22.09.2007, 13:24
Zitat:ERMITTLUNGEN GEGEN BLACKWATER
US-Söldner sollen Waffen in den Irak geschmuggelt haben
Erst vor wenigen Tagen entzog die irakische Regierung der Sölnder-Firma Blackwater die Lizenz, weil Angestellte Zivilisten getötet hatten. Jetzt naht der nächste Skandal: Blackwater wird des Waffenschmuggels verdächtigt.
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Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,...18,00.html
@ Turin
Es reicht wohl kaum einfach nur zu sagen, dass die Verwaltungsstrukturen komplex und ungeordnet, die rechtlichen Vorschriften widersprüchlich, die rechtlichen Kapazitäten ungenügend und befangen und die allgemeine Sicherheitslage zu verworren sei um dann damit den Status quo zu rechtfertigen.
Die Problemlage ist durchaus bekannt. Nur man wußte eben auch schon 2004, dass der Irak auseinanderfallen könnte und die Sicherheitslage problematisch ist und dennoch kocht dieser Diskurs immer wieder neu auf in den Medien und in den politisch verantwortlichen Zirkeln. Mit dem Problem der PMFs sieht es eben nicht anders aus.
Und so sollte es auch nicht verwundern, dass dieser spektakuläre Vorfall mit den 11 Toten als Auslöser, als Anlaß genommen wird von irakischer Seite ein schon lange bekanntes Problem neu zu thematisieren. Vielleicht will man da auch nach viel amerikanischem Druck auf die Regierung al-Maliki nun den Spieß mal umdrehen und die Amerikaner politisch attackien.
All diese Punkte sind nun weder neu, noch unbekannt. Dass hinter diesen Companys bestimmte Interessen stecken, die oft enge Bindungen an sensible und wichtige Punkte des amerikanischen Militärindustriellen Komplexes haben, muss ich hier gerade dir nicht sagen und dass eben oft dahinter ehemalige Militära mit guten Verbindungen stehen und hier wirtschaftlichen Profit machen wollen. Und dass diese Verbinungen auch politisch weit gehen, ist auch bekannt, man denke an die guten alten Halliburton-Geschichten.
Aber: Diese Beschreibung des Status quo ist an sich keine ausreichende Problematisierung. Es gibt immer irgendwelche Interessen, die sich quer stellen, immer wirtschaftlicher Profitgier, die sich mit politischen Zwecklösungen verbinden und Alternativen erschweren. Aber dafür gint es doch die Politik und den Staat und die Demokratie um solch elitäre Verwicklungen kritisch anzugehen und sie auch andersartigen Lösungen zuzuführen!
All diese Dinge sind aber weder Gott gegeben, noch natürlich die einzige Variante. In diesem Punkt sollte man mal solch sozialtechnologische und machtpolitische Friktionen nicht als unwiderlegbar und unzerstörbar ansehen, sondern als von Menschen gemachte Regelungen, die auch anders möglich sind.
Daher: Die Amerikaner stehen so oder so schlecht da im Irak. Andererseits ist es in der heutigen Situation kaum förderlich, wenn diese Sicherheitsfirmen nicht unter irakisches Recht fallen, obwohl sie private Akteure sind und daher zwingend einem rechtlichen Rahmen unterliegen müssen. Es ist doch geradezu lächerlich, wenn die Amerikaner einerseits den Irakern den Rechtsstaat bringen wollen und sie nicht zu Unrecht kritiseren, in welch jämmerlichen Zustand ihre Judikative ist, andererseits aber selbst noch 2004 der irakischen Übergangsregieurng eine Regelung aufdrücken, die diese Firmen praktisch im rechtsfreien Raum operieren lassen! Einerseits will man Recht und Gesetz haben, andererseits sorgt man selbst dafür, dass bewaffnete Söldner im rechtsfreien Rahmen operieren dürfen. Selbst der Tod irakischer Sicherheitsbeamte blieb ohne Folgen und Konsequenzen. Da muss man diesen Privatarmeen letztlich denselben Status konzedieren wie den übrigen Milizen irakischer und dschihadistisch-internationaler Provenienz. Und da diese Privatarmeen auch noch keiner Übersicht untergeordnet sind, weder irakisch noch amerikanisch, sind sie de-facto auch nichts anderes als weitere, gut ausgebildete Privatmilizen. Dass die Iraker dies mal thematisieren, sollte da wirklich kaum überraschen. Und da hilft auch kaum der Verweis, dass die irakischen Behörden sich teilweise auch selbst schützen lassen. Diese Inkonsistenzen sind für einen komplexen Konfliktherd wie den Irak Normalität - die Paradoxie wird zur logischen Grundlage. Nicht umsonst sind die Amerikaner ja gegen die ganzen Militzen und Privatarmeen, nutzen aber selbst eigene private Sicherheitsarmeen ohne weitere Kontrolle und rüsten nun sogar selbst sunnitische Milizen lokal auf - gleichsam um Milizen nun loszuwerden indem man andere Milizen aufrüstet.
Da reicht wohl kaum einfach der Hinweis, dass diese Sicherheistdienste notwendig sind, sich ja gar nicht so schlecht benehmen (was ich auch mal in Zweifel ziehen will) und wichtige Interessen dahinter stecken.
Zum einen: Die amerikanische Unfähigkeit diesem Aufstand Herr zu werden, der oft schlechte Umgang der Truppen ist nämlich an sich schon Problem genug. Dass da entsprechende Vergehen nicht entsprechend geahndet werden, ist auch schon problematisch genug und macht die Konfliktdeeskalation noch schwerer. Dass nun da aber auch noch solche Privatsöldner genauso umherziehen ohne weitergehende Kontrolle, macht die ganze Lage noch um einiges schwieriger! Und das letztere wird definitiv nicht durch das erstere entschuldigt, im Gegenteil, die Probleme akkumulieren sich und vertiefen sich.
Wenn die Amerikaner es ernst meinen würden mit einer Pazifizierung, dann müssten nicht nur die irakischen Milizen unter Kontrolle gebracht werden, sondern auch die privaten Sicherheitsfirmen einer eingehenderen amerikanisch-irakischen Kontrolle unterzogen werden. Und entsprechender Schußwaffengebrauch mit Todesfolge von Zivilisten gehört untersucht und bestraft. Das Nicht-erfolgen hat entsprechende katastrophale psychologische und politische Folgen auf die irakische Zivilbevölkerung, Demagogen wie Al-Sadr haben hier beste Munition gegen die "brutalen Besatzer". Sowas kann man sich einfach nicht erlauben politisch, wenn man die Sache im Irak ernst meinen würde. Ich will gar nicht mal verneinen, dass viele Firmen ihre Arbeit gut und gewissenhaft machen. Aber es sind die schwarzen, unüberwachten Schafe, die mit wie berichtet Hunderten von Vorfällen das Pulverfass Irak weiter anheizen und explosiv mit halten. Diese Problemdimension übersiehst du völlig und die Amerikaner ebenso und ich finde, man kann da entsprechende Kritik nicht einfach so mit dem Hinweis auf ein paar nette Friktionen einfach so wegwischen.
Mit solchen Widersprüchen sind die Amerikaner nicht zu selten politisch wie psychologisch und in der PR-Wirkung einfach nur baden gegangen.