Zitat:Naja, die Wirtschaftswissenschaft als rein deskriptive Wissenschaft zu bezeichen ist schon ein bisschen fern ab der Realität. Viel mehr sind es kausual-analytische Wege die da eingeschlagen werden. Und die Teilung der Methoden, die aus der Mathematik stammen, wie exploarative, induktive, deskriptive u.s.w. einfach zu streichen und zu behaupten das wäre nicht so, übertragt das auch automatisch auf alle anderen Wissenschaften die diese Methoden verwenden. Und das sind quasi alle.
Zudem steht eine "deskriptive" Wissienschaft alleine schon im Widerspruch zu dem Wort. Wenn eine Wissenschaft deskriptiv ist kann siue sich dann überhaupt entwickeln? Nein. Die Wirtschaftswissenschaft hat somit diese Behauptung schon deutlich wiederlegt.
Hängt vom Auge des Betrachters ab. Sicherlich arbeitet auch die Wiwi mit analytischen Instrumentarien, aber verglichen mit anderen Nicht-Naturwissenschaften liegt der Schwerpunkt primär auf der Deskription bestimmter Zusamenhänge. Mit tiefgehender Analyse hat das in den meisten Fällen relativ gar nichts zu tun, da nur relativ kleine Ausschnitte aus der Realität herausgegriffen werden mit viel Modellaufwand bearbeitet werden. Ich sitze immer wieder in den Vorlesungen und stelle bedröppelt fest, wie die Profs die in den Modellen manifestierten Zusämmenhänge erklären. Mit ein bißchen sozialwissenschaftlichen Kenntnissen hört sich das teilweise sehr lutig und relativ einfach und primitiv an. Elaborierte ausdifferenzierte Modelle sozialen Verhaltens und sozialer Systeme schlagen sowas um Kilometer.
Was also in der wiwi problematisch ist: Für ganz bestimmte Zustände unter ganz bestimmten Bedingungen und bei ganz bestimmten Verhaltensweisen bieten die Wiwimodelle sehr gute, mathematisch und damit quantitativ verwertbare Erkenntnisse. Das wars dann aber bitte auch. Versuche des Bestimmens menschlichen Verhaltens über die Spieltheorie und Institutionenökonomik haben für Leute mit Sozialwissenschaftlichen Hintergrund oft etwas sehr deskriptives, einfaches, spezialisierte Erkenntnisse werden da viel zu sehr generalisiert.
Zitat:Zur Rationalität:
Ich finde es erstaunlich, wie jemand der der VWL studiert, Paradigmen einfach streichen kann ohne sie durch neue zu ersetzen. Das ist eigentlich das wohin sich der Wissenschaftler vom Stammtisch unterscheiden sollte.
Wenn man erstmal einmal Konzeptionen wie System oder Lebenswelt näher kennengelernt hat und damit operiert,arbeitet man mit anderen Prämissen, da sie weitaus leistungsstärker sind. Und gerade überspezialisierte Prämissen kann man nur dann anwenden, wenn der zu explizierende Bereich auch entsprechend klein und eng gesteckt ist.
Zitat:Nichts desot trotz, ist die wirtschftswissenschaftliche Annahme, es gibt auch andere Definitionen, der Rationalität "das jeder die Alternative wählt die ihm nach seinem Glauben den größten Vorteil bringt" empirisch belegbar. Und wenn man sich mal tief in die Mikroökonmie begibt, dann stellt man fest das diese mit dieser Annahme sehr erfolgreich ist. Zahlreiche Uhnternhemen wirtschaften damit sehr gut, z.B. die Spieltheorie, die ohne diese Annahme wertlos ist, feiert große Erfolge in den letzten Jahren. Diese Konzepte sind auch insbesondere in den wiwi Experimentallaboren nachweisbar, wo Probanden ohne Einfluss extener formeller und informeller Institutionen tatsächlich Entscheideungen treffen die dieser Annahme entspricht. Daher wird dieses rein "menschliche" Phänomen durch die Institutionsgebung kontrolliert um nach Möglichkeit Kooperationsprobleme die in einem Gefangenendilemma enden würden zu vermeiden.
Da stecken soviel Generalisierungen drin, das ich morgen noch kommentieren könnte. Das Konzept der subjektiven Rationalität, in Abgrenzung der Klassischen Rationalität, die sich auf gute, natürliche Zwecke bezog, ist erkenntnistechnisch mehr oder minder wertlos. Menschen sind kurzsichtig und wollen den größtmöglichen Gewinn einstreichen. Dafür muss man nicht wirklich das alte Konzept der Rationalität bemühen. Diese bounded rationality ist wie gesagt eine schöne sache, aber mehr oder minder erklärt es nichts. Wieso beispielsweise tendieren Individuen dazu, in bestimmten Situationen ihr altbewährtes Verhalten nicht zu ändern, warum werden neue Informationen so oft erst sehr spät oder gar nicht berücksichtigt, warum gibt es denn die unintendierten Folgen intendierten Verhaltens, gerade und erst recht in der Wirtschaft? Wieso gehen dann soviele Unternehmen pleite, warum geht es so vielen so schlecht? Ich sage doch nicht, dass diese Konzepte falsch sind. Nur sind sie so sehr defizitär, dass man weder Politik noch Gesellschaft damit beraten kann. Sie haben doch sicher ihre Berechtigung, nur eben eine sehr stark eingegrenzte. Spielthorie als Entscheidungstheorie kann man beispielsweise als untergeordneten Theoriezweig sehr schön in die Systemtheorie hineinkopieren, was teilweise schon so gemacht wird und worin ich mich auch schon mal mit einem fast fertigen BWLer versucht habe. Aber eben nur als Spezialisierung bestimter Fälle.
Und zu den Experimentallaboratorien: Das sind hoch spezifische, hochgradig reduzierte Entscheidungsverfahren. Da kommen sicher immer dieselben Ergebnisse raus, aber eine elaborierte Theorie der Entscheiodung muss mitinkludieren, wie die Komplexität der Umweltz nach und nach in System/Unternehmen/Haushalten reduziert werden usw. Da sagt die Spieltheorie gar nichts und deshalb sie sie mehr oder minder auch nur strukturschützende und auf den Status quo abgezielte spezielle Theorieabschnitte. Wenn sich irgendwas ändert, dann müssen sich auch die Prämissen ändern. Nur da kann VWl nichts sagen dazu.
Deshalb nochmal:
Es war vollkommen verfehlt von dir, bei der Frage der Stabilität der globalisierten Wirtschaft mit Heckscher Ohlin und Ricardo zu kommen. Thema völlig verfehlt. Wir diskutierten nämlich nicht, warum gehandelt wird, sondern inwieweit Instabilitäten das System sprengen können. Und solche Theoreme wie Heckscher-Ohlin können sowas eben nicht abbilden. Du mußt schon darauf achten, auf welcher Differenzierungsstufe man sich in der Diskussion bewegt.
Zitat:Also entweder hast du deinen Standpunkt zu dieser Thematik so dargelegt das ich ihn nicht nachvollziehen kann, oder du das diese Konzeption nicht verstanden, was selbst der Fall sein sollte wenn du VWL nur im 2. Nebenfach studierst.
Ich verreisse seit mehreren Posts die reduktionistischen VWL-Prämissen, da damit weitergehende Entwicklungen und damit verbunden Erklärungen nicht geliefert werden können.
Zitat:Natürlich sind diese voll von ceteris paribus Klauseln und wie du es nennst "Idealisierungen". Schließlich hat heute noch keiner eine Lösung für das Problem der unvollständigen Information gefunden. Es ist auch nicht zu vermuten das dies passiert. Daher ist ein arbeiten ohne Annahmen einfach nicht möglich. Für verschiedene Annahmen können verschiedene Szenarien geplant werden.
Um dich mal aufzuklären: Das Grundproblem ist das der Komplexität alles Sozialen und der damit verbundenen Notwendigkeit der Reduktion um handlungsfähig zu bleiben. Die unvollständige Information, wie es im vwl-Sprech heißt, ist bloß die aus der perspektive des Individuums wahrgenommene Überkomplexität
. Nur muss man auch hier mal wieder weitergehende Zusammenhänge feststellen können....
Zitat:Was meine "unrelevanten Theoreme" angeht, so finde ich die im Kontext das die Wiwi noch in den Kinderschuhen steckt und im dem Zusammenhang der Theorie das die Globalisierung nur den Reichen nützt und andere nur benachteiligt sehr gelungen. Sie zeigen nicht nur in einfacher mathematischer Form die grössten Stammtischparolen wiederlegt werden, sondern auch eine evolutionäre Entwicklung der Wwi.
Jeder gute politikwissenschaftliche oder soziologische Hauptstudiumsarbeit über Globalisierung ist differenzierter als die Mathematik neoliberaler Wirtschaftsgläubiger. Ich hätte nicht mal studieren müssen, selbst als Gymnasiast hätte ich gewußt, dass der washington Consensus Murks ist. Das problem ist, dass bei diesen Modellen oft Reifikationen auftreten, dass man also eher dem Modell glaubt als der Realität. Und dafür gibt es doch bitte schön genügend Beispiele. Die Gefahr ist bei den Sozialwissenschaften sicher genauso dar, nur sind auch die Wiwis nicht vor Ideologie gefeit.
Zitat:Womit arbeiten den die Sozialwissenschaften sonst? Mit der Annahme alles ist Gott gegeben und nichts ist zu ändern? Das mit der Inkonsistenz von informellen und formellen Institutionen ist recht einfach. Wenn die Bevölkerung religös ist und den Sonntag als heiligen freien Tag sieht, so wird es schwerlich funktionieren gesetzlich den Sonntag als Arbeitstag zu verankern. Übrigens ist das keine Idee der Wiwis sondern verschiedener Geisteswissenschaftler.
Nö, die Welt ist überkomplex, besteht aus sich interpenetrierenden, operativ geschlossenen Systemen, die als Benutzeröberfläche und für Individuen eine lebensweltliche Gestaltung haben. Das ist allesamt hochdynamisch, denn Struktur und Prozess gehören zusammen, Struktur ist letztlich nur die Wirkrichtung des Prozesses in entsprechender Selektion usw...
Ist alles a bisserl komplizierter...
Und deien Institutionenlogik ist sicher nicht falsch, nur ein wenig - naja - undifferenziert. Und wird ie Institution wirklich wegen so ner sache scheitern.. ich denke nicht, da da auch Adaptionen geschehen, immerhin werden die Leader wohl auch religiös sein und erst gar nicht so einen Fehler machen, wenn alle religiös sind. Und wenn es doch nicht alle sind, dann werden sicher auch einige am Sonntag arbeiten, diese Nische nutzen usw.. du machst es dir in vielen Punkten einfach nur viel viel zu einfach...