Schneemann:
Zitat:Auch wir hatten ja die Lieferung der 5.000 Helme mit Hohn und Spott überzogen und als Peinlichkeit sondergleichen bezeichnet.
Da sollte man aber die Chronologie beachten. Das war noch VOR dem Kriegsausbruch. Vor einem Krieg noch Waffen zur Verfügung zu stellen ist etwas völlig anderes als dann mitten in einen Krieg hinein Waffen von Bedeutung (Fliegerfäuste) in erheblicher Stückzahl zu liefern.
Anbei, ich wusste bis dato gar nicht dass wir immer noch so viele Strela haben. Erstaunlich, hat man mir doch in Todendorf 1999 schon erzählt, die Strela seien bald alle weg. Und nun haben wir noch 2700 davon die einsatzfähig sind ?! Verblüffend.
Helios:
Zitat:Jede Reaktion des Westens wird entweder als Casus Belli betrachtet oder als Zeichen der Schwäche, und mittel- und langfristig führen beide Strategien zumindest im groben zu den gleichen Ergebnissen.
Das sehe ich nicht so. Sanktionen hat man erwartet, aber die Quantität der Sanktkionen hat dann doch überrascht und wurde auch als Zeichen von Stärke aufgefasst. Aber Waffen in einen aktiven Krieg hinein liefern ist eine ganz andere Hausnummer. Es wurde vorübergehend ja sogar fabuliert direkt Kampfflugzeuge an die Ukraine zu liefern, dass ist schon eine ganz andere Liga als scharfe Sanktionen. Man wird durch so etwas leicht zu einer Kriegspartei.
Zitat:ie Frage ist, welche tatsächlichen Konsequenzen solche Waffenlieferungen haben könnten, die sonst nicht eintreten würden? Welche Risiken siehst du konkret?
Vorab zu meiner grundsätzlichen Auffassung von solchen Dingen: ich gehe rein persönlich davon aus, dass hochkomplexe und sehr dynamische Prozesse nur eingeschränkt tatsächlich kontrolliert und gesteuert werden können und dass man dazu an den "Stellschrauben" nur vorsichtig, mit zeitlichem Versatz und ja nicht zu viel drehen darf, weil sonst sehr leicht das Geschehen außer Kontrolle gerät. Meiner Meinung nach ist es Hybris wenn man glaubt, man könne hier derart brachial ansetzen und dabei sicher stellen, dass einem die Sache nicht außer Kontrolle gerät.
Angesichts der Heikelkeit der Situation sollte man daher vorsichtiger vorgehen, die Stellschrauben langsamer drehen und dann immer erst mal etwas abwarten was sich daraus ergibt. Den ansonsten hat man viel zu leicht unkalkulierbare Neben- und Fernwirkungen, welche dann für einen selbst einen noch viel größeren Schaden zur Folge haben.
Die inzwischen erhebliche Zahl von Fliegerfäusten beispielsweise kann dass russische Vorgehen derart behindern, dass die Verluste dadurch noch deutlich weiter steigen als bisher. Damit löst die Bundesrepublik aber kein Problem, sie verschärft das Problem und sie erhöht die Dynamik, den das zwingt die Russen dann das Ausmaß der Gewalt erheblich zu eskalieren und dies zeitnah. Unsere scheinbare Hilfe verkehrt sich so in einen erheblichen Schaden für die Ukrainer und dass ist nur die offensichtlichste und gesichertste Wirkung dieser Waffen"hilfe". Oder eine Folge der Waffenlieferungen ist, dass das Gas sofort vollständig abgedreht wird. Man sollte bei den Fernwirkungen solcher Handlungen zudem nicht primär die Auswirkungen auf einen selbst beachten, sondern auch vor allem die Auswirkungen auf den Feind. Den wenn man dem Feind in einer solchen Lage zu viel schadet, dann erhöht das nur das Risiko. Ad extremum kann so etwas dazu führen, dass die Situation noch weiter außer Kontrolle gerät, jemand taktische Nuklearwaffen gegen die Ukrainer einsetzt oder es zu einem Angriff auf den Westen kommt oder was sonst noch für unkontrollierte Eskalation hier möglich ist.
Zitat:Riskant ist sowas immer, aber gute Diplomatie muss riskant sein.
Ich bin gewiss nicht Risikoavers, und kann auch deine Aussage hier voll und ganz teilen, aber ich sehe hier keine gute Diplomatie. Zuerst verarscht man de facto vor Kriegsbeginn die Ukrainer und verhöhnt sie regelrecht noch, dann nach Kriegsausbruch zündelt man völlig verantwortungslos herum und schüttet unbekannte Substanzen ins Feuer die ebensogut auch Benzin sein könnten. Wo ist da eine gute Diplomatie?
Ich bin nicht prinzipiell gegen Waffenlieferungen, aber warum diese öffentlich ankündigen und medial präsentieren? Das geht doch alles viel eleganter. Wir liefern Strela und behaupten wir würden keine Waffen liefern. Das wäre wesentlich eleganter und sinnvoller, sich von jedweder Waffenhilfe für die Ukraine lautstark zu distanzieren, aber real ganz anders zu handeln. Stattdessen posaunt man die Welt hinaus, was man alles tun will und setzt damit eine Dynamik in Gang die man im Endeffekt nicht kontrolliert, geht unkalkulierbare Risiken ein und das noch bevor auch nur eine einzige Fliegerfaust in der Ukraine eingetroffen wäre.