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Volksrepublik China - Druckversion

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- hoj - 24.03.2008

Zitat:Wir sehen auch Mönche, die die Demonstrationszüge anführen. Die religiöse Unterdrückung, die Abwesenheit jeder Religionsfreiheit in Tibet, ist eines der schwersten Verbrechen der Gastgeber der diesjährigen Olympischen Spiele gegen ein zutiefst religiöses Volk. Die einschneidende Restriktion der Zahl von Mönchen in den Klöstern, die politischen Umerziehungskampagnen um aus den „Parasiten“ vollwertige Mitglieder der Arbeiterklasse zu machen, sind nur äußerlicher Anlass zu Protest. Verborgen bleibt dem Westen meist, dass durch das Nichtvorhandensein der erfahrenen buddhistischen Lehrer (die meisten sitzen noch in Gefängnissen oder sind bereits in den 50er und 60er Jahren des letzten Jahrhunderts umgekommen) und die Plünderung der Klosterbibliotheken eine jahrhundertealte Tradition und Überlieferung in ihrem Kern und Wert nahezu verloren ist und nur im Exil mühevoll am Leben erhalten werden kann.

Unser Blick darf nicht stehen bleiben bei den Bildern dieser Tage sondern muss sich weiten, für das, was in Tibet geschehen ist. Und Tibets Zukunft? Die größte Kraft der Tibeter lag und liegt in der Gewaltlosigkeit. Das klingt weltverbesserisch, fast naiv. Aber in der Tat „haben wir die Wahl“, wie es einmal ein ranghoher Vertreter der tibetischen Exilregierung ausgedrückt hat: Die Welt kann zusehen, wie auch das letzte Volk, das eine friedliche Lösung für sein tragisches Exil anstrebt, wegen der unerträglichen Situation immer mehr in Richtung Gewalt tendiert. Oder wir setzen auf ein neues Pferd: Die zu unterstützen, die wie der Dalai Lama im Geiste der Verständigung, ja der Völkerverständigung, nach gewaltlosen Wegen zur Konfliktlösung suchen.

Die Frage ist, wann ist diese Welt der Banalität der Gewalt überdrüssig? Wenn wir beobachten, wie Mönche in Birma und Tibet – diejenigen also, die in allen Kulturen moralische Vorbilder sind – den Protest anführen, muss die Antwort lauten

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesspiegel.de/meinung/leserbriefe/Leserbriefe;art144,2499367">http://www.tagesspiegel.de/meinung/lese ... 44,2499367</a><!-- m -->


- hoj - 24.03.2008

Erich schrieb:
hoj schrieb:....entweder bist du wirklich von den Chinesen gekauft worden.(man kann eine Nutte auch in einer Zeitschrift finden) Oder du bist hier nur um die Menschen zu beleidigen und mit schwachsinnigen Angriefen zu reizen.(Dafür legt man solche kleinen XXXXX gewöhnlich übers Knie)
an die Admins:
ich bitte um den Ausschluss von "hoj" aus dem Userkreis und beantrage auch festzustelen, wer dieser Nutzer "hoj" ist, weil ich Strafantrag wegen Beleidungug und übler Nachrede stellen werde

Liebe Admins dann könnt ihr gleich alle meine Beiträge in diesem Forum löschen. Bahnen muss man mich nicht weill ich jetzt diesem Forum auch so verlasse.


- Erich - 24.03.2008

Erich schrieb:.....
der dort geschilderte und auch von der FAZ wiedergegebene Zeitablauf wird grob sogar von den Tibet-Büros de Exilregierung bestätigt, z.B. <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tibetswiss.com/de/">http://www.tibetswiss.com/de/</a><!-- m -->

...
nachdem ich hier schon auf die Seiten des Tibet-Büros der Exiltibeter verweise gebietet es die Fairness, auch die andere Seite zu verlinken.
Voila:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://german.china.org.cn/china/2008-03/24/content_13427701.htm">http://german.china.org.cn/china/2008-0 ... 427701.htm</a><!-- m -->
Zitat:Tatsachen über Sabotageakte in Lhasa veröffentlicht
german.china.org.cn          Datum: 24. 03. 2008

....
bei aller unterschiedlicher Betrachtungsweise - eine Genesis der Entwicklung lässt sich doch aus beiden Berichten extrahieren.

Danach kam es am 14. März zeitgleich in Tibet (Lhasa), Nepal und Indien zu Protesten anlässlich des 49. Jahrestages des chinesischen Einmarsches in Tibet.
In Lhasa verteilen Mönche entsprechende Flugblätter und hissten die tibetische Flagge. Die Teilnehme wurden (was zu erwarten war) verhaftet.
Danach kam es zu Massendemonstrationen in Lhasa um die Freilassung dieser Mönche zu erreichen. Diese Demonstrationen in Lhasa waren offenbar gesteuert, weil sich - nach Aussage westlicher Augenzeugen, die ich hier schon zitiert habe - zeitgleich mehrere Demonstrationszüge bildeten.
Diese Massendemonstrationen gerieten ausser Kontrolle und arteten in die bekannten Gewaltexzesse aus. Erst danach (!) haben die chinesischen Sicherheitskräfte durchgegriffen.

in dem Zusammenhang:
nach Meldung von XINHUA soll RTL inzwischen Fehler bei der Tibetberichterstattung bedauert haben:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://german.china.org.cn/china/2008-03/24/content_13438740.htm">http://german.china.org.cn/china/2008-0 ... 438740.htm</a><!-- m -->
Zitat: Deutsches Fernsehen bedauert Fehler bei Tibetberichterstattung
german.china.org.cn          Datum: 24. 03. 2008

Der deutsche Fernsehsender RTL hatte am Sonntag erklärt, dass er seinen Fehler bei der Berichterstattung über die Unruhen in Lhasa bedaure. Der Sender gestand auf seiner Webseite, dass er "ein Bild in einem falschen Kontext" verwendet habe.
....
kann das jemand bestätigen? Normalerweise gebe ich nur Nachrichten weiter, die ich von mindestens zwei unabhängigen Quellen habe.
Fakt ist jedenfalls, dass die Berichterstattung westlicher Medien auch hier im Westen auf Kritik gestoßen ist.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://derstandard.at/?url=/?id=3274289%26_seite=4%26sap=2">http://derstandard.at/?url=/?id=3274289 ... =4%26sap=2</a><!-- m -->
Zitat:21. März 2008 21:07

Empörung über falsche Bilder von Polizeieinsatz gegen Demonstranten
Westliche Medien verwendeten Fotos aus Nepal und Indien, um Unruhen zu illustrieren – China reicht Bilder der Ausschreitungen nach.

...
In mehreren Ländern, so auch in Chinas Nachbarstaaten Nepal und Indien, kam es ebenfalls am 14. März bei Protesten anlässlich des 49. Jahrestages des chinesischen Einmarsches zu Polizeiübergriffen, die von den zahlreich anwesenden Pressefotografen ausführlich dokumentiert wurden. Viele Medien bedienten sich, ohne die Herkunft der Bilder zu berücksichtigen, dieser Aufnahmen, um die Berichte über den Aufstand in Lhasa zu illustrieren.

Allerdings unterscheiden sich die blauen Camouflage-Uniformen der nepalesischen Sicherheitskräfte und die Khaki-Hemden der indischen Polizei beträchtlich von den unifarbenen Jacken ihrer chinesischen Kollegen. Aufmerksamen Beobachtern fiel dies schnell auf: mittlerweile finden sich der auf der Videoplattform Youtube mehrere Zusammenschnitte über die "Lügen der westlichen Medien" .
....



Die Verwaltung gibt bekannt... - ThomasWach - 26.03.2008

Back again...

Hiermit wird der Thread wieder geöffnet seitens der Forumsadministration. Allerdings können wir den hitzigen und unsachlichen Diskussionen gegenüber nicht tatenlos verharren. Seit weit über einer Woche wurde hier deutlich über die Strenge geschlagen.

Daher sehen wir uns gezwungen aufgrund wiederholter Beleidigungen anderer User Hoj eine Verwarnung auszusprechen. Wir wünschen und wollen facettenreiche Diskussionen. Allerdings muss man anerkennen, dass es eben auch andere Sichtweisen gibt. Dies bitte ich übrigens alle User, auch Erich, zu beherzigen. Es geht darum, eben verschiedene Sichtweisen präsentiert zu bekommen und so das ganze von allen Seiten auszuleuchten. Dabei aber ist es nicht erlaubt, andere wegen ihrer Perspektive unflätig zu beleidigen! Daher mussten wir Hoj auch leider eine Verwarnung aussprechen, da er hier wiederholt in kontroversen Momenten der Diskussion zu unerlaubten Beleidigungen griff.

Letztlich gibt es immer mehrere Perspektiven und Bewertungen.
Man wird nicht umhinkommen, den von Hoj völlig zu Recht beanstandeten aggresiven exklusiven/ethnisch-hanchinesischen Nationalismus und die damit verbundene Assimilierungs- und Kolonialisierungspolitik des chinesischen Regimes bei der Bewertung der Ereignisse zu berücksichtigen. Dabei muss man nicht nur konstatieren, dass China versucht, die Tibeter zur Minderheit im ehemals eigenen Land zu machen, es werden auch tibetische Kultur und Sprache diskriminiert(diskreditiert) und auch politisch und sozial die einheimischen Tibeter unterdrückt, diskriminiert und an den Rand gedrückt. Hierbei setzt die chinesische KP wie in den meisten Konfliktfällen nicht auf Dialog, sondern auf die Durchsetzung ihrer Politik.
Und das bedeutet eben für die einheimischen Tibeter eine fortschreitende kulturelle Assimilierung und/oder Marginalisierung sowie soziale, politische und wirtschaftliche Marginalisierung und Unterdrückung.


Inhaltlich:
Man kann wohl vielleicht davon ausgehen, dass die Unruhen gezielt vom "neuen" tibetischen Widerstand organisert worden. Jedoch ist genauso gut möglich, dass aufgrund der symbolischen Bedeutung des 49. Jahrestages des großen tibet. Aufstandes gegen die chinesischen Oberherren Wut, Zorn und aufgestauter Frust über die elende Situation der einheimischen Tibeter sich einfach durch diese gewaltsamen Proteste artikulierte und so seinen Lauf nahm. Solch eine zufällige Entwicklung ist auch aus soziologischer Sicht durchaus möglich und denkbar. Angesichts der Lage der Tibeter, kann sich durch den situativen Ausbruch von Zorn und Wut und dessen Manifestation als Gewalt eine Dynamik entwickelt haben, bei der letztlich Tibeter den Unmut über ihre schlechte Lage dadurch ausdrückten, dass sie vereinzelt eingewanderte Han-Chinesen oder andere zuzügler angriffen. Sowas kann bei der Entwicklung von Massenprotesten durchaus zustande kommen, die Dynamik kann da verheerend sein.
Aus einer wissenschaftlichen Sicht ist es also nicht wirklich entscheidend, wann die chin. Sicherheitskräfte zuschlugen mit brutaler Gewalt. Es reicht vollkommen sich der Lebensbedingungen und der Politik der chin. Führung zu vergegenwärtigen. Sobald da ein Funke zündet, kann sich bei so viel "brennbarem Material", bei so viel negativen Emotionen, leicht ein großer Brand entwickeln. Ob nun von Anfang an gezielt und direkt dieser Brand gefördert und gewünscht war oder ob dezentral hier und da solche Absichten ihre Wirkung nahmen, ist bei der derzeitigen Informationslage nur schwer zu rekonstruieren.
Fakt ist aber, dass die chinesische Politik nach und nach angesichts der Dynamik der Proteste und der Intensität dazu übergegangen ist, jene insgesamt nicht mehr zu verharmlosen oder zu bagatelliseren, wie sie es anfänglich tat, als es nur die Taten einiger weniger "Banditen" waren, sondern nun entschlossen und mit aller Gewalt den sich so artikulierenden Widerstand der Tibeter gegen die chinesische Assimilierung zu brechen.
Daher nun auch die vollständige Isolierung der tibetischen Gebiete von der Außenwelt und damit die Möglichkeit für die chinesischen Sicherheitskräfte mit aller Macht abgeschirmt von der westlichen Medienwelt gegen den tibetischen Widerstand vorzugehen und ein für alle Mal damit jegliche Art tibetischer Autonomie- und Unabhängigkeitsbestrebungen zu brechen.
Chancen für Dialog, den Erich idealerweise fordert, bestehen hier aber kaum. Dafür braucht die chinesiche KP nach dem heimlichen Abgesang des Kommunismus, der allgegenwärtigen Korruption und Ungleichheit und der Ausbreitung des Kapitalismus viel zu sehr den aggresiven Han-Nationalismus um die florierenden östl. Provinzen und die dortigen erfolgreichen aufstrebenden Bürger mit einer neuen Identität und neuer geistigen Identifikation zu versorgen und sie so von westllich inspirierten Forderungen wie Freiheit und Demokratie abzuhalten.
Andererseits kann man nur schwerlich von Tibetern, aber auch Uiguren und anderen erwarten, dass die widerstandslos zusehen, wie ihre einstigen Heimatgebiete mehr und mehr durch gezielte Siedlungspolitik und kulturelle, politische und wirtschaftliche Diskriminierungen und Marginalisierungen sinologisiert werden.
Dies führt nunmal zwangsläufig zu Konflikten, wie wir sehen können und noch weiter sehen werden.
Ich für meinen Teil würde hier gern noch betonen, dass die stetigen Gesänge und Lob-Hymnen vom großen, einigen China und dessen immerwährender positiver wirtschaftlicher Entwicklung auch mal einen genauen, kontrastierenden Blick auf die zahlreichen Schattenseiten und Probleme erfordern und verdient hätten. Denn beide Seiten, Wirtschaftswachstum und Ungleichheit und ethnische Konflikte, bilden die Realität des chinesischen Reiches. Und dann würden solche Ereignisse wie in Tibet nicht so sehr überraschen.
In dem Sinne: Noch weiterhin sachliche und gehaltvolle Diskussionen.

EDIT:
Als kleine Artikelempfehlung:
Zitat:Lektion für Chinas Führer
Spiegel 2008/13 print, Seite 116
Interview mit dem regimekritischen Schriftsteller und Tibet-Experten Wang Lixionf über die Fehler der Regierung
Ist eine kurze, schöne und zusammenfassende Beschreibung und Bewertung der Ereignisse in Tibet.


- Erich - 26.03.2008

Hallo Thomas
@all

Ich zweifle nicht, dass Chinas Regierung eine knallarte Parteidiktatur ist - und ich lehne unverhältnismäßige Gewalt ab. Das gilt für beide Seiten.
Ich halte die Dinge, die heute in Tibet ablaufen - wenn das denn stimmt was man von exiltibetischer Seite hört - für weit Überzogen und absolut Unverhältnismäsig.
Das ändert aber nichts daran, dass auch von Tibetern Gewalt ausgegangen ist, und die Tibeter nicht die absoluten "Unschuldslämmer" sind. Die Süddeutsche Zeitung hat das gestern im Artikel auf Seite 3 auf den Punkt gebracht - übrigends einer der wenigen Berichte, die von westlichen Journalisten aus tibetischem Gebiet kommen (und daher relativ frei von der gegenseitigen Propagandamaschinerie sein dürften):
Zitat:Gewalt von allen Seiten

Auch davon, dass die Unruhen in Lhasa in Rassenhass umgschlagen sind, hat D. (ein vom Reporter befragter tibetanischer Mönch mit Handy-Kontakt zu Klöstern in Lhasa) am Telefon gehört. Eine unbekannte Zahl von Han-Chinesen und Angehörigen der (muslimischen) Hui-Minderheit soll unter den Opfern sein. Zahlreiche Läden und Restaurants gingen in Flammen auf. ...
Es scheint tatsächlich so zu sein, dass as von Exil-Tibetern und ihren Unterstütztern im Ausland gezeichnete Bild friedfertiger Tibeter, die zu Opfern chinesischer Staatsgewalt geworden sind, nur einen Teil der Wahrheit widerspiegelt.
...

Ein Diskussion um einen zukunftsfähigen Lösungsansatz kann nur sinnvoll sein, wenn er von der objektiven Tatsachen ausgeht.
Da mag es unbequem sein, eine Mindermeinung zu vertreten, aber das rechtfertigt nicht, mich als "gekaufte Nutte" zu bezeichnen.

Und historisch gesehen war die Ernennung der ersten "Dalai Lama" durch die mongolische Dynastie auf dem Himmelsthron nun mal der Beginn eines Patronageverhältnisses zwischen dem Dalai Lama und der Pekinger Dynastien. Der Deal war "ungestörte Religionsausübung" gegen "politische Macht als Statthalter Pekings". Und da befindet sich der jetzige Dalai Lama als oberster Religionsführer und gleichzeitig Repräsentant der Exilregierung nunmal in einem historischen Bruch.

Inzwischen
Zitat:gleicht das gesamte tibetanische Hochland, nicht bloß die "Autonomie Provinz Tibet" einem Pulverfass.
...
Die chinesische Regierung musste zeitweilig befürhten, die Kontrolle nicht nur über Lhasa und Kerntibet, sondern auch über die tibetischen Gebiete in den umliegenden Provinzen zu verlieren. Deshalb der massive Truppenaufmarsch ....
Was in den von Tibetern bewohnten Gebieten passiert ist, war die Explosion einer angestauten Gewalt, ausgelöst - auch nach Quellen der Exilregierung - durch Demonstrationen von tibetischen Mönchen aus den Klöstern Drepung und Sera bei Lhasa (die gehören de Gelug-Schule an, zu der auch der Dalai Lama gehört) mit der Forderung auf Unabhängigkeit anlässlich des Jahrtages des Aufstandes von 1989.
Ausgelöst - das heißt nicht, dass ich dahinter Absicht vermute, ganz im Gegenteil: ich habe mehrfach betont, dass für mich die (legitimen) Meinungsäusserungen schlicht "ausser Kontrolle" geraten sind.
Ein solcher massiver Aufstand, eine solche Gewaltexplosion muss aber nach der Logik der Parteidiktatur in Peking als Angriff auf die Einheit Chinas und die Vorherrschaft der Partei verstanden werden.
Das waren nicht mehr Forderungen nach Religionsfreiheit (die im ideologischen Gegensatz zum Kommunismus erhoben werden), sondern nach Unabhängigkeit, nach Loslösung von China - letztendlich nach dem Zerfall des Staates.
Und da fallen die Staatskader in ihre alten Reflexe zurück. Die Demonstrationen in Shanghai gegen die Verlängerung des Transrapid sind das eine - da schaut der Staat zu, weil sein Machtmonopol nicht gefährdet ist - die "sezessionsitschen Gewaltexzesse" sind das andere; da kann der Staat nicht mehr zuschauen. Kein westlicher Staat wird Krawalle mit Brandschatzungen tolerieren (Stichwort Kreuzberg) - und kein Staat wird gewaltfrei zuschauen, wenn über ein Viertel seines Staatsgebietes mit Gewalt herausgebrochen werden soll.

Wie kann es nun weitergehen?

Was ich in Israel / Palästina ständig predige gilt auch hier: man kann nicht ein ganzes Volk über Jahrzehnte hin mit Gewalt "am Boden halten".
Da staut sich nur Aggression an, die in immer kürzeren Abständen und in immer stärkeren Ausbrüchen exploidert.
Nächtliche Razzie in Klöstern, Schüsse auf unbewaffnete Demonstranten und ähnliches führen vielleicht zu eine vorübergehenden Eindämmung des Gewaltpotentials, aber nicht zu einer Lösung.

Chinas Regierung muss erkennen, dass es auf Dauer seinen Machtanspruch über Tibet nur in Kooperation mit den buddhistisch-lamaistischen Würdenträgern sichern kann - allen voran dem Dalai Lama. Aber die Entwicklung von tragfähigen Lösungen setzt voraus, dass die Tatsachen objektiv erkannt sind.
Die Verteufelung des Einen (so sehr ich das harte Durchgreifen der "alten Kader" für falsch halte) hilft genauso wenig weiter wie die schwärmerische Verhrung des Anderen.

Entscheidend sind Lösungen, die eine Konkordanz ermöglichen.
Dabei wird es nicht unbedingt erleichtert, dass wir eigentlich vier Konfliktbereiche haben:

= den religiösen Konflikt über die freie Religionsausübung und die Freiheit der Religionsgemeinschaft, die Auswahl, Ausbildung und Einsetzung ihrer "Amtsträger" selbst zu regeln
= den politischen Konflikt zwischen der Exilregierung und der Regierung in Peking
= den ethnischen Konflikt zwischen ethnischen Tibetern und dem Han-Herrenvolk (inclusive Schule, Schrift und Sprache) und
= einen sozio-ökonomischen Konflikt zwischen den zurück gebliebenden Tibetern und den geschäftstüchtigen Han-Chinesen, die (nicht nur in Tibet) zunehmend das Wirtschaftsleben beherrschen.

Hinsichtlich der religiösen und politischen Konflikte könnte Europa einige Lösungsansätze liefern.
Das seit fast zwei Jahrtausenden entwickelte europäische Staatskirchenrecht ("Gebt Gott was Gottes und dem Kaiser was des Kaisers ist") kann aufgrund seiner ausgefeilten unterschiedlichsten Lösungen der Konkordanz zwischen Kirche und Staat durchaus in einigen Punkten als Muster dienen.
Religionsfreiheit bedeutet auch, dass die Religionsgemeinschaft die Ausbildung, Auswahl und Ernennung ihrer geistlichen Würdenträger selbst regeln können.
Im Endeffekt geht es da um eine ganz einfache Gleichung:
je mehr Religionsfreiheit, desto weniger Einmischung der Kleriker in die Politik ....
solange der Dalai Lama zugleich Religionsführer und Leiter der Exilregierung ist, besteht ein Dissens - und ein historischer Bruch.

Auch hinsichtlich von Autonomieregelungen gibt es in Europa die unterschiedlichsten erfolgreichen Muster. Ich denke an Südtirol, oder Grönland und Dänemark ... ein breites Spektrum an Mustern steht da zum Studium zur Verfügung,
und Tibet könnte gerade wegen Taiwan ein weiteres Muster für die Deng'sche Maxime von "einem Land und zwei Systemen" sein.
Allerdings: die Oberherrschaft, das Letztenentscheidungsrecht Pekings, wird zumindest in den wichtigsten Kernbereichen der Politik nicht "angekratzt" werden können.
Eine Einigung in diesem Bereich verlangt letztendlich, dass die tibetanische Exilregierung sich selbst abschafft.
Ein tibetanisches Parlament könnte dagegen in einigen Bereichen wie etwa dem Bildungs- und Sozialbereich - das wäre das Muster für Taiwan - entsprechende Beschlusskompetenzen erhalten.

Was kann der Westen tun?
Ich denke, unsere Politiker müssen sich im Klaren werden, wo die Prioritäten des Westens sind. In letzter Konsequenz heißt die Frage:
"Wirtschaft oder Menschenrechte".
Wenn man bereit ist, scih für Letzteres zu entscheiden, muss man auch bereit sein, bei Ersterem Verluste und möglicherweise herbe Rückschläge hinzunehmen. Das ist gerade in der derzeitigen Wirtschaftssituation eine nicht unbedingt einfache Entscheidung.
Ich halte wenig von einem Boykott der Olympischen Spiele. Die Sportler sind nicht dafür da, Fehler der Politik auszubaden.
Ich halte vielmehr von politischen Sanktionen, erst auf dem "diplomatischen Parkett",
von Wirtschaftsbeschränkungen,
und letztendlich - auch wenn das nicht einmal vom Dalai Lama gefordert wird - bis zur Drohung (und ggf. auch Durchführung) einer völkerrechtlichen Anerkennung Tibets. "Was dem Kosovo recht ist kann für Tibet nur billig sein".
Und "abgewendet werden" dürfte diese völkerrechtliche Anerkennung nur, wenn Peking und der Dalai Lama eine Vereinbarung treffen, die Religionsfreiheit gewährt und den Status des Landes regelt.

Denn: China hat seit fast 50 Jahren nicht geschafft, das Problem zu lösen.
Wenn China trotzdem auf der "Nichteinmischung in innerchinesiche Angelegenheiten" verharrt, dann hat der Westen nur mit der völkerrechtlichen Anerkennung Tibtes die formale Möglichkeit, sich aktiv in das Geschehen einzumischen.

Ja, das würde einen neuen "kalten Krieg" - diesmal mit China - auslösen. Das muss uns klar sein.
Und: die BRIC-Staaten - Brasilien, Russland, Indien und China genügen sich selbst. Ein zwangsläufig folgender "Wirtschaftskonflikt" würde uns wohl unendlich viel mehr treffen als die agilen Chinesen.

dazu ein Spiegel-Artikel "Warum Wirtschaftssanktionen gegen China sinnlos wären"
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,543542,00.html">http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,543542,00.html</a><!-- m -->


- bastian - 27.03.2008

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE64960822FA5429A182360/Doc~E713DA7DC7D564F7887103E84D8AFD633~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/RubCF3AEB154CE6496 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:China und der Westen
Wie man einen Feind erzeugt
Von Mark Siemons, Peking
26. März 2008 Aus der Tibet-Krise ist ein Kommunikationszusammenbruch zwischen chinesischer und westlicher Öffentlichkeit entstanden, den man fast schon einen Kulturkampf nennen muss. Im Westen herrscht die Meinung vor, bei den unkorrekten, zum Teil manipulativen Darstellungen der tibetischen Ereignisse durch einige Medien handele es sich bloß um handwerkliche Fehler, die aber an der Gesamteinschätzung nichts ändern könnten. Die Chinesen, die sich in Medienkritik üben, werden in Internetdiskussionen, auch in Deutschland, als „Regierungsclaqueure“ oder gar als „gehirngewaschen“ beschimpft, da sie nicht zugleich auf die chinesische Zensur und Medienabschottung hinwiesen und auch über die Unterdrückung der Tibeter kein Wort verlören.

Wir scheinen nicht die einzigen mit diesen Problemen zu sein...


- ThomasWach - 27.03.2008

@ Erich

In der Analyse der Genese der Ereignisse stimmen wir ja überein. Über Jahre aufgestauter Frust und Zorn entlud sich eben in diesen fatalen Stunden des 14.3. in den Straßen von Lhasa. Laut des Interviews aus dem Spiegel, das ich weiter oben empfohlen hatte, ging die Polizei gegen demonstrierende Mönche vor und versuchte (wohl auch unter Anwendung von Gewalt) diese Demonstrationen aufzulösen, die an die Niederschlagung des Aufstandes von 1949 und die schlechten Bedingungen für die Tibeter erinnern sollte. Dieses Vorgehen provozierte wohl eine von den chinesischen Behörden vor Ort nicht antizipierte gewaltige Eruption von Frust und Gewalt, die sich in dynamisch entwickelnden gewaltsamen Massenprotesten seinen Lauf nahm. So wurde aus einer Aktion gegen ein paar Demonstrationen der Auslöser und Ventilöffner für den Zorn der Tibeter in Lhasa.
Dadurch wurden gewalttätige Demonstrationen, Massenproteste, Plünderungen hervorgerufen, die kein Staat der Welt sich gefallen lassen würde. Der International Harald Tribune überschreibt einen Artikel zu dem Thema sogar folgendermaßen:
Zitat:As chaos erupted in Tibet, police initially fled
(25. März, Seite 4)
Die Reaktion des chinesischen Staates war daher wie du geschildert hast logisch und natürlich sah und sieht sich Peking hier in Pflicht, die separatistischen und auflehnenden Strömungen in Tibet nachhaltig zu zerschlagen und zu unterdrücken. Daher geht man auch gegen Klöster und Mönche vor.

Ich denke, die Genese der Ereignisse ist daher ganz gut nachvollziehbar inzwischen. Dabei muss man aber auch sehen, dass aufgrund der sozialen Randstellung der Tibeter solche gewalttätigen Eruptionen auch eine gewisse Logik in sich tragen. Unterdrückte neigen zu Gewalt gegen ihre Unterdrücker und scheuen sich nicht, auf jede erdenkliche Weise zurückzuschlagen, wenn sie sich erniedrigt und unterdrückt fühlen und ein Auslöser da ist, der das Faß zum Überlaufen bringt (Stichwort hier Terrorismus). Dies impliziert leider auch, Zuwanderer wie Han-Chinesen oder andere anzugreifen, weil man sie für die eigene Misere mitverantwortlich macht und ihrer habhaft werden kann, wie dies wohl auch scheinbar geschehen ist. Dies ist natürlich keine Legitimation, aber eine Erklärung. Genauso gut ist zu erklären, dass die chinesische KP-Führung entsprechend reagiert hat und alles getan hat, um wieder Recht und Ordnung wiederherzustellen.

Grundlage ist eben einfach die völlig unterschiedlichen Positionen, Werte und Interessen der Tibeter und der Chinesischen Führung, die hier gewaltsam aufeinander trafen. Unschuldig dabei Erich, ist nie jemand. Selbst das größte Opfer wird, wenn es selbst das Schwert erhebt, zum Täter gegenüber dem früheren Täter. Schließlich braucht man für Konflikte immer zwei Parteien, sonst hätten wir ja eine perfekte Assimilierung und oder Unterdrückung.

Was nun die Lösungsmöglichkeiten angeht, so sehe ich schwarz.
Die von dir aufgezählten Problembereiche sind in meinen Augen die verschiedenen Problemdimensionen ein- und desselben Problemkern: Es steht sich ein han-chinesisches, autoritäres politisches und soziales Ordnungskonzept für Tibet und ein traditional-kulturell-historisches "einheimisches" Ordnungskonzept von Tibet gegenüber.
Man könnte auch kurz sagen: Imperiales Zentrum gegen traditionale Peripherie.
Das sozio-ökonomische Konflikt und der religiöse Konflikt sind beispielseise reine Derivate des eigentlichen tibetisch-chinesischen Konfliktes: China nutzt zum einen eine verstärkte modernisierende Säkularisierung Tibets und sein Vorgehen gegen die Mönche um die traditionale tibetische Identität zu demontieren und zu schwächen. Schließlich ist die Identität nicht nur eine rein ethnische Frage, sie ist auch eine historische, kulturelle Frage und einer der Alltagswelt für die Tibeter. China geht dabei gezielt gegen die Religion und damit die tibetische Identität vor, weil eben letztere sehr stark mit dem Dalai Lama und der Religion und den Klöstern verknüpft ist. Man will die Tibeter religiös entwurzeln und offener machen für die überall dominaten chinesischen Einflüße. Zum anderen läßt man Einwanderer aus den schon entwickelteren Provinzen kommen, die natürlich auch mehr Umgang hatten mit dem Kapitalismus und daher geschäftigstüchtig sind. Daher sind eben Zuwanderer auch eher in der Lage, die Zuwendungen und Investitionen in Tibet sinnvoll zu verwerten, als die traditioneller denkenden Tibeter. Auch so schafft es China, die Tibeter an den Rand zu drängen.
Wenn man all das sieht und die Ausgeklügeltheit der chinesischen "grand strategy" zur Sinologisierung Tibets erkennt, fällt es schwer, hier an einen Dialog zu glauben. Natürlich muss man sagen, dass die gewalttätigen Protestierenden wohl mehr als Atutonomie wollten, aber man muss auch erkennen, dass China nicht einfach nur seine Herrschaft sichern will, sondern dass China und dessen Führung auch aufs ganze geht und versucht mit vielen Mitteln die Tibeter zu marginalisieren und zu assimilieren. Ich erkenne daher auch bei der Führung wenig Anzeichen dafür, dass sie von ihren Maximalpositionen abweichen wird.
Westliche Modelle zur Konfliktregulierung räume ich daher wenig Chancen ein. Dies sind vielleicht - wenn es gut läuft - in 20 oder 30 Jahren möglich, wenn China auch im Inneren so weiter zivilisiert und modernisiert ist, dass postmoderne westliche Lösungen greifen können und akzeptiert werden. Aber bis dahin kann noch viel schlechtes passieren. Ich denke, wir müssen hier einfach erkennen, dass sich das Chinesische Reich wieder in einem Transformationszyklus befindet, in etwa so vergleichbar mit dem Wechsel Ming/Manchu oder dem Ende der Manchu und dem Beginn der Republik China. Der Kommunismus ist tot, die Frage ist, wie soll es weitergehen mit China. Und da hat man sicherlich Angst in der KP, dass zu schnelle machtabgabe in eine Situation wie 1910 oder 1920 führt, in der China in verschiedene Warlordherrschaften zerfallen war. Daher wird die KP auch weiter an der Macht festhalten, zudem sind die ganzen Profite des neuen Kapitalismus zu verlockend. Raum für Kompromisse sehe ich da jetzt noch nicht.


Tibet - Hainan - 27.03.2008

Zitat:Was kann der Westen tun?
Ich denke, unsere Politiker müssen sich im Klaren werden, wo die Prioritäten des Westens sind. In letzter Konsequenz heißt die Frage:
"Wirtschaft oder Menschenrechte".

Ich glaube in der heutigen Zeit spielt die Wirtschaft eine weitaus größere Rolle als die der Menschenrechte.

Dazu muß man nicht extra bis nach Asien gehen. (Obwohl es in diesem Forum eigentlich darum geht).

Wenn ich unsere Politik ansehe, wenn z.B. die Rede von 1Euro Jobs ist, bei ABM Maßnahmen(vor einigen Jahren) Frauen dazu verdonnert wurden Fahrradwege zu bauen, alle Arbeiten mit nur einem Mann in der Gruppe zu bewerkstelligen, es so viele Arbeitslose in Deutschland gibt und auf der anderen Seite die Leute die Arbeit haben am Tag bis zu 18 Stunden arbeiten müssen mit einem Festgehalt, welches auch noch von West zu Ost Deutschland stark in Minus tendiert(und da rede ich von eigenen Erfahrungen)
dann frage ich mich ob sich hier jemals jemand die Frage nach Menschenrechten stellt?

Das nur einmal so am Rande.

Es ist erfreulich das die Diskusion wieder ohne persönliche Anfeindungen angelaufen ist. Wir alle können hier eh nur spekulieren und versuchen die wenigen Meldungen richtig zu deuten.

Zitat:Wenn man bereit ist, scih für Letzteres zu entscheiden, muss man auch bereit sein, bei Ersterem Verluste und möglicherweise herbe Rückschläge hinzunehmen. Das ist gerade in der derzeitigen Wirtschaftssituation eine nicht unbedingt einfache Entscheidung.

Genau das meinte ich oben auch damit, kein "modernes" Land kann derzeit auf Handel mit China verzichten oder auch nur versuchen ihn einzuschränken.


Re: Tibet - Erich - 27.03.2008

Hainan schrieb:..., kein "modernes" Land kann derzeit auf Handel mit China verzichten oder auch nur versuchen ihn einzuschränken.
Hainan hat Recht, dazu
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,543542,00.html">http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,543542,00.html</a><!-- m -->
Zitat:.... "Das Land verfügt etwa über Währungsreserven von einer Billion Dollar. Wenn China will, kann es von heute auf morgen 300 Milliarden US-Dollar auf den Markt werfen." Ein Horrorszenario für die US-Wirtschaft und damit für die gesamte internationale Gemeinschaft. "Wenn man mit großen Jungs spielt, ist es schwer zu drohen", ....
und insofern dürfte auch die pessimistische Einschätzung von Thomas zutreffen ....
es gibt momentan keine realistische Chance, auf China im Sinne des "konstruktiven Dialogs" einzuwirken ....


- Tiger - 27.03.2008

Noch ein Punkt, der den jüngsten Vorfällen in Tibet auch aus chinesischer Sicht zusätzliche Brisanz verleiht:
Im frühen 20.Jahrhundert - etwa bis zum Sieg der Kommunisten - war China durch ein erhebliches Maß an Fremdenfeindlichkeit geprägt, das sich regelmäßig in lokalen Ausschreitungen entlud. Diese Xenophobie richtete sich nicht nur gegen ausländische Mächte, sondern häufig auch gegen Chinesen aus anderen Gegenden.
Wie verbreitet dies war, lässt sich daran ablesen, das die Kommunisten nach der Besetzung von Städten als erstes diskriminierende Ortsnamen abschafften.
Ich denke, das es in China eine tiefsitzende Angst vor einem erneuten Aufflammen dieser Xenophobie gibt.


- Erich - 27.03.2008

danke - das wusste ich noch nicht;
@Hainan:
Du warst Doch mehrere Wochen alleine in China unterwegs - hast Du das von einer solchen generellen Fremdenfeindlichkeit was mitbekommen?


In dem Zusammenhang - wir beklagen ja immer, dass wir nur auf "getürkte Informationen" angewiesen sind, da ist dieser Bericht aus "1. Hand" nicht unineressant:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/17/0,3672,7184881,00.html">http://www.heute.de/ZDFheute/inhalt/17/ ... 81,00.html</a><!-- m -->
Zitat:Tibetische Mönche stürmen Pressekonferenz
Geistliche unterbrechen Rede eines Regierungsvertreters

Peking wollte Gut'-Wetter machen und organisierte eine Journalistenreise in die tibetische Hauptstadt Lhasa. Ausgewählte Reporter sollten vorgeführt bekommen, dass China Tibet im Griff hat. Doch Dutzende Mönche nutzten die Reise und protestierten lautstark.

...
auf <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/tibet294.html">http://www.tagesschau.de/ausland/tibet294.html</a><!-- m --> gibt es den Bericht auch noch mit Video


- ThomasWach - 28.03.2008

Die Sache mit der Xenophobie ist aber keine rein chinesische Erscheinung, die gibt es auch anderswo. Historisch liegt das aber in China wohl auch daran, dass in China immer wieder Einbrüche fremder Völkerschaften zu verzeichnen waren (Hunnen, Mongolen, Manchu, Europäer...), wobei sich aber China andererseits immer als Mitte der Welt, als Zentrum der Welt angesehen hat (daher die Bezeichnung als Reich der Mitte). Die innerchinesische Xenonophobie mag da sicher auch mitreinspielen, da sicherlich Han-Chinesen sehr negativ auf jeden Fremdling reagiert hat.
Zudem darf man nicht vergessen, dass die Ablehnung gegenüber Fremden auch in Japan sehr stark war und auch mit an der starken kollektiv ausgerichteten Gemeinschaft in diesen Ländern und deren Bedeutung lag.

Ich will aber mal etwas überspitzt kritisch gegenüber den Wirtschaftssantionen mich äußern. Wink

Aus der Lage der Konfliktparteien (frustrierte Tibeter und eine KP-Führung, die autoritär und mit harter Hand das Land zusammenhalten will und muss) läßt sich sicher nicht wirklich auf einen schnellen Dialog hoffen.
Auch von außen gibt es wenig Möglichkeiten.
Allerdings muss man bei den Wirtschaftssanktionen sagen:
Europa als Union von Staaten könnte das letztlich schon wegstecken. Man bedenke mal, welche Art von Gütern wir aus China erhalten. Das sind immer noch primär Fertig- und einfache Industrieprodukte. Die können genauso gut auch aus anderen Produktionsstätten kommen. Die sind auch ersetzbar. Und der Handel mit China ist zwar nicht gering im Volumen, aber insgesamt ist es doch nur ein kleiner Teil des deutschen Außenhandels und dann auch des europäischen Außenhandels. Man sollte da auch nicht vergessen, dass wir schließlich ein Handelsdefizit mit China haben und das so erledigt wäre Wink.
Das Problem aber wären die einzelnen Unternehmer, die aufgrund des Fokuses auf Profit eben solche Einbußen nicht hinnehmen würden.
Allerdings muss man auch da sagen, dass im Artikel etwas die Weitsicht fehlt. Natürlich gibt es in China viele Joint Ventures, es gibt ja fast nur diese Möglichkeit für westliche Unternehmen auf dem chinesischen Markt Fuß zu fassen. Schließlich sollte man nicht vergessen, wie protektionitisch China letztlich immer noch ist und wie es die liberale Freiheitshandelideologie des Westens in Sachen Industrie und Produktion und die Gewinnsucht westlicher Konzerne intelligent auszubeuten weiß. Da wird dann kräftig kopiert und nachgeahmt und die westlichen Firmen als Steigbügelhalten benutzt.
Es ist halt alles eine Frage der Perspektive.
Die USA wären sicherlich ein etwas anderer Fall, da hier neben dem Handelsbilanzdefizit aber eben auch eine positive Zahlungsbilanz mit China zu Buche steht, sprich China viel in den US-Dollar und den US-Markt investiert (wobei man immer noch sagen muss, dass trotz allem die chin. Währungsreserven trotzdem bestenfalls Tagesumsätze wären auf den großen Finanz- und Devisenplätzen der Welt). Und dann gibt es ja noch Wal-Mart, das Beispiel dafür, wie Konzerne und staatlich gelenkte Entwicklungs- und Schwellenländern verflochten sind. Würde Wal-Wart als "Land" gelten, so würde es an Paltz 5 der chinesischen Handelnspartner stehen.
Wie man sieht, es ist keine rein politische Frage. Hier stehen nunmal Interessen der dominanten Wirtschaft im Vordergrund. Frage bleibt nur, ob die Herren Konzernchefs immer noch so denken, wenn dann in 10 oder 15 Jahren die Chinesen anfangen werden, westliche Konzerne im großen Stil zu übermehmen, nachdem man ihnen genügend Zeit ließ mit Protektionismus und strategischer weitsichtiger Industriepolitik ihre nationalen Champions aufzubauen.


- Erich - 28.03.2008

ThomasWach schrieb:.....
Allerdings muss man bei den Wirtschaftssanktionen sagen:
Europa als Union von Staaten könnte das letztlich schon wegstecken. Man bedenke mal, welche Art von Gütern wir aus China erhalten. Das sind immer noch primär Fertig- und einfache Industrieprodukte. Die können genauso gut auch aus anderen Produktionsstätten kommen. Die sind auch ersetzbar. ...
hmmm - gerade Dein zusätzliches Beispiel mit Wal-Mart gibt mir zu denken.
Da könnte doch mittelfristig (sogar) die (US-)Konsumgüterindustrie von Wirtschaftssanktionen wieder profitieren ... wenn anstatt "made in china" wieder das US-Herkunftszeichen auf den Waren steht.
Und das lässt sich sogar ohne offizielle Sanktionen erreichen. Ein einfaches "kauf europäisch" oder "kauf us" würde genügen, oder nicht?
Es kommt damit letztendlich auf den einzelnen Bürger und die Überzeugungskraft der PR an (wo von beiden Seiten ja feste gekurbelt wird)

Mir gehts im Endeffekt ja immer noch um das Ziel "KONSTRUKTIVER DIALOG" - und wie können widerspenstige Partner dazu ... animiert werden ....


- Erich - 28.03.2008

in der Zwischenzeit können wir nur immer zweifelnd die neuen Nachrichten aus beiden Ecken zur Kenntnis nehmen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub12B8DA96820F497992EEB0FCA66A2524/Doc~E0C246BBBFFEB41CCB297D55B38853A3F~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub12B8DA96820F497 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Tibet
Repressalien gegen Mönche befürchtet

28. März 2008 Tibet-Aktivisten befürchten nach der Protestaktion von Mönchen beim Besuch ausländischer Journalisten in Lhasa Vergeltungsmaßnahmen Chinas. Es gebe „ernsthafte Befürchtungen bezüglich des Wohlergehens und Verbleibs“ der 30 Mönche, erklärte die Internationale Kampagne für Tibet am Freitag.

Der von China eingesetzte Vizegouverneur Baima Chilin wies diese Befürchtungen zurück. „Wir werden ihnen niemals etwas tun. Wir werden keinen festnehmen, den Sie auf den Straßen von Lhasa getroffen haben. Ich denke nicht, dass das irgendeine Regierung machen würde.“
...



- Tiger - 28.03.2008

@Erich
Ich wage zu bezweifeln, das Wirtschaftssanktionen etwas bringen würden. Im Fall von Südafrika haben sie nur die etwas besser verdienenden und ebenfalls unter dem Apartheidsunfug leidenden afrikanischen Bevölkerungsschichten getroffen.
Zudem sind in den USA schon genug "Buy american"-Aufrufe völlig wirkungslos verhallt.
Wirtschaftssanktionen gegen China würden meiner Meinung nach nur die chinesische Arbeiterschaft - und auch jenen Teil, der sich als tibetanische Bevölkerungsgruppe definiert - treffen, und den chinesischen Nationalismus fördern. Immerhin bietet ja auch Nationalismus die Aussicht auf eine Erlösung von irdischen Leiden...