Inkompetenz bedarf nicht einmal der Rache, auch wenn solche Emotionen natürlich oft ein wesentlicher Grund für das eigene Versagen sind.
Kriegsführung sollte stattdessen einer rein maschinellen, mechanistischen, nicht-menschlichen Logik folgen.
Werter Nightwatch:
Zitat:Der Auftrag lautet den Feind zu bekämpfen. Die 162. erfüllt in Jabalya diesen Auftrag.
Bezeichnend dass du hier nicht mal von der Hamas sprichst als konkretem Feind, sondern nur unkonkret vom Feind im allgemeinen.
Den "Feind" zu bekämpfen ist aber kein Selbstzweck und darf auch kein Selbstzweck sein und es auch nicht werden. Nun postulierst du im Endeffekt eine Art magisches Denken:
Zitat:Die (recht erfoglreiche) Bekämpfung des Feindes führt dazu, dass sich die Gesamtsituation für den Feind weiter verschlechtet und er (minimal gesehen) in den laufenden Verhandlungen weitere Zugeständnisse wird machen müssen bzw. (maximal) zerschlagen wird.
Wenn dies das Ziel wäre, so stellt sich die Frage, warum Israel mit all seiner Militärmacht derart wenig erfolgreich gegen die Hamas ist (im Verhältnis zu den eingesetzten Mitteln, dem Zeitaufwand und dem sonstigen Aufwand einschließlich des politischen Flurschadens und der noch gar nicht kalkulierbaren Fernwirkungen).
Die Idee den Feind zu bekämpfen damit der Feind schwächer wird, bis er irgendwann einknicken muss, war die gleiche Idee welche die USA in Vietnam verfolgt haben. Die Israelis haben aber nicht mal ansatzweise aktuell das Niveau das selbst die USA dort hatten, sondern es wird einfach vor sich hin gekämpft, ohne Sinn, ohne Zweck und ohne Verstand.
Während man intentional zugleich die Hamas als Organisation in der Zivilbevölkerung weiterbestehen lässt und dies mit voller Absicht. Von wegen maximale Zerschlagung, dass ich nicht lache.
Wenn man eine solche Stadt-Guerilla tatsächlich maximal zerschlagen will, dann ist die zivile Organisation dieser Guerilla das primäre und wichtigste Ziel. Demgegenüber ist die militärische Organisation sogar weniger relevant.
Israel dreht dies nun genau um, kämpft sinnfrei gegen die irrelevanten Überreste der militärischen Organisation, lässt aber eben genau jene klandestine zivile Organisation nicht nur in Ruhe, sondern ermöglicht dieser intentional die Palästinenser weiter zu unterdrücken und die Kontrolle aufrecht zu erhalten.
Das Gestümper in Gaza als erfolgreiche Bekämpfung des Feindes darzustellen entbehrt nicht einer gewissen Verkennung der Umstände. Angesichts der eingesetzten Mittel, der aufgewendeten Zeit und der eigenen Möglichkeiten ist der Erfolg im Verhältnis um gesamten Regieaufwand nicht sonderlich überzeugend.
Aber wie schon geschrieben: meiner Ansicht nach soll er auch gar nicht zu groß sein, damit man sich daraus ergebenden Umstände für sich strategisch nutzen kann.
Zitat:Der Krieg befindet sich aktuell nicht in einem Moment in dem entscheidende strategische Weichen gestellt werden.
Was für ein Krieg ? Das abschlachten von Wehrlosen ist kaum als Krieg zu bezeichnen. Das Geschehen in Gaza ist aktuell eigentlich unterhalb eines ernsthaften militärischen Horizontes.
Aber genau deswegen, weil man den Feind bereits dermaßen abgenutzt hat, genau deshalb ist dieser Konflikt aktuell an der entscheidenden strategischen Weiche angelangt. Exakt das ist jetzt der Moment wo die israelische Strategie - wenn Israel denn überhaupt eine hat - die entscheidende Weiche nimmt.
Tatsächlich aber glaubt Israel, so mein sich zunehmend verfestigender Eindruck - das die Gunst der Stunde und der aktuellen Umstände es ihnen ermöglicht vollständig andere Ziele real werden zu lassen.
Und das halte ich für Hybris. Und Hybris ist aktuell der wesentlichste Vorwurf welchen ich Israel in diesem Kontext mache. Es springen ja schon die ersten rum die da quäken, der 7 Oktober sei in Wahrheit ein Gottesgeschenk weil man dem folgend endlich zuschlagen konnte und nun gewonnen hätte.
Israel verkennt die Fernwirkungen seiner aktuellen Handlungen, welche sich als schwerwiegender strategischer Fehler heraus stellen werden.
Das heißt aber nicht, dass man die Operationen zurückfahren sollte. Im Gegenteil, je mehr Druck desto besser.
Operation ist nicht gleich Operation. Ich stimme dir sogar zu, dass man jetzt, an dieser in Wahrheit entscheidenden Weichenstellung die Operationen intensivieren müsste, aber man benötigt andere Operationen, eine andere Form der Kriegsführung und andere Zielsetzungen.
Den Feind abnutzen ist kein Selbstzweck und magisches Denken dass eine Abnutzung den Feind am Ende vollständig besiegt führen hier auch nicht weiter, insbesondere nicht wenn - wie es aktuell geschieht - Israel bewusst den Feind als Zivilorganisation weiterbestehen lässt, also genau denjenigen Teil welcher besiegt werden muss, wenn dies denn die Zielsetzung wäre.
Umkehrschluss: Israel will die Hamas gar nicht besiegen, die Hamas soll weiter die Palästinenser unterdrücken und weiter ins Verderben führen, bis man den Gazastreifen dann Stück für Stück ethnisch säubern und mit Juden besiedeln kann. Auf nichts anderes läuft das hinaus.
Nun kann dann zwar jubilierend erklären, man habe ja schließlich am Ende doch noch gewonnen, aber die ethnische Säuberung und Besiedelung von Gaza ist in Wahrheit auf der strategischen Ebene kein Sieg, ganz im Gegenteil.
Broensen:
Zitat:Mir erscheint es so, als hättet ihr da beider Recht. Quintus mit Blick auf die politische Führung und Nightwatch bezüglich der militärisch Handelnden.
Die taktische Ebene ist irrelevant wenn die Strategie darüber nicht stimmt oder nicht vorhanden ist. Es spielt dann gar keine Rolle, wie brilliant irgendein Bataillon operiert, oder wie hervorragend die Soldaten kämpfen oder was weiß ich nicht alles. Stimmt die Strategie darüber dermaßen nicht wie das hier der Fall ist, entwertet dies jedweden taktischen Erfolg.
Ein allgemeiner Auftrag im Sinne von: so gehet hin und kämpfet und kämpfet immer weiter ist daher das schlechtestmögliche, der schlechteste und vor allem langsamste Weg zum Ziel. Armeen sollten in jedem Krieg so kurz wie möglich kämpfen. Kriege sind immer zeitkritisch.
Und entsprechend ist diese Art der israelischen Offensiv-Verzögerung entweder nichts anders als Unfähigkeit oder Böswilligkeit oder beides. Weil sie entweder völlig sinnfrei ist, oder andersherum einen perfiden Plan verfolgt, also eine völlig andere politische Agenda. Deshalb schrieb ich von einer geheimen Agenda.
Oder die Israelis sind einfach nur Stümper auf der stragischen Ebene.