(26.02.2025, 16:50)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Kurz und einfach: das sollte nur ein Beispiel dafür sein, wie Marineeinheiten die Luft- und Landkriegsführung direkt unterstützen und wie man von See ins Land und in die Luft hineinwirkt.
Okay, für mich klang das wie eine Kernkomponenten deines Ostseegeschwaders. Aber von diesem losgelöst ist es doch durchaus ein gutes Beispiel, genauso wie meines Erachtens deine Erwähnungen von Libyen oder Dschibuti, für die Sinnhaftigkeit auch leistungsfähigerer Marineeinheiten zur Lagebilderstellung, Gebietsüberwachung und -sicherung gerade auch im Zusammenspiel und zur Unterstützung anderer Kräfte. Und das sind Fähigkeiten, die in Europa rar sind und für die wir aktuell zu sehr auf die USA angewiesen wären.
Zitat:Zum einen bekämpft man aber den Feind von welchem wir hier sprechen durch solche rein defensiven / passiven Maßnahmen welche uns in jedem Fall mehr kosten als sie ihn kosten (und damit allein schon siegt er im Sinne seiner Zielsetzung) eben nicht nachhaltig - zum anderen erfolgt ein solcher Einsatz so oder so in einem Bündnis und könnte auch von der von hier skizzierten Marine nicht allein geleistet werden. Selbstverständlich benötigt man zusätzlich seegestützte Systeme, dass muss natürlich ein kompletter Verbund verschiedener Fähigkeiten sein.
Kein Dissens, auch wenn dieses "es kostet uns mehr als ihnen, daher gewinnen sie" für mich zu sehr vereinfacht ist. Natürlich geht das nicht alleine, aber es ist in meinen Augen notwendig, einen Beitrag dazu zu leisten. Und dieser muss ganzheitlich geleistet werden. Daneben, und das ist für mich wichtiger als die Diskussion darüber, wie viele Kampfflugzeuge wir brauchen, oder wie viele Schiffe, braucht es eine sinnvolle, ganzheitliche und vor allem auch auf Quantität ausgerichtete Munitionsplanung und -beschaffung. Warum brauchen wir beispielsweise als AAW-Wirkmittel PAC-3, PAC-2, SM-2, ESSM, RAM, IRIS-T, IRIS-T SLM, AMRAAM und Meteor? Ein Einheitssystem für kurze Distanzen, eines für mittlere und eines für lange Distanzen, gegebenenfalls mit einer Variante für die Abwehr ballistischer Raketen, mit größtmöglicher Teilegleichheit und Austauschfähigkeit, jeweils leistungsfähig aber kostenoptimiert und in großen Stückzahlen zu beschaffen. Und das gleiche gilt für die anderen Systeme auch. In meinen Augen liegt da viel Potenzial brach.
Zitat:Im Rahmen eines Bündnisses können wir daher für einen für solche Einsätze notwendigen Verbund verschiedener Systeme natürlich auch entsprechende Schiffe stellen. Wir könnten aber auch strategischen Luftransport stellen. Oder Kampfflugzeuge. Oder Raketenartillerie. Oder Marineinfanterie oder was auch immer. Die Solidarität entsteht nicht daraus, dass dort eine deutsche Fregatte Raketen auf Billigdrohnen abfeuert, sondern sie entsteht daraus, dass wir uns ernsthaft und substanziell an diesem Einsatz beteiligen. Und ja, das ginge durch die von dir hier skizzierte Flotte, es ginge aber auch auf andere Weise. Nur dass diese andere Weise meiner Ansicht nach in anderen Szenarien uns mehr bringen würde.
Vermeintliche Solidarität über reine Unterstützungsleistungen, wie etwa der von dir erwähnte Lufttransport, wurde doch in der Realität immer wieder praktiziert und von unseren Verbündeten kritisiert, wenn diese das Risiko übernehmen mussten. Wir müssen auch ein Risiko tragen, ja, das geht je nach Einsatz auch mit Flugzeugen oder Raketenartillerie, aber für mich ist und bleibt es sinnlos, das gegeneinander aufzuwiegen. Wir werden es auch mit Schiffen machen müssen, davon bin ich überzeugt, nicht nur aus Gründen der Solidarität, sondern auch aufgrund einer Notwendigkeit, eben weil wir als eines der wenigen Länder in Europa das Potenzial dazu haben. Raketenartillerie, oder Marineinfanterie, oder Kampfflugzeuge können viel mehr Nationen stellen (was nicht heißt, dass wir da außen vor sein sollten).
Zitat:Da haben wir einen Dissens. Die Fremdwahrnehmung resultiert nicht aus den beschafften Systemen, sondern allein aus der Frage wie man diese einsetzt.
Wo liegt da der Dissens, das ist doch genau das, was ich beschreibe? Es spielt keine Rolle wie viel wir von was besitzen, sondern wie wir es einsetzen.
Zitat:Die Frage ob wir im Bündnis tatsächlich verlässliche Partner sind und Solidarität zeigen so dermaßen nur an der Marine und dem Beitrag auf See festzumachen kann ich so nicht nachvollziehen.
Du verdrehst das Argument, sowas habe ich doch nie irgendwo geschrieben. Ich kritisieren deinen Marineansatz für die Ostsee damit, dass eine solche Marine kaum in der Lage wäre, unsere eigenen Interessen in der Welt zu vertreten und damit auch nicht in der Lage ist, bei notwendigerweise gemeinsamen Marineeinsätzen einen Beitrag zu leisten. Und wenn du meinst, dass man sich dann schon immer irgendwie auch anders beteiligen kann, dann widerspreche ich da eben weil es Aufgaben gibt, bei denen das nicht möglich ist. Wenn du das anders siehst, dann haben wir an der Stelle den Dissens.
Zitat:Jedoch ist es ein Fakt, dass auf gar keinen Fall beides geht: eine sehr starke Luftwaffe oder eine starke Marine. Das wäre nicht stemmbar. Und die Verbündeten können genau so wenig eine starke Luftwaffe aufstellen wie sie eine starke Marine aufstellen können.
Gerade aufgrund unserer wirtschaftlichen Möglichkeiten sollten wir uns darauf fokussieren, Fähigkeiten bereit zu stellen, die kleinere Nationen nicht stellen können. Ein Blick auf die Stärken der Luftwaffen und der Marinen in Europa zeigt, wo die tatsächlichen Defizite liegen, und die sehe ich nicht vor allem bei der Zahl der Kampfflugzeuge. Wir sind in der Lage, sowohl in der Luft wie auch auf See Hochwerteinheiten zu stellen, wenn wir uns in der Breite beschränken. Aber das ist in der Form für die Marine nicht einmal mein Ziel.
Zitat:Nun ist dein Argument, dass die Russen ja schon in Friedenszeiten mit unkonventioneller Kriegsführung unsere Versorgung / Handelsrouten / Schiffe angehen könnten und damit wir einen Krieg bereits wirtschaftlich verlieren bevor es zum offenen Krieg kommt. Sehr wahrscheinlich, aber ich sehe darin rein persönlich die geringere Gefahr im Vergleich zur Niederlage im konventionellen Krieg und ebenso halte ich die unkonventionelle russische Seekriegsführung auch mit anderen Mitteln als der von dir skizzierten Flotte für abwehrbar bzw. für abschreckbar. Die von dir skizzierte Marine halte ich sogar diesbezüglich, also zur Abwehr einer unkonventionellen russischen Seekriegsführung für weniger geeignet.
Das sehe ich eben anders, in meinen Augen wäre eine entsprechend aufgestellt Marine durchaus dazu in der Lage, und könnte zudem in einem heißen Konflikt ihrerseits gegen Russland wirken.
Zitat:Mich würde aber (ohne einen konkreten Feind diesbezüglich zu benennen) interessieren, wie die von dir skizzierte Flotte im oberen Bereich dieser Intensitätsskala real praktisch agieren soll ? Wie soll unkonventioneller Kriegsführung im Frieden im oberen Bereich den mit der hier durch dich skizzierten Flotte begegnet werden ? Wie wehrt man solche Bedrohungen denn nachhaltig ab ? Wie schon oben geschrieben reicht eine bloße passive Verteidigung, Sicherung, Raumschutz etc. dafür nicht aus, bzw. spielt dem Gegner in die Hände. Ist die von dir skizzierte Flotte nicht etwas zu beschränkt, zu konventionell um den Möglichkeiten welche sich hier im oberen Bereich bieten tatsächlich begegnen zu können ? Zumal der Gegner bei konventionellen Antworten auf unkonventionelle Bedrohungen immer Umgehungen finden kann.
Letzteres liegt in der Natur des Krieges und der Kriegführung, dass lässt sich unabhängig davon, ob es nun "konventionelle" oder "unkonventionelle" Mittel sind nie verhindern. Ich denke das größte Problem liegt eigentlich darin, dass das, was bei uns als konventionell gilt, es inzwischen gar nicht mehr ist. Statt bei der kontinuierlichen Verbesserung oder dem Ersatz von Systemen deren Wesen ganzheitlich fortzuführen, fand eine zu hohe Priorisierung der Einzelleistung vor allem anderen statt. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir vor allem mit Technologie die entscheidenden Vorteile gegenüber jedem Gegner generieren könnten, diese aber nicht ausschließlich auf die Spitzenleistung bezogen eingesetzt werden sollte, sondern um Möglichkeiten zu schaffen, in der Fläche zu überzeugen. Manchmal erscheinen die Mittel unkonventionell, beispielsweise wenn am Horn von Afrika seegestützte Hubschrauber mit dem Bord-MG Huthi-Drohnen abschießen, tatsächlich ist das aber etwas, dass in ähnlicher Form schon vor 80 Jahren praktiziert wurde und vergleichsweise effizient ist. Es ist also wesentlich konventioneller als die vermeintlich konventionellen Mittel, die sonst so zur Drohnenbekämpfung eingesetzt werden, und könnte mit der richtigen Technologie wesentlich effizienter bei einer ähnlichen Effektivität sein. Das ist für mich aber kein Argument gegen moderne Kriegsschiffe, sondern nur gegen deren Spezialisierung.