(26.02.2024, 13:19)Broensen schrieb: [ -> ]Warum funktioniert das nicht?
Weil es für die SM-2 Block IV meines Wissens kein serienreifen Datenlink außerhalb Aegis gab/gibt.
Zitat:Ausdrücken wollte ich, dass es eine aktuellere Version sein sollte, die dann auch mit Sicherheit über die Lebensdauer einer jetzt designten Schiffsklasse hinweg lieferbar bleibt.
Ich gehe davon aus, dass nicht eine konkrete Version so lange verfügbar sein soll, sondern "nur" eine entsprechend leistungsfähige Version (ggf. also auch kompatible Nachfolger)? So oder so, die Sicherheit gibt es nicht, wenn man nicht selbst die Kontrolle über die Fortentwicklung und Produktion der Komponenten besitzt oder ein System beschafft, dass genau so auch bei demjenigen, der diese Kontrolle besitzt, verwendet wird.
Also entweder zieht man es komplett national auf und stellt die entsprechende Entwicklung/Produktion über die gesamte Laufzeit sicher, oder man macht es multinational mit der Möglichkeit einer nationalen Übernahme, sofern die anderen Partner aussteigen, oder man kauft eben ein "geschlossenes" System extern ein (bspw. AEGIS in einer Standardkonfiguration).
Alles andere führt zu mehr oder weniger großen Unsicherheiten.
Zitat:Kannst du denn alternativ die nötigen Anpassungen benennen, um einen F126-Ableger mit möglichst geringem Aufwand im Leistungsbereich einer SM-2 zu befähigen?
Die vorhandene Hardware ist generellen für den Einsatz der SM-2 ausreichend, ich würde bei einer solchen Planung mehr VLS-Zellen vorsehen.
Zitat:Was fehlt dafür im Portfolio? Und könnte man dafür ebenfalls auf die Kooperation mit ELTA zurückgreifen?
Es fehlt dafür sehr viel, sowohl in technischer wie auch in politischer Hinsicht. Kooperationen können solch einen Entwicklungsprozess beschleunigen, aber letztlich muss das System komplett in eigener Verantwortung liegen. Wie gesagt, sofern man so etwas überhaupt auf nationaler Ebene realisieren will. Umgekehrt fehlt für ein einziges, integriertes europäisches System schlicht der industrielle und damit auch der politische Wille, was durchaus nachvollziehbar ist.
SM2 Block IV war die ER-Version, aus der die SM6 entwickelt wurde. Einen wirklichen SM2 Nachfolger gibt es nach meinem Wissen nicht. Eig. ist die SM6 für klassische AAW zu teuer, aber die Pille muss man schlucken, wenn man bei der SM-Familie bleiben möchte.
Wenn man das sauber einfädelt, dann bleibt man jetzt bei der SM-Familie und nutzt auch weiterhin das niederländische CMS und APAR, um mittelfristig Iris-T SLM(X) und Hydeff zu integrieren und dann mindestens an die Niederländer, Dänen und Belgier zu verkaufen. Man muss da mal ein bisschen denken wie die Franzosen.
(26.02.2024, 14:37)Kul14 schrieb: [ -> ]Einen wirklichen SM2 Nachfolger gibt es nach meinem Wissen nicht.
Nicht ohne Grund wird die US Navy die SM-2 noch für mindestens ein Jahrzehnt (eher länger) in Dienst behalten.
(26.02.2024, 13:55)Helios schrieb: [ -> ]Weil es für die SM-2 Block IV meines Wissens kein serienreifen Datenlink außerhalb Aegis gab/gibt.
Ah, okay. Ich hatte deine Aussage auf die Kombination mit Aster30 bezogen.
Zitat:Ich gehe davon aus, dass nicht eine konkrete Version so lange verfügbar sein soll, sondern "nur" eine entsprechend leistungsfähige Version (ggf. also auch kompatible Nachfolger)?
Richtig. es geht mir nur darum, dass man jetzt nicht noch auf ein Rakete setzt, die nur noch für 10-20 Jahre verfügbar sein wird und man dann wieder vor dem Dilemma steht.
Es kann also bei der SM-Familie nur darum gehen, Modelle zu wählen, die zumindest von den USA auf aktuell noch gebauten Schiffen eingesetzt werden, so dass man eine möglichst hohe Wahrscheinlichkeit erhält, dass eine Verfügbarkeit oder zumindest Upgrade-Fähigkeit über den Lebenszyklus hinweg erhalten bleibt.
Aber natürlich kann es beim Zukauf keine Sicherheit geben, was auch ein Argument dafür ist, dass ich generell die Verwendung amerikanischer Raketen für kritikwürdig erachte und mir Europa-weite Lösungen dazu wünschen würde. Nicht umsonst hatte ich alternativ den Wechsel zu Aster30 in den Raum gestellt. Da hapert es mMn einfach daran, dass Aster 15 anscheinend nicht optimal ist und man somit kein gutes Gesamtpaket erhält. Da müsste Deutschland also erstmal im großen Stil mit Franzosen, Briten und Italienern ins Gespräch gehen, um eine neue Perspektive zu eröffnen.
Zitat:Die vorhandene Hardware ist generellen für den Einsatz der SM-2 ausreichend, ich würde bei einer solchen Planung mehr VLS-Zellen vorsehen.
Danke, das ist natürlich interessant. Mehr Zellen sind ja für eine AAW-Variante ohnehin unumgänglich. Die Frage wäre da halt nur, ob weitere Mk.41 die beste Lösung wären oder ob sich bspw. zusätzliche Mk.29/Mk.56 für die ESSM deutlich einfacher integrieren ließen.
(26.02.2024, 14:37)Kul14 schrieb: [ -> ]SM2 Block IV war die ER-Version, aus der die SM6 entwickelt wurde. Einen wirklichen SM2 Nachfolger gibt es nach meinem Wissen nicht. Eig. ist die SM6 für klassische AAW zu teuer, aber die Pille muss man schlucken, wenn man bei der SM-Familie bleiben möchte.
Wenn man das sauber einfädelt, dann bleibt man jetzt bei der SM-Familie und nutzt auch weiterhin das niederländische CMS und APAR, um mittelfristig Iris-T SLM(X) und Hydeff zu integrieren und dann mindestens an die Niederländer, Dänen und Belgier zu verkaufen. Man muss da mal ein bisschen denken wie die Franzosen.
Von der SM-2 Block IV wurden nur ein paar Dutzend gebaut, etliche auch in Tests verschossen. Zu SM-2 gibt es keine Nachfolger, die USN und Verbündete beziehen die aktuelle Version IIIC in vierstelligen Anzahl... wohl Größtenteils Modifikationsbauten aus älteren Raketenkörpern.
(26.02.2024, 14:57)Broensen schrieb: [ -> ]Aber natürlich kann es beim Zukauf keine Sicherheit geben, was auch ein Argument dafür ist, dass ich generell die Verwendung amerikanischer Raketen für kritikwürdig erachte und mir Europa-weite Lösungen dazu wünschen würde. Nicht umsonst hatte ich alternativ den Wechsel zu Aster30 in den Raum gestellt.
Das Problem sind erstmal nicht amerikanische oder europäische Raketen, sondern die "individuellen" Bastellösungen ohne Berücksichtigung der langfristigen Konsequenzen. Die Grundproblematik könnte also beispielsweise mit einem deutschen Radar und einer italo-französischen Raketen genau so aussehen. Deswegen der Hinweis, dass man gerade bei einer multinationalen Kooperation entsprechende Rückversicherungen braucht.
Zitat:Da hapert es mMn einfach daran, dass Aster 15 anscheinend nicht optimal ist und man somit kein gutes Gesamtpaket erhält. Da müsste Deutschland also erstmal im großen Stil mit Franzosen, Briten und Italienern ins Gespräch gehen, um eine neue Perspektive zu eröffnen.
Im großen Stil wird es keine neue Perspektive geben, weil die genannten Nationen bereits eigene Pläne haben und Deutschland nichts anbieten kann, was nicht selbst bereit vorhanden oder entwickelt wird.
(26.02.2024, 18:10)Helios schrieb: [ -> ]Die Grundproblematik könnte also beispielsweise mit einem deutschen Radar und einer italo-französischen Raketen genau so aussehen. Deswegen der Hinweis, dass man gerade bei einer multinationalen Kooperation entsprechende Rückversicherungen braucht.
Logisch, aber man hat bei europäischen Kooperationen halt ganz andere Ausgangsvoraussetzungen, als beim Einkauf von US-Technik. Ist alles eine Frage der Verträge und des Geldes.
Zitat:Im großen Stil wird es keine neue Perspektive geben, weil die genannten Nationen bereits eigene Pläne haben und Deutschland nichts anbieten kann, was nicht selbst bereit vorhanden oder entwickelt wird.
Deutsches Geld nimmt die französische Industrie aber für gewöhnlich sehr gerne und Leonardo ist doch eigentlich eh immer an Kooperationen interessiert. Und große Entwicklungsanteile braucht man ja auch nicht zwangsläufig abgreifen, wichtig ist primär der langfristig gesicherte Zugriff auf die Technologie, was sich innerhalb von MBDA doch irgendwie bewerkstelligen lassen müsste. Klar kostet uns das Geld, aber besser an die Nachbarn als über den Teich.
(26.02.2024, 20:11)Broensen schrieb: [ -> ]Logisch, aber man hat bei europäischen Kooperationen halt ganz andere Ausgangsvoraussetzungen, als beim Einkauf von US-Technik. Ist alles eine Frage der Verträge und des Geldes.
Deutsches Geld nimmt die französische Industrie aber für gewöhnlich sehr gerne und Leonardo ist doch eigentlich eh immer an Kooperationen interessiert. Und große Entwicklungsanteile braucht man ja auch nicht zwangsläufig abgreifen, wichtig ist primär der langfristig gesicherte Zugriff auf die Technologie, was sich innerhalb von MBDA doch irgendwie bewerkstelligen lassen müsste. Klar kostet uns das Geld, aber besser an die Nachbarn als über den Teich.
Kann dir da eig. nur recht geben. Unsere Verhandlungsposition gegenüber Frankreich und Italien ist eine ganz andere als gegenüber den USA. Vor allem ist Leonardo sogar Anteilseigner bei Hendsoldt. Zusätzlich sehe ich nicht, wie wir Hydeff in Aegis integrieren, selbst die Integration in das Mk.41 wird vermutlich schon durch die USA torpediert.
(26.02.2024, 20:11)Broensen schrieb: [ -> ]Klar kostet uns das Geld, aber besser an die Nachbarn als über den Teich.
Mir ist die europäische Souveränität durchaus wichtig, aber dafür zu bezahlen um vorhandene Entwicklungs- und Produktionsfähigkeiten in Deutschland zu verlieren ergibt für mich keinen Sinn. Jeder nimmt jedes Geld gern, aber wenn es sowieso nicht auf eine gemeinsame sicherheitspolitische Vision über rein industriepolitische Interessen hinaus geht, dann ist es in meinen Augen sinnvoller, diese industriepolitischen Interessen unter Berücksichtigung der militärischen Sinnhaftigkeit in den Vordergrund zu stellen.
(26.02.2024, 20:54)Helios schrieb: [ -> ]...aber dafür zu bezahlen um vorhandene Entwicklungs- und Produktionsfähigkeiten in Deutschland zu verlieren ergibt für mich keinen Sinn...
Das versteh' ich jetzt nicht ganz. Momentan sehe ich nicht, dass in Deutschland gerade Raketen entwickelt oder gar gebaut werden, die absehbar ESSM, RAM und SM-2 auf deutschen Schiffen ersetzen können. Sicher könnte ein Konsortium aus Diehl, MBDA und vielleicht Saab oder Kongsberg sowas für viel Geld auf den Weg bringen und Atlas und Hensoldt würden sicher dabei gerne mitverdienen, aber das wäre halt der ganz große Schritt und würde richtig viel Geld kosten, während es einer gesamteuropäischen Vereinheitlichung nicht unbedingt dienlich wäre. Und da EUROSAM mit Aster 30 schon ein ganz brauchbares Produkt hat, spricht für mich einiges dafür, sich erstmal darum zu bemühen, darauf eine gesamteuropäische Perspektive aufzubauen, als dass man auch da noch in Konkurrenz mit Frankreich tritt. Es ist schon ärgerlich genug, dass wir die Hollandse Signaalapparaten verloren haben und jetzt in der Konkurrenz zwischen Thales und Hensoldt viel unnötige Ressourcen verbrennen.
ESSM ist ein internationales Produkt und die deutsche Industrie daran beteiligt.
(26.02.2024, 21:30)Broensen schrieb: [ -> ]Momentan sehe ich nicht, dass in Deutschland gerade Raketen entwickelt oder gar gebaut werden, die absehbar ESSM, RAM und SM-2 auf deutschen Schiffen ersetzen können.
RAM ist ein deutsch-amerikanisches Produkt und wird zu relevanten Teilen in Deutschland gefertigt, ESSM ist eine internationale Kooperation mit nationalen Entwicklungs- und Produktionsanteilen, zudem existiert mit IRIS-T SLX bereits eine nationale Lösung als theoretisch mögliche Alternative, an SM-2 gibt es geringe Produktionsanteile, für Patriot wird eine nationale Fertigung aufgebaut.
(26.02.2024, 22:19)Helios schrieb: [ -> ]RAM ist ein deutsch-amerikanisches Produkt und wird zu relevanten Teilen in Deutschland gefertigt, ESSM ist eine internationale Kooperation mit nationalen Entwicklungs- und Produktionsanteilen, zudem existiert mit IRIS-T SLX bereits eine nationale Lösung als theoretisch mögliche Alternative, an SM-2 gibt es geringe Produktionsanteile, für Patriot wird eine nationale Fertigung aufgebaut.
Bei RAM mag das noch stimmen, bei ESSM ist unser Anteil aber so klein, der Nutzen geht gegen 0. Technisch haben wir keinerlei Einfluss. Bei Patriot bauen wir auch nur die PAC-2 und haben auch keinen Einfluss auf die technische Entwicklung. Aber dem ganzen fehlt sowieso eine Strategie, man fährt aktuell nur auf Sicht.. Entweder man nimmt die europäische, deutsche oder amerikanisch Lösung. Aktuell investieren wir in alles drei.
(26.02.2024, 22:19)Helios schrieb: [ -> ]RAM ist ein deutsch-amerikanisches Produkt und wird zu relevanten Teilen in Deutschland gefertigt, ESSM ist eine internationale Kooperation mit nationalen Entwicklungs- und Produktionsanteilen, zudem existiert mit IRIS-T SLX bereits eine nationale Lösung als theoretisch mögliche Alternative, an SM-2 gibt es geringe Produktionsanteile, für Patriot wird eine nationale Fertigung aufgebaut.
RAM macht mir auch die geringsten Sorgen. Die weiter zu nutzen und erst auf lange Sicht einen rein europäischen Nachfolger zu bauen, sollte kein großes Problem darstellen.
Bei ESSM ist ja gerade der Punkt, dass es besser als Aster15 abschneidet, aber nicht so kompatibel zu Aster30 ist. (Oder irre ich da? Meine Fragen diesbezüglich hat hier noch niemand beantwortet.) Dementsprechend würde ich da einen gemeinsamen europäischen Nachfolger für beide Raketen ohne US-Technik sehr begrüßen. Und da könnten dann eben die deutschen Anbieter auch ihren Teil beisteuern.
Und die Arbeitsanteile an SM-2, erst recht aber an ESSM, würden doch sicher bei einem Schwenk zu den Franzosen als Partner nicht geringer ausfallen als derzeit mit den US-Konzernen.
Aber so ein grundlegender Systemwechsel müsste groß aufgezogen werden und dafür scheint die Stimmung derzeit nicht vorhanden zu sein. Und Patriot ist ja eine ganz andere Baustelle. Ich spreche hier jetzt nur von den seegestützten Systemen.