15.09.2023, 11:13
(14.09.2023, 14:29)Broensen schrieb: [ -> ]Vorweg: Ich habe mich komplett vom Bestand gelöst und bin nur über die Aufgaben herangegangen, davon ausgehend, dass gar keine Hubschrauber vorhanden wären und habe dann nur überprüft, inwieweit die aktuellen Muster diesen Anforderungen entsprechen oder eben nicht.
Meine Kommentare gingen zwar von der real existierenden Bundeswehr aus, inhaltlich macht das aber keinen Unterschied und deine Aussagen bleiben für mich weiterhin nicht nachvollziehbar, auch nicht durch Wiederholung. Konkret also:
Zitat:Aber wenn ich nur von den zu verteilenden Aufgaben her denke, dann halte ihn nicht unbedingt für den besten Kompromiss, weil er mir als für viele Aufgaben zu leistungsschwach erscheint, während andere Aufgaben auch von günstigeren Mustern zu erledigen sind. Daher sehe ich halt eher eine Flotte aus 125/135 sowie 155/160 für eine sinnvollere Aufteilung, als die aktuelle Version mit 135+145.
"Viele Aufgaben", "andere Aufgaben", damit beschreibst du doch keinen bestimmten Hubschraubertyp (denn alle sind davon betroffen, abgesehen von den Enden des technischen Spektrums, und die sind mit den genannten Mustern nicht erreicht), sondern den grundsätzlichen Nachteil einer Kompromisslösung. Wenn es um eine solche Typenreduktion geht, dann muss der Umstand in Kauf genommen werden, um von den Vorteilen einer geringen Vielfalt zu profitieren.
Damit könnte sich die Frage ergeben, nach welchen Kriterien man das vermeintliche Optimum festlegt? Wir haben eine Reihe von Aufgaben, die erledigt werden müssen, sind die für die Bewertung jeweils gleichwertig? Dann wäre das Muster im Vorteil, dass eine maximale Flexibilität bietet und daher vieles gut erledigen kann. Sollen sie nicht gleichwertig sein, weil bestimmte Aufgaben wichtiger sind, sei es qualitativ oder quantitativ? Dann wäre ein Hubschraubertyp im Vorteil, der für diese bestimmte Aufgabe sehr gut geeignet ist, und die anderen zumindest erfüllen kann.
Ich halte vorher aber noch eine andere Frage für sinnvoll, nämlich wie soll der Betrieb der Hubschrauber organisiert werden und welchen Einfluss hat das auf die grundsätzliche Typenauswahl? Um da ein konkretes Beispiel zu nennen, bei einem zentral organisierten Ausbildungsbetrieb mit einer zum Teil gemieteten, zivil betriebenen Flotte ist die Typenwahl abgesehen von Schulungserfordernissen weitgehend unerheblich. Anders sieht es aus, wenn es um die gleiche Nutzerbasis oder sogar integrierte Einheiten geht, bei denen der Betrieb völlig innerhalb der Streitkräfte stattfindet. Und dazwischen gibt es verschiedene Abstufungen. Als Beispiel dafür sei der SAR-Dienst genannt, der nicht nur unterschiedlich bei Marine und Heer aufgestellt ist, sondern der jeweils auch unterschiedliche Anknüpfungen an die Bundeswehr und zivile Dienststellen besitzt, die insbesondere im Kriegsfall berücksichtigt werden sollten. Sofern man sich von dem konkreten Ist-Zustand lösen möchte um eine Neuaufstellung der Drehflügler vorzunehmen, reicht noch nicht einmal die von mir geforderte aufgabenorientierte Betrachtung, sondern man muss darüber hinaus die Betriebsorganisation festlegen. Und am allerschlimmsten, man muss das integriert machen, damit es überhaupt Sinn ergibt, weil der Betrieb natürlich von den Anforderungen und damit auch wieder von den Mustern abhängt. Viel Spaß damit.
Das lässt sich hinsichtlich der Komplexität natürlich noch beliebig steigern, und wenn es nicht nur um die die Zusammenstellung einer Liste von Lieblingsmodellen geht, ist das vermutlich gar nicht verkehrt. Wenn ich ausgehend von den genannten Aufgaben, und bei diesen Stimme ich dir zu, auf die jeweils sinnvollen, weniger sinnvollen und eher untauglichen Typen schaue, dann steht für mich fest, dass eine Kombination von nur zwei Mustern (in diesem Leistungs-/Aufgabenbereich unterhalb des NH90) in meinen Augen schwierig zu realisieren wird. Und auch, dass ein Muster wie der H145 (nicht unbedingt dieser, sondern diese Leistungskategorie) zwar kein zwingender Baustein sein muss, aber ein durchaus sehr sinnvoller sein kann. Nicht umsonst ist das militärische Interesse an dieser Klasse von Hubschraubern hoch, aufgrund der Kombination aus einer Leistungsfähigkeit, die hoch genug auch für technisch aufwändigere Aufgaben ist, und vergleichsweise noch geringen Kosten. Die sind bei größeren Mustern deutlich höher, während bei kleineren Muster die heute übliche technische Ausstattung zu deutlicheren Leistungsdefiziten führt.
Zitat:Das habe ich auch nicht damit gemeint, das war wohl missverständlich formuliert. Im Gegenteil halte ich den NH90 bei der Marine für sinnvoller als beim Heer. Ich wollte an der Stelle darauf hinaus, dass auch die Marine eigentlich zwei Leistungsklassen benötigen würde, nämlich einen kleinen wie den H160 und einen größeren, der u.a. für Versorgungsaufgaben mehr Nutzlast und Volumen erfordert. Will man aber unbedingt hier eine 1-Muster-Flotte betreiben, dann ist der NH90 schon die richtige Wahl.
Die Marine bräuchte aktuell zwei Leistungsklassen aufgrund der real existierenden Umstände (hohe Flugstundenkosten des NH90, Größenbeschränkung F123), aber nicht losgelöst von diesen bezogen auf eine Neuaufstellung. Unterschiedliche Rüststände, klar, aber unterschiedliche Typen? Wofür genau? Abgesehen von der Grundausbildung, die dezentralisiert durchaus Sinn ergibt, ist die Marine in meinen Augen prädestiniert für eine Ein-Muster-Flotte. Vielleicht kannst du deine Ansicht dazu noch mal etwas genauer ausführen.
Zitat:Aber genau das tue ich ja. Ich gehe von geringeren Lasten aus, weil ich die Luftmechanisierung anders bewerte, weswegen ich von deutlich weniger großen Einzellasten ausgehe und die Vorteile einer größeren Stückzahl höher werte als die Nachteile durch die geringere Lastkapazität pro Flug.
Ich meine mit meiner Aussage, dass wir hier über ein Leistungsniveau sprechen, dass Muster der Kategorie NH90 liefern können. Dann könnte man theoretisch von "extrem hohen" Kosten im Vergleich sprechen. Du hingegen willst aber ein signifikant über die Kategorie NH90 (und auch H225 und AW101) hinausgehendes Leistungsniveau erreichen, und gleichzeitig Kosten sparen, um nicht auf die "extrem" teuren STH angewiesen zu sein. Das ist für mich nicht nachvollziehbar, ich sehe es eher als Quadratur des Kreises.
In meinen Augen richtest du bei deiner Betrachtung der Leistungsklassen den Fokus auch zu sehr auf die maximale Zuladung. Sie spielt natürlich eine konkrete Rolle und dient der Kategorisierung, es geht aber bei allen Luftfahrtzeugen und insbesondere bei Hubschrauber aber immer um den Kompromiss verschiedener Parameter innerhalb des Flugleistungsbereichs. Und so steht die Zuladung nicht für sich alleine, sondern immer im Zusammenhang mit anderen Leistungen, also der erzielbaren Reichweite, den Umweltbedingungen, der notwendigen Mobilität, usw..
Die Aufgabenstellung eines solchen Musters hast du bisher nicht weiter ausgeführt, aber zumindest ein paar Rahmendaten geliefert:
(...) zum einen weil er für die Fallschirmjägerdoktrin gebraucht wird und zum anderen, weil dem NH90 für einige Aufgaben die Leistungsfähigkeit fehlt. Da ich die Fallschirmjägerdoktrin für überarbeitungsbedürftig erachte, zählt für mich also nur der zweite Grund als Rechtfertigung für die STH-Beschaffung. Dementsprechend wird die Größe von CH47/53 mMn nicht in dem Maße benötigt und ein leistungsstarkes Muster mit den genannten 6-7 oder auch 8 Tonnen Nutzlast in ausreichender Stückzahl wäre in meinen Augen die bessere Lösung als die Kombination von NH90 und STH.
In Ordnung, losgelöst vom vorhandenen lässt sich darüber diskutieren. Aber was für "einige Aufgaben" sind es dann konkret, um die es geht? Deine Maximalnutzlast beschreibt eine Leistungsklasse, sagt aber nichts über die konkreten Anforderungen an einen solchen Typ aus. Denn wenn du tatsächlich sechs oder sieben oder acht Tonnen operativ sinnvoll transportieren musst oder möchtest, brauchst du einen deutlich leistungsfähigeren Hubschrauber - damit sind wir wieder im STH-Bereich.
Interessant ist in dem Zusammenhang, dass der CH-47F in der Block-I-Version von den US-Streitkräften mit einer regulären Zuladung von 7,3 Tonnen geführt wird (16.000 lb), weil Werte darüber zwar möglich sind, aber die sonstigen Einsatzparameter deutlich reduzieren und somit die geforderte Reichweite in einem normalen Umweltbereich nicht mehr erzielt werden kann.
Großbritannien hat übrigens vor zwanzig Jahren gegen die ausdrücklichen Empfehlungen der Streitkräfte den AW101 als Transporthubschrauber durchgesetzt und sich damit gegen eine reine Chinook-Flotte ausgesprochen, eine Entscheidung, die dann ein Jahrzehnt später wieder revidiert wurde, weil sich die erhofften ökonomischen Vorteile schlicht aufgrund der militärischen Anforderungen nicht einstellten. Bei gleichen Zuladungen war der AW101 nicht günstiger, konnte gleichzeitig aber die in Ausnahmefällen notwendigen höheren Leistungen ebenfalls nicht erbringen. Das soll kein Argument sein, sondern nur darauf hinweisen, dass man die Situation differenzierter betrachten muss.
Technisch betrachtet geht dein Grundgedanke hinsichtlich eines signifikant über dem NH90 liegenden Standardtransporthubschraubers dann doch hin zu einer STH-Flotte, auch wenn du explizit gegen eine solche argumentierst (warum auch immer, es sind nur Begriffe, und dein "Super-AW101" könnte genauso auch ein Chinook sein). Das kann man durchaus machen (siehe Niederlande), ich habe so etwas durchaus auch selbst schon in Betracht gezogen (wenn ich mich nicht täusche, müsste im Strang Luftmechanisierung etwas dazu stehen), ob es wirklich eine gute Lösung wäre, sei dahingestellt. In Belgien will man diesen Weg aktuell gehen, und die vorhandenen vier NH90 gegen eine kleine Zahl schwerer Hubschrauber (vermutlich Chinook) und einer größere Zahl leichteren Hubschraubern (vermutlich H145M) ersetzen.
Zitat:Die aktuelle CH53 hat auch deutlich mehr Nutzlast als unsere alten
Der aktuelle CH-53K hat mit den früheren Modellen außer dem Namen nichts mehr gemein, und letzteres hatte vor allem politische Gründe, weil man in den USA durch Vortäuschen einer Weiter- statt Neuentwicklung leichter die politische Zustimmung erhält.
Zitat:Da bin ich ganz bei dir. Ich gehöre nicht zu denen, die den NH90 abschaffen wollen. Ich bin nur der Ansicht, dass sein Nachfolger einen anderen Zuschnitt erhalten sollte. Er sollte bewusst größer und leistungsfähiger ausgelegt werden, während darunter ein kleinerer Allrounder in der H160M-Klasse vorzusehen wäre, der durchaus auch schon parallel eingeführt werden kann.
Gegen eine Anpassung von Größe und Leistungsfähigkeit gibt es nichts auszusetzen (auch wenn man als Einheitsentwicklung die Marinebedürfnisse nicht aus den Augen verlieren sollte), und die Ergänzung durch ein kleineres Modell kann Sinn ergeben. Aber ich teile nicht die Dimensionen, in die du hier vorstoßen willst. Meiner Ansicht nach ist das der falsche Ansatz, auch und gerade mit Blick auf eine möglich Kampfhubschrauberentwicklung.
(14.09.2023, 14:29)Bairbus schrieb: [ -> ]Einspruch, Euer Ehren.
Damit hast Du Deine eigenen Argumente bezüglich weiterer Rollen der AW159 demontiert...
Das musst du mir bitte erklären, was ich mit welcher Argumentation genau demontiert haben sollte.
(14.09.2023, 17:23)HeiligerHai schrieb: [ -> ]Die Briten haben mal versucht den beim Heer einzuführen - und haben es nach 2(??) Jahren gelassen ig.
U.a. weil er hohe Flugkosten verursacht (3 Turbinen) und dabei keine STH Fertigkeiten mitbringt. Außerdem wird gemunkelt, dass er ansonsten auch nicht allzu zuverlässig war - das ist aber ein Gemunkel der brit. Militär Bubble.
Aber warum sollte man auch einen Heli beschaffen, der bei Anschaffung und Unterhalt an einen STH rankommt, wenn er gänzlich schlechter performt?
Von einer Einführung des AW101 bei der British Army habe ich bisher nichts gehört, zumindest hinsichtlich der Flugleistungen wäre das auch untypisch, insbesondere aufgrund des Verweises auf die STH-Fähigkeiten. Der Hubschrauber wurde für die Transportbedürfnisse des Heeres bei der Royal Air Force genutzt, dort war man von Anfang an nicht glücklich mit der Entscheidung, immerhin hat man aber über ein Jahrzehnt daran festgehalten. Die Zuverlässigkeitsprobleme waren keine Gerüchte, die operative Verfügbarkeitsrate lag selten über 50%, aufgrund des britischen Systems ist das ein ziemlich schlechter Wert (der allerdings nur bedingt vom Typ abhängig ist, Großbritannien hatte da in der Vergangenheit wie so viele Länder einige Probleme mit der Organisation der Ersatzteilversorgung, etc.). Das Muster war von Anfang an als schwerer Marinehubschrauber konzipiert und dafür optimiert, an den Verkäufen merkt man das noch immer. Wäre der Kalte Krieg nicht zu Ende gegangen, hätten hunderte davon produziert werden können. Als Transporthubschrauber der Landstreitkräfte konnte er sich hingegen nicht durchsetzen, er liegt da augenscheinlich genau in einem Leistungsbereich, der wenig gefragt ist.
Ergänzt:
(15.09.2023, 09:55)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Warum verwenden eigentlich die Italiener NH-90 wie auch AW101 für diese Rolle nebeneinander? Wurden dazu schon mal Gründe genannt?
Der AW101 war zuerst da und wurde primär für den Einsatz von den Trägern beschafft. Das hat dort den Vorteil, dass man eine typenreine Hubschrauberflotte betreiben kann (die italienische Marine nutzt neben der Transportversion auch noch eine AEW-Version). Für die Fregatten/Zerstörer ist er aber zu groß, insbesondere wenn es um die Einschiffung von zwei Hubschraubern geht. Mit dem NH90 bekommt man ein im wesentlichen gleiches bzw. hinreichend ähnliches Leistungspaket in einem kleineren Hubschrauber, aus dem Grund nutzt man diesen als Standardhubschrauber.
Zitat:Und er ist zwar teurer im Vergleich zu mittleren Hubschraubern, aber wiederum deutlich günstiger als ein STH.
Letzteres ist er tatsächlich nicht, das haben die Briten im Parallelbetrieb von AW101 und CH-47 doch recht eindeutig festgestellt.
Zitat:Vergleichen wir doch mal den AW101 mit dem CH47F
Ich habe mir deine Daten angeschaut, für mich ist das wenigste davon nachvollziehbar.