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Islamistischer Terrorismus - Druckversion

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- Nightwatch - 29.11.2009

very old news

Gab schon vor Jahren entsprechende Meldungen.
Mit "Kill Bin Laden: A Delta Force Commander's Account of the Hunt for the World's Most Wanted Man" von 'Dalton Fury' ist vor nem guten Jahr dann auch schon ein Bericht des örtlichen Delta Force Kommandeurs erschienen.
Der sagt im wesentlichen nichts anderes als dieser Bericht. Auch wenn man nie so nah dran war wie in dem Bericht vielleicht suggeriet wird.
Das Hauptversäumnis damals war, die Hochgebirgspässe nicht mit kleinen Scharfschützenteams abzuriegeln wie es die Delta Force eigentlich gefordert hatte.
Osama direkt in irgendeinem Versteck anzugreifen wäre nie möglich gewesen da man ihn nie definitiv im Tora Bora Komplex lokalisieren konnte. Ein "Sturmangriff" wäre in diesem Sinne auch reichlich unnötig gewesen.


- Shahab3 - 30.11.2009

Ja old news. Zumal es nicht das erste Mal war, dass die Amerikaner Osama haben laufen lassen. Somalis, Sudanesen, Taliban haben ihn alle schonmal in den Fingern gehabt und der CIA angeboten.

Jetzt kann man sich fragen, woran das wohl liegt, dass man ihn haben will aber nicht von jedem und wenn man ihn eingekreist hat, dann doch wieder laufen lässt.

Vielleicht wurde es von der PR Abteilung als unklug erachtet, "das Gesicht des Terrors" gleich am Anfang schon aus dem Verkehr zu ziehen. Der einfache Amerikaner muss seinen Feind beim Namen kennen und er braucht ein Bild von ihm ("WANTED"). Besonders wichtig auch die Drohvideos mit Osama und Sawahiri (lebt unbehelligt in Quetta), die den US-Bürger regelmäßig daran erinnern, dass die Gefahr akut ist, dass ein paar Bärtige die vermeintlichen Werte Amerikas gefährden und man deshalb im Krieg steht.


- Nightwatch - 30.11.2009

Es war schlicht und ergreifend Inkompetenz gepaart mit erheblichen Sorgen vor empfindlichen Verlusten.
Alles nicht neu und vollkommen ohne Verschwörungstheorie erklärbar.


- hunter1 - 30.11.2009

Shahab3 schrieb:Vielleicht wurde es von der PR Abteilung als unklug erachtet, "das Gesicht des Terrors" gleich am Anfang schon aus dem Verkehr zu ziehen.
Gemäss den westlichen Action-Geschichten benötigt es einen Superschurken, der entweder am Schluss in einem Endkampf besiegt wird (der Krieg ist dann vorbei), oder der eine Art Nemesis zum Guten darstellt und deswegen nie vernichtet werden kann (da das Gute sonst arbeitslos wird). :wink:


- Tiger - 30.11.2009

Dumme Frage mal:
Was hätten die USA davon gehabt wenn sie Osama bin Laden - der jetzt wohl vermutlich tot ist - gefangengenommen hätten?


- Schneemann - 30.11.2009

Nightwatch schrieb:
Zitat:Alles nicht neu und vollkommen ohne Verschwörungstheorie erklärbar...
Richtig. Aber Leuten, die dies unbedingt so sehen wollen, kannst du das immer wieder erzählen. Sie werden es nicht glauben. Es muss einfach eine Verschwörung sein, weil sonst das eigene Lügengebäude zusammenfallen würde. Und vor allem in der islamischen Welt sind Verschwörungstheorien eine beliebte und einfache Erklärungsmöglichkeit.

Schneemann.


- ThomasWach - 30.11.2009

Ich denke, dass die Sehnsucht nach einfachen Erklärungen, klaren Antworten und deutlichen Schuldzuweisungen und Zurechnungen auf bestimmte Personen bei sehr vielen Leuten anzutreffen ist. Diese Grundtendenz ist natürlich in verschiedenen Ausprägungen anzutreffen. Manch einer mag Verschwörungstheorien, der andere wiederum liebt einfache Antworten und reagiert verschnupft-allergisch auf zu hohe Komplexitätsgrade und Differenzierungen (*Schrecklich, schrecklich, ich hab Angst angesteckt zu werden mit ner differenzitis, denn da mus mein Gehirn so viel arbeiten*... :roll: )

So oder so scheut man Komplexität und Kontigenz und reagiert mit hilflosen, diskreditierenden Abwehrreflexen auf die Darlegung diverser Perspektiven und komplexer Sinnzusammenhänge. Da muss man nicht unbedingt erst in die bunte islamische Welt reisen um so viel Weigerung zu erleben. Schließlich sollte man da auch mal gerne an die eigene Nase sich fassen, denn sowas kann man auch in nächster Nähe erleben.

Tja, Blumenberg hatte doch nicht ganz recht mit seinem Diktum "vom Mythos zum Logos"...


- Schneemann - 30.11.2009

Zitat:Manch einer mag Verschwörungstheorien, der andere wiederum liebt einfache Antworten und reagiert verschnupft-allergisch auf zu hohe Komplexitätsgrade und Differenzierungen...
Das ist jetzt eine doch recht einfache, ja beinahe etwas unfaire Gegenüberstellung bzw. Argumentation. Nur weil man Verschwörungstheorien kritisch gegenübersteht, so heißt dies noch lange nicht, dass man auf hohe Komplexitätsgrade verschnupft reagiert oder diesen ausweicht. Was soll man auch davon halten, wenn einem alle möglichen Theorien z. B. zum 11. September vorgesetzt bekommt, die von Geheimdienstverschwörung und CIA/Mossad-Operation bis hin zu Mothman-Theorien (der angeblich am Gebäude vorbeigeflogen sein soll) und Teufelsfratzen in der Rauchwand am WTC reichen? Nur wenn man da dann allergisch reagiert, heißt dies noch lange nicht, dass man sich mit komplexeren Hintergründen nicht bereit wäre zu beschäftigen. Und das hat dann auch nichts mit Betrachtungswinkeln oder Ansichten oder einer anderen Meinungen zu tun, sondern schlicht mit gesundem Menschenverstand, den man hat oder nicht. Und wenn jemand glaubt, dass der Leibhaftige das WTC eingerissen hat oder eine Botschaft gesandt hat, dann spreche ich ihm, mit Verlaub, den gesunden Menschenverstand ab.

Und ja, natürlich gibt es nicht nur in der islamischen Welt Verschwörungstheorien, alleine in der westlichen Welt kursieren teils haarsträubende Geschichte, egal ob es die Illuminaten, Area 51 oder das Loch-Ness-Monster sind/ist. Aber das sind Geschichten, die im Grunde keinen groß jucken, wenn er nicht ein Faible für so was hat und mit Darth-Vader-T-Shirt rumrennt. Hingegen zielen in der islamischen Welt Verschwörungsgeschichten meistens gegen die westliche Hemisphäre.

Schneemann.


- Nasenbaer - 01.12.2009

Tiger schrieb:Dumme Frage mal:
Was hätten die USA davon gehabt wenn sie Osama bin Laden - der jetzt wohl vermutlich tot ist - gefangengenommen hätten?
Sie hätten den Sieg ausrufen und ohne Gesichtsverlust nach Hause gehen können.


- ThomasWach - 02.12.2009

Es ging kurz und bündig eben nur darum, dass Verkürzungen eben eine tatsächliche Universalie ist, immer und überall anzutreffen ist und daher auch in verschiedenen Versionen anzutreffen ist.

Und da sind Verschwörungstheorien eben nur eine Manifestation unter zahllosen, sei es in der islamischen Welt oder sonstwo. Und dann muss man eben sehen, dass beispielsweise man auch selbst gerne verkürzt, wenn man aus der Ausrichtung der Verschwörungstheorien in der islamischen Welt gegen den Westen einen bloßen Vorwurf macht und übersieht, dass solche Einstellungen leider auf durchaus existenten historischen und kolonialen Vorbedingungen basieren, nach dem Motto: In allen (oder vielen oder manchen) Legenden, Verschwörungstheorien und Mythen steckt ein Körnchen Wahrheit....


- Shahab3 - 02.12.2009

Nasenbaer schrieb:
Tiger schrieb:Dumme Frage mal:
Was hätten die USA davon gehabt wenn sie Osama bin Laden - der jetzt wohl vermutlich tot ist - gefangengenommen hätten?
Sie hätten den Sieg ausrufen und ohne Gesichtsverlust nach Hause gehen können.

Glaubst Du wirklich, die USA wären dann umgehend wieder abgezogen?
Die woll(t)en weder aus dem Irak noch aus Afghanistan frewillig abziehen. Es gab speziell unter den Neokonservativen ganz andere Pläne für den "Greater Middle East" und das schließt eine dauerhafte militärische, politische und ökonomische Kontrolle mit ein. Das muss man dem Steuerzahler und Blutspender irgendwie verkaufen. Dazu muss man die Dinge vereinfachen und ein greifbares Gut & Böse daraus propagandistisch konstruieren. Hätte man dabei mehr als einen Feind präsentiert und diesen noch als komplex, divers und dezentralistisch strukturiert dargestellt und die unterschiedlichen Motive und Handlungsgrundlagen erläutert, hätten die Leute dumme Fragen gestellt, bzw. nicht verstanden wo der Feind nun sitzt. Der Vergleich des "westlichen Spielfilms" von hunter1, womit er wohl in erster Linie das klassische Hollywood-Schema meint, war in diesem Zusammenhang sicherlich nicht unpassend. Genrell ist gutes Marketing immer einfach gestrickt und an einschlägige Schlagworte, Gesichter/Bilder geknüpft.

Osama war und ist für beide Seiten (USA + Islamistische Terroristen) ein Marketinginstrument. Er ist/war sicher keine planerisch großartig wirksame Person, die in der Lage wäre eine Weltmacht wie die USA über eine Dekade zu beschäftigen. "Al Kaida" (wer oder was ist das überhaupt?) ist keine homogene, globale Dachorganisation mit einem koordinierenden Kopf. Die Bezeichnung wurde von islamistischen Terrorgruppen selbst als "Gütesiegel" gebraucht, um sich ins Rampenlicht zu bomben und mit ihren Videobotschaften aufsehen zu erregen, Anerkennung zu ernten und auch um Kontrahenten einzuschüchtern. Speziell im Irak war genau das häufig der Fall. Tatsächlich hatten es die Amerikaner und ihre Verbündeten mit äußerst bunt gewürfelten Gegnern zu tun: Sunniten, Schiiten, Bathisten, ausländische Terroristen, lokale Stämme, usw...all jene wurden und werden unter diesem Deckmantel geführt. Und zwar von den Propagandaabteilungen annähernd aller beteiligten Fraktionen.

Was hätten also die Amis sagen sollen?

a) Hey, wir haben Osama. "Mission acomplished", ab nach hause.
b) Hey wir haben Osama. Aber irgendwie scheint der Gegner komplizierter zu sein. Und wir können garkeine Sicherheit garantieren, sondern haben ein Wespennest aufgescheucht

Besser war:
c) Dieser Drecksack versteckt sich weiter und wir werden ihn weiter jagen bis ans Ende dieser Welt. Und dann wird die Welt frei und sicher sein.

Irgendwo zwischen a) und b) bewegt man sich heute allerdings zwangsläufig...

@Schneemann
Hach, ja. Wer von uns beiden zu vereinfachten Denkweisen neigt, obliegt sicher nicht Deinem Urteil, sondern allenfalls Dritten. Es ist jedenfalls Deine Aussage, dass sich Moslems meiner vereinfachenden Verschwörungstheorie und Westler Deiner nicht weiter zu vereinfachenden Nichtdarstellung anschließen. Ich denke, dass ich das guten Gewissens mal ganz pauschal bestreiten kann.

Man könnte es im Übrigen für außerst banal und vereinfachend halten, wenn jemand äussert, die Neokonservativen hätten primär das Ziel verfolgt, den Terror und seinen vermeintlichen "Kopf", Osama bin Laden, zu beseitigen.

Dieser multibillionen Dollar Aufwand, um die westlichen Freiheitswerte im Irak und am Hindukush zu verteidigen? Also bitte. :lol: Revan ist da in seinen Äusserungen wesentlich ehrlich und weitblickender als Du.


- Ingenieur - 02.12.2009

Mittlerweile geht der "War on Terror" dermaßen am Stock, dass man froh um jeden vermarktbaren Erfolg wäre. Insofern glaube ich, dass man wenn in der Lage, Bin Laden dingfest gemacht hätte.

Die Neocon-Pläne für den Mittleren Osten sind bekannt und wurden schon einige Male im Forum diskutiert worden. Anscheinend konnten sich diese aber nicht durchsetzen, denn nachdem die Amis im Irak ohne irgendwelche Gegenleistungen abziehen wird, sind ca. 4000 GIs und eine Billion USD tatsächlich für die irakische Freiheit und nichts anderes geopfert worden.

Was aber tatsächlich interessant wäre, warum der drohnengestützte Packetdienst der USA mit seiner doch hohen Erfolgsquote, noch nichts den very high value targets zustellen konnte.


- Nasenbaer - 03.12.2009

Shahab3 schrieb:Glaubst Du wirklich, die USA wären dann umgehend wieder abgezogen? Die woll(t)en weder aus dem Irak noch aus Afghanistan frewillig abziehen.
Den Irak-Krieg wollte Bush unbedingt. Gerade deshalb hat ihm der Afghanistan-Krieg zu diesem Zeitpunkt überhaupt nicht gepasst. Er mußte ihn trotzdem führen, weil das amerikanische Volk Bin Ladens Kopf forderte. Jetzt können die Amerikaner nicht mehr abziehen, weil sie dann für jeden offensichtlich als Verlierer dastehen.


- Schneemann - 03.12.2009

Zitat: Wer von uns beiden zu vereinfachten Denkweisen neigt, obliegt sicher nicht Deinem Urteil...
Mag sein. Nur würde ich an mir selbst zweifeln, wenn ich mit meiner Meinung in einem Boot mit Weltverschwörungstheoretikern, Esoterikern und irgendwelchen Radikalen sitzen würde. So viel Selbstreflexion traue ich mir dann schon zu...
Zitat: Dieser multibillionen Dollar Aufwand, um die westlichen Freiheitswerte im Irak und am Hindukush zu verteidigen...
Irak nicht gerade, Afghanistan schon eher. Ich habe so aber auch nie den Irak in diesem Zusammenhang genannt. Das sagst du jetzt so. Aber das ist wieder mal typisch. Was nicht passt, wird passend gemacht.

Schneemann.


- Shahab3 - 06.12.2009

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.oxfordresearchgroup.org.uk/publications/briefing_papers/global_security_after_war_terror">http://www.oxfordresearchgroup.org.uk/p ... war_terror</a><!-- m -->
Zitat:Global Security after the War on Terror

Paul Rogers, November 2009

In the months and years after the 9/11 attacks, a series of analyses published by Oxford Research Group offered a critical perspective on the war on terror, arguing that the forceful military response was both wrong and dangerous. It could even prove highly counterproductive to US security interests and would certainly do little to promote international peace and stability. While the response to 9/11 was readily understandable, given the appalling nature of the attacks but also the neoconservative overtones of the Bush administration, it was argued that it was deeply mistaken and would lead to a long period of war.

This perspective has stood the test of time. Moreover, the experience of the eight years since 9/11 supports a wider ORG analysis of global security that argues that there is a need for a fundamental rethinking of those current approaches to security that focus primarily on military instruments. Instead, the major global trends of a wider socio-economic divide, mass marginalisation and environmental constraints all require an approach rooted in what is now being termed sustainable security.

This paper examines the context of the decision to go to war after 9/11 and the anticipated results.
...

Volltext der ORG-Studie:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.oxfordresearchgroup.org.uk/sites/default/files/GSAWTNov2009.pdf">http://www.oxfordresearchgroup.org.uk/s ... ov2009.pdf</a><!-- m -->