Man braucht natürlich keine "klassischen", gegen Schützenwaffen leicht gepanzerten, schweren Kampfhubschrauber mit einer Bordkanone um so eine Rakete hoher Reichweite einzusetzen. Das geht auch von anderen Helis aus. Dann müsste man noch bedenken, dass ein Schütze mit einer Fliegerfaust durch den Heli praktisch nicht aufgeklärt werden kann und dass eine solche Hochwert-Rakete auf bloße Fliegerfaustschützen einfach nur eine Verschwendung ist.
Werter Nightwatch:
Zitat:Ganz bestimmt aber negieren werden Drohnenabwehrdrohnen/ Flugabwehrdrohnen, Sperrdrohnen, Luftüberlegenheitsdrohnen und jede moderne FLAK am Boden jede Art bemannter Flugobjekte die im verteidigten Räumen unterwegs sind.
Du gewichtest die Drohnen einfach viel zu hoch. In verteidigten Räumen sind Kampfhubschrauber vor allem auch durch feindliche Kampfflugzeuge, durch feindliche Kampfhubschrauber, durch FlaRak und vieles weitere gefährdet. Nun verstehe ich schon worauf du hinaus willst, nämlich darauf, dass günstigere Systeme die größere Räume sperren können weil sie ebenfalls hochmobil sind die Luftraumverteidigung einfach stark verdichten, so dass die bisher für Kampfhubschrauber wesentlichen Räume mit einer geringen Dichte der Luftraumverteidigung wegfallen und damit die Bewegungsmöglichkeiten in der Offensive.
Schon richtig, aber dieses Primat der Defensive - auch und insbesondere durch Drohnen welche die Defensive vergleichbar dem MG stärken - gilt auch für viele andere Waffensysteme. Durch den technologischen Umbruch wird halt die Defensive gestärkt. Ironischerweise aber sind Kampfhubschrauber abseits von COIN etc. vor allem ein System der Defensive und haben gerade darin schon immer den größeren Wert gehabt. Man konnte sie offensiv einsetzen, aber selbst zu dieser Zeit waren sie in der Defensive stärker. Das Primat der Defensive durch die Veränderungen der Technologie betrifft viele Systeme, von Kampfpanzern bis hin zu Fallschirmjägern.
Nun ist die Idee, vielmehr die Hoffnung, dass man mit Drohnen wieder offensiv werden könnte, aber dem wird meiner Einschätzung nach nicht so sein. Die robotisierte Kriegsführung wird daher analg zum MG / Artilleriegespann im 1WK die Defensive stattdessen immer weiter stärken.
Zitat:Das ist halt das Grundproblem des Kampfhubschraubers: .....so ziemlich jedes Drohnenhardkillsystem wird auch ihm gefährlich. Wir werden in den nächsten Jahren eine eine Renaissance wenn nicht Quantensprung bei SHORAD sehen.
Diese Einschätzung teile ich, dass wird aber erneut die Defensive stärken und noch weiter verdichten. Wenn man aber Kampfhubschrauber ohnehin als ein System ansieht, welches in der Defensive stärker ist als in der Offensive - und das war schon vor den Drohnen so und das war schon von Anfang an so - dann wird diese eigentliche Stärke der Kampfhubschrauber dadurch weniger beeinträchtigt.
Zitat:Ich beschränkt mich in meiner Argumentation auch nicht allein auf Billigdrohnen. Das ist vielleicht das was wir in der Ukraine aktuell hauptsächlich sehen, aber zwischen Billigdohne und Kampfhubschrauber tut sich gerade ein riesiges Segement an affordable/attritable auf, für das man für das investierte Geld (Stückkosten im fünf- und sechsstelligen Bereich) mehr bekommen wird als für das 100 Mio Paket Kampfhubschrauber.
Das ist das eigentliche Problem: die Kosten von Kampfhubschraubern. Dem war aber nicht immer so. In den ersten Jahren kostete ein Apache gerade mal 7 Millionen Dollar, kann man sich heute kaum mehr vorstellen. Heute liegen die Systemkosten bei 52 Millionen Dollar, also immer noch weiter unter den von dir hier in den Raum geworfenen 100 Mio. Nehmen wir einmal an, wir könnten einen neuen Kampfhubschrauber für Systemkosten von um die 25 Mio herstellen, nur mal rein theoretisch, aber ich halte das bei großen Stückzahlen, Bauteilegleichheit mit anderen Helis usw. für machbar ! und nehmen wir ferner an, die von dir angedachte Drohne würde querschnittlich 25.000 kosten, dann könnte man 1000 Drohnen dafür beschaffen. Benötigtes Personal usw. lasse ich mal weg, weil die Drohnen auch viel rückwärtige Dienste binden.
4 Kampfhubschrauber können auf einen Schlag ein Panzer-Bataillone vernichten. Auf der Gegenseite hätte man 4000 Drohnen. Auf den ersten Blick scheint die Sache damit klar. Aber hier und heute haben selbst aufwendigere bessere Drohnen eine Verlustrate von um die 80 % wobei dieser Wert seit einiger Zeit recht konstant ist. Damit kommen noch so ungefähr 800 Drohnen durch. Bei den Raten mit welchen diese Kampfpanzer zerstören (keineswegs zerstört jede solche Drohnen jeweils einen Kampfpanzer, aktuell liegt das gerade mal bei 1/10) kann man dann von ungefähr 80 zerstörten Kampfpanzern ausgehen, dass wären also zwei Bataillone.
Folgt man einer solchen Rechnung, geht diese also zugunsten der Drohne aus. Wenn entsprechende Drohnen also für so günstige (!) Preise produzierbar sind - und davon gehe ich aus, spricht dies durchaus für deine These. Man könnte nun natürlich auch höhere Preise für die Drohnen annehmen bei weiter günstigem Preis für die Kampfhubschrauber, dann kippt die Sache in Richtung Kampfhubschrauber und diese wären sogar besser, oder umgekehrt günstigere für die Drohnen und teurere für die Helis, dann ist die Sache eindeutiger Richtung Drohne.
Aber: 4 Helis nehmen immens viel weniger Raum ein als 4000 Drohnen, benötigen weniger Aufwand um sie im Zielgebiet aufzustellen, zum Einsatz zu bringen usw. sie sind autarker und für sich selbst autonomer und dies auch dann wenn man KI mit einberechnet. Die 4000 Flugkörper müssen ja erstmal transportiert, auf Ziele angesetzt, in den Himmel gebracht werden usw. Man hätte also für gleiche Kosten in den Kampfhubschraubern doch leicht andere Fähigkeiten als mit den Drohnen und ein anderes vorgehen.
Zitat:Wir stehen da erst am Anfang, aber die Möglichkeiten die sich in den Räumen die er Kampfhubschrauber bislang belegt hat auftun sind schier endlos.
Diese Möglichkeiten unterscheiden sich aber dann (bei solchen teureren, aufwendigeren) Drohnen in Wahrheit gar nicht von denen des Kampfhubschraubers. Man erzeugt die gleichen Möglichkeiten die man hier vorher schon in bemannten Systemen hatte nun halt in unbemannten Systemen.
Das ist für jede Offensive absolut sinnvoll und auch geboten - ist aber in der Defensive nicht so der entscheidende Vorteil, es sei denn, die Drohnen wären deutlich günstiger als der Kampfhubschrauber (im Vergleich). Eine genaue Kostenrechnung in der Zukunft wird aber meiner Einschätzung nach aufzeigen, dass die Preise von Drohnen rasant steigen werden. Damit erreicht man dann für die Erzeugung der tatsächlich gleichen Fähigkeiten schnell Kipppunkte bei denen der finanzielle Vorteil der Drohne so nicht mehr gegeben ist.
Und da die Defensive technologisch ohnehin das Primat hat, sind Systeme der Defensive wie Kampfhubschrauber darin immer noch einsetzbar. Du sprichst hier von Räumen die der Kampfhubschrauber bisher belegt hat: dass ist eben nicht nur der Raum weit im feindlichen Hinterland, sondern dass war und ist in Wahrheit vor allem anderen der eigene Raum, im eigenen Hinterland.
Für die Offensive stimme ich dir zu, aber der Kampfhubschrauber war in Wahrheit noch nie ein System dass in der Offensive seine größten Stärken hatte, die Amis haben ihn nur so eingesetzt weil sie in bestimmten Bereichen (Nachtsicht usw) einen technologischen Vorsprung hatten. Und es ist die Sensorik und nicht die Dichte der FlaK welche hier ausschlaggebend ist:
Zitat:Ganz bestimmt aber negieren .....moderne FLAK am Boden jede Art bemannter Flugobjekte die im verteidigten Räumen unterwegs sind.
Der Irak war 1991 voll von Flak, geradezu vollgemüllt damit. Und diese FlaK wurde bevorzugt mit Apache vernichtet, und zwar querschnittlich erfolgreicher als mit Kampfflugzeugen ! Es ist also nicht die bloße Anzahl der FlaK Systeme welche du hier ja so hervor hebst, sondern es ist die Frage der Sensorik, und der Auswertung der Sensoren und der Reaktionsgeschwindigkeit der FlaK. Primitive FlaK gegen Drohnen wird man mit Kampfhubschraubern weiter ausschalten können noch bevor diese umgekehrt die Helis ausschaltet.
Bezeichnend übrigens in diesem Kontext, wie du gekonnt meine Anmerkung zu deiner anekdotischen Evidenz im Irak ignorierst, und dass an der exakt gleichen Stelle Helis dann erfolgreich waren, wo sie beim ersten Mal schwer angeschlagen wurden.
Aber das war natürlich keine moderne FlaK - welche wahrscheinlich KI gestützt und mit moderner Sensorik ausgestattet ganz andere Möglichkeiten haben wird. Nur: solche Shorad Systeme verdrängen zwar die Kampfhubschrauber aus der Offensive, sie verdrängen aber dann auch die Drohnen zunehmend aus der Offensive. Ganz allgemein wird dadurch die Defensive gestärkt und Kampfhubschrauber sind Systeme der Defensive.
Ob sie nun in der Defensive besser oder schlechter sind als Drohnen ist eine bloße Kostenrechnung und hängt davon ab, ob und inwieweit und wie schnell KI hier tatsächlich autonome Systeme ermöglicht. Denn mit menschlicher Fernlenkung sind Drohnen auch in Zukunft den Kampfhubschraubern unterlegen, da die Datenverbindung hier die Schwachstelle darstellt. Nun ist es deine optimistische Ansicht, dass KI zeitnah hier vollautonome Drohnenkriegsführung ermöglichen wird. Möglich, aber nicht sicher.
Ohne jetzt zu sehr auf diesen Punkt einzugehen: die Diskussion mit dir erinnert mich immer sehr stark an meine Diskussionen früher mit phantom. Er war auch immer für revolutionäre Brüche, ich im Gegenzug für einen fließenderen evolutionären Übergang, in dem eine neue Gattung von Systemen die bisherigen fließend ablöst. Ich halte das nämlich für weniger Risikoreich, während deine optimistische Sicht ein technologisches Risiko beinhaltet und damit keine Rückfallebenen hat.
Zitat:Sie agieren vor allem in anderen Räumen und sind durch die Proliferation von SHORAD längst nicht so gefährdet wie es Kampfhubschrauber sind.
Angesichts immer leistungsfähigerer bodengestützter Raketen, der Möglichkeit von Luftüberlegenheitsdrohnen welche extrem konsequent auf Stealth optimiert vollautonom Kampfflugzeuge jagen und der immer größeren effektiven Reichweite der Systeme welche Kampfflugzeuge bekämpfen könnte man genau so gut Kampfflugzeuge in Frage stellen wie Kampfhubschrauber.
Aber das Stichwort sind hier wirklich die Räume: der natürliche Raum des Kampfhubschraubers war schon früher nicht das feindliche Hinterland. Das ist eines der grundlegendsten Missverständnisse in Bezug auf Kampfhubschrauber an sich, aufgrund der Art und Weise wie die USA ihre Apache lange Zeit sehr erfolgreich offensiv eingesetzt haben.
Zitat:Der günstige Kampfhubschrauber ist eine - you guessed it - Drohne.
Jein. Denn wenn sie die gleichen Fähigkeiten hätte, wäre sie sehr viel teurer als alle Drohnen die wir jetzt so haben und umgekehrt, hätte sie deutlich geringere Fähigkeiten und wäre dadurch günstiger, müsste die Quantität die höhere Qualität kompensieren und meiner rein privaten Einschätzung nach ist diese Rechnung nicht ganz so eindeutig wie du das hier so gerne hinstellst.
Im weiteren bin ich ja keineswegs gegen Drohnen, ganz im Gegenteil ! Und insbesondere für die Offensive führt an ihnen kein Weg vorbei. Aber das heißt nicht, dass ein fließenderer evolutionärer Übergang per se falsch wäre, nur weil es hier gewisse technologische Heilsversprechen gibt.
Ad extremum: um ein Extrembeispiel der Geschichte zu bemühen: Kavallerie war selbst nach 1914 und den durchhaltefähigen MG keineswegs tot, am Ende, wurde von niemanden mehr verwendet, sondern selbst in diesem Extrembeispiel gab es weiter Kavallerie und erfüllte diese wesentliche Rollen. Es gab also eine Jahrzehntelange Übergangszeit in welcher sie dann auslief. Aber nicht wegen der MG, sondern weil ihre Rolle von Motorfahrzeugen übernommen wurde.
Mal eine komplett andere Rechnung zum Schluss:
Kampfhubschrauber zu 50 Mio Systemkosten. Die Drohne zu 250.000. Und wer nun glaubt, ich würde die Kosten der Drohne künstlich hochrechnen, keineswegs. Die Preise für Drohnen werden explodieren, weil wie von dir beschrieben die Abwehrfähigkeiten derartige Quantensprünge machen werden, dass Drohnen der bisherigen Art in diesem von Shorad gesättigten Umfeld auch nicht mehr werden agieren können.
Macht 200 Drohnen. Davon kommen 40 durch, aber lassen wir bei so hochentwickelten Systemen die Rate mit welcher sie Kampfpanzer der nächsten Generation zerstören dann mal sehr viel höher sein. Dann kann man mit dem Preis für vier Kampfhubschrauber mittels Drohnen ein Panzer-Bataillon zerstören. Oder man kann das Panzer-Bataillon mit den Kampfhubschraubern zerstören.
Es gäbe dann keinen praktischen Unterschied mehr, außer dem Piloten den man etwaig verliert. Dafür ist der Kampfhubschrauber dann autonom in sich selbst und ob KI in zwanzig Jahren menschliche Piloten nach belieben wird schlagen können ist fragwürdig.
Wozu also Drohnen, wenn beide Systeme in die Zukunft gedacht praktisch gesehen gleich viel leisten und gleich viel kosten werden ?!
Ich hätte durchaus eine Antwort darauf: wenn ich defensiv kämpfen will, wären Kampfhubschrauber besser, will ich aber offensiv agieren, führt an Drohnen kein Weg vorbei.
Nun aber der wesentlichste Punkt und mein primäres Argument dafür den Kampfhubschrauber eben nicht aufgrund der Drohnen sofort abzuschaffen: die Defensive gewinnt auch sonst aktuell massiv an Fahrt und wird immer stärker und stärker. Dem folgend ist es nicht sinnvoll, Systeme zu beschaffen die ihre wirklichen Vorteile eher in der Offensive haben.
Gegenargument: da die gleichen Drohnen analog auch in der Defensive sehr gute Leistung bringen, macht es dann insgesamt betrachtet doch Sinn die Kampfhubschrauber abzulösen, um ihre Aufgabe in der Defensive über eigenem Raum mittels Drohnen zu übernehmen.
Jedoch: die Kampfhubschrauber welche man für die Defensive weiter verwenden kann sind bereits da, man hat sie bereits und die Technologie ist vorhanden uns ausgereift. Entsprechend gehärtete, KI gesteuerte, vollautonome Drohnenschwärme mit hoher Reichweite wird es zwar hingegen in einiger Zeit geben, aber hier und heute gibt es sie noch nicht.
Bis ich also die Aufgaben eines Kampfhubschraubers in dessen eigentlichen Element, in der Defensive mit Drohnen ablösen kann, wird noch einige Zeit vergehen.
Schlussfrage: wird dieser Zeitraum so kurz sein (20 Jahre) dass sich noch eine Generation von Kampfhubschraubern nicht lohnt, oder ist dies technologisch zu ehrgeizig (insbesondere in Bezug auf die KI) und entstünde damit eine Lücke in den Fähigkeiten ?! Und gibt es hier überhaupt eine Lücke oder ist der Kampfhubschrauber und ist die zukünftige Hochwertdrohne welche seine Fähigkeiten übernimmt die Antwort auf eine Frage die sich gar nicht stellt ?!
Zitat:Kampfhubschrauber sind tatsächlich spätestens seit der Einführung günstiger Präzisionsmunition im Nato Kontext weitgehend überflüssig.
Da stimme ich dir zu. Aber man könnte trotz besagter Munition mittels günstiger Kampfhubschrauber bis zum Eintreffen der KI Hochwertdrohnen die gleiche Leistung günstiger bereit stellen, denn man könnte eine größere Anzahl von Kampfhubschraubern bauen, welche pro Einheit halt nun mal günstiger sind als Kampfflugzeuge.
Sie haben natürlich nicht die gleichen Fähigkeiten, würden aber in der Defensive vieles gleichermaßen ermöglichen, für weniger Geld und die begrenzte Anzahl der Kampfflugzeuge dann frei machen für andere Aufgaben, so dass man weniger Kampfflugzeuge für die gleiche Gesamtleistung des Systems benötigt und damit insgesamt gesehen Geld einsparen kann.
Dazu müsste ein Tiger-Nachfolger folgende Eigenheiten aufweisen: er müsste günstig sein, und man müsste ihn in großer Anzahl beschaffen und er müsste von der Bewaffnung her möglichst leistungsfähig sein, er müsste eine möglichst hohe Reichweite und möglichst große "Geländegängigkeit" haben.
Der H145M hat einige dieser Eigenheiten, ihm fehlen aber auch wesentliche, und insbesondere die größere Quantität.