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Normale Version: Sechster Nahostkrieg
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Zitat:Welche Ente ich aber treffe, ist irrelevant. Wenn man davon ausgehen kann, dass jeder mit einem solchen Pager ein Kämpfer des Gegners ist, dann ist das doch hinreichend zielgerichtet

Mit dem selben Argument saßen im WTC auch nur Enten. Mitten ins Herz des globalen Kapitals. Mit Opfern bei der Arbeit, ohne Familien. Grundsätzlich ist es aber völliger Quatsch mit Bezug auf Israel darüber zu debattieren, ob es Terrorismus war, gegen Kriegsrecht, oder sonstige moralische, juristische Vorschriften verstoßen hat. Das hat für diesen keine Relevanz. Weder in der Verurteilung noch in der Rechtfertigung. Mir fällt nichts ein, was hier noch irgendwie ins Gewicht fallen sollte. Und für was außerdem? Freiwild tötet hier Freiwild im rechtsfreien Raum und so muss man das hier insgesamt betrachten.
Pogu:

Die Idee, mit einer solchen Aktion zugleich auch gewaltsame Aufklärung zu betreiben ist hochinteressant. Das ist definitiv ein Aspekt über den sich lohnt nachzudenken. Vielen Dank für diese Anmerkung.

Allgemein:

Völkerrechtlich müsste ein solcher Angriff ja eigentlich voraussetzen, dass man sich in einem Verteidigungskrieg befindet, dem folgend müsste ein Angriff der Hisbollah voraus gegangen sein. Den ansonsten wäre dieser Angriff einfach nur völkerrechtswidrig. Mal abgesehen davon, dass Israel sich ja nicht zur Aktion bekannt / geäußert hat, wird in Israel immer mit der Vertreibung der Menschen im Norden des Landes argumentiert. Jedoch wird dabei verschwiegen, dass im Libanon mehr als das doppelte an Menschen aus dem Südlibanon durch die israelischen Militäraktionen vertrieben wurde. Wer ist hier also der Angreifer, wenn sich beide Seiten in einem Krieg befinden ?! Die Antwort wird seitens Israels und des Westens TM natürlich immer sein, dass man sich selbst nur verteidigt.
Die Hezbollah ist am 8. Oktober mit dem Beschuss israelischer Ortschaften in den Krieg eingetreten.
(19.09.2024, 15:58)KheibarShekan schrieb: [ -> ]Mit dem selben Argument saßen im WTC auch nur Enten. Mitten ins Herz des globalen Kapitals.
In einer komplett verqueren Logik, in der "das globale Kapital" sowohl als Völkerrechtssubjekt sowie zudem als kriegführende Partei und somit als legitimes Ziel betrachtet wird, könnte man das durchaus so sehen. Bleibt dann noch die Frage, ob al-Quaida damit einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen "das globale Kapital" geführt hat, oder ob sie ein legitimes Recht auf Selbstverteidigung hatten, weil das Kapital sie zuerst angegriffen hatte. Confused
(19.09.2024, 16:08)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Völkerrechtlich müsste ein solcher Angriff ja eigentlich voraussetzen, dass man sich in einem Verteidigungskrieg befindet, dem folgend müsste ein Angriff der Hisbollah voraus gegangen sein. Den ansonsten wäre dieser Angriff einfach nur völkerrechtswidrig.
Die Fragestellung ist aber komplett separat zu betrachten von der Einordnung, über die wir hier gerade diskutieren. Denn diese Voraussetzungen unterscheiden sich ja nicht beim Vergleich der Pagerzündung zu einem Luft- oder Artillerieschlag.
Zitat:Die Idee, mit einer solchen Aktion zugleich auch gewaltsame Aufklärung zu betreiben ist hochinteressant.
Das ist i. d. T. auch so ein Punkt. Es gibt klare Hinweise, die besagen, dass nach den Pager-Explosionen und nachdem bekannt geworden war, in welchem Umfang es Opfer gegeben hatte, die Zahl der Handy-Telefonate im Libanon geradezu - Verzeihung ob der Wortwahl - explodiert sei, weil Angehörige oder andere Hisbollahmitglieder natürlich bei allen möglichen Dritten, Verwandten, Mitgliedern etc. panisch nachfragten, ob sie unversehrt seien. Vermutlich haben die Israelis durch diese Telefonate mehr über die Hisbollah und ihre Strukturen und Anhänger herausbekommen als wie es ohne diese Pager-Geschichte möglich gewesen wäre.

Hieße: Nach einem Einbruch in die Lieferketten durch die Israelis und dann der Ausschaltung von zigtausenden Anhängern durch die Pager (und einer kapitalen Bloßstellung und einem enormen Sähen von Misstrauen), erfolgte nun der massenhafte, panikbedingte Geheimnisverrat durch die Hisbollahis selbst. Vermutlich haben die Israelis in den letzten zwei Tagen so viele Informationen über die Hisbollah gesammelt wie in den letzten zehn, zwölf Jahren nicht. Vorsichtig gesagt: Es läuft derzeit nicht sonderlich gut für die Schiitenmiliz.

Im Libanon selbst herrscht ziemliche Verunsicherung. Anscheinend werfen die Menschen Handys und allerlei andere elektronische Geräte auf die Straßen. Und die libanesische Armee sprengt wohl ihr Funkgeräte vorbeugend (https://www.n-tv.de/mediathek/videos/pol...37963.html).
Zitat:Freiwild tötet hier Freiwild im rechtsfreien Raum und so muss man das hier insgesamt betrachten.
Nein, das ist Unfug, und das gilt für Israelis ebenso wie für libanesische Zivilisten. Man muss hier aber klar sagen - zum gefühlt 239. Mal -, dass (auch) diese Pager-Aktion nicht stattgefunden hätte, wenn es den 7. Oktober 2023 nicht gegeben und wenn die Hisbollah nicht gemeint hätte, dass sie in das Kesseltreiben gegen die Juden einsteigen müsse.

Aber ich wiederhole mich, so lange die herrschende Klientel in Teheran meint, dass dieser unsinnige Krieg und diese künstlich herangezüchtete "Achse des Widerstandes" notwendig sein müssen, werden eben auch immer mal wieder Pager explodieren (oder auch größere Dinge) und es wird dabei leider auch immer mal wieder unschuldige Personen treffen. Insofern, auch wenn ich manches Vorgehen als kritisch ansehe, so kann ich es den Israelis kaum verübeln, dass sie hier ein knallharten Schattenkrieg führen - es bleibt ihnen auch keine andere Option, denn der 7. Oktober war für sie eine Zäsur und hat ihnen klar gezeigt, dass der Gegner, wenn sie selbst unaufmerksam sind, die Hälse abschneiden will und wird.

Schneemann
Der Vollständigkeit halber:

https://www.youtube.com/watch?v=AHi5JqUhupE

Zitat:Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah hat Israel für die jüngsten Explosionen technischer Geräte im Libanon verantwortlich gemacht und eingeräumt, dass die Attacke ein schwerer Schlag für seine Organisation gewesen ist. Israel habe damit "alle roten Linien überschritten", sagte Nasrallah weiter.

https://web.de/magazine/politik/nahostko...g-40145342

Zitat:Während Nasrallahs Rede flogen israelische Kampfflugzeuge im Tiefflug über die Hauptstadt Beirut und durchbrachen die Schallmauer. Im südlichen Vorort Beiruts berichteten Augenzeugen von Scheinangriffen israelischer Flugzeuge. Bei vorigen Reden Nasrallahs hat es zu ähnliche Ereignisse gegeben.

Und wurde hier schon thematisiert, dass auch in Syrien solche Geräte explodierten ?

https://www.jpost.com/breaking-news/article-820674

Zitat:19 Islamic Revolutionary Guard Corps (IRGC) members were killed after their pagers had exploded in Deir ez-Zur in eastern Syria, Saudi news source Al-Hadath reported Wednesday afternoon.

An additional 150 IRCG members were also wounded in the explosions, Army Radio reported, citing the Saudi news source.
Zitat:UN accuses Israel of ‘massive’ violation of child rights treaty in Gaza

UN committee says horrific impact on children from Israel’s war on Gaza will have an ‘extremely dark place in history’.

A United Nations committee has accused Israel of severe breaches of a global treaty protecting children’s rights, saying its military actions in Gaza have had a catastrophic impact on children and are among the worst violations in recent history.

More than 15,000 minors have been killed in Gaza since the start of the war triggered by Hamas-led attacks in southern Israel on October 7. More than 1,100 people, mostly Israeli civilians, were killed in the Hamas-led attacks and about 250 were taken captive. In response, Israel has waged a war in the besieged enclave, killing more than 41,000 people and reducing large swaths of the Palestinian territory to rubble.

The outrageous death of children is almost historically unique. This is an extremely dark place in history,” Bragi Gudbrandsson, vice chairperson of the committee, told reporters on Thursday.

I don’t think we have seen before a violation that is so massive as we’ve seen in Gaza. These are extremely grave violations that we do not often see,” he said.
...
https://www.aljazeera.com/news/2024/9/19...ty-in-gaza

Zitat:UN-Generalversammlung fordert Ende der israelischen Besatzung in Palästina innerhalb eines Jahres
2024-09-19 14:52:25| German.news.cn

VEREINTE NATIONEN, 18. September 2024 (Xinhuanet) -- Die UN-Generalversammlung hat am Mittwoch eine unverbindliche Resolution angenommen, in der Israel aufgefordert wird, das besetzte palästinensische Territorium innerhalb eines Jahres zu verlassen.
https://german.news.cn/20240919/8e7f9e14...c79/c.html
Die VN müssen sich nicht wundern, dass sie den Israelis und vielen westlichen Staaten als anti-israelisch voreingenommen gelten. Ich meine, was ist das denn für ein Satz:
Zitat:I don’t think we have seen before a violation that is so massive as we’ve seen in Gaza.
Wirklich nicht? Niemals? Auch nicht 1994, als die Hutu binnen 80 Tagen 200.000 Tutsi-Kinder zu Tode hackten?
Ist doch gut wenn sie ihren Antisemitismus so offensichtlich zelebrieren.

Zitat:Hezbollah's real death toll in series of explosions this week is 300-400, according to Western intel sources; about 600 blinded by attack; 3 of Nasrallah’s security guards plus a senior aide wounded.
https://x.com/IsraelRadar_com/status/183...7869202497

Aktuell laufen auch wieder massive Luftangriffe, den ganzen Tag schon und heute Nacht geht es ohne Unterbrechung weiter.
(19.09.2024, 09:59)KheibarShekan schrieb: [ -> ]Im Iran trinken die Leute weiter Tee und lesen Zeitung. Gerade durchaus mit mehr Wut als sonst.

Lese ich da eine Übertragung heraus?

Ich bin wütend, also müssen es die Teetrinker im Iran auch sein.

Und wenn die Teetrinker soo wütend sind: Sind dann die Israelis die Ursache, oder womöglich die Mullahs?
Gar nicht so selten beide. Das geht manchmal sogar so weit, dass ultranationalistische Exil-Iraner erklären, die Juden würden hinter dem Mullah-Regime stecken Big Grin Das sind natürlich nur extreme Einzelpositionen, aber viele Iraner fühlen sich durchaus zu Recht schlicht und einfach von jedem unter Druck gesetzt und sehen es so, dass die Welt insgesamt sehr zu ihren Ungunsten ist. Und da ist durchaus einiges dran. Die Mehrheit der normalen Iraner sieht sich als ständiges Opfer, den Iran in der extremen Defensive und die Missstände aller Art als eine Folge dieser ständigen Übergriffe von außen. Auch das Mullah-Regime ist ja durchaus eine Fernwirkung von ausländischer Einmischung.
Bin halt so ein Exil-Iraner, Antisemit und Ultranationalist. Daher habe ich ja auch die Probleme, die wir hier behandeln müssen und nicht die Palästinenser oder Libanesen. Angel
Vielleicht können wir auch einen Thread nur über mich aufmachen, dann können wir die inhaltliche Diskussion hier weiterführen.
@muck
Zitat:Wirklich nicht? Niemals? Auch nicht 1994, als die Hutu binnen 80 Tagen 200.000 Tutsi-Kinder zu Tode hackten?
Unabhängig davon, dass es natürlich Konflikte gab, in denen mehr Kinder oder Heranwachsende zu Tode kamen, sollte man nun aufpassen, dass man nicht zu sehr in den Whataboutismus abgleitet - das soll nun kein Vorwurf sein, eher der Hinweis, dass man bei solchen Vergleichen immer etwas vorsichtig sein sollte. Fakt ist, dass die Lage der Kinder und Jugendlichen natürlich schlecht ist (was aber auch nicht verwundert angesichts der Verwüstungen in Gaza). Das soll keine Wertung sein, sondern eine Feststellung.

Aber ein genauerer Blick auf die Feststellung/Aussage der UN ist dennoch sinnvoll.

Denn die Nutzung der Formulierung der UN historically unique (also einzigartig in der Geschichte) ist natürlich erst einmal ein moralisch-medialer Hammerschlag, eine überaus massive Anschuldigung, eine enorme und drastische Unterstellung hin zu einem genozidalen Nonplusultra; ohne eine geographische und zeitliche Eingrenzung ist sie jedoch relativ sinnlos und auch falsch - weltweit betrachtet sowieso -, und sie trägt auch das Risiko (oder den Vorsatz?) in sich, dass einer gezielten Dämonisierung der Israelis Vorschub geleistet werden soll.

Gehen wir also einen Schritt weiter. Wenn wir also nun eine Eingrenzung auf den nahöstlichen Raum vornehmen und uns nur auf das 20. und das 21. Jahrhundert beschränken, so ist die Aussage ebenso nicht haltbar.

Nehmen wir also den Versuch einer Einordnung vor: Im Kontext des israelisch-arabischen Konfliktes seit der Staatsgründung Israels 1948 ist der aktuelle Konflikt der weitaus opferreichste. Mit geschätzt um die 44.000 Toten innerhalb von grob einem Jahr ist er verantwortlich für knapp ein Drittel aller Todesopfer seit 1948 (wobei man seit 1948 mit etwa 150.000 Todesopfern rechnet, die ganzen anderen Kriege - Gründungskrieg 1948, Suez 1956, Sechs-Tage-Krieg 1967, Yom Kippur 1973, Libanonkrieg 1982, Intifada(s), Libanonkrieg 2006 etc. - sind hier alle miteinbezogen), d. h. er ist in mehrfacher Hinsicht eine Zäsur und er stellt eine enorme Eskalation dar.

Noch nie gab es in einem Konflikt zwischen Israel und der arabischen Seite innerhalb so kurzer Zeit so viele Opfer. Und logischerweise kamen deshalb auch noch nie so viele Jugendliche oder Kinder im Rahmen des Ringens in Nahost seit 75 Jahren in einem einzigen Krieg in derart kurzer Zeit zu Schaden.

1. Wird die UN-Aussage also wahr, wenn wir sie ungefiltert und ohne räumliche und zeitliche Eingrenzung bestehen lassen? Nein. Denn die Erdkugel bietet leider viele grausame Konflikte, da ist der Nahostkonflikt relativ bescheiden dagegen und nur eine zwar bittere, aber recht uninteressante quantité négligeable.

2. Wird denn die UN-Aussage wahrer, wenn wir die Zahlen der Hamas-kontrollierten Gesundheitsbehörden (die von etwa 16.000 umgekommenen Kindern und Jugendlichen sprechen [Anmerkung: Ich sehe diese Zahl als übertrieben an, nutze sie aber nun als Vergleichswert]) in Gaza heranziehen und sie nur auf den Nahen Osten umlegen? Nein. Denn alleine z. B. im syrischen Bürgerkrieg starben geschätzt 30.000 bis 40.000 Kinder und Heranwachsende durch Aktionen des Regimes von Assad und seinen Verbündeten.

3. Wird denn die UN-Aussage wahrer bzw. hat sie einen wahren Kern, wenn wir sie nur auf den israelisch-arabischen Konflikt anwenden? Ja, zumindest tendenziell. Denn dieser Konflikt ist der insgesamt opferreichste in 75 Jahren; seit der Gründung Israels kamen in einem Krieg zwischen Israel und der arabischen Seite noch nie derart viele Menschen in so kurzer Zeit zu Tode. Und selbst wenn die Zahlen der Hamas aus Gaza nur zu einem Drittel korrekt wären, so wären also mehr als 5.000 Kinder und Jugendliche innerhalb eines Jahres gestorben - auch das wäre bitteres Neuland und dies gab es in der Historie des israelisch-arabischen Konfliktes so noch nie. (Wobei aber auch darauf hingewiesen werden muss, dass die Bevölkerung in Gaza im Schnitt etwa 19 Jahre alt ist und alleine, je nach Quelle, die Zahl der Jugendlichen bis 15-16 Jahren etwa 40% der Gesamtbevölkerung Gazas ausmacht.)

Fazit: Wir sehen aktuell den schlimmsten Konflikt im Kontext des israelisch-arabischen Ringens seit 1948 und entsprechend hoch insgesamt (nicht prozentual gesehen) sind auch die zivilen Opfer und auch die Opfer in den Reihen der Kinder und Heranwachsenden. In der Pauschalität jedoch, wie die UN es geradezu unverantwortlich darstellt und ohne eingrenzenden Kontext hinausposaunt, ist die Meldung der UN nicht haltbar - und hier könnte man nun fragen, ob dies versehentlich geschah oder ob es einem bestimmten Ziel diente?

Ich lasse die Antwort offen...

Schneemann
(19.09.2024, 21:01)muck schrieb: [ -> ]Die VN müssen sich nicht wundern, dass sie den Israelis und vielen westlichen Staaten als anti-israelisch voreingenommen gelten.

Nun, es haben diese Woche bei der UN Generalversammlung knapp 2/3 der Staaten der Erde eine Resolution verabschiedet, die den Abzug Israels aus den 1967 "illegal" besetzten Gebieten innerhalb von 12 Monaten fordert. Das ist eine Forderung, die als sehr anti-israelisch zu sehen ist. Ja. Offensichtlich vertritt auf dieser Erde die deutliche Mehrheitlich der Staatengemeinschaft und vermutlich (habe es nicht nachgerechnet) die Mehrheit der Weltbevölkerung stark pro-palästinensische und stark anti-israelische Positionen. Das ist durch demokratische Stimmabgaben auf UN Ebene wiederholt bewiesen worden. Dass eine Mehrheit ungerecht wäre, voreingenommen wäre, ist (D)ein interessanter Standpunkt.
Werter Nightwatch:

Zitat:Die Hezbollah ist am 8. Oktober mit dem Beschuss israelischer Ortschaften in den Krieg eingetreten.

Israel hat schon vor dem 7 Oktober und auch schon letztes Jahr und das Jahr davor usw. Ziele im Libanon und in Syrien angegriffen welche man zur Hisbollah rechnen muss. Die Sache ging im Norden ja keineswegs am 8 Oktober einfach so los. Das hat eine Vorlaufzeit die Jahre zurück reicht und es reicht mit den ständigen völkerrechtswidrigen Angriffen Israels auf Syrien auch über den Libanon hinaus. Es hat ja schon seinen Grund, warum Israel sich grundsätzlich nie zu diesen Angriffen bekannt hat.

Das ist also keine Sache die im Oktober 2023 anfing, sondern die ab da dann halt erst Fahrt aufnahm.

Allgemein:

Wobei vielen das Ausmaß der gegenseitigen Angriffe gar nicht klar ist. Seit Oktober 2023 gab es allein um die 8000 Artillerieangriffe von Israel in den Libanon hinein und umgekehrt 1000 aus dem Libanon nach Israel hinein, und dass sind nur Boden-Boden Angriffe und alles was Israel da aus der Luft attackiert hat noch gar nicht inkludiert.

Aktuell schlagen die Israelis für jeden Angriff der Hisbollah im Libanon ungefähr 10 mal so oft zu. Bei einem Verhältnis von 1 zu 10 ist das natürlich nur eine völlig verhältnismäßige Selbstverteidigung ......

Man könnte desweiteren darauf verweisen, dass die Hisbollah im November 2023 bereits einen Waffenstillstand anbot und diesen dann auch einhielt, worauf auch Israel seine Angriffe deutlich reduzierte. Aber schon am 1 Dezember griff Israel dann schon wieder etliche Ziele im Libanon an, und dem folgend schlug die Hisbollah zurück, als Reaktion darauf. Und entsprechend eskalierte wieder alles vor sich und lief aus dem Ruder.

Man hätte von israelischer Seite im November 2023 durchaus die Chance gehabt, die Lage an der Nordfront zu beruhigen, aber Israel hat hier gezielt erneut die Eskalation gesucht, und umgekehrt steht die Hisbollah Führung unter sehr starkem Druck von unten wie auch von ihren Partnern ebenfalls möglichst aktiv zu sein. Entsprechend würde ich die Schuld hier nicht einer Seite zusprechen, zweifelsohne ist das eine dialektische Entwicklung die in weiten Teilen gar nicht gesteuert werden kann, aber: es ist eben auch nicht so, dass hier die Hisbollah allein schuldig wäre und dass sie einen Angriffskrieg gegen Israel begonnen hätte, dass lässt sich meiner Ansicht nach nicht so einfach festlegen, wenn es auch durchaus so einfach behauptet wird. Und natürlich muss es von Israel so behauptet werden, anders wäre es ja nicht verkaufbar gegenüber den lieben Partnern Israels.

Spezifisch noch in Bezug auf die Attacke: jeder militärische Angriff (bezeichnen wir dieses Geschehen mal als solchen und ordnen ihn so ein) ist völkerrechtlich nur legal, wenn der militärische Nutzen nicht mit einem Übermaß an zivilen Verlusten erkauft wird, diese bewusst so weit machbar geschont werden und eine gewisse Verhältnismäßigkeit bei den zivilen Verlusten eingehalten wird.

Nun schreiben alle leichtfertig und übereinstimmend, dass der Angriff ja fast nur Hisbollah Anhänger getroffen habe, und hoch präzise war und kaum Kollateralschäden hatte usw usf. Das finde ich faszinierend, denn vom aktuellen Informationsstand kann man das noch gar nicht sagen. Dennoch wird der Angriff einseitig pro-israelisch als völkerrechtskonform dargestellt, weil er ja ach so präzise gewesen sein soll. Möglich, aber nicht erwiesen. Man wird erst abwarten müssen, wie sich die Sache tatsächlich darstellt. Rein persönlich kann ich mir nicht vorstellen, dass eine solche Operation derart sauber und präzise abgelaufen sein soll, dass ist meiner Meinung nach gar nicht machbar (technisch wie operativ).

Von daher halte ich es für verfrüht hier den Israelis rein rechtlich sofort einen derartigen Persilschein auszustellen, wie das zu viele meiner Meinung nach jetzt tun.

Das die ganze Aktion rein fachlich, militärisch und in ihrer Zielsetzung brilliant und äußerst nützlich war, ist davon natürlich völlig unabhängig zu betrachten. Die gegenseitige Rechtlosigkeit und die sich daraus ergebende dialektische Eskalation wird aber dessen ungeachtet genau dazu führen, was hier KheibarShekan zurecht als Freiwild jagt Freiwild bezeichnet hat. Schlussendlich wird es mit der Zeit weltweit überall Angriffe gegen jede Art von jüdischem Leben geben bis dieses überall nur noch in Gated Communities führbar sein wird, die ständig von außen attackiert werden. Man kann nun wie die üblichen Apologeten Israelis sich bequem zurücklehne und mit maximalsten Fatalismus erklären, dass dies so oder so kommen wird und muss und daher nichts eine Rolle spielt, aber es ist stattdessen exakt dieser moralische Nihilismus, welcher diese ganze Entwicklung überhaupt erst herbei geführt hat und sie immer weiter befeuert.