilzad habe der Regierungschef deutliche Worte gefunden, erklärte ein enger Berater Al-Malikis am Samstag. «Ich bin ein Freund der Vereinigten Staaten, aber ich bin nicht Amerikas Mann im Irak», zitierte Hassan al Suneid den Ministerpräsidenten.
...
Al-Maliki hat in dieser Woche mehrfach erklärt, dass die USA nicht das Recht hätten, dem Irak «Zeitpläne» vorzugeben.
...
Die Zahl der im Oktober im Irak getöteten US-Soldaten stieg unterdessen auf 98.
...



- Ingenieur - 29.10.2006

Ausblick auf den Irak:

Zitat:Kein schneller Abzug

Die USA und Großbritannien werden sich aus dem Irak nicht plötzlich davonstehlen. Doch der Druck auf Bagdad wird wachsen.

Die Stimmen, die einen baldigen Abzug amerikanischer und britischer Truppen aus dem Irak verlangen, sind zu einem lauten Chor angeschwollen. Da gibt es die Kreise, die von Beginn an die Invasion für einen Fehler hielten. Ein Exit zum jetzigen Zeitpunkt wäre das Eingeständnis des Scheiterns. Weshalb sie diesen Augenblick gar nicht abwarten können. Dann ist da die öffentliche Meinung. Die Stimmung hat sich gedreht: Sowohl in Amerika als auch in Großbritannien fordern die Wähler, die „Jungs heimzubringen“. Angesichts der täglichen Horrormeldungen, dem täglichen Blutzoll der Iraker, der Verluste der eigenen Truppen und der wachsenden Kosten ist das keine Überraschung. ...
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.zeit.de/online/2006/43/Irak-Kroenig?page=all">http://www.zeit.de/online/2006/43/Irak-Kroenig?page=all</a><!-- m -->


- Azrail - 29.10.2006

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.stern.de/politik/ausland/:Suez-Krieg-Abschied-Kolonialzeiten/575005.html">http://www.stern.de/politik/ausland/:Su ... 75005.html</a><!-- m -->
"Abschied von kolonialzeiten."

Ich sehe eine eindeutige Paralle zwischen dem Suez-Krieg und dem jetzigen irak Krieg ob er dasselbe ende haben wird?