Helios:
Zitat:Das ist ein legitimer Standpunkt, mir fehlt nur eine dahinter stehende Argumentation, die mehr bietet als gerade zu populistisch anmutende Aussagen wie "Stealth-Kampfflugzeuge sind wichtiger als Kampfhubschrauber"
Wir hatten das ja schon hier öfter und ausführlichst: ich bin der Überzeugung, dass eine Streitkraft von einem gewissen Fundament aus aufgebaut werden muss. Man benötigt bestimmte wesentliche Fähigkeiten, und kann diese dann je nach den Mitteln und Umständen um weitere Fähigkeiten ergänzen. Dabei kommt man dann in Bereiche, in denen man Systeme verwendet, die für die Kriegsfähigkeit insgesamt nicht mehr zwingend notwendig sind, während das Fundament die Fähigkeiten sind, welche zwingend notwendig sind. Dies setzt sich dann vom Prinzip her so immer weiter fort, bis man schließlich bei Systemen wie Kampfhubschraubern ganz am anderen Ende und am weitesten vom Fundament entfernt landet. Gut wenn man sie sich leisten kann, schlecht jedoch, wenn die überhohen Kosten dieser Systeme dazu führen, dass dadurch das Fundament geschwächt wird.
Nun kam / kommt an dieser Stelle dann immer das Gegenargument, dass wir ja den Krieg nicht alleine führen, im Bündnis kämpfen, anderen Nationen Fähigkeiten zur Verfügung stellen usw usf. Und dass es daher doch Sinn machen könnte, wenn beispielsweise Polen mehr Panzer-Bataillone mit schweren Kampfpanzern vorhält und wir eben Kampfhubschrauber welche diese dann unterstützen können etc. Diese Betrachtung halte ich jedoch für ebenso fehlerhaft, denn auch insgesamt, auf die Streitkraft eines Bündnisses gesehen gibt es viele sehr viel wesentlichere Fähigkeiten und selbst von den Unterstützungsaufgaben her gibt es viele wesentlichere Fähigkeiten welche wir für Verbündete stellen könnten und sollten und die ebenso mehr Mittel schlucken.
Schlussendlich sind dezidierte Kampfhubschrauber ein System, welches für mich das äußerste Ende des Daches darstellt, eine Zier und Verlängerung irgendwelcher Überstände, die nett anzusehen ist, aber ohne Belang für die Funktion des Hauses an sich. Dieses darf aber nicht auf einem zu schwachen und damit nicht tragfähigen Fundament und Grundgerüst aufgebaut sein und das ist meiner Wahrnehmung nach der Fall. Und damit ist jede zusätzliche Zier abseits dieses Grundgerüstes eine Mittelverschwendung und schwächt damit insgesamt die Kriegsfähigkeit, denn die Mittel sind sehr beschränkt, dass wird sich nicht ändern (siehe Zeitenwende) und die Strukturen und Prozesse sind höchstgradig ineffizient und fragwürdig und auch dies ändert sich zu langsam und insgesamt betrachtet - selbst in Bezug auf ein Bündnis betrachtet - liefern dezidierte Kampfhubschrauber schlicht und einfach weniger Kampfkraft als sie durch die Mittel welche sie Kosten an anderer Stelle beseitigen. So sinkt insgesamt die Kampfkraft ungeachtet der Frage ob der Kampfhubschrauber für sich allein als System eine hohe Kampfkraft hat oder nicht.
Zitat:Damit Kampfflugzeuge überhaupt die Aufgaben erfüllen können, sind bestimmte Voraussetzungen notwendig, die zwingend in die Kalkulation einfließen müssen. Dazu gehört etwa der Status der Luftherrschaft genauso wie die zur Verfügung stehenden Aufklärungsmittel und natürlich die Art der Kampfflugzeuge selbst.
Das gilt alles für Kampfhubschrauber ganz genau so oder sogar noch viel mehr. .
Zitat:Zum Beispiel ist die Gefechtsautonomie in den von mir hier erwähnten Aufgabenbereichen tatsächlich bei Kampfflugzeugen deutlich eingeschränkter als bei (vernünftig ausgelegten) Kampfhubschraubern
Das würde ich in dieser Pauschalität so nicht unterschreiben, und du selbst relativierst hier ja gleich mit dem Begriff: vernünftig ausgelegten Kampfhubschraubern. Diese Anteil ihrer Fähigkeiten könnte man aber auch leicht durch Drohnen ersetzen, die man ohnehin benötigt. Ganz allgemein sehe ich Hubschrauber in der Zukunft ohnehin eher im Verbund mit Drohnen agieren, zu deren Lenkung, als Relais und als dezentrale Führungseinheit von Drohnenschwärmen etc
Zitat:Und die Kostenfrage von einer bestehenden Fehlentwicklung in dem Bereich abzuleiten ist in meinen Augen auch nicht zielführend. Um den Tiger geht es hier nicht, und eine Tigernachfolge muss auch als dedizierter Kampfhubschrauber weder "moderner" oder "besser" sein, im Gegenteil würde ich 80% der theoretischen Leistungsfähigkeit des Tigers völlig reichen, wenn dafür die elementaren wirtschaftlichen Kritikpunkte ausgeräumt werden könnten.
Nur weil ein zukünftiger europäischer Kampfhubschrauber rein theoretisch günstiger sein könnte, heißt das nicht, dass man die Warnung welche die Kostenentwicklung beim Tiger in sich trägt ignorieren sollte. Man sollte immer aufgrund buchhalterischer Vorsicht bei solchen Systemen mit massiven Kostenüberschreitungen und ungeplanten Mehrkosten rechnen, und dies auch dann, wenn die Leistung bewusst reduziert wird.
Statt die Kostenfrage bei einem System als eine Fehlentwicklung abzutun, sollte man sie eher als Warnung und als ein Argument gegen Kampfhubschrauber an sich verstehen.
Broensen:
Zitat:Hier geht es ja nicht um die Frage, ob die Beschaffung eines Kampfhubschraubers sinnvoll ist, sondern nur darum, wie dieser ausgestaltet werden sollte.
Ich will es noch mal anders formulieren:
Hier geht es um die Frage eines Tiger Nachfolgers.
Muss der Nachfolger des Tiger denn ein Kampfhubschrauber sein? Warum überhaupt diese Strukturextrapolierung ?
Wir haben einen Kampfhubschrauber, also brauchen wir einen Kampfhubschrauber als Nachfolger, so die allgemeine Logik hier. Genau diese Strukturextrapolierung würde ich durchbrechen. Der Nachfolger des Tiger könnte daher ein vollständig anderer Helikopter sein, der dann auch vollständig anders agiert und wirkt als ein bisheriger konventioneller Kampfhubschrauber.
Und der damit dann eben auch kein Kampfhubschrauber mehr wäre, sondern etwas anderes.
Und genau darauf will ich hinaus: man sollte den Kampfhubschrauber durch einen Nicht-Kampfhubschrauber ablösen, der eine ganz andere Rolle inne hat.
Und auch du widersprichst die eigentlich hier, wenn du zum einen davon schreibst, dass er hier nur um die Frage ginge, wie ein Kampfhubschrauber sein sollte, und als nächstes davon schreibst, dass die primäre Aufgabe dann Aufklärung wäre, womit wir eben hier nicht mehr von einem Kampfhubschrauber sprechen, sondern in Bezug auf deine Aussage von einem Aufklärungshubschrauber etc
Kurz und einfach zusammen gefasst:
Wir brauchen keine Kampfhubschrauber mehr. Diese vorzuhalten schwächt die Gesamtstruktur mehr als es sie stärkt, insgesamt gesehen verliert man damit Kampfkraft.
Der Tiger Nachfolger, so man überhaupt einen Nachfolger will, sollte daher kein Kampfhubschrauber sein.