Die Heere der Assyrer - Druckversion +- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org) +-- Forum: Hintergründe (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=97) +--- Forum: Geschichtliches (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=68) +--- Thema: Die Heere der Assyrer (/showthread.php?tid=2503) |
- Quintus Fabius - 08.01.2005 Die Heere Assyriens Entscheidend für das Verständnis der Assyrer ist m.M.n. das Militär, da Assyrien primär eine Militärmacht war und sich auch ins besondere als Solche selbst defnierte. Das Alt-Assyrische Reich orientierte sich in seiner Militärstruktur noch an der Tradition der Heere der Hurriter und besonders der des Mitanni Reiches. Die Hauptwaffe war hier der Streitwagenkämpfer, der von einem Zwei-Pferd Streitwagen mit einer Lanze kämpfte. Als die Mitanni von dem Hethiterkönigen niedergeworfen wurden, eroberten die Assyrer den Osten des Mianni Reiches für sich und im Konflikt mit den Hethitern stellten sie erstmals geordente Infanterie auf, vorher kämpfte die Infanterie einfach in dichten Blöcken hinter den Streitwägen und in der Form als Leichte Plänkler zur Fuß zwischen den Streitwägen. Dabei nahm ein Streitwagen je einen solchen Plänkler als drittes Besatzungsmitglied mit, dieser sprang jedoch vor dem eigentlichen Kampf ab und kämpfte dann zur Fuß weiter. Die Infanterie wurde nun in zwei Klassen eingeteilt: die schwere Infanterie kämpfte in geschlossenen Formationen und wurde Asharituu genannt, sie kämpfte in den vorderen Reihen mit Schild und Speer, in den hinteren mit dem Bogen. Die Leichte Infanterie die sich aus den Plänklern entwickelte wurde Hupshu genannt und kämpfte in lockerer Formation oder Auflösung, aber ebenso zweigeteilt in Speerkämpfer und Bogenschützen. Gegen Ende des Alt-Assyrischen Reiches ist es schon nachweisbar, daß die Ashiratuu vom König Land erhielten, im Gegenzug stellten sie von dessen Erträgen ihre Ausrüstung und leisteten als Steuer Militärdienst. Diese Ordnung entwickelte sich ähnlich späterer solcher Systeme wohl unter dem militärischen Druck von Nachbarvölkern. In dieser Zeit wurden nun die Hupshu immer mehr aus Nicht-Assyrern aufgestellt. Diese Armee blieb dann auch in der Grundstruktur die des Mittelassyrischen Reiches. In dieser Zeit veränderten sich aber trotzdem die Grundlagen massiv. Zum ersten entwickelten die Assyrer massivere Streitwägen und die bisherigen Plänkler wurden ein reguläres drittes Besatzungsmitglied, desweiteren kam die erste Reiterei der Menschheitsgeschichte auf die nicht nur Aufklärte sondern selbst kämpfte. Man band ein drittes Pferd an den Streitwagen und der dritte Mann sprang im Kampf dann auf dieses Pferd und agierte zu Pferd mit einer Lanze zwischen den Streitwägen. Oder er verblieb und das dritte Pferd zog den Streitwagen mit. Desweiteren kamen die ersten Reiter auf, die ohne Streitwägen agierten, diese ersten Reiter führten zur Hälfte je einen großen Schild und zur anderen Hälfte den Bogen, während der Bogenschütze schoß hielt der Schildträger die Zügel von dessen Pferd. Die gleiche Anordnung bildete sich zu dieser Zeit auch bei den Ashiratuu aus, Teile dieser Truppe wurden mit großen, Pavisen ähnlichen Schilden ausgerüstet, der Rest der dahinter stehenden Infanterie mit Bögen. Diese Truppen kamen vor allem bei Belagerungen zum Einsatz, zu einer Zeit wo die Assyrer erstmals gedeckte aufgehängte Belagerungsrammen einsetzten. Diese Bewaffnungsidee sollte dann später die Grundlage der persischen Heere bilden. Tiglatpileser III reformierte dann die assyrischen Heere von Grund auf und schuf eine ganz neue Vielzahl von Truppentypen. Die Kavallerie war zu diesem Zeitpunkt bereits zur Hälfte mit Lanzen und zur anderen mit Bögen bewaffnet, der Drei-Pferd Streitwagen war Standard, wobei das dritte Pferd nicht mehr als Zusatzreittier sondern als richtiges Zugpferd eingesetzt wurde, und die ersten Vier-Pferd Streitwägen waren im Einsatz. Tiglatpileser III reorganisierte nun die Infanterie in folgender Weise: Die bisherigen Ashiratuu wurden in die neue Kisir Sharutti umgewandelt. Die Kisir Sharutti war die aus Assyrern gebildete Zentralarmee, die in Assur selbst stationiert wurde, sie enthielt aber nicht nur die bisherige Ashiratuu Infanterie sondern auch eine Streitwagentruppe und ein starkes Kavallerieelement. Die Streitwägen wurden in dieser Truppe alle als Vier-Pferd Streitwägen mit 3 bis 4 Mann Besatzung ausgelegt. Die Infanterie wurde als schwere Infanterie mit der üblichen Mischung vorne Schild, Lanze, hinten Bogenschützen ausgelegt, und 1/4 der Truppe als andere Einsatzformen von Infanterie wie Schützen oder berittene Infanterie. Die Streitwagenkämpfer agierten manchmal auch in Belagerungen als Eliteinfanterie was ebenfalls ein Novum war. Die Schützen in der Kisir Sharutti führten alle große Pavisen in der vorderen Reihe, der Rest Bögen, es gab aber auch reine Schützentruppen, und als Besonderheit gemischte Einheiten von Schleuderern und Bogenschützen. Die Assyrer spezialisierten sich darauf, gleichzeitig ballistisch und gerade auf den gleichen Gegner zu schießen, so daß er mit seinen Schilden in die eine Richtung deckend den Geschossen aus der anderen Richtung ausgeliefert war. Eine weitere Besonderheit war Infanterie in Karren, die auf Wägen in die Schlacht fuhr, für den Kampf aber absaß, ein solcher Wagen wurde von zwei Pferden oder zwei bis drei Mauleseln gezogen, und trug im Schnitt 5 Mann Infanterie. Solche Infanterie nannten die Assyrer Kallipani. Solche Einheiten hatten häufig auch Infanterie dabei die dann auf Mauleseln oder Pferden in die Schlacht ritt, zum Kampf aber absaß. Auch bei diesen Einheiten galt die Zweiteiliung von Speer- und Bogenkämpfern. Die bisherigen Hupshu Verbände der leichten Infanterie wurden wegen ihres hohen Anteils nicht Assyrischer Einheiten in die jeweilige Provinzarmee umgewandelt und nur noch aus den Einwohnern der jeweiligen Provinz rekrutiert. Sie bildeten nun Leichte wie Schwere Infanterie und konnten auch andere Waffengattungen in geringerem Umfang enthalten. Viele Shab Sharri Verbände waren für ihr Geschick berühmt, mit dem sie unwegsames Terrain oder Flüsse und Sümpfe durchqueren konnten und von den babylonischen Shab Sharri übernahmen die Assyrer einen aufblasbaren Ziegenschlauch als Standardausrüstung all ihrer Truppen, mit diesem als Schwimmhilfe überquerten sie dann Gewässer in Rüstung. Auch die Shab Sharri folgten der Zweiteilung in Speer- und Bogenkämpfer und trugen aber im Gegensatz zu den Kisir Sharutti keine oder nur sehr leichte Rüstungen und häufig auch ihre Landestracht. Die seltenen Streitwageneinheiten bestanden hier vor allem noch aus Drei-Pferd Streitwägen, manche Provinzen stellten aber auch Kavallerie Einheiten die aber dann von den Assyrern bald in die Kisir Sharruti aufgenommen wurden, so daß die Kavallerie ihrer Zentalarmee bald sehr gemischt war. Zusätzlich zu diesen Verbänden fanden sich in der Assyrischen Armee die Aufgebote der Verbündete und geworbene Söldner aus den verschiedenen Völkern am Rande des Assyrischen Reiches. Nach dem Fall Urartus waren uratäische Truppen sowohl in der schweren Infanterie als auch bei der Kavallerie weit verbreitet, die uratäische Kavallerie wurde aber binnem kurzem in die Kisir Sharruti aufgenommen und mit assyrischen Uniformen und Waffen ausgestattet. Die Uratäische Infanterie kämpfte in dichten Blöcken mit Schild und Lanze. Auch sehr verbreitet waren zu jeder Zeit aramäische leichte Infanteristen, die Aufgaben als Plänkler, Kundschafter und Fernkämpfer übernahmen und vor allem mit Schleudern und Wurfspeeren kämpften, manchmal wurden sie auch mit Bögen ausgerüstet. Nach den ersten heftigen Kämpfen gegen die Kimmerier wurden auch immer wieder Kimmerische berittene Bogenschützen angeheuert und in der Spätzeit Assurs fanden sich auch einige Phryger in ihren Reihen ein. Die Assyrische Kisir Sharutti war wie vor ihr die gesamte Assyrische Armee in 5 Armee Korps gegliedert, jedes der Armeekorps umfasste alle wesentlichen Truppentypen und trug den Namen eines der assyrischen Götter, also Assur, Ishtar, Adad, Sin und Shamash. Später wurden diese 5 Armee Korps mit dem Anwachsen des Reiches zur Zeit Sargons auf die 5 wichtigesten Städte des Reiches verteilt, auf Ninive, Assur, Arbela, Nimrud und Dur Sharkukin. Jedes der Armee Korps wurde von einem eigenen General befehligt der Turtanu genannt wurde. Häufig führte der König, Shar genannt die Armee aber selber in den Kampf, in diesem Fall agierten zwei der Turtanu als seine Stellvertreter und kommandierten den jeweils linken oder rechten Flügel der Armee. Daher wurden sie Turtanu der Rechten, bzw der Linken Seite genannt. Ein weiterer hoher Generalsrang aus den Reihen der Qurubuti war der Rab Shaki. Tiglatpileser III schuf noch als letztes zu all den anderen Truppentypen aus der bisherigen Leibwache des Königs von Assur eine eigene Eliteeinheit die dann Qurubuti genannt wurde. Auch diese umfasste sowohl Infanterie als auch Kavallerie und Vier-Pferd Streitwägen, war aber numerisch um einiges kleiner als die anderen Verbände und stand auch außerhalb der Armeeorganisation und allein direkt dem König. Die Qurubuti Infanterie trug als erste sowohl Speer und Schild als auch den Bogen, und die Qurubuit Kavallerie folgte diesem Bewaffnungsmuster bald und so hatte jeder Qurubuti Reiter sowohl die Lanze als auch den Bogen und agierte so in beiden Rollen zugleich. Die Qurubuti Reiter wurden rasch selbst schwerer gerüstet und panzerten auch als erste ihre Pferde mit Lederschabracken und Pferdepanzern aus Fellen. Diese Pferdepanzer kamen zur gleichen Zeit auch bei den Streitwägen auf, blieben aber bis zur Zeit von Assurbanipal bei der übrigen Kavallerie unüblich. Die Qurubuti Streitwägen rekrutierten sich aus den besten solchen Truppen der Kisir Sharutii und bildeten das direkte persönliche Gefolge des Königs. - Quintus Fabius - 08.01.2005 Die Taktiken der Assyrer auf dem Schlachtfeld und ihr Operatives Vorgehen waren äußerst modern und geschickt. Auf dem Schlachtfeld wurden diverse Taktiken angewandt, in offener Feldschlacht ist aber häufig folgende Grundtaktik erkennbar: Die Assyrischen Streitwägen und Kavallerie wurden mit den jeweiligen Turtanu an den Flügeln aufgestellt, in der Mitte der Armee stand der König mit den Qurubuti und weiteren Truppen, deren Streitwägen und Reiter aber zur Flanke abgeordnet wurden. Überhaupt ist es Bemerkenswert wie flexibel die assyrische Kommandostruktur war. Die Streitwägen und Reiter fegten nun die leichten Truppen des Gegners und deren Streitwägen und Reiter vom Feld und nahmen die Flanken der gegnerischen Armee. Dann griff das Zentrum das bisher den Gegner nur mit Bögen beharkt hatte an und die Streitwägen attackierten die Flanken und den Rücken des Gegners, wurde dessen Zusammenhalt zersprengt, ritt die Kavallerie die Fliehenden und Zerstreuten nieder. Die Assyrische Armee gliederte sich in Regimenter, die von den Assyrern Kisri genannt wurden. Solche Einheiten waren zwischen 200 und 1000 Mann stark und ein Armeekorps gliederte einem solchen Kisri noch um die 150 bis 600 Streitwägen und Kavalleristen an. Eine solche Kisri wurde auch Kisrum genannt, der Befehlshabende Offizier einer solchen Einheit dann Rab Kisrum. Es gab auch dann später reine Infanterie Kisri und reine Kavallerie und Streitwägen Kisri, eine solche Streitwägen Kisir hatte dann aber nur noch um die 150 bis 200 Streitwägen. Die jeweilige Kisri gliederte sich in Untereinheiten von je 10 Reitern oder Streitwägen die jeweils von einem Rab Eshirte geführt wurden. Die gleiche Gliederung gab es bei der Infanterie, wobei zwischen dem Kisri und der 10 Mann Gruppe weitere Gliederungen stehen konnten, aber nicht mussten. So gut wie alle rein assyrischen Einheiten waren verblüffend flexibel und konnten im Feld kurzfristig von ihren Befehlshabern neu kombiniert und zusammengestellt werden, was von einem sehr hohen Ausbildungsstand zeugt. - hawkeye87 - 08.01.2005 :frag: hattest du mal wieder nichts zu tun :merci: - Tiger - 07.07.2005 Welche Panzerungen verwendeten eigentlich die Assyrer? Ich meine, da mal etwas gelesen zu haben, wonach sie zuerst mit Panzerplättchen besetzte Tuniken verwendeten. Diese Panzerung wurde dann meines Wissens später durch den Körper nachbildende Panzer aus Rohhaut ersetzt. Mich würde auch interessieren, ob die berittenen assyrischen Bogenschützen dazu in der Lage waren, ihre Pfeile im Ritt abzuschießen. Ebenfalls interessieren würde mich, ob die Assyrer Kompositbögen einsetzten. Zitat:Eine weitere Besonderheit war Infanterie in Karren, die auf Wägen in die Schlacht fuhr, für den Kampf aber absaß, ein solcher Wagen wurde von zwei Pferden oder zwei bis drei Mauleseln gezogen, und trug im Schnitt 5 Mann Infanterie. Solche Infanterie nannten die Assyrer Kallipani.Das dürfte der assyrischen Armee einen hohen Grad an Mobilität gebracht haben. - Quintus Fabius - 07.07.2005 Zitat:Welche Panzerungen verwendeten eigentlich die Assyrer?Panzer aus Leinen, Panzer aus Schuppen (Bronze und Eisen) und Panzer aus Lamellen (Eisen), dazu Helme aus Bronze oder Eisen. Die Stiefel waren sehr hoch (knielang) und fungierten auch als Beinschienen. Zitat:Ich meine, da mal etwas gelesen zu haben, wonach sie zuerst mit Panzerplättchen besetzte Tuniken verwendeten.Der Schuppenpanzer ist schon älter als Assur, aber die Assyrer verfeinerten ihn zum Lamellenpanzer und setzten als erste größere Zahlen von Eisenrüstungen ein. Assur ist als Volk und Staat aber ebenfalls sehr alt, das altassyrische Reich geht ja sehr weit zurück, bis in die Bronzezeit. Zitat:Mich würde auch interessieren, ob die berittenen assyrischen Bogenschützen dazu in der Lage waren, ihre Pfeile im Ritt abzuschießen.Anfangs waren das ja immer zwei Reiter auf zwei Pferden. Der eine hatte eine Lanze und hielt die Zügel des Pferdes mit dem Bogenschützen während dieser schoß, auch in Bewegung. Der Vorteil war vermutlich, das sich der Schütze nicht um das Lenken des Pferdes kümmern mußte. Die späteren Truppen hatten Bögen und Lanzen zugleich und es gibt Darstellungen wo sie im Reiten schießen, es gibt auch Darstellungen assyrischre Könige und Prinzen auf der Jagd wie sie im vollen Gallop schießen. Das Schießen vom Pferd in Bewegung haben die Assyrer von den Reitervölkern an ihren Nordgrenzen wie z.B. den Kimmerern übernommen. <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.steppenreiter.de/_Extras/Geschichte/history.htm">http://www.steppenreiter.de/_Extras/Ges ... istory.htm</a><!-- m --> HIer in dem LInk siehst du Darstellungen assyrischer Kavallerie in Bewegung. Zum Text dort muß man sagen, daß einige der Aussagen dort nicht ganz richtig sind bzw tendenziös die Steppenvölker höher stellen sollen als sie es waren. z.B. Die Assyrischen Reiterpaare als berittene Infanterie einzustufen ist inzwischen wiederlegt und veraltet. Desweiteren wird die Rolle der Skythen am Untergang Assurs total aufgebläht und völlig verfälscht dargestellt. In Wahrheit haben die Assyrer die Kimmerer völlig vernichtet und ausgerottet, die Reste die vor den Heeren Assurs flohen mußten sich dann den Skythen unterordnen. Das bei den Medischen Heeren auch Skythische Söldner dabei waren heißt nicht, daß die Skythen als Volk wichtig für das Ende Assurs gewesen wären.usw Zitat:Ebenfalls interessieren würde mich, ob die Assyrer Kompositbögen einsetzten.Das weiß ich nicht, aber dem gehe ich mal nach. Die Kimmerer setzten mWn Kompositbögen ein, von daher könnten die Assyrer von denen solche übernommen haben, aber das war schon in der Spätzeit ihres Reiches. Was für Bögen die Truppen Assurs genau hatten ist mir nicht bekannt. |