Forum-Sicherheitspolitik
Antiradar Raketen - Druckversion

+- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org)
+-- Forum: Hintergründe (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=97)
+--- Forum: Allgemeine fachbezogene Diskussionen (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=98)
+--- Thema: Antiradar Raketen (/showthread.php?tid=2310)

Seiten: 1 2 3 4


- Cyprinide - 26.10.2004

Mich würde mal eure Meinung dazu interessieren:

Fast jede SAM (oder jede? - das ist nun wirklich nicht mein Fachgebiet - man möge dies entschuldigen) basiert doch auf Radarlenkung, und um ein Feindliches Flugzeug für die Luftabwehr aufzuspüren ist ja auch ein Radar von Nöten. Wie einsatzfähig ist so eine Luftabwehr eigentlich, wenn jedes Land heute über HARM oder äquivalente System verfügt? Gibt es überhaupt eine Möglichkeit eine abgefeuerte HARM noch abzuwehren? Was hilft denn dann der stärkste Flaschirm wenn jedes eingeschaltete Radarsystem gleich wieder "abgeschaltet" wird, wie es im 2. Golfkrieg ja war.


- Der_Schakal - 26.10.2004

Grundsätzlich:

Alles was man sieht kann man Treffen. Und alles was man Treffen kann sieht man auch.

Das erstmal vorweg.
Es ist richtig das die HARM gegen Radaranlagen sehr wirkungsvoll ist, aber man kann sie auch abfangen (wie alles andere auch)


Also mal Theorie:
Eine F16 donnert heran, erfasst das Radar auf einer Reichweite von 60 KM und löst auf 48 KM die HARM (maximal Reichweite der HARM) aus.
Bei einer Geschwindigkeit von etwa 2280 KM/h brauch die Harm also mehr als eine Minute (38 Km/m).

Die Radaranlage dient zur Luftraumüberwachung (hat also kein eigenen Sam Komplex dahinter), da sieht es doof erstmal aus, weil das Radar zwar die HARM erfassen könnte (wenn es genug Power hat, die HARM ist ja kein STEALTH Flugkörper sondern nur ein Kleiner Flugkörper) kann aber die Infos nicht an eine eigene SAM weitergeben.

Heisst also das die FLA/FLARAK Waffen ihr eigene Sensorik (IR oder Radar) nutzen müssen.
Wenn da ein einigermassen modernes System steht:
Tor M1/PAC-3 hat die HARM verloren.
Aber selbst mit reinen FLA Abwehr (Gepard und ähnliche) ist die Abwehrchance recht hoch.

Ganz anders aussehen tut es wenn hinter dem zu vernichten Radar ein SAM Komplex steht, sprich ein S-300 oder eine Patriot Batterie.
Da kommt steigt die Abwehrchance noch höher..

Ich denke 80-90 % Abwehrchance bei moderner SAM/FLA/Radar Ausstattung.


Der Schakal


- Cyprinide - 26.10.2004

Also man wird dann eine Patriot gegen die Anfliegende HARM einsetzen?


- Der_Schakal - 26.10.2004

"Eine Patriot"

Da gibt es ja mehrere Varianten von Wink
Wie in anderen Threads beschrieben wurde der PAC-3 Flugkörper zur Abwehr von Raketen etc entwickelt.
Also ein PAC-3 sollte das packen.
Der Muss sich ja nur auf 10-15 Meter nähern und dort detonieren, die Fragmente reichen schon um die Harm zu vernichten. Direkte Treffer werden nicht benötigt....

Der Schakal


- kaskad - 26.10.2004

Bei den S-300 und PAC-3 muss das feindliche Flugzeug erst an die 48 km rankommen um seine Harm abzuschiessen.Und bei den neuen S-400 Systenem wird es noch schwieriger für das Flugzeug.


- Der_Schakal - 26.10.2004

@ Kaskad

DAS habe ich mal aussen vor gelassen.
Es ging halt um die Frage:
Sind ARM Raketen abschiessbar ?

Muss man wohl mit einem klaren JA beantworten.

Der Schakal


- Mr NoBrain - 26.10.2004

Die von den Amerikanern in Vietnam entwickelte Wild Weasel-Taktik zur aktiven Bekämpfung von SAM-Komplexen sieht es m.E. nach vor das Gelände maximal auszunutzen, sprich Tiefstflug. Und auch SAM-Komplexe mit einer Aufklärungsreichweite von 400+ km haben Radarschatten in die sie nicht reingucken können. Gepaart mit modernen Flugzeugen mit Steahltheigenschaften und einer vernüftigen Aufklärung des Einsatzraumes sowie einer vernüftigen Einsatzplanung lässt sich meiner Meinung nach auch ein Erfolg gegenüber Patriot, S-300, S-400 erzielen. Gerade Patriot ist meiner meinung nach recht anfällig, denn das Radar der Patriotbatterien hat einen sehr eingeschränkten Richtbereich, sowie nur einen Suchsektor von 90 Grad und einem Verfolgungssektor von 120 Grad.

Problematischer ist es wenn man es mit einer tiefgestaffelten Luftraumverteidigung zu tun, wo Systeme großer, mittlerer, und kurzer Reichweite sich gegenseitig überlappen und so Feuerschutz geben. In Deutschland hätte die Luftwaffe ihre Patriotbatterien nie alleine aufgestellt, sondern immer im Verbund mit Hawk- und Rolandbatterien geschützt. Natürlich noch die Einzelschützen mit Stinger dazu. Dies ist heute bekanntermaßen nicht mehr möglich. Dann wird man als Flugzeugführer entweder böse überrascht, oder man räumt SAM-Side für SAM-Side aus dem Weg. Man darf allerdings zwei Punkte nicht vergessen,
1. es gibt FlaRakSys die über Ausweichsensorik verfügen, wie z.B. Wärmesucher im Nahbereich
2. es gibt nicht unbegrenzt Wild Weasel-Flugzeuge und Piloten, die in dieser Taktik ausgebildet sind, bei den NATO-Luftwaffen sind nur der Tornado ECR, die F-4G Phantom (gibt es vielleicht noch bei der US Air National Guard??) und die F-16CJ für diese Missionen geeignet. (Gibt es französische WildWeasels? russische?)

Fahrzeuge wie der Gepard oder Shilka werden in der Regel nicht durch Flugzeuge gezielt in einer Wild Weasel-Mission bekämpft. Wenn dann durch Erdkampfflugzeuge wie A10 oder SU25, und dann auch nicht gezielt, sondern weil sie im Zielgebiet sind. Ansonsten werden solche Ziele durch eigene Heereskräfte (KPz, JgPz, SPz) bekämpft, manchmal auch von Kampfhubschraubern.

Wenn man die ARM geortet hat, kann ich mir vorstellen, das man sie mit PAC-3 abwehren kann. Was auch sinnvoll ist, ich denke mal dass das Feuerleitradar einer Patriotbatterie teuerer ist als einer PAC-3. Big Grin

Gruß NoBrain


- Shahab3 - 26.10.2004

Wodurch ist eigentlich die geringe Erfolgsqoute deutscher ECR Tornados mit HARM gegen serbische Radaranlagen zu erklären ( ca. 2% Treffer ), während die Amis angeblich wesentlich besser abschnitten ?


- Alex der Grosse - 26.10.2004

Was????????ß Nur 2% Treffer da haben sich die Amis bestimmt schief gelacht.
Man und ich dachte das die Deutschen Tornados viel besser abgeschnitten haben.


- Der_Schakal - 26.10.2004

Na ja, eine ARM ist bei weitem nicht so genau wie eine Lasergelenkte Bombe.
Sprich selbst wenn eine HARM ein Ziel auffasst so muss das nicht heissen das es das Ziel auch direkt trifft !!

Wenn ich mich recht erinnere waren die Tornados doch mit den alten Harms ausgerüstet, die ihr Ziel verlieren wenn das Signal weg ist. Die Amis hingegen schon die neuen.

Bin mir da aber auch nicht sicher...

Der Schakal


- Shahab3 - 26.10.2004

Zitat:...Die F-16CJ ist ebenfalls mit elektronischen Störbehältern und HARM-Lenkflugkörpern zur aktiven Bekämpfung von Luftverteidigungsanlagen ausgerüstet. Der einstrahlige Jäger flog den angreifenden Jagdbombern der US-Air Force und den Marinefliegern voran und bekämpfte dabei gegnerische Luftverteidigungsstellungen, damit ein nachfolgender Angriffsverband sicher sein Zielgebiet erreichen konnte.
Dabei erwies sich die US-Version der HARM gegen Radaranlagen als sehr effektiv.
Nach wenigen Tagen brach die bodengestütze Luftverteidigung aufgrund dieser taktischen Maßnahme zusammen, die erst versucht hatte, durch das Abfeuern vieler radargelenkter Raketen den angreifenden NATO-Flugzeugen große Verluste beizufügen. Später sind nur vereinzelte und überwiegend ungezielte Raketen gegen NATO-Flugzeuge verschossen worden. Rund 630 Raketen, vorwiegend russischer Bauart, sind von jugoslawischer Seite abgeschossen worden. Dem stehen 800 HARM der amerikanischen und deutschen Luftstreitkräfte gegenüber.
...
Die von deutscher Seite eingesetzten HARM B brachten nicht den versprochenen Erfolg. Von den 230 verschossenen HARMS der deutschen ECR-Tornados trafen nur rund 2 Prozent das Ziel. Dennoch trugen auch die deutschen HARMS dazu bei, dass Luftverteidigungsstellungen inaktiv blieben.
Sie haben die Anlagen wohl temporär ausgeschaltet um für ARM nicht ortbar zu sein, dennoch waren die deutschen HARM B irgendwie recht schwach Sad
Insgsamt gelang es nicht die Luftabwehr vollständig auszuschalten. Man traute sich selten unter 5000m zu gehen.

Quelle : Wehrtechnik


- Starfighter - 26.10.2004

Was in diesem Krieg wie zerstört wurde, darüber herrschen doch heute noch größte Unklarheiten. Deswegen würde ich die 2% die Shahab3 genannt hat nicht wirklich ernst nehmen, wo auch immer sie herstammen mag.

Davon ab kann das bessere Abschneiden der Amis genausogut durch geschönte "Statistiken" oder ähnliches kommen.


- Shahab3 - 26.10.2004

Die Daten enstammen der Analyse der amerikanischen, englischen und deutschen Luftwaffe über die Einsätze der Luftoperation und deren Wirkung auf das serbische Militär. Veröffentlich in der Zeitschrift Wehrtechnik.

Dass hier und da von diversen Seiten beschönigt wurde will ich garnicht bestreiten.
Tendenziell dürften die Daten so falsch nicht sein.


- kaskad - 26.10.2004

Zitat:Die von den Amerikanern in Vietnam entwickelte Wild Weasel-Taktik zur aktiven Bekämpfung von SAM-Komplexen sieht es m.E. nach vor das Gelände maximal auszunutzen, sprich Tiefstflug. Und auch SAM-Komplexe mit einer Aufklärungsreichweite von 400+ km haben Radarschatten in die sie nicht reingucken können. Gepaart mit modernen Flugzeugen mit Steahltheigenschaften und einer vernüftigen Aufklärung des Einsatzraumes sowie einer vernüftigen Einsatzplanung lässt sich meiner Meinung nach auch ein Erfolg gegenüber Patriot, S-300, S-400 erzielen. Gerade Patriot ist meiner meinung nach recht anfällig, denn das Radar der Patriotbatterien hat einen sehr eingeschränkten Richtbereich, sowie nur einen Suchsektor von 90 Grad und einem Verfolgungssektor von 120 Grad.
Die Taktik die von den Amerikanern in Vietnam angewandt wurde hat nicht viel gebracht den wegen der S-75 Samstellungen mussten die Piloten ihre Ziele im Tiefflug angreifen aber da haben die Vietnamesen schon mit ihren Flakstellungen und normalen Feuerwaffen gewartet.
Nach dem Abzug gab es über 500 Piloten in vietnamesischer Gefangenschaft die durch Flakstellungen abgeschossen wurden den wenn eine V-750 Samrakete eines S-75 Systems einen Jet trifft bleib den Piloten kaum Zeit für einen Ausstieg.


- Mr NoBrain - 26.10.2004

@kaskad

Nenn mir mal ne Quelle bitte in der steht, dass das Wild Weasel-Konzept ein Fehlschlag war. Denn immer wenn ich was drüber lese ist der Grundtenor das durch die Wild Weasel-Einsätze die Verlustrate unter den amerikanischen Fliegern enorm gesenkt wurde. Zu Anfang waren diese Missionen noch sehr riskant, da die F 100 Sabre gar nicht und die F 105 Thunderchief erst ab der F-Version extra mit Elektronik ausgerüstet wurden. D. h. das zu Anfang das Feuer der SAM-Batterie (in Nordvietnam in erster Linie die SA-2 Guideline) "herausgelockt" werden musste und ein zweites Flugzeu diese Feuerstellung bombardieren konnte. Mit der Einführung der Shrike und Sensorik an Bord der F 105F konnte diese überaus gefährliche Variante der Wild Weasel-Missionen durch die Ortung der exakten Stellung des aktiven SAM-Radars und der Bekämpfung mit Abstandswaffen ersetzt werden.

Ausserdem habe ich erwähnt, das eine tiefgestaffelte Verteidigung die Wild Weasel Missionen erschwert.

Gruß NoBrain