Demon Wojny schrieb:
Zitat:In Polen gibt es Pressefreiheit die mindestens genauso weit reciht wie die in Deutschland.
"Reporter ohne Grenzen" sagt in seinem "Media Freedom Index 2005" so ziemlich was anderes: Deutschland landet da auf Platz 18 (eine Verschlechterung um 7 Punkte im Vgl. zu 2004, wo es Platz 11 war) - immer noch mies genug - , Polen hingegen auf Platz 53 (immerhin ein Absturz um 21 Punkte, was recht hart ist; 2004 war es Platz 32). Allerdings muss man einräumen, dass die Bewertungen von "Reporter ohne Grenzen" auch nicht immer frei von Fehlern sind, bzw. es an dieser Skala auch Kritik gibt.
@Topic ("Polenwitze" & deutsche Vorurteile)
Was man allerdings auch sagen sollte, ist, dass in Deutschland, und da muss ich Demon Wojny auch ein wenig zustimmen, schon teils arg über Polen, bzw. die polnische Bevölkerung, gelästert wird (s. "Polenwitze"). Das ist sicher nicht fein und ich muss auch sagen, dass ich häufiger (auch in meinem Freundeskreis) Vorurteile höre, die in die Richtung "Sind ja alles Autodiebe oder Hools!" gehen (hierzu kann man z. B. sagen, dass unsere Presse hier teils arg und übertrieben vor den polnischen Hooligans gewarnt hat - quasi wurde fast schon Angst verbreitet - , aber die einzigen Krawallheinis, die auffielen, waren bei der WM i. d. R. Engländer und einige Deutsche; polnische Fans hingegen blieben weitgehend friedlich und ruhig [zumindest wäre mir kein Zwischenfall bekannt]). Da könnte man insofern, was das Verständnis des Nachbarn angeht, auch von deutscher Seite mal etwas objektiver und auch höflicher sein.
@Topic (Historischer Kontext)
Nunja, irgendwelche schlimmen Ereignisse der Vergangenheit aufzurechnen ist mühsam und nervig. Tatsache ist eben, dass Polen im Zweiten Weltkrieg von allen besetzten Ländern mit am schlimmsten unter der deutschen Besatzung zu leiden gehabt hat. Punkt.
Abgesehen davon kann (und sollte) man aber auch gerne sagen (dürfen), dass die polnische Außenpolitik nach Ende des Ersten Weltkrieges nicht gerade eine friedliche Außenpolitik verfolgte, insofern sich auch nicht gerade vorbildlich verhalten. Aber: Das war kein typisch polnisches Phänomen, sondern es war eine (fast) allgemein um sich greifende Entwicklung. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kann man in weiten Teilen von Europa eine Tendenz von der Demokratie und den alten, und teils gestürzten, Monarchien hin zur aggressiven, nationalistischen und oft ideologisch geprägten Militärdiktatur erkennen. Bsp. wären Italien 1922 (Mussolinis "Marsch auf Rom"), Bulgarien 1923, Spanien 1923 (Primo de Rivera), Litauen 1926, Portugal 1926 (ab 1932 Salazar), Polen 1926 (Staatsstreich Pilsudskis), Jugoslawien 1929, Rumänien 1930, Deutschland 1933 (Hitler), Österreich 1933, Griechenland 1936 (General Metaxas), Spanien 1936 (Franco). Insofern kann man, wenn man das Argument hernimmt, "dass die anderen ja auch nicht so friedlich waren", es sicher nicht alleine an Polen festmachen und und dann dies als Argument nehmen.
Aber zu aggressiven Außenpolitik von Polen (und nochmals: Das war/ist kein spezifisch polnisches Verhalten gewesen, es war damals ein "allgemeiner Trend"): Zu nennen wären hier:
1918: Ostgalizien (speziell: Lemberg),
1919: Gewinn Westpreußens (Versailles),
1920: Russ.-polnischer Krieg, polnischer Angriff (Kiew),
1920: Besetzung Wilnas (General Zaligowksi),
1921: Oberschlesisches Industrierevier annektiert (gg. Votum),
1932/33: Grenzstreitigkeiten mit Deutschland,
1938: Ultimatum an Litauen (Anerkennung der Wilnagrenze),
1938: Besetzung des Olsagebietes nach dem Münchner Abkommen.
Abgesehen davon:
1922 bis 1926: Innere Kämpfe; gipfeln im Putsch Pilsudskis,
1930: Terror der Diktatur zur Sicherung der Sejm-Mehrheit,
1935: Neue autoritäre Verfassung ("gelenkte Demokratie"),
1935: Tod Pilsudskis, Schwächung des "Obristenregimes".
1935: Gen. Rydz-Smigli übernimmt Staatsführung.
Man sieht also, dass man ein innerlich erheblich zerrissenes Land vor sich hat, das weitgehend diktatorisch regiert wird und welches durchaus eine aggressive Außenpolitik betreibt.
Schneemann.