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- Nightwatch - 04.12.2007

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=17858&CategoryID=91">http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetI ... egoryID=91</a><!-- m -->
Lesen und staunen.
Zumindest diejenigen, die sich mit der Thematik nicht (mehr) wirklich beschäftigen.


- Erich - 04.12.2007

ausser der gewaltigen Selbstbeweihräucherung der "Surge-Fans" hat der Artikel auch DEN entscheidenden Faktor aufgenommen:
Zitat:Die Sunniten, von der chronischen Gewalt zermürbt, viele der Familien betroffen von Entführungen, viele gegängelt und erpresst vom mafiösen Regime der Terroristen, sie erkannten, dass von den Amerikanern auf Dauer weniger Gefahr und mehr Hoffnung ausgehen könnte als von den fanatischen Gotteskämpfern aus nah und fern.

Die Väter schickten nun ihre Söhne zur neuen irakischen Polizei und in die neue irakische Armee. Bürger liessen sich wählen in Stadt- und Dorfräte. Sie begannen, mit den US-Militärs zu kooperieren, sie lieferten Bombenleger aus, verrieten Waffenverstecke, sie gingen wieder ihren Geschäften nach, ihrer alltäglichen Arbeit, sie dienten sich an als Handlanger, Bauunternehmer, Spediteure. Lehrer gaben wieder Unterricht, Ärzte pflegten wieder Kranke, Händler verkauften wieder Ware. Die Stacheldrahtverhaue um Bagdad, errichtet, um Attentäter von Anschlägen auf Märkte und an Busstationen abzuhalten, sie wurden jetzt von Irakern gebaut. Die Kontrollpunkte wurden zunehmend von Irakern bemannt. Und die Amerikaner, die einstigen Feinde, wachten fortan im Hintergrund über den Neustart.
es war im Endeffekt der Terror islamistischer Fanatiker und krimineller Banden einerseits und der Wechsel der US-Strategie andererseits, weg von der "Hau drauf" MEntalität der ersten Jahre hin zur Kooperation, der diesen Umschwung ermöglicht hat ...
trotzdem ist das Irak-Abenteuer bisher ein Desaster, und auch die sinkenden Opferzahlen können nicht darüber hinweg täuschen, dass der Irak immer noch ein Desaster ist.


- Erich - 24.12.2007

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/lageirak2.html">http://www.tagesschau.de/ausland/lageirak2.html</a><!-- m -->
Zitat:US-General Petraeus zieht Irak-Bilanz
Beruhigung mit Hilfe des Irans


Für die USA war es das blutigste Jahr im Irak seit dem Einmarsch im März 2003. Dennoch zog der Befehlshaber der US-Truppen im Irak, Petraeus, eine positive Bilanz. Vorsichtiges Lob kam auch vom US-Botschafter im Irak, Crocker, und ging erstaunlicherweise an Iran.

...
Stand 24.12.2007 16:05 Uhr
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/irakmilizen2.html">http://www.tagesschau.de/ausland/irakmilizen2.html</a><!-- m -->
Zitat:Sunnitische Stammesmilizen
Wird das "Erwachen" zum Albtraum?

Im Irak sollen sunnitische Stammesmilizen für Ruhe sorgen und gegen Al Kaida kämpfen. Dafür werden sie von den USA bezahlt und sind ein Eckpfeiler ihrer neuen Taktik. Doch die schiitisch dominierte Regierung hält wenig davon und will "Al Sahwa" ( Das Erwachen) auflösen.
....

Stand: 24.12.2007 16:25 Uhr



- Erich - 27.12.2007

interessant - einerseits sollen die sunnitischen Milizen zurück gedrängt werden, andererseits versucht die irakische Regierung eine Politik der Versöhnung
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.tagesschau.de/ausland/irakamnestie2.html">http://www.tagesschau.de/ausland/irakamnestie2.html</a><!-- m -->
Zitat:Regierung beschließt Amnestiegesetz

Begnadigung soll Versöhnung im Irak fördern

Die irakische Regierung hat ein Amnestiegesetz auf den Weg gebracht, durch das Tausende Gefangene freikommen könnten, die im Widerstand gegen die US-gestützte Regierung gefangengenommen wurden.
...


Das Amnestie-Gesetz war eine der Hauptforderungen sunnitischer Parteien, um ihren Boykott der von Schiiten geführten Regierung zu beenden. .....

Beobachter sehen in einem funktionsfähigen Amnestiegesetz einen wichtigen Schritt, um die Sunniten in den politischen Prozess einzubinden. Die sunnitischen Parteien hatten im August ihre Vertreter aus der schiitisch-kurdisch dominierten Koalitionsregierung in Bagdad abberufen.

Stand: 26.12.2007 17:33 Uhr



Schneemann - Schneemann - 02.01.2008

Das Jahr 2007 im Irak hat nach Schätzungen rund 19.000 Menschen das Leben gekostet, meldet zumindest n-tv, darunter sind mehr als 900 US-Soldaten, die Zahl der getöteten US-Soldaten liegt bei aktuell 3.902.
Zitat:Ein Jahr im Irak

18.900 Menschen getötet

Die US-Armee hat im Irak im vergangenen Jahr 900 Soldaten verloren. 2007 war damit das verlustreichste Jahr für die amerikanischen Truppen seit der Besetzung des Landes im Frühjahr 2003. Die Zahl der Iraker, die 2007 von Terroristen, Milizionären, Soldaten oder Angehörigen der Sicherheitskräfte getötet wurde, wird auf 18.000 geschätzt, darunter mehr als 16.000 Zivilisten.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.n-tv.de/898542.html">http://www.n-tv.de/898542.html</a><!-- m -->

Des weiteren:
Zitat:Funeral for Iraq bomb victim bombed, killing 30

BAGHDAD, Iraq (CNN) -- A suicide bomber Tuesday targeted a funeral procession for a victim of another bombing, killing 30 people and wounding 38, an Iraqi Interior Ministry official said.

The Shiite funeral, in the mixed eastern neighborhood of Zayouna, was for Nabil Hussein, an Iraqi killed Friday in a car bombing in central Baghdad's Tayaran square, the official said.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.cnn.com/2008/WORLD/meast/01/01/iraq.main/index.html">http://www.cnn.com/2008/WORLD/meast/01/ ... index.html</a><!-- m -->

Schneemann


- Nightwatch - 02.01.2008

Und der Monat Dezember war für die US Truppen der verlustärmste seit Kriegsbeginn.
Diese Artikel können nicht darüber hinwegtäuschen, das die Gewalt in der zweiten Jahreshälfte dramatisch zurückgegangen ist.

75 Percent of Al Qaeda Network in Iraq Destroyed, Says Interior Ministry
http://www.foxnews.com/story/0,2933,318937,00.html


Schneemann - Schneemann - 02.01.2008

Zugegeben, in der Tat hat man wirklich den Eindruck und evtl. ist es auch so, dass die Gewalt allgemein einen leichten Rückgang erlebt. Ob es aber daran liegt, dass die Al-Qaida-Strukturen zu 75% zerschlagen sind, wage ich mal zu bezweifeln.

Meiner Meinung nach ist es zwar tatsächlich etwas ruhiger geworden - und das wäre und ist wünschenswert -, aber eine derartige "Siegesmeldung" à la FOX lasse ich dennoch mal dahingestellt. Ich denke, dass es eher daran liegt, dass die einzelnen Parteien/Stammesführer/Geistlichen ihr jeweiliges Fussvolk etwas mehr an die Leine genommen haben, weil das sinnlose Massakrieren wahllos um sich griff und es selbst den erklärten US-Gegnern zu viel wurde, und nicht weil irgendwelche Strukturen zerschlagen worden sind.

Schneemann.


- Nightwatch - 02.01.2008

Die "Siegesmeldungen" reduzieren sich nicht auf FoxNews.
Von "es ist etwas ruhiger geworden" zu sprechen ist zudem reichlich untertrieben.
Die Zahl der Toten Iraker ist seit August um zwei Drittel zurückgegangen.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://icasualties.org/oif/">http://icasualties.org/oif/</a><!-- m -->

Woran es liegt? An einer ganzen Reihe von Gründen.
So in etwa:
- die massive Truppenaufstockung der Amerikaner
- die geänderte Strategie/Operationsweise unter Petraeus
- der Aufstand der irakischen Bürger gegen die terroristischen Gruppierungen
- die Verminderung der Waffentransporte aus dem Iran
- die Kooperierung zahlreicher wichtiger Stammesführer mit den Amerikanern
- Aufstockung der irakischen Sicherheitskräfte
- der simple Abschluss der ethnischen Säuberungen in manchen Gebieten

Alles im allen ist Surge ein grandioser Erfolg, man ist auf dem besten Wege die Gewalt militärisch in den Griff zu bekommen.
Was es jetzt braucht sind politische Schritte aus Bagdad.
Die US Streitkräften leisten ihren Teil der Arbeit, jetzt müssen die Iraker nachziehen.

Lesenswert:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetID=17858&CategoryID=91">http://www.weltwoche.ch/artikel/?AssetI ... egoryID=91</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.foreignpolicy.com/story/cms.php?story_id=4127">http://www.foreignpolicy.com/story/cms. ... ry_id=4127</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://frontpagemagazine.com/Articles/Read.aspx?GUID=5625EC33-FAFD-4489-B2FC-0E9802BAA9A6">http://frontpagemagazine.com/Articles/R ... 9802BAA9A6</a><!-- m -->


- Erich - 02.01.2008

von den sieben von Dir genannten Punkten sind nur zwei den Amerikanern zuzuschreiben - und dann sagst Du, jetzt müsse die irakische Regierung endlich mal nachziehen und was tun?


- Nightwatch - 02.01.2008

Erich schrieb:von den sieben von Dir genannten Punkten sind nur zwei den Amerikanern zuzuschreiben - und dann sagst Du, jetzt müsse die irakische Regierung endlich mal nachziehen und was tun?
Was sonst?
Das US Militär ist nicht im Land um Politik zu machen. Das müssen die Iraker schon selbst auf die Reihe kriegen.
Im Übrigen, diese 7 Punkte sind natürlich unterschiedlich zu gewichten.
Die wesentlich Ursache für den Rückgang liegt bei den US Streitkräfte.


- Venturus - 02.01.2008

Wenn ich mir aber die Aufrüstung lokaler Stammesmilizen so anschauen, frag ich mich, ob man da das Problem zeitlich nicht einfach nur verschiebt (für den Tag X nach dem Abzug).


- Nightwatch - 02.01.2008

Einen vollständigen Abzug wird es nicht geben - genausowenig wie einen vollkommen gewaltlosen Irak.
Beides ist aber auch garnicht von Nöten um das Land wieder hochzukriegen.


- Venturus - 03.01.2008

Ich denke da eher an einen Zerfall. Regionale Stammesführer mit gut ausgerüsteten Milizen dürften wohl nicht gerade unserer Vorstellung einer zentralen Autorität in Bagdad zuträglich sein (die ja jetzt schon nicht gerade glücklich über diese Entwicklung ist). Und auch wenn man da das "3-Gebiete"-Schema zu rate zieht (also sunnitischer, schiitscher und kurdischer Irak) kann ich mir nicht vorstellen, daß sich die unterschiedlichen Stammesführer unter einer zentralen sunnitischen Führung vereinigen. Die Berichte über den Irak sprechen für mich da eine recht deutliche Sprache.

Was die Amis angeht - ein Total-Abzug ist da gar nicht nötig. Ein Teil-Abzug, und den wird es zumindest unter einem demokratischen Präsidenten geben, wäre vermutlich schon ausreichend um die "Kontrolle" der USA über diese Milizen zu schwächen.


- Nightwatch - 03.01.2008

Venturus schrieb:Ich denke da eher an einen Zerfall. Regionale Stammesführer mit gut ausgerüsteten Milizen dürften wohl nicht gerade unserer Vorstellung einer zentralen Autorität in Bagdad zuträglich sein (die ja jetzt schon nicht gerade glücklich über diese Entwicklung ist).
Einzig relevant ist diesbezüglich nur wie viel Macht Bagdad haben soll. Haben die Stammesführer genügend Freiheiten wird es keinen Zerfall geben.
Woran man sich gewöhnen muss ist, das der Irak in Zukunft nun mal kein Zentralstaat mehr sein wird. Sondern ein loser Föderalstaat.
Was aber auch nicht weiter tragisch ist.

Venturus schrieb:Was die Amis angeht - ein Total-Abzug ist da gar nicht nötig. Ein Teil-Abzug, und den wird es zumindest unter einem demokratischen Präsidenten geben, wäre vermutlich schon ausreichend um die "Kontrolle" der USA über diese Milizen zu schwächen.
Die wenigsten Milizen stehen unter direkter US Kontrolle. Auch nach einem Teilabzug wird sich da wenig dran ändern. Und Notfalls hat man immer genug beisammen um zusammen mit den irakischen Sicherheitskräften den einen oder anderen Stammesführer zu zeigen wo der Hammer hängt.
Aber womöglich können das die Iraker dann auch alleine.


- Erich - 03.01.2008

Nightwatch schrieb:
Erich schrieb:von den sieben von Dir genannten Punkten sind nur zwei den Amerikanern zuzuschreiben - und dann sagst Du, jetzt müsse die irakische Regierung endlich mal nachziehen und was tun?
Was sonst?
Das US Militär ist nicht im Land um Politik zu machen. Das müssen die Iraker schon selbst auf die Reihe kriegen.
das ist richtig - und darum sollten die US-Militärs, die ungerufen ins Land gekommen sind, den Irakern auch die Zeit geben, die dort gebraucht wird, um zu einem Ausgleich zwischen den Stämmen zu kommen. Da kann man nicht einfach von einer Zentralregierung aus anschaffen nach dem Motto: "So, nun vertrag Euch mal". Die unterschiedlichen Vorstellungen und Wünsche, schwärende Wunden und Ängste - all das muss verarbeitet werden, und geht nur mit kleinen und langwierigen Schritten.
Das ist ein langwieriger Prozess, und Demokratie lässt sich nicht per "ordre de mufti" befehlen sondern muss reifen - gerade wenn es sich um einen "Kunststaat" handelt, der aus mindestens drei großen Gruppierungen und sehr vielen Untergruppen mit unterschiedlichsten Vorstellungen zusammen gesetzt ist.
Die Amerikaner sind ungefragt gekommen - und müssen jetzt gefälligst die Suppe auslöffeln, die sie den Irakern eingebrockt haben. Und das wird noch viel Zeit und Geld - und leider auch Blut kosten.
Inzwischen sind im Irak mehr US-Soldaten und Zivilisten gefallen als 11/07 an Opfer gekostet hat (an dem die IRaker bekanntlich in keiner Weise beteiligt waren).
Dazu:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.zeit.de/news/artikel/2008/01/02/2448653.xml">http://www.zeit.de/news/artikel/2008/01/02/2448653.xml</a><!-- m -->
Zitat:Bilanz 2007: 900 tote US-Soldaten im Irak

Für die US-Truppen im Irak war das vergangene Jahr das verlustreichste seit der Besetzung des Landes im Frühjahr 2003: 900 Soldaten seien bei Einsätzen ums Leben gekommen.

In den vergangenen fünf Jahren starben insgesamt mehr als 3900 US-Soldaten, teilte das US-Militärkommando mit. Im Jahr 2006 waren im Irak 822 Soldaten aus den USA gestorben.

Die Zahl der Iraker, die 2007 von Terroristen, Milizionären, Soldaten oder Angehörigen der Sicherheitskräfte getötet wurden, wird auf 18.000 geschätzt, darunter mehr als 16.000 Zivilisten.
....



Nightwatch schrieb:Im Übrigen, diese 7 Punkte sind natürlich unterschiedlich zu gewichten.
Die wesentlich Ursache für den Rückgang liegt bei den US Streitkräfte.
Satz 1: ja, uneingeschränkt
Satz 2: völliger Widerspruch: die wesentliche Ursache liegt darin, dass die Stämme inzwischen das gegenseitige Morden und den Terror der Al-Quaida leid sind und sich selbst gegen die Terroristen wenden - ohne oder gar gegen die Bevölkerung lässt sich der Irak nicht mal im Ansatz befrieden !!!
Dazu ebenfalls der o.a. Link:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.zeit.de/news/artikel/2008/01/02/2448653.xml">http://www.zeit.de/news/artikel/2008/01/02/2448653.xml</a><!-- m -->
Zitat:....
Bürgerwehren gegen Terrorismus

In einer von Islamisten im Dezember veröffentlichten Botschaft hatte es geheißen, El-Kaida-Terroristen hätten nun eine eigene "Brigade" gegründet, um "Verräter" zu töten, die sich den von den USA unterstützten Bürgerwehren angeschlossen haben. Die Bürgerwehren nennen sich "Komitees des Erwachens" und kämpfen in mehreren Provinzen gegen Terroristen.
...