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Normale Version: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg
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Zitat:Die Frage aber ist, wie sehr wirkten sich diese Mängel auf das Gesamtgeschehen aus, wie groß war und ist ihr Einfluss auf die Lage und wie relevant waren sie also für das zur Zeit zu beobachtende Ergebnis des Angriffs? Waren die von dir hier zurecht genannten Probleme und Fehler ausschlaggebend !?
Ich denke ja. Alleine z. B. die mangelnde Luftsicherung sowie die Kommunikationsdefizite haben sicherlich dazu beigetragen, dass die Verluste höher lagen als sie es eh schon waren. Sowas wiederum drückt noch mehr auf die Moral und damit die Einsatzbereitschaft. Es ist sicherlich nur ein Puzzlestück, aber wenn ich eben zu viele negative Stücke habe, dann fällt das ganze Konzept auseinander.
Zitat:Und da ist es meine Auffassung, dass sie dies nicht waren. Mit diesen "schlechten" Truppen wie sie die Russen nun eingesetzt haben, hätte man nicht nur siegen können, man hätte auch sonst sehr viel mehr damit erreichen können, wenn man auf der strategischen Ebene richtig gehandelt hätte.

Die gemachten strategischen Fehler sind so eklatant und massiv, dass demgegenüber die vielen taktischen und sonstigen Fehler und Probleme verblassen.
Die Gegenfrage wäre doch auch, was wäre geschehen, wenn ich moralisch gefestigte, modern ausgestattete und gut ausgebildete, gut versorgte und mit einer guten Surveillance und entsprechend leistungswilliger CAS versehene Truppen gehabt hätte? Hätten diese Verbände trotz strategischer Fehler (Schlammzeit, Verzettelung der Kräfte an zu vielen Punkten) ihre gesteckten Ziele erreichen können? Ich denke ja, zumindest teilweise. Zwar wären die Ausfälle auch dann höher gewesen, als wie wenn es keine strategischen Pannen gegeben hätte, aber z. B. das Debakel nördlich von Kiew wäre sehr wahrscheinlich nicht so eingetreten.
Zitat:Ob russische Lkw schlechte Reifen haben, oder die Kampfpanzer leicht durch Sekundärexplosionen zerstört werden oder die Russen zu wenig Begleitinfanterie haben bzw. zu sorglos in offenkundige Feuerüberfälle vorstoßen, oder ob sie zu wenig Präzisionsmunition haben, das ist alles insgesamt gesehen nicht so relevant.
Die Rechnung stimmt, aber auch nur bis zu einem gewissen Punkt der Abnutzung. Ab diesem jedoch wirken sich diese (technischen) Umstände dann aber umso gravierender aus und die Kampfkraft kippt rapide ab. Flapsig gesagt: Wenn bei ein paar Tanks der Turm wegfliegt oder ein paar Lastwagen Reifenplatzer haben, ist das egal; wenn ich aber hunderte auf diese Art zerstörte Panzer habe (wobei ich deren Crews ja meistens auch verliere, da kaum wer schnell genug aus dieser Hölle rauskommt) und mehrere tausend Nachschubfahrzeuge ausfallen, dann bewege ich mich irgendwann in einem kritischen Bereich. Alleine eine gut eingespielte Panzerbesatzung auszubilden dauert Monate, wenn nicht ein halbes Jahr oder länger. Und das wirkt sich definitiv aus, gerade wenn in absehbarer Zeit kein Ersatz in Sicht ist.
Zitat:Selbst die US Streitkräfte (!) hätten bei derartigen Fehlern auf der strategischen Ebene schlicht und einfach mal zunächst eine Niederlage kassiert, völlig gleich wie modern ihr Material ist und wie gut ihr Können auf der taktischen Ebene.
Das lässt sich schlecht vergleichen. Wären sie genauso unzulänglich und zerstückelt angetreten und hätten kaum Luftunterstützung, wäre sie genauso eingebrochen. Unzweifelhaft. Aber selbst wenn man nur die massive Luftglocke der Air Force mit einbezieht, so würde die Lage wieder eine komplett andere sein, selbst wenn meine Panzer reihenweise Türme verlieren...

Schneemann
Die "massive Luftglocke", welche bei Desert Storm beispielsweise mehrere tausend Luftangriffe pro Tag durchführte (im Gegensatz zu den mehrere hundert Luftangriffen der Russen pro Tag), hat im Irak aber beispielsweise gerade mal ca. 10.000 irakische Soldaten getötet und das mit einer Geschwindigkeit die geringer ist als die aktuelle Geschwindigkeit der Verluste in der Ukraine.

Noch darüber hinaus ist der Irak ein perfektes Gebiet für eine solche Luftkampagne, während dichte Wälder, Großstädte und anderes mit Deckung übersäätes Terrain in der Ukraine es selbst für die NATO Luftwaffen recht schwer machen würden, dort ukrainische leichte Infanterie, welche teilweise mitten in der Zivilbevölkerung kämpft und teilweise auch komplett in Zivil, mit zivilen Pkw usw aus diesem Gelände heraus zu schlagen.

So absolut relevant die Luftwaffe ist, man darf sie auch nicht überschätzen. Absolut wesentlich ist sie für uns vor allem in einer verteidigenden Rolle, spezifischer noch gegen feindliche mechanisierte Einheiten. Bei einem Angriff jedoch (welchen wir ja nicht durchführen werden) und gegen leichte Infanterie in entsprechendem Gelände, sieht die Sache schon ganz anders aus. Kurz und einfach: die Luftwaffe wäre genau so wenig in der Lage gewesen die Nachschubwege der mechanisierten Einheiten zu sichern. Entsprechend wären die Versorgungsketten ebenso der ukrainischen leichten Infanterie zum Opfer gefallen.

Zitat:Die Gegenfrage wäre doch auch, was wäre geschehen, wenn ich moralisch gefestigte, modern ausgestattete und gut ausgebildete, gut versorgte und mit einer guten Surveillance und entsprechend leistungswilliger CAS versehene Truppen gehabt hätte? Hätten diese Verbände trotz strategischer Fehler (Schlammzeit, Verzettelung der Kräfte an zu vielen Punkten) ihre gesteckten Ziele erreichen können? Ich denke ja, zumindest teilweise. Zwar wären die Ausfälle auch dann höher gewesen, als wie wenn es keine strategischen Pannen gegeben hätte, aber z. B. das Debakel nördlich von Kiew wäre sehr wahrscheinlich nicht so eingetreten.

Das "Debakel" vor Kiew, ich würde eher sagen die krachende Niederlage dort resultierte nicht zuletzt daraus, dass dort keine Eisenbahnlinien sind die man nutzen konnte und dass die Straßen dort recht begrenzt waren von ihrer Anzahl und Kapazität her. Auch eine Truppe wie du sie hier skizzierst hätte diese Fakten nicht ignorieren können und wäre daher entsprechend genau so vor den exakt gleichen Problemen gestanden. Die ganze Objektlinie von den Ausgangsstellungen bis hin nach Kiew war einfach schon grundfalsch und derartige Fehler kann man später im Kriegsverlauf fast gar nicht mehr gut machen.

Eine Einnahme Kiews war zudem mit dieser Truppenmenge ausgeschlossen, völlig gleich wie gut diese Truppen auch sein mögen. Genau genommen war dieser Vorstoß Richtung Kiew aber ja auch nie der Plan auf russischer Seite, dass ergab sich im Endeffekt erst aus den Umständen, dem totalen strategischen Scheitern in der Eröffnung und dem Scheitern des geplanten Ad hoc Umsturzes der ukrainischen Regierung.

Die von dir skizzierten Verbände hätten daher die "gesteckten Ziele" nicht erreichen können, weil schon diese Ziel selbst völlig falsch waren. Sie wären in Bezug auf den schnellen Regime Change ganz genau so gescheitert und hätten im weiteren nichts erreicht. Sie hätten dann vielleicht länger vor Kiew ausgehalten oder stünden immer noch in Hostomel, aber was exakt ist damit erreicht ?!

Selbst wenn sich diese Truppen wie du sie beschreibst also irgendwo durchgesetzt oder gehalten hätten, was sollte dies strategisch bewirken ?! Eine entsprechende Linie entlang vorzustoßen, einen entsprechenden Objektpunkt zu erreichen usw. ist ja kein Selbstzweck. Es soll ja einen spezifischen Sinn haben und wo kein solcher ist, nützt es auch nichts in Bezug auf den Gesamtverlauf des Krieges und deshalb wäre es völlig irrelevant wie gut die Truppen wären.
(17.05.2022, 22:01)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Die "massive Luftglocke", welche bei Desert Storm beispielsweise mehrere tausend Luftangriffe pro Tag durchführte (im Gegensatz zu den mehrere hundert Luftangriffen der Russen pro Tag), hat im Irak aber beispielsweise gerade mal ca. 10.000 irakische Soldaten getötet und das mit einer Geschwindigkeit die geringer ist als die aktuelle Geschwindigkeit der Verluste in der Ukraine.

Diese Einsätze im zweiten Golfkrieg hatten aber auch nicht die Zerschlagung der irakischen Infanterie zum Ziel, insofern ist die Zahl der getöteten irakischen Soldaten irrelevant. Abseits der strategischen Ziele (Luftabwehr, Luftüberwachung, Kommunikation, Stromversorgung, usw.) galten die taktischen Einsätze der Zerstörung der Ausrüstung mechanisierter Truppen, und dies geschah sehr effektiv mit hunderten zerstörten Panzern und tausenden zerstörten Fahrzeugen. Das wurde aber auch erst durch die strategischen Einsätze zu Beginn der Kampagne ermöglicht.

Interessant ist gerade das Beispiel Golfkrieg, weil es die Basis der Reformation der (damals noch) sowjetischen Luftwaffe bildete, die aus ihrer defensiven Ausrichtung heraus eine offensivere Rolle einnehmen wollte, was bis heute in die Aufstellung der russischen Luftwaffe sowie deren Kriegführung hinein spielt. Und tatsächlich lassen sich ja parallelen im Ansatz ausmachen, neben offensichtlichen Zielsetzungen auch so Aspekte wie die Abriegelung des Luftraums nach Nord- und Südwesten. Interessanterweise wurden auch ähnliche Fehler gemacht, wie etwa die völlige Unterschätzung von taktischen Aufklärungskapazitäten.

Das Scheitern der russischen Luftwaffe, dass zum Teil auch technisch bedingt war, diese strategischen Ziele in der ersten Stunde zu erreichen und danach taktische Unterstützung geben zu können ist schon ein klares Defizit, dass der NATO in dieser Dimension in einer ähnlichen Situation nicht passiert wäre. Ob das gereicht hätte, eine solche Niederlage abzuwenden sei dahingestellt, aber die Ausgangslage hätte wesentlich positiver für die Aktionen am Boden gestaltet werden können.

Richtig ist natürlich, dass man diese taktischen Einsätze gegen das feindliche Heer nicht vergleichen kann und die Umstände in der Ukraine solche sehr stark verkomplizieren. Ein "abschlachten" auf offenem Feld kann nicht erwartet werden, aber allein die Fähigkeit der Bereitstellung einer Luftnahunterstützung bzw. Luftaufklärung hätte durchaus einen Unterschied gemacht. Und ich glaube, korrigiere mich wenn ich da falsch liege, darauf wollte Schneemann hinaus.
Ich habe ihn auch so verstanden und natürlich würde eine Luftwaffe vergleichbar den Luftwaffen der NATO hier einen erheblichen Unterschied machen. Vor allem deswegen, weil man damit die ukrainische Artillerie weitgehend ausschalten könnte und dass wäre meiner Einschätzung nach der primäre Unterschie zu jetzt, wo die Russen die ukrainische Artillerie nur mit überhöhtem Aufwand / sehr ineffektiv niederhalten können.

Und umgekehrt sind die russischen Verluste vor allem auch durch eben diese ukrainische Artillerie verursacht worden, bzw. werden immer noch durch diese verursacht. Es wäre also weniger die Luftnahunterstützung oder die Luftaufklärung, sondern der Schlag in die Tiefe der gegnerischen Aufstellung und die Bekämpfung seiner weitreichenden Einheiten "weit hinter der Front", welche hier ausschlaggebend wären.

Den die Luftaufklärung der Russen ist gut, sie wird wie bei den Ukrainern auch vor allem durch Drohnen bewerkstelligt und nach dem Abzug der Truppen nördlich von Kiew hat die russische Drohnenaufklärung erheblich zugenommen und im Donbass wird inzwischen auch das russische Artilleriefeuer weitgehend von Drohnen aus koordiniert und gelenkt (wie bei den Ukrainern auch). Ein Grund warum die ukrainische Artillerie sich immer noch halten kann liegt vor allem darin, dass ihre Artilleriegranaten in wesentlich höheren Anteilen gelenkte Munition sind und eine querschnittlich höhere Reichweite haben. Dies wird jetzt durch die bereits im Einsatz befindlichen westlichen Artilleriesysteme und die gelieferten westlichen Granaten noch deutlich ausgebaut.

Luftnahunterstützung direkt für die kämpfende Truppe - also direkt gegen feindliche Truppen "vor einem" gerichtet ist nun hier ebenfalls gar nicht wesentlich, weil diese Aufgabe in der russsischen Armee der Artillerie zufällt. Das ist intentional so, da dadurch die Luftwaffe für andere Aufgaben entlastet werden soll. Es stellt sich selbst in unseren Streitkräften die Frage, ob die direkte Luftnahunterstützung in einem zukünftigen Krieg überhaupt noch sinnvoll sein wird oder ob man das nicht durch andere Systeme (Artillerie) besser erledigen kann.

Deshalb ja: zweifelsohne wäre die Lage eine andere, aber ich würde gerade eben Luftaufkklärung und Luftnahunterstützung hier in diesem Fall nicht überbewerten. Sie hätten nicht die gleichen Ergebnisse wie bei früheren NATO Luftkampagnen.

Der wesentliche Unterschied wäre meiner Meinung nach stattdessen auf der strategsichen Ebene! Eine Luftwaffe analog zu den NATO Luftwaffen hätte gegen die Ukraine einen strategischen Luftkrieg führen können, der dann insgesamt erhebliche Auswirkungen hätte. Die strategische Ebene wäre also auch hier die in Wahrheit relevante und vorherrschende.

Das scheitern der russischen Luftwaffe ist daher ebenfalls erneut vor allem auf der strategischen Ebene relevant und exakt darauf wollte ich insgesamt hinaus: dass alle Bereiche vor allem auf der strategischen Ebene versagt haben - oder immer noch versagen und daher dieser Krieg primär aus strategischen Gründen verloren.

Und Schneemann argumentierte dagegen (wenn ich ihn richtig verstanden habe), dass die taktischen Faktoren sich insgesamt derart addieren würden, dass sie ausschlaggebender sind (oder zumindest gleich wichtig). Er sieht also kein Primat der strategischen Ebene. Meine These ist demgegenüber, dass die ganzen taktischen Fehler und Probleme gegenüber den drastischen strategischen Fehlern welche hier gemacht wurden schlicht und einfach verblassen und kaum relevant sind.

Die Schwäche der Luftwaffe wirkt sich daher ebenfalls vor allem auf der strategischen Ebene aus. Die Unfähigkeit einen ernsthaften strategischen Luftkrieg zu führen sehe ich dabei als viel relevanter als die Frage der Luftraumaufklärung und der Luftnahunterstützung.
Deinem Beitrag kann ich nicht folgen, die Aufklärungsfähigkeiten sind schon seit Jahren eine der großen Schwächen der russischen Luftstreitkräfte, und deren Defizite wurden im Vorfeld und insbesondere während der Anfangsphase sehr deutlich sichtbar. Da können auch nicht ein paar Aufklärungsdrohnen mit publikumswirksamen Videos drüber hinweg täuschen. Gleiches gilt natürlich für die Ukraine auch. Das und die erstaunlich hohe Ungenauigkeit sowie der quantitative Mangel von Hochpräzisions-Abstandswaffen erschwert auch das Vorgehen gegen ukrainische Artilleriestellungen, deren Bekämpfung ich im übrigen auch unter Luftnahunterstützung verorten würde.

Was den Standpunkt angeht, ich halte weniger die anfängliche Luftkriegstrategie (und nur diese bewerte ich) selbst für das Problem, sondern die tatsächliche Umsetzung in Anbetracht von technischen und taktischen Defiziten, die sich auch aus dem zuvor gesagten ergeben. Das ausbleibende Erreichen elementarer Ziele in der Frühphase des Luftwaffeneinsatzes bildete erst die Basis für eine mangelhafte taktische Unterstützung, die wiederum genauso wie andere (taktische) Einflussfaktoren die Umsetzung der Gesamtstrategie unmöglich machten. Implizit klang für mich bei der Aussage von Schneemann mit, dass die tatsächliche Strategie im Verlauf des Krieges sehr stark von den taktischen Einflüssen geprägt wurde, und zumindest aus Sicht des Luftkrieges würde ich da definitiv zustimmen. Generell finde ich eine Trennung zwischen strategischem und taktischem oder auch technischem Scheitern insofern für sehr schwierig und beziehe daher keine Position in der Bewertung, schon gar nicht was die Einsätze am Boden angeht.
Zitat:Implizit klang für mich bei der Aussage von Schneemann mit, dass die tatsächliche Strategie im Verlauf des Krieges sehr stark von den taktischen Einflüssen geprägt wurde, und zumindest aus Sicht des Luftkrieges würde ich da definitiv zustimmen.

Dem kann ich durchaus zustimmen. Im Verlaufe des Krieges erlangten die vielen taktischen Probleme dann einen derartigen Einfluss, dass dies massive Auswirkungen auf die Strategie hatte - vor allem dahin gehend, dass man diese komplett geändert hat und dem folgend auch komplett andere strategische Ziele verfolgt.

Ich wollte lediglich aufweisen, dass das Scheitern in Bezug auf die ersten (eigentlichen, ursprünglichen) Ziele eben nicht durch taktische Einflüsse so erfolgte, sondern aufgrund der schwerwiegenden strategischen Fehler.

Die Russen scheiterten also in Bezug auf ihre ursprünglichen Kriegsziele aufgrund nicht mehr gut zu machender strategischer Fehler. Während des daraus resultierenden Krieges traten dann noch erhebliche taktische Fehler hinzu und kulminierten diese schließlich derart, dass sie ebenfalls ein erheblicher Faktor wurden und damit Einfluss auf die Strategie nahmen, bzw. zu einer neuen Strategie führten (Rückzug vor Kiew, Verlagerung in den Donbass, Einnahme des Donbass).

Ich habe da sicher jetzt auch zu ausschließlich geschrieben und die von dir zurecht betonte Unschärfe zwischen den verschiedenen Ebenen bei bestimmten Punkten nicht ansatzweise ausreichend ausgeführt, aber ich wollte eigentlich nur darauf hinaus, dass ich eher ein Primat bei den Fehlern in der Strategie sehe als bei den Fehlern in der Taktik. Da geht es also nur um die Gewichtung.
Die Ansicht ist legitim, ich finde es nur schwierig, das genau so zu bewerten. Wie so häufig hängt die Bewertung einer strategischen Planung vom tatsächlichen Ausgang ab, im Nachhinein kann man es ohne Zweifel als deutliche Fehlplanung bezeichnen. Wäre diese erfolgreich gewesen, hätte man sie vermutlich als gewagten Geniestreich tituliert. Und auch wenn es sicherlich zu einigen groben strategischen Fehleinschätzungen kam, so halte ich es durchaus für möglich, dass unter anderen technischen und taktischen Voraussetzungen ein Erfolg möglich gewesen wäre. Nun kannst du natürlich argumentieren, dass eine realistische Einplanung dieser Voraussetzungen als Teil der Strategie betrachtet werden müssen, da wiederum würde ich dir zustimmen, und dann stimmt auch die Aussage wiederum, dass es hauptsächlich ein strategischer Fehler war. Allerdings würde das dann abgesehen von rein zufälligen Ereignissen für so ziemlich alles gelten, was den Wert der Erkenntnis auch wieder reduziert.

Da es ja hier um militärische Lehren geht, ganz platt kann man sagen, dass der Krieg die Relevanz einer realistischen Einschätzung der gegnerischen und der eigenen Fähigkeiten deutlich macht. Das mag nach einer Binse klingen, es ist auch eine, aber offensichtlich ja trotzdem ein großes Problem. Und eines, da stimme ich dir im übrigen ebenso zu, auf das wir nun nicht hinein fallen sollten, wenn wir die russischen Fähigkeiten am Erfolg des Krieges messen und die Streitkräfte so deutlich unterschätzen.
(19.05.2022, 07:33)Helios schrieb: [ -> ]...., auf das wir nun nicht hinein fallen sollten, wenn wir die russischen Fähigkeiten am Erfolg des Krieges messen und die Streitkräfte so deutlich unterschätzen.

In der Tat, ein ständiger Stolperstein. Wir alle machen womöglich die gleichen Beobachtungen, aber die Schlußfolgerungen zu denen wir dann kommen, können gänzlich andere sein. Ich für meinen Teil halte die plötzliche Geringschätzung der russischen Streitmacht für eine eklatante Fehleinschätzung. Jedenfalls, wenn die einzige Grundlage dafür die letzten 80 Tage sind.
Helios:

Deinen klassisch clausewitz´schen Skeptizismus in allen Ehren, aber meiner Auffassung nach zeigt sich die Validität einer Strategie eben nicht so sehr im tatsächlichen Ausgang, sondern ist unabhängig davon zu bewerten. Daher war die strategische Planung der Russen in jedem Fall eine extreme Fehlplanung und wäre dies auch dann gewesen, wenn sie (aus welchen Gründen auch immer) erfolgreich gewesen wäre. Das ist hier auch der entscheidende Unterschied zwischen mir und Schneemann, oder zwischen mir und dir, nämlich dass andere taktische und technische Voraussetzungen zwar durchaus ein ganz anderes Ergebnis hätten produzieren können, dies aber zum einen nichts daran ändert, dass die strategische Planung einfach nur katastrophal schlecht war und dass die Auswirkungen derselben sich eben kaum, oder nur extrem schwer durch andere taktische und technische Faktoren ausgleichen lassen.

Die Strategie ist nun meiner Auffassung festeren und klareren Regeln unterworfen als die Taktik, oder als die technische Ebene und gerade die Technik zeigt dies so klar auf, weil sie sich ständig wandelt, weiter entwickelt, verändert. Daher sind solche veränderten taktischen und technischen Umstände auch viel schwerer zu kalkulieren und wirken sich daher viel unkontrollierter aus. Umgekehrt ist die Strategie selbst viel sicherer kalkulierbar.

Die Umstände realistisch einzuplanen ist natürlich ein Teil der Strategie, aber nicht die ganze Strategie. Wenn ich nun taktisch weniger befähigte Streitkräfte habe, und auch technisch nicht so gut aufgestellt bin, dann ist dennoch mit diesen Einschränkungen ein entscheidener schneller Sieg möglich, auch im vorliegenden Fall, wenn die anderen strategischen Faktoren richtig sind und die Strategie insgesamt korrekt ist.

Ich schrieb deshalb eingangs intentional von einem clausewitz´schen Skeptizismus, denn in seinem Werk vom Kriege sieht Clausewitz dass mehr in der Richtung welche Schneemann und du hier anreißen, nämlich dass die diese Dinge nur nach den Voraussetzungen bestimmen lassen, die aber nie alle zutreffen, eine Menge anderer, mehr ins einzelne gehender Bestimmungen sich aber gar nicht vorher geben lassen und so folgt für Clausewitz daraus, dass die Strategie Zitat: „mit ins Feld ziehen muss“, um das Einzelne immer wieder und immer wieder neu an Ort und Stelle anzuordnen und für das Ganze die Modifikationen zu treffen die fortwährend erforderlich werden. Die Strategie kann also Zitat: „Ihre Hand in keinem Augenblick von dem Werke abziehen.“ Daraus folgert Clausewitz im weiteren, dass sich die Richtigkeit der Strategie nicht in neuerfundenen Formen des Handelns zeige, welche sogleich in die Augen fallen würden, sondern in dem Zitat: „glücklichen Endresultat des Ganzen.“

Exakt was du hier de facto geschrieben hast. Aber Clausewitz schreibt auch in der ihm eigenen Dialektik, dass man, wenn man einmal bestimmt hat was der Krieg soll und was der Krieg kann, der Weg unverrückt zu verfolgen ist, der Plan durchgeführt werden muss, und nicht durch tausend Veranlassungen tausendmal davon abgebracht werden darf. Diese widersprüchliche Dialektik führt ihn zudem zu dem Schluss, dass es sehr schwer ist richtige strategische Entscheidungen zu treffen und noch schwerer diese dann unverrückbar entschlossen zu verfolgen und dass in der Strategie in Wahrheit alle Dinge sehr einfach sind, aber trotzdem eben keineswegs leicht, sondern im Gegenteil im realen Krieg äußerst schwer.

Dazu passt was du im Weiteren von der Relevanz einer realistischen Einschätzung der gegnerischen und der eigenen Fähigkeiten geschrieben hast. Eine Binsenweiseheit, von größtmöglicher Einfachheit, aber trotzdem so immens schwer. Aber selbst wenn man diese Fähigkeiten falsch einschätzt, gibt es für die Bewegung von Armeen welche bestimmte Punkte erreichen sollen, um dadurch die Ziele des Krieges umzusetzen bestimmte ebenso einfache und grundsätzliche Regeln. Die wesentlichsten sind in der Strategie wie sich diese Armeen im Verhältnis zur Operationsbasis / oder den Operationsbasen bewegen und wo sie sich im Verhältnis zu dieser / diesen befinden, wo sich die feindlichen Streitkräfte im Verhältnis zu deren Operationsbasen befinden und wie man daher die eigenen Streitkräfte im Verhältnis dazu bewegen muss, um die Linien zwischen den feindlichen Streitkräften und deren Basis zu zerschneiden ohne dabei die eigenen Linien zur eigenen Operationsbasis zu gefährden. In Wahrheit ist das alles sehr einfach. Und wenn man diesen Bereich richtig plant, dann kann auch eine Fehleinschätzung der Kampfkraft und der Fähigkeiten des Gegners dadurch in weiten Teilen oder sogar ganz kompensiert werden, während umgekehrt, bei einer Nicht-Beachtung dieser einfachsten Grundsätze noch so große Überlegenheit in den eigenen Fähigkeiten sich nur vermindert auswirkt.

Man unterschätzt daher meiner Überzeugung nach wie katastrophal schlecht sich die de facto Nicht-Planung in diesem Bereich für die Russen ausgewirkt hat. Wie sehr die aktuelle Lage diesen falschen Objektlinien geschuldet ist und nicht der Fehleinschätzung des Gegners ! Für meine These spricht beispielsweise, dass der größte Teil der russischen Verluste in der Auftaktphase des Krieges entstanden ist und die Verluste aktuell wesentlich geringer sind. Dies hätte nicht so sein müssen, ungeachtet der Frage der tatsächlichen Fähigkeiten auf beiden Seiten.

Und umgekehrt hätten auch von ihren taktischen Fähigkeiten und technischen Voraussetzungen noch so leistungsstarke Streitkräfte aufgrund der extremen Fehler in den genannten anderen Bereichen der Strategie trotzdem sehr hohe Verluste erlitten und hätten ein hohes Risiko für eine Niederlage gehabt. Der Wert der Erkenntnis dessen ist daher meiner Meinung nach eben nicht beliebig und damit nur eine Allerweltsweisheit (zumal fast alles im Krieg nur einfachste Allerweltsweisheiten sind), sondern er liegt darin, dass es bei weitem nicht reicht in den taktischen Fähigkeiten und in der Technik überlegen zu sein und dass ist meiner Meinung nach eine Warnung für uns selbst, denn wir überhöhen den Wert dieser Faktoren.

Einfachst ausgedrückt: ich halte dein Einfluss der Strategie auf die taktische Ebene für querschnittlich größer als den Einfluss der Taktik auf die strategische Ebene,

aber dass ist nur meine private Ansicht. Deshalb halte ich strategische Fehler für ausschlaggebender als taktische Fehler und Problemstellungen (gleichgültig wieviele es sein mögen und wie schwerwiegend sie sind), weil sie sich querschnittlich stärker auswirken. Deshalb betrachte ich beispielsweise die Strategieunfähigkeit dieser Bundeswehr / Bundesrepublik für problematischer als die mangelhafte Ausrüstung der Bundeswehr, die meiner Aufassung nach zudem ebenfalls vor allem auch dieser Strategieunfähigkeit geschuldet ist (man könnte mit den beschränkten Mitteln wesentlich mehr erreichen). Es fehlen uns aktuell, genau wie den Russen auch, meiner Meinung nach valide strategische Konzepte. Ohne diese wird unsere technische und taktische Überlegenheit in vielen Bereichen deutlich gemindert. Und damit verschenken wir genau das worin wir überlegen sind.

Eine wesentliche Lehre aus dem vorliegenden Fall ist daher für mich, dass wir sehr viel konkretere strategische Kriegs-Pläne benötigen, und sehr viel mehr valide strategische KRIEGS-Planung an sich, ansonsten läuft zu viel von dem was wir als militärische Verteidigung bezeichnen einfach nur im luftleeren Raum.

Meiner Kenntnis nach gibt es solche konkreten validen militärischen Planungen auf Eben der Bundeswehr de facto gar nicht, und auf Ebene der NATO meiner rein privaten Einschätzung nach nur in unzureichender Form.
(19.05.2022, 10:01)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Deinen klassisch clausewitz´schen Skeptizismus in allen Ehren, aber meiner Auffassung nach zeigt sich die Validität einer Strategie eben nicht so sehr im tatsächlichen Ausgang, sondern ist unabhängig davon zu bewerten.

Die Einfachheit meiner Aussage sollte natürlich nicht darüber hinweg täuschen, dass es auch meines Erachtens mehr Faktoren als nur den tatsächlichen Ausgang gibt. Gute Strategien können scheitern und schlechte können erfolgreich sein, das liegt in der Natur der Unschärfe, auf der die Bewertung und letztlich auch die Definition basiert. Das endet dann sehr schnell auf einer Metaebene, denn rein aus praktischer Sicht ist eine gute Strategie, die scheitert, eine gescheiterte Strategie und damit rückblickend ebenso wertlos wie die schlechte Strategie, die scheitert. Wertvoll können allenfalls die Erkenntnisse sein, die man daraus zieht, das gilt aber für beides gleichermaßen. Ich glaube, das ist mal wieder so ein Gigantenthema, dass besser in einem eigenen Strang diskutiert werden sollte.

Zitat:Einfachst ausgedrückt: ich halte dein Einfluss der Strategie auf die taktische Ebene für querschnittlich größer als den Einfluss der Taktik auf die strategische Ebene

Dann können wir festhalten, dass wir da nicht die gleiche Ansicht teilen (was ja nicht schlimm ist, wie wir schon häufiger festgestellt haben). Smile

Zitat:Meiner Kenntnis nach gibt es solche konkreten validen militärischen Planungen auf Eben der Bundeswehr de facto gar nicht, und auf Ebene der NATO meiner rein privaten Einschätzung nach nur in unzureichender Form.

Meine Kenntnisse sind da andere, oder wir sprechen über unterschiedliche Dinge, mehr will ich hier dazu nicht schreiben.
Zur Bedeutung von Strategie:

Strategie ist die sinnvolle Festlegung. Und damit ist Strategie der Schritt VOR der Planung!

Was wäre nun eine "sinnvolle Festlegung"? Fünf Beispiele der einfachsten Art:

⤷ Für meine Kampfsportkarriere: Boxen oder Ringen?

⤷ Wohnen in der Stadt oder am Land?

⤷ Beruf Apotheker oder Uhrmacher?

⤷ Zucht von Rindern oder Muscheln?

⤷ AG oder GesmbH?


Einmal festgelegt, beeinflusst Strategie anschließend alles folgende und kann nicht einfach rückgängig gemacht werden. Entweder ich werde Box-Champion oder Ringer-Champion. Das muß ich vorher wissen. Körperliche Faktoren spielen neben 100 anderen Faktoren eine Rolle und dadurch habe ich vielleicht keine Wahl. Nicht immer kann man die Strategie auswählen, sondern wird einem aufgezwungen (Situation Niederwerfungsstrategie gegen Ermattungsstrategie).

Eine strategische Entscheidung ist also jene, die ich von Beginn an treffen muß und die ich nicht einfach wieder abändern oder gar revidieren kann. Andernfalls wäre es Taktik.

Strategie dient demnach nicht der Zielerreichung, sondern gibt überhaupt erst Ziele vor!

Und schließlich: Strategien sind keine Lösungen, schon gar keine vorgefertigten.
Leider heute keine Zeit mehr. Nur ganz kurz zur Erheiterung am Rande:

https://www.youtube.com/watch?v=hK-ud6twXFM

ab 1:56 / Antwort bei 2:05

Also meine Abteilung ich, wir haben sicherlich keinen Plan.....

Generalleutnant Schneider, Leiter der Abteilung Strategie im Ministerium
@Quintus / Helios

Entschuldigt, dass ich mich so verspätet melde - ich war die letzten beide Tage unterwegs. Bzw. ja, also meine Intention war es, die taktische Ebene in diesem spezifischen Kontext und auch nur speziell bzgl. des Vergleiches zu einer US-Streitmacht als gewichtiger anzusehen als die strategische. Hierzu sagte ich, als Gedankenmodell, dass eine entsprechend gut ausgestattete, ausgebildete, gefestigte etc. Truppe - gerade das, was die russische Armee gegenwärtig eben nicht ist - samt entsprechendem CAS und guter Aufklärung die strategischen Fehler bis zu einem gewissen Grad bzw. mit recht guten Chancen taktisch hätte auffangen können.

Es ist allerdings sicherlich auch nur eine Momentaufnahme und einzig bezogen auf den jetzigen Konflikt, generell muss aber natürlich jeder Kriegsschauplatz individuell beurteilt werden, was dazu führen kann, dass es auch Szenarien geben kann, wo meine Rechnung nicht aufgeht bzw. die strategische Ebene die taktische entscheidender beeinflussen könnte. Meine Darstellung soll also nicht in Blei gegossen sein, bezogen auf den Ukraine-Krieg, so denke ich, würde sie indessen sehr wahrscheinlich zutreffen.

Schneemann
Eines der meiner Meinung nach interessantesten Elemente dieses Krieges, welches ich so vorher nicht mehr für möglich gehalten hätte sind die relativ steifen Frontlinien. Es gibt wieder eine ganz klare HKL, ausgebaute Graben- und Stellungssysteme und diese werden nicht durchbrochen sondern frontal abgenutzt.

Das widerspricht allem was ich bisher im Blog als Kriegsbild für zukünftige Kriege so gezeichnet hatte, nämlich dass Großkampfverbände eher wie Inseln in weiten Räumen mit sehr geringer Truppendichte sich relativ frei bewegen solange sie nicht direkt massiv angegriffen werden (direkt oder indirekt).

Stattdessen haben wir 1WK artige Stellungssysteme, welche eigentlich prädestiniert dafür wären mit mechanisierten Einheiten durchbrochen und aufgerollt zu werden, womit sie nach dem Durchbruch auch völlig sinnfrei und wertlos werden.

Dies geschieht anscheinend vor allem deshalb nicht, weil die Artillerie solche Durchbruchsversuche mechanisierter Einheiten weitgehend zusammen schlägt. Die Front entsteht als durch die Wirkung der Artillerie auf die Durchbruchselemente.

Es glingt nun beiden Seiten nicht die feindliche Artillerie ausreichend auszuschalten bzw. für den benötigen Zeitraum während des Durchbruchs niederzuhalten. Weder aus der Luft noch mit eigener Artillerie.

Westliche Streitkräfte bedürfen daher meiner Ansicht nach einer größeren Konterartillerie-Befähigung, und zwar sowohl in der Luft als auch am Boden. Dies bedeutet zwingend mehr Luft-Boden Fähigkeiten bei den Flugzeugen, mehr Munition für solche Einsätze und weiter reichende und präzisere Artillerie, sei es Rohr oder Rakete und entsprechend deutlich mehr Aufklärungsmittel welche man entsprechend in die Tiefe des gegnerischen Raumes hinein einsetzen kann.

Nun hört man allenorten, dass unsere Luftwaffen diese Aufgabe schnell und vollständig lösen würden. Das bezweifle ich aber, trotz der immens viel größeren Möglichkeiten welche gerade die US Luftwaffe hier hat. Um im nächsten (modernen) Krieg möglichst schnell die Entscheidung herbei zu führen (was zwingend notwendig ist), muss man möglichst schnell, also gleich zu Beginn die feindliche Artillerie aus der Distanz angehen, da nur so der Durchbruch entsprechender Großkampfverbände sicher gewährleistet ist.

Nach dem Durchbruch kann dieser dann von schnelleren Einheiten exploriert werden und dann kann man sich die feindliche Artillerie auch so mit Bodentruppen greifen bzw. vor sich her treiben. Für das initiale Moment aber benötigen wir mehr Feuerkraft / Kampfkraft welche zudem schneller und weitreichender bewegbar sein muss und ad hoc auf bestimmte Bereiche konzentrierbar sein muss.

Dies geht am besten aus der Luft UND mit weitreichender Raketenartillerie, wobei die Luftkomponente zugleich auch der Aufklärung dient. Sich hier zu sehr auf die Luft zu spezialisieren ist meiner Meinung nach ungenügend.

Im weiteren sollte man es gar nicht erst dazu kommen lassen, dass der Gegner entlang bestimmter Geländeformen und Städten etc eine Art Front aufgebaut bekommt. Die entsprechenden feindlichen Truppen sollten im Idealfall schon in ihren Bereitstellungsräumen angegriffen und dem folgend nie mehr gänzlich in Ruhe gelassen werden. Aber auch wenn dann eine Front zustande kommt, kann man diese durchbrechen und zerschlagen.

Dazu wäre es aber besser, zwischen dezidierten Durchbruchseinheiten und leichteren beweglicheren Elementen zu unterscheiden, welche dann den Durchbruch explorieren und schon ist man wieder bei dem Konzept des Angriffs in die Tiefe mit schweren- und leichten Panzern. Welches eigentlich genuin russisch ist, auch wenn die RF dies offenkundig vergessen hat. Interessantererweise geht der aktuelle Plan der USA entsprechende überschwere Durchbruchs-Divisionen zu schaffen auch in diese Richtung.

Das leitet dann gleich über zur Frage der Größe der Verbände. Um eine entsprechende Front mit möglichst geringen eigenen Verlusten tatsächlich durchbrechen zu können benötigt man mehr Masse in einem Verband. Während umgekehrt die Einheiten welche den Durchbruch explorieren explizit kleiner und kompakter sein sollten.

Will man beide in einem Verband abbilden, so könnte man an eine Division denken, welche geschlossen den Durchbruch führt, und dem folgend wird dieser dann von Teilen / Untereinheiten der Division exploriert, welche dezidiert dafür vorgesehen und ausgerüstet sind. Spezifisch für die Pläne der Bundeswehr könnte man dafür die hier bereits im Forum vor kurzem auch mal angerissene Struktur einer Eingliederung von leichten und mittleren Brigaden in eine Division mit jeweils mehreren schweren Brigaden dafür andenken.

Die mittleren Kräfte dienen dabei als Plänkler, bereiten damit den Durchbruch der schweren Einheiten vor, und explorieren dann als Streifscharen zusammen mit den leichten Kräften den erzielten Durchbruch. Dazu müssen solche "leichteren" Brigaden aber auch die notwendige organische Durchhaltefähigkeit haben, also unabhängig von ihrer Eingliederung in eine Division als selbstständige Verbände konzipiert und aufgestellt sein.

Dies führt zu der Frage, ob man solche Einheiten überhaupt innerhalb einer Division eingliedern muss, oder ob man sie nicht einfach als Korpstruppe unabhängig von den Divisionen vorhält.

Insgesamt stellt die Existenz von Frontlinien im allerklassischsten Sinne hier vieles in Frage was man bereits für gesichert gehalten hat.
Zitat:Dies geht am besten aus der Luft UND mit weitreichender Raketenartillerie, wobei die Luftkomponente zugleich auch der Aufklärung dient. Sich hier zu sehr auf die Luft zu spezialisieren ist meiner Meinung nach ungenügend.
Wir werden um die Luftkomponente als Säule des Konzeptes aber nicht herumkommen, denn sie wird m. M. n. entscheidend sein. Raketenartillerie alleine kann wiederum vom Gegner mit ähnlichen Systemen allzu leicht bekämpft werden, auch ist es technisch eher und schneller machbar, hier wieder eine Parität herzustellen. Aber eine Überlegenheit in der Luft wird nicht so einfach herausgefordert werden können, da hierzu die technischen Notwendigkeiten wesentlich umfangreicher und komplexer und schwieriger aufzuholen sind. Ist eine Luftüberlegenheit erst einmal etabliert, so hilft es dem Gegner auch nicht, wenn er eine stärkere Artilleriekomponente besitzt. Diese wird zerschlagen werden und die Luftwaffe wird dann den Durchbruch der Panzerverbände durch eine HKL ermöglichen können.

Schneemann
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