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Normale Version: Militärische Lehren aus dem Ukraine-Krieg
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Trump hat erst vor kurzem öffentlich gesagt, er hätte den Ukrainekrieg verhindern können wenn er Präsident gewesen wäre, indem er Russland entsprechend bedroht hätte. Und dass man auf die Andeutung des Einsatzes von Nuklearwaffen durch die Russen mit einer massiven Drohnung mit Nuklearwaffen reagieren muss etc etc

Was er dann real praktisch in Bezug auf die Ukraine tun wird oder getan hätte hängt aber auch meiner Einschätzung nach davon ab, wie genau gerade seine Tagesform ist, was er bei Fox News vor kurzem gesehen hat, und wie sehr man ihm geschmeichelt hat - oder nicht.
@Facilier
Zitat:Wenn Selenskyj clever ist, lädt er Trump mit allen Ehren ein und preist ihn als größten US-Präsident aller Zeiten. Anschließend wird Trump seine Hilfen für Kiew verdoppeln. Da würde ich fast drauf wetten.

Trump ist ein narzisstischer Charakter, entsprechend will er anerkannt und ein wenig Zucker in den Hintern geblasen bekommen. Da er das sehr vermisst und so viele ihn verachten, hätte man hier auch ein recht leichtes Spiel. Nach diesen Regeln muss man mit Trump spielen - nicht mit den "üblichen". Am wenigsten geschnallt hatte das Angela Merkel, der Trump ja dann sogar den Handschlag verwehrt hat.
Fraglich. Ich denke, man kann Trump noch so sehr umgarnen, aber es bringt einem schlicht nichts, zumindest keinen kalkulierbaren Vorteil - und wirklich berechenbarer macht es ihn auch nicht. Shinzo Abe und Macron haben es probiert mit der Umgarn-Taktik, und dennoch hat Trump wahlweise einfach erratisch reagiert und auch z. B. Japan mit Strafzöllen bedroht bzw. solche verhängt. Allenfalls dann, wenn die Ukrainer ihm irgendwelche schmutzigen Geheimnisse der Demokraten verraten würden/könnten, fühlte er sich ihnen wohl etwas mehr verbunden. Wenn überhaupt...

Und wenn Selenskyj ihm irgendwie mit irgendwas auf den Keks gehen würde (man stelle sich vor, der doch gerne etwas provokanter argumentierende Hr. Melnyk wäre in Washington statt in Berlin), dann wäre Trump wohl schneller dabei den führenden General der neuen russischen Junta zu umarmen als man "Rasputiza" buchstabieren könnte.

Schneemann
(02.05.2022, 13:01)Schneemann schrieb: [ -> ]Japan mit Strafzöllen bedroht bzw. solche verhängt.

Naja, das mit den Strafzöllen macht faktisch auch Sinn für die USA, viel mehr allerdings gegen China...verstehe die Aufregung deswegen nicht:

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/c...60.svg.png

Eigentlich ist der Dollar massiv überbewertet für die Leistungsfähigkeit der US-Wirtschaft. Eine Abwertung hätte die selbe Funktion wie die Zölle, Importe aus Japan würden massiv teurer für die USA. Aufgrund seiner Funktion als Weltleitwährung ist der Dollar aber tendenziell immer überbewertet, darum wären Zölle eine faire Kompensation.

Man hat natürlich Schiss davor, weil man sich durch diesen Mechanismus an günstige China-Importe auf Kredit gewöhnt hat. Die US-Wirtschaft ist zu einem verfetteten Junkie verkommen, der Angst vor Entzug hat.

Diese Junkie-Wirtschaft hat aber noch ein paar weitere Nachteile: Jobs wurden massenhaft nach China verlagert, ganze Landstriche in den USA sind verkommen, die früher wirtschaftliche Zentren waren. Und dann wundert man sich, wenn die Leute Trump wählen?

Die heutigen pseudo linksliberalen Demokraten sind übrigens die Verkörperung dieser Junkie-Wirtschaft. Sie verzichten auf Zölle und kompensieren die Defizite mit der Druckerpresse. Fast eine Billionen pro Jahr ( ! ) Ob das so Prall ist?
@Quintus

Zitat: Und exakt das meine ich. Dann kommt es zum Krieg, die USA machen aber nicht mit, die EU steht alleine da und keineswegs werden dann die EU Luftwaffen sich so einfach durchsetzen können.
Im übrigen überschätzt man die Bedeutung von Technik in der Kriegsführung (sie ist natürlich sehr wichtig, aber sie hat nicht das Ausmaß von Wichtigkeit welche ihr heute zu viele zuschreiben).
Beispielsweise hat man mal die Schlacht von 73 Easting […]

Wann soll das denn passieren? Russland wird viele Jahre benötigen um seine Streitkräfte wieder aufzubauen. Und für die Einführung neuen Gerätes wird gerade in Bereichen der Luftkriegsführung das Geld fehlen.
Auf Europäischer Seite befinden wir uns gerade mitten in einen Generationenwechsel hin zu 5th Gen und werden das bis zum Ende dieser Dekade abgeschlossen haben. Wir werden dann in Europa über Luftwaffen verfügen, die sich meines Erachtens sehr wohl gegen alles was Russland perspektivisch (wieder) aufbieten können wird durchsetzen werden. Wir können dann alleine ganze ohne Überseepartner an die 400 F-35 aufbieten, plus eine ähnliche Zahl ältere Modelle. Wie soll Russland die Luftverteidigung denn strukturieren, dass sie dagegen ankommen können?

73 Easting ist jetzt über 30 Jahre her. Das entspricht in früheren Zeiten den Entwicklungssprung vom Pferd zur Atombombe. Während sich bei den Landstreitkräften nicht sonderlich viel getan hat, gab es in der Luftkriegsführung einen Entwicklungssprung von zwei Generationen und in den USA wird man schon in wenigen Jahren den nächsten Schritt vollziehen. 73 Easting würde so heute nicht mehr stattfinden. Schlicht und einfach weil in einem vergleichbaren Szenario sich keine Bodenstreitkraft der Welt gegen hunderte taktische Kampfflugzeuge halten können wird. Die Sprünge im Bereich der Sensorik- und Waffenentwicklung sind zu groß dafür und wurden bislang noch nicht ansatzweise eingepreist.

Ich bin da durchaus der Ansicht, dass bei einer geordneten Mobilisierung der westlichen Luftmacht über zwei bis drei Wochen das Gros der russischen Luftverteidigung am ersten Tag vernichtet werden würde. Bei einem russischen Überraschungsangriff mag dies anders aussehen, gemessen an dem Vorspiel zum Angriff auf die Ukraine halte ich das aber für sehr wenig wahrscheinlich. Ich hege da keinen Zweifel, dass die Nato ab Tag 1 sich über dem Einsatzgebiet soweit die Luftüberlegenheit gesichert hat, dass mit spätestens der dritten Welle nahezu uneingeschränkt gegen Bodenziele gewirkt werden kann.

Man würde sich da in einem Krieg gegen Russland auch nicht irgendwie Zeit lassen und ‚bedacht und vorsichtig‘ vorgehen, sondern ab der ersten Stunde dem russischen Angriff alles entgegenwerfen was man hat und durchaus Risiken eingehen und Verluste in Kauf nehmen. Die Abwehr eines russischen Angriffs auf Europa kann nicht mit den Interventionen vergangener Jahr(zehnte) verglichen werden. Ziel der Nato wird es – wie im Kalten Krieg – sein, den russischen Angriff möglichst schnell und möglichst vor dem Erreichen von Bevölkerungszentren zu stoppen.

Natürlich müssen dahingehend unsere Fähigkeiten weiter ausgebaut werden. Natürlich steht die Bundeswehr längst nicht da wo sie sein müsste. Aber nochmals – es der falsche Weg, die Lücken anhand des aktuellen Kampfgeschehens im Donbass definieren zu wollen. Es ist völlig belanglos, dass die Bundeswehr mit dem Geschehen wie es aktuell im Donbass stattfindet vollkommen überfordert wäre. Ein solches Kampfgeschehen würde sich bei Beteiligung der Nato schlicht und ergreifend nicht ergeben. Wir sind hier jetzt und heute so aufgestellt, dass wir (zusammen mit den USA) die russischen Streitkräfte wie sie hier jetzt und heute im Donbass agieren binnen weniger Tage nicht nur stoppen, sondern vollumfänglich zerschlagen könnten. Und das würde auch nur so lange dauern, weil die Russen gerade am falschen Ende der Ukraine rumturnen und das Kampfgebiet eine ganze Ecke von unseren Luftwaffenbasen entfernt ist.

Aber wie auch immer. Wir müssen Fähigkeiten stärken, die unserer Art Krieg (gegen Russland) zu führen zuträglich sind. Fähigkeiten aufzubauen um einen Krieg gegen Russland so zu führen wie ihn die Ukraine gerade führen muss ist dagegen ein Irrweg. Unsere Luftwaffen werden durch die Tatsache, dass die Ukraine keine haben und sich trotzdem behaupten können nicht negiert.

Zitat: Meiner Meinung nach ist das exakt diese gefährliche Hybris zur Zeit die meiner Ansicht nach daraus resultiert, dass man die Umstände der Gegenwart zu weitgehend in die Zukunft überträgt und zu sehr den Status quo einfach linear weiter extrapoliert. Es gibt sowohl militärisch wie wirtschaftlich wie politisch fortwährend massive Brüche. Wenn man das ignoriert fällt man genau solchen Umbrüchen zum Opfer.

Die Umstände der Gegenwart bestimmen nun mal was morgen ist. Russland kann nicht zaubern und wird auch zukünftig nicht die Kraft aufbringen können, die strukturellen Probleme der Streitkräfte zu lösen. Schon garnicht mit dem jetzigen Regime und einer Fortführung des nationalistisch, anti-westlichen Kurses unter dem Druck bleibender Sanktionen und fortgesetztem Brain-Drain.

Dazu lohnt es sich auch mal deutlich zu machen, dass das Trauerspiel das wir jetzt in der Ukraine sehen, das Ergebnis jahrelanger Bemühungen ist, die russischen Streitkräfte kriegsfähig aufzustellen. Wie sollen die es nach der Ukraine irgendwie gebacken bekommen, irgendwelche revolutionären Schritte zu gehen um uns zu überrunden? Ich sehe das nicht und halte diese Warnungen vor einem wunderhaft erstarkenden Russland nicht für zielführend.

Am allwahrscheinlichsten ist und bleibt es, dass in Russland der alte Trott auch nach der Ukraine weitergehen wird und man sich ob des verlorenen konventionellen Potentials noch mehr auf den Nuklearschirm abstützen wird.
Schneemanns Prognose klingt deutlich realistischer als Limes. Fazit ist aber so oder so: Das ganze Thema sollte geklärt sein, bevor welcher Trump auch immer gewählt wird.

(02.05.2022, 08:00)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]1. Generierung von Mannschaften durch eine Reform des Militärwesens

Das könnten wir durchaus, würden wir die notwendigen Mittel dafür aufwenden und würden wir die Mannschaftslaufbahn von ihren überkommenen Formen und Bedingungen befreien.
Klar könnten wir das theoretisch. Nur ist es nicht realistisch.

Zitat:Die Idee aber selbst nur noch Führen zu wollen, etwas San dazu und ein paar Hochwert-Systeme, während die Geführten aus den Soldaten der Osteuropäer bestehen (Rahmennationen-Konzept) ist nicht nur sicherheitspolitisch risikoreich, sie krankt auch daran, dass sie von den Osteuropäern nur dazu ausgenützt werden wird ihre Kosten in Friedenszeiten auf uns auszulagern, uns im Kriegsfall aber mal rein gar nichts zu unterstellen. Den dass es so kommen wird ist die höhere Wahrscheinlichkeit (und wurde mir schon ganz offen von Soldaten in der Slowakei und in Polen eröffnet).
Das ist schon noch eine Frage davon, wie man das umsetzt. Natürlich können nicht einfach nur Führungs- und Spezialfähigkeiten gestellt werden. Eine Führungsnation (was wir sein müssen) muss natürlich alle Ebenen abdecken und eigene vollumfängliche Kampfverbände vorhalten. Und das tun wir ja auch. (Mehr oder weniger)
Nur ist es in meinen Augen einfach nicht realistisch, dass wir eine deutliche Verschiebung innerhalb unsere Streitkräfte von Offizieren zu Mannschaften, von Spezialfähigkeiten zu echter Infanterie, von Qualität zu Quantität umsetzen können, solange die Bedrohung noch nicht wieder an unserer eigenen Grenze steht.

Zitat:2. Generierung von Mannschaften durch eine wesentlich weiterführende Roboterisierung der Kriegsführung
Wozu mMn aktuell gerade der notwendige Artillerieaufwuchs Potential hat. Zwei RCH können eine PzH2k ersetzen, ohne dass es dazu einen Personalaufwuchs bräuchte. Und ich bin zwar kein Experte für die Logistik und Instandhaltung, kann mir aber vorstellen, dass auch der entsprechende Rattenschwanz nicht deutlich anwachsen dürfte, wenn das schwere Unikum-Kettensystem durch den breit eingeführten Radpanzer ersetzt wird. Alleine der Wegfall von Panzertransportern sollte die zusätzlichen Exemplare kompensieren.

Zitat:3. Generierung von Mannschaften durch richtige Schwerpunktsetzung

Wir streuen in der Bundeswehr zu sehr was die Fähigkeiten im Kampf angeht. Abgesehen von diesem mangelndem Schwerpunkt bei dem was kämpft, haben wir in der real existierenden Bundeswehr definitiv einen Schwerpunkt beim Sanitätswesen (auslagerbar), bei der Führung (muss reduziert werden - dringend notwendiger Teil von 1.) und bei de facto zivilen Behörden welche an die Bundeswehr angehängt sind (kann man auch auslagern und drastisch vermindern). Es fehlt also ein Schwerpunkt in Bezug auf die Generierung von Kampfkraft (wo und wie man diese exakt produziert) und stattdessen hat man einen Schwerpunkt in nicht-kämpfenden Bereichen welche höchst fragwürdig sind. Dies muss komplett verschoben werden. Es müssen aus der Bundeswehr bestimmte Elemente heraus und/oder sie müssen drastisch reduziert werden. Und da beißt sich die Schlange in Richtung 1. gleich wieder in den Kopf: mit unseren überkommenen Strukturen und all diesem überkommenen "militärischen" Getue wird das nicht bewerkstelligbar sein.
Das würde ich gar nicht so problematisch sehen. Einfach das gesamte Kommando Territoriale Aufgaben aus der Bundeswehr aus- und dem THW angliedern. Dessen einziger zwangsläufig militärische Teil ist doch die Territorialreserve. Und die ist in der derzeitigen Größenordnung militärisch eh irrelevant. Dann lieber all das in den Zivilschutz packen und die Bundeswehr komplett davon befreien. Das Prinzip der Amtshilfe umkehren und seitens der Bundeswehr auf Unterstützung durch den Zivilschutz zurückgreifen. Übrigens eine interessante Option, ausscheidenden Zeit- und älteren Berufssoldaten den Wechsel in diese Zivilschutzorganisation zu ermöglichen.

Aber um das nochmal auf das eigentliche Thema zurück zu führen:
Eine Territorialverteidigung, wie sie derzeit in der Ukraine stattfindet, ist in Deutschland realistisch betrachtet unmöglich geworden, und solange wir nicht wieder Frontstaat werden, bleibt das auch so. Daher müssen wir darauf setzen, eine Verteidigung weiter vorne durchzuführen, wo die Gesellschaften das noch leisten können. Demensprechend halte ich unsere Ausrichtung auf Qualität und Spezialisierung unter Einbindung der Osteuropäischen Quantität weiterhin für das Beste, das wir momentan realistisch erreichen können.
Werter Nightwatch,

zunächst bitte ich darum die Verzögerung meiner Antwort zu entschulden. Kam leider nicht schnell genug dazu.

In Wahrheit sind wir gar nicht weit auseinander und ich kann dem größten Teil deiner Aussagen vollauf zustimmen. Deine Ausführungen zur Luftmacht habe ich selbst hier im Forum ja auch immer wieder und wieder dargelegt und deshalb - wie ich es ja hier auch schon geschrieben habe - einen Schwerpunkt für die Luftwaffe und bei der Luftkriegsführung gefordert.

73Easting war nicht als Beispiel dafür gedacht, wie heute eine Schlacht laufen würde, sondern ich wollte darauf hinaus wie sich Technologie zueinander in der Generierung von Kampfwert verhält. Das ist nur ein Beispiel und meine Aussagen bezogen sich auf den technologischen Unterschied zwischen den USA und den Irakern damals. Der technologische Unterschied zwischen USA und Irak war ungefähr so wie der zwischen uns und Russland heute. Und dennoch kann die technologisch unterlegene Seite sich durchsetzen oder wesentlich höhere Verluste erzeugen. Deshalb mein Hinweis darauf, dass diese Schlacht auch ganz anders hätte verlaufen können.

Und deshalb halte ich es zwar grundlegend für richtig, dass wir mit den westlichen Luftstreitkräften die russische Armee schnell und zeitnah zerschlagen könnten, aber dies ist kein Axiom auf welches man sich blind verlassen sollte und damit genau dies was du hier beschreibst umso sicherer und umso schneller geschieht, sollten wir eben deutlich und massiv für die Luftkriegsführung aufrüsten. Natürlich würde auch das reichen was bereits ist, aber ein gewisser "Overkill" macht die Sache noch wesentlich sicherer und noch wesentlich schneller und er macht sie auch dann noch erfolgreich wenn Friktionen und andere unvorhergesehene Umstände den Erfolg gefährden.

Es ist denkbar, dass es wenn wir beim Status Quo mit unseren Luftwaffen bleiben eben nicht so läuft wie du es hier beschreibst (was ja schlußendlich exakt das ist was ich auch anstreben würde, weil ein solcher Sieg gleich zu Beginn des Krieges in de facto einer sofortigen "Entscheidungsschlacht" exakt das ist was unsere Gesellschaften benötigen). Wir benötigen aufgrund der Umstände einen möglichst kurzen Krieg der de facto sofort entschieden wird. Diese sofortige Entscheidung muss herbei gezwungen werden können, auch wenn vieles schief läuft, und trotz jedweder denkbarer Friktion.

Deshalb meine Aussage, dass wir mehr Kampfkraft benötigen als dies jetzt für notwendig angesehen wird. Insbesondere in der Luft.

Zitat:Wir müssen Fähigkeiten stärken, die unserer Art Krieg (gegen Russland) zu führen zuträglich sind. Fähigkeiten aufzubauen um einen Krieg gegen Russland so zu führen wie ihn die Ukraine gerade führen muss ist dagegen ein Irrweg. Unsere Luftwaffen werden durch die Tatsache, dass die Ukraine keine haben und sich trotzdem behaupten können nicht negiert.

Da hast du mich definitiv falsch verstanden. Meine Forderung beispielsweise nach 1 Millionen Artilleriegranaten ist keinerlei Negierung der Luftwaffe und zielt auch nicht darauf ab mit den Russen ein Artillerieduell auszutragen und eine Stärke gegen ihre primäre Stärke zu setzen. Das ergibt sich aus der geringen ! Zahl welche hier nannte. Diese "Menge" wäre nämlich selbst bei einem sparsamen Verbrauch rasant verschossen. Was ich hier in Bezug auf die Stärkung der Landstreitkräfte fordere ist keine Negierung der Luftwaffe und zielt auch nicht auf eine Kampfweise ab wie sie die Ukrainer jetzt führen, sondern es soll eine Verstärkung unserer Luftwaffen sein, um diese zu entlasten und um deren Kampfkraft besser nutzen und einsetzen zu können und der Verbund von Boden und Luft ist hier das entscheidende in der Form: dass der Boden der Luft zuarbeitet.

Heute sieht man den Begriff Luftnahunterstützung und denkt sich die Luftwaffe als ein Element, welches den Boden unterstützt. Ich sehe das genau anders herum: der Boden ist dazu da die Luftwaffe zu unterstützen, er dient ihrem Einsatz (im konventionellen Krieg). Meine Forderungen nach einer massiven Stärkung des Bodens gehen daher auch immer einher mit einer massiven Veränderung der Strukturen und der Ausrüstung, damit diese Unterstützende Rolle eingenommen werden kann.

Dein einziger Fehler in deiner Kausalkette ist meiner Meinung nach, dass du die Russen unterschätzt und dass du zu konventionell denkst in Bezug auf die zukünftige Kriegsführung. Es kann natürlich sein, dass es so ist, wie du es schreibst, es sieht auch alles danach aus. Aber meiner rein persönlichen Meinung nach sollte man halt nie den Fehler machen und davon ausgehen, dass der nächste Krieg wieder eine solche Form haben wird und dass der Feind genau so schwach sein wird. Niemals. Es gab immer wieder in der Geschichte massive militärische Umbrüche und solche könnten zeitnah ebenfalls wieder geschehen. Und wir sind schlecht darauf eingestellt, und es fehlt an der Quantität um gegen plötzliche Umbrüche und die daraus resultierenden Verluste und Problemstellungen noch genug Reserven zu haben.

Zudem ist Technologie eben nicht alles. Man siegt nicht allein dadurch, dass man technologisch überlegen ist, sondern ganz im Gegenteil ist das in vielen denkbaren kriegerischen Szenarien nur ein Faktor von vielen und meist nicht einmal ein Hautpfaktor.

Beispielsweise besiegten die USA die Iraker nicht wegen ihrer überlegenen Technologie und auch wenn die Luftwaffe eine entscheidende Rolle spielte nicht durch die Überlegenheit ihrer Luftwaffe (auch wenn sich das jetzt kontraintuitiv anhört). Und selbst wenn der technologische Abstand noch weiter steigen sollte, ändert das nichts daran, dass er allein nicht der ausschlaggebende Faktor ist.
Broensen:

Zitat:Demensprechend halte ich unsere Ausrichtung auf Qualität und Spezialisierung unter Einbindung der Osteuropäischen Quantität weiterhin für das Beste, das wir momentan realistisch erreichen können.

Damit implizierst du, dass wir diese Ausrichtung bereits erreicht hätten (unsere). Besser wäre es semantisch von eine Ausrichtung zu schreiben, den wir sind weit davon weg. Weder haben wir die Qualität noch die Spezialisierung, sollte man einen solchen Ansatz verfolgen müsste man einiges ändern. Und um bei deinem Hauptgegenargument zu bleiben: ist das realistisch?

Speziell zur Infanterie noch: Echte leichte Infanterie sehe ich als Spezialfähigkeit an. Damit meine ich nicht irgendwelche konventionelle Infanterie wie sie die Osteuropäer haben, sondern Verbände mit einem wesentlich höheren Niveau was das können angeht. Wozu ein KSK wenn die gesamte Jägertruppe diesselben Fähigkeiten hätte ?! Wenn man es will könnte man auch davon sprechen, Kommandoeinheiten massivst auszubauen, aber genau genommen will ich nicht auf Sonder-Einsätze hinaus, sondern durchaus auf den Einsatz im konventionellen Krieg.

Eine solche Eliteinfanterie würde gerade in Osteuropa einiges an Terrain haben, in welchem sie erhebliches leisten könnte.
ich steige hier auch mal in die Diskussion ein...
Erkenntnisse aus dem bisherigen Krieg:

Voraussetzung:
Russland hat keine vollständige Luftüberlegenheit und nicht ausreichend Luftwaffe und Präzisionsmunition.

Die Ukraine kann trotz Unterlegenheit auf dem Papier durch moderne westliche Ausrüstung bisher gut entgegenhalten.

wichtige Elemente bei diesem widerstand:
+ Aufklärung (kleine/mittlere Drohnen) + Vernetzung + Auswertung Ergebnisse vor Ort sehr wichtig
+ Panzerabwehr FK sehr essentiell
+ SHORAD wäre sehr wichtig
+ Loitering Munition wichtig (Aufklärung und Wirkung zugleich)
+ Artillerie kombiniert mit guter Aufklärung und Präzision wichtig (Beispiel Vernichtung russ Bataillon bim übersetzen)
+ Versorgung/Nachschub an Betriebsstoffen/Munition/Fahrzeugen extrem wichtig
+ Mobilität wichtig

klassisches mittel/schwer gepanzertes Bataillone sind unterlegen
-> teilweise Ausrüstungs- und Ausbildungsmängel wohl auch Ursache dafür

wenn ich davon jetzt eine moderne Ausrüstung für die Bundeswehr ableiten müsste würde ich folgende Fokuspunkte festlegen:
+ viele zusätzliche kleine/mittlere Aufklärungsdrohnen (Quantum Systems) nötig
+ viele neue SHORAD Systeme (Skyranger30) auf Basis Boxer und Basis Lynx41, min 300-400 Systeme
+ Anschaffung Loitering Munition (HERO Reihe) und am besten deren Integration in Fahrzeuge (Beispiel Lynx SPZ) aber auch für leichte Fahrzeuge
+ viel mehr Panzerabwehr FK beschaffen (SPIKE in allen Varianten)
+ mehr Artillerie (Basis PZH2000 und Boxer) mindestens 200-300 Systeme
+ viel Präzisionsmunition für Artillerie (Vulcano und Co)
+ für Aufklärung und Wirkung am Boden reichen ggf auch leicht gepanzerte 4x4 Fahrzeuge (JLTV) mit schwerer Waffenstation und Panzerabwehr FK (SPIKE)
-> Bevorratung an Material und Munition für Minimum 30 Tage und ausreichend Produktionskappa für Nachschub
Ergänzend:

Für die Frage wie man die Kräfte am Boden ausrüstet kann ich durchaus zustimmen. Jedoch:

Da Krieg immer mehr Schere - Stein - Papier ist als alles andere, wäre es absolut wesentlich genau dort anzusetzen wo die russsiche Schwachstelle ist, und insbesondere die Schwachstelle welche sie am schlechtesten beseitigen können, wo also die Lücke ist, welche sie am schlechtesten schließen werden können und dass ist in der Luft.

Wir bräuchten deshalb zwingend einen Schwerpunkt bei der Luftwaffe, welcher meiner Meinung nach völlig unzureichend ist, trotz der jetzt zutage getretenen russischen Mängel und Schwächen bei derselben. Das reicht von mehr Luft-Boden Fähigkeiten bis hin zu deutlich mehr Wirkmitteln und Präzisionsbomben etc und auch einer möglichst weiträumigen Luftwaffeninfrastruktur und auch einer mobilen Luftwaffeninfrastruktur.

Dann würden wir, wie Nightwatch es auch immer so treffend betont, die russischen Truppen in wenigen Tagen aus der Luft regelrecht zerfetzen können.
(13.05.2022, 10:13)Quintus Fabius schrieb: [ -> ]Ergänzend:

Für die Frage wie man die Kräfte am Boden ausrüstet kann ich durchaus zustimmen. Jedoch:

Da Krieg immer mehr Schere - Stein - Papier ist als alles andere, wäre es absolut wesentlich genau dort anzusetzen wo die russsiche Schwachstelle ist, und insbesondere die Schwachstelle welche sie am schlechtesten beseitigen können, wo also die Lücke ist, welche sie am schlechtesten schließen werden können und dass ist in der Luft.

Wir bräuchten deshalb zwingend einen Schwerpunkt bei der Luftwaffe, welcher meiner Meinung nach völlig unzureichend ist, trotz der jetzt zutage getretenen russischen Mängel und Schwächen bei derselben. Das reicht von mehr Luft-Boden Fähigkeiten bis hin zu deutlich mehr Wirkmitteln und Präzisionsbomben etc und auch einer möglichst weiträumigen Luftwaffeninfrastruktur und auch einer mobilen Luftwaffeninfrastruktur.

Dann würden wir, wie Nightwatch es auch immer so treffend betont, die russischen Truppen in wenigen Tagen aus der Luft regelrecht zerfetzen können.

Ja…hier auch 100% Zustimmung von mir…
Ich denke innerhalb der NATO ist man hier sehr gut aufgestellt…nur auf Europa geschaut schaut es nicht so gut aus…
Die Frage ist ob die NATO in einem Konflikt mit Russland die komplette Lufthoheit erobern könnte…
gerade von der auf dem Papier sehr guten bodengebundenen Fliegerabwehr der Russen ist bisher nicht viel zu sehen…hier denke ich dass Russland der NATO schon sehr stark Zusätzen würde…
Für die Bundeswehr wäre es wichtig ALLE Eurofighter auf MultiRole anzupassen und eine Masse an Präzisionsmunition zu beschaffen (LJDAM und Brimstone/SPEAR)
außerdem vermehrt UCAV zu beschaffen und zu integrieren (loyal wingman)
@ObiBiber
Zitat:Die Frage ist ob die NATO in einem Konflikt mit Russland die komplette Lufthoheit erobern könnte…
gerade von der auf dem Papier sehr guten bodengebundenen Fliegerabwehr der Russen ist bisher nicht viel zu sehen…hier denke ich dass Russland der NATO schon sehr stark Zusätzen würde…
Für die Bundeswehr wäre es wichtig ALLE Eurofighter auf MultiRole anzupassen und eine Masse an Präzisionsmunition zu beschaffen (LJDAM und Brimstone/SPEAR)
außerdem vermehrt UCAV zu beschaffen und zu integrieren (loyal wingman)
Ich denke ja, d. h. die NATO könnte durchaus nicht nur eine Luftüberlegenheit erringen, sondern quasi auch eine Luftherrschaft implementieren. Sicherlich würde es Verluste geben, aber solche gibt es schlicht immer, nur würden diese nicht allzu stark ins Gewicht fallen. Ich bin ehrlich gesagt überrascht, wie wenig effektiv (besser: zugegen) die russische Luftabwehr ist, dabei haben die russischen Streitkräfte durchaus einige - zumindest auf Paraden und gemäß Statistiken - sehr interessante Systeme.

Alleine die ukrainischen Drohnen dürften eigentlich kaum nennenswert Schaden anrichten können, wenn diese Systeme wirklich vorhanden und gezielt eingesetzt und gut geführt wären. Aber das Gegenteil ist der Fall. Und: Man erinnere sich auch an den SAM-Einsatz nach 2014, wo einige ukrainische Flugzeuge verloren gingen (und "nebenbei" auch noch ein Jet der Malaysian Airlines mit knapp 300 Menschen an Bord) - d. h. die Bedrohung durch bodengestützte SAMs war eminent. Und nun? Schweigen im Walde.

Vielleicht halten die Russen im Rahmen eines genialen Schachzuges alle ihre guten Systeme verborgen für die "Entscheidungsschlacht" (was ich aber nicht annehme), weil andernfalls würde ich angesichts der gegenwärtigen Performance der Luftabwehr von ausgehen, dass diese einer gezielt angesetzten NATO-Luftflotte keine vier Tage standhalten würde.

Schneemann
(13.05.2022, 14:00)Schneemann schrieb: [ -> ]Vielleicht halten die Russen im Rahmen eines genialen Schachzuges alle ihre guten Systeme verborgen für die "Entscheidungsschlacht" (was ich aber nicht annehme), weil andernfalls würde ich angesichts der gegenwärtigen Performance der Luftabwehr von ausgehen, dass diese einer gezielt angesetzten NATO-Luftflotte keine vier Tage standhalten würde.

Das wäre tatsächlich der letzte verbleibende auf Vernunft basierende Grund. Und es wäre den Russen als Schachspielgroßmacht nur angemessen.
Vom Start weg war die Frage:

• Wieso die Dislozierung und Zurückhaltung von Kräften im Raum Brest (Weißrussland)?

• Warum die "Zurückhaltung" der Luftwaffe von Anfang an?

• Warum die Zurückhaltung fertiger und erprobter Truppen?

Die (eventuell) vernünftige Antwort war: Weil sie ein Eingreifen der westlichen Seite erwartet und einkalkuliert haben. Und das zurückgehaltene Pouvoir ist für NATO Kräfte vorgesehen.

Mittlerweile kann dies vielleicht immer noch ein Schachzug sein, aber eben kein genialer. Meinem Empfinden nach (ich habe keinerlei Einblicke) ist dieser 'Schachzug' ein aufgezwungener. Einfach weil die russ. Seite in diesem Konflikt und auf diesem Feld nicht mehr zusammenbringt. Mängel sind jetzt die Hauptmerkmale der russ. Seite. Und Mängel sind auch ausreichend erklärend für das, was wir bislang sehen konnten.
Immerhin, nach dem Einfall selbst, ist das die zweite Überraschung für die Welt ...
Man muss an dieser Stelle aber auch mal klar feststellen, dass die Russische Armee hier einen Großkrieg führt, der in einer solchen Form von russischen Soldaten seit 1945 nicht mehr geführt worden ist und dass sie dies in einem Umfang, mit einem Ansatz in Bezug auf Material und vor allem in Bezug auf Wirkmittel tun, der von den meisten westlichen Armeen für sich so nicht geleistet werden könnte. Beispielsweise könnten weder die Bundeswehr noch die britische Armee noch die spanische Armee noch die italienische Armee etc etc so lange ein solches Geschehen durchhalten. Aktuell hätten wir unsere Munitionsvorräte schon seit Wochen vollständig verschossen.

Es ist meiner Meinung nach elementar, dass man nun nicht ins andere Extrem verfällt und anfängt die russischen Streitkräfte verächtlich zu unterschätzen. Mit dem was sie real haben und offenkundig auch unter widrigsten Bedingungen über erhebliche Zeiträume hindurch verbissen einsetzen können, sind sie extrem gefährliche Gegner. Der Russische Soldat ist also keine 3 Meter groß, aber er ist eben auch keinesfalls nur 1 Meter Groß. Es macht sich gerade in Europa hier meiner Meinung nach zunehmend eine grundfalsche Ansicht dazu breit.

Die größten Fehler der Russen waren zudem allesamt auf der politisch-strategischen Ebene und auf der militärisch-strategischen Ebene. Dass die Russen da stehen wo sie jetzt stehen, und dass sie derartige Probleme haben ist kein Ausfluss ihrer taktischen Mängel, ihrer Ausbildungsmängel oder der veralteten Ausrüstung, sondern sie sind ein Ausfluss der schwerstwiegenden strategischen Fehler die bei der Eröffnung des Krieges gemacht wurden. Tatsächlich hätte die russische Armee diesen Krieg mit dem was sie real hat und mit dem Können dass sie jetzt real gezeigt hat bereits siegreich beendet haben, wenn sie nicht gleich zu Beginn derart katastrophale strategische Fehler gemacht hätte!

Und selbst schon Antoine Henri Jomini hat geschrieben, dass solche strategischen Fehler zu Beginn des Feldzuges sehr oft über die gesamte Dauer desselben nicht mehr ausgeglichen werden können.
@Quintus
Zitat:Man muss an dieser Stelle aber auch mal klar feststellen, dass die Russische Armee hier einen Großkrieg führt, der in einer solchen Form von russischen Soldaten seit 1945 nicht mehr geführt worden ist und dass sie dies in einem Umfang, mit einem Ansatz in Bezug auf Material und vor allem in Bezug auf Wirkmittel tun, der von den meisten westlichen Armeen für sich so nicht geleistet werden könnte.
In Afghanistan hat die Rote Armee durchaus einen Großkrieg geführt in einem Land, dass in etwa genau so groß ist wie die Ukraine (wenngleich auch erst einen Bewegungskrieg, der dann zum Guerillakrieg wurde), mit weit über 100.000 Soldaten. Und dort war das Terrain sicher nicht einfacher als in der Ukraine. Interessant ist hier auch die Parallele der Straßengebundenheit, was in Afghanistan die Berge verursachten, war in der Ukraine der Schlamm...

Und dass die westeuropäischen Länder natürlich keine enormen Munitionsvorräte gebunkert haben, um eine monatelange Schlacht zu bestreiten, ist ja nur logisch. Einerseits plant man solche Kämpfe gar nicht bzw. hegt nicht die Absicht des Angriffs auf den Nachbarn, andererseits könnte man solche Ausgaben, wären sie nicht absolut notwendig, den Gesellschaften politisch nicht verkaufen. Insofern ist der Vergleich nicht ganz fair.
Zitat:Es ist meiner Meinung nach elementar, dass man nun nicht ins andere Extrem verfällt und anfängt die russischen Streitkräfte verächtlich zu unterschätzen.
Das mache ich sicher nicht. Ich hatte hier in irgendeinem Strang auch schon mal den Winterkrieg in Finnland 1939/40 angesprochen, wo die Rote Armee peinlich versagte, was der Wehrmachtsführung um Hitler eine absolute Unfähigkeit der Russen suggerierte bzw. was die Deutschen dann verhängnisvoll hineininterpretierten ("morsches Kartenhaus" etc.). Insofern: Nur weil die Russen derzeit ein desolates Bild abgeben, heißt das nicht, dass sie sich in einigen Jahren nicht wieder modernisiert neu aufstellen bzw. effizient neu ausrichten könnten. Gut möglich, dass sie auch ihre Lehren ziehen aus dem Ukraine-Debakel. Wann dies aber sein wird, da gebe ich lieber keine Prognose ab, da es derzeit quasi an allem zu fehlen scheint.
Zitat:Die größten Fehler der Russen waren zudem allesamt auf der politisch-strategischen Ebene und auf der militärisch-strategischen Ebene. Dass die Russen da stehen wo sie jetzt stehen, und dass sie derartige Probleme haben ist kein Ausfluss ihrer taktischen Mängel, ihrer Ausbildungsmängel oder der veralteten Ausrüstung, sondern sie sind ein Ausfluss der schwerstwiegenden strategischen Fehler die bei der Eröffnung des Krieges gemacht wurden
Das sehe ich etwas anders. Ja, es gab strategischen Unsinn (Angriff in der Schlammzeit; Zersplitterung der Kräfte entlang der gesamten Grenzlinie, anstatt sie zusammenzufassen; vermutlich Hintergedanke eines nur sehr kurzen Krieges unter Bezugnahme auf die logistischen Bereitstellungen; Unterschätzung des Gegners etc.), aber es gibt durchaus auch eklatante Mängel auf taktischem Niveau und in der Ausbildung (Vorgehensweise einzelner Einheiten, Luftsicherung, riskante Kommunikation, Disziplinlosigkeiten etc.) sowie ein Problem hinsichtlich der Ausrüstung (teils viel Material aus Sowjetzeiten, Mangel an Hardkillsystemen, an ERA, an Präzisionsmunition etc.). Kurzum: Die Liste ist sehr lange.

Schneemann
Schneemann:

Der Krieg in Afghanistan ist meiner Meinung nach nicht ansatzweise mit dem zu vergleichen was hier und heute in der Ukraine geschieht. Von daher will ich darauf gar nicht weitergehend eingehen.

Zitat:Das sehe ich etwas anders. Ja, es gab strategischen Unsinn (Angriff in der Schlammzeit; Zersplitterung der Kräfte entlang der gesamten Grenzlinie, anstatt sie zusammenzufassen; vermutlich Hintergedanke eines nur sehr kurzen Krieges unter Bezugnahme auf die logistischen Bereitstellungen; Unterschätzung des Gegners etc.), aber es gibt durchaus auch eklatante Mängel auf taktischem Niveau und in der Ausbildung

Exakt deshalb schrieb ich ja von Zitat: taktischen Mängeln, Ausbildungsmängeln, veralteter Ausrüstung etc ich nannte also die von dir hier genannten eklatanten Mängel ausdrücklich!

Die Frage aber ist, wie sehr wirkten sich diese Mängel auf das Gesamtgeschehen aus, wie groß war und ist ihr Einfluss auf die Lage und wie relevant waren sie also für das zur Zeit zu beobachtende Ergebnis des Angriffs? Waren die von dir hier zurecht genannten Probleme und Fehler ausschlaggebend !?

Und da ist es meine Auffassung, dass sie dies nicht waren. Mit diesen "schlechten" Truppen wie sie die Russen nun eingesetzt haben, hätte man nicht nur siegen können, man hätte auch sonst sehr viel mehr damit erreichen können, wenn man auf der strategischen Ebene richtig gehandelt hätte.

Die gemachten strategischen Fehler sind so eklatant und massiv, dass demgegenüber die vielen taktischen und sonstigen Fehler und Probleme verblassen.

Von daher geht dein Einwand etwas an dem vorbei was ich geschrieben habe, den ich nannte ja die exakt gleichen Mängel ebenfalls, ich gewichtete sie nur anders. Nun kannst du sie selbstverständlich ebenso anders gewichen, aber: dann fehlt mir ein Argument, warum sich diese Mängel derart auf die Gesamtlage hin ausgewirkt haben sollen ?! Und in meinen Ausführungen ging es primär um diese Gesamtlage.

Ob russische Lkw schlechte Reifen haben, oder die Kampfpanzer leicht durch Sekundärexplosionen zerstört werden oder die Russen zu wenig Begleitinfanterie haben bzw. zu sorglos in offenkundige Feuerüberfälle vorstoßen, oder ob sie zu wenig Präzisionsmunition haben, das ist alles insgesamt gesehen nicht so relevant.

Selbst die US Streitkräfte (!) hätten bei derartigen Fehlern auf der strategischen Ebene schlicht und einfach mal zunächst eine Niederlage kassiert, völlig gleich wie modern ihr Material ist und wie gut ihr Können auf der taktischen Ebene.

Man kann derart katastrophale Fehler bei der Eröffnung eines Krieges immer kaum noch ausgleichen und sie überwiegen von ihrem Einfluss her bei weitem als Entscheidungsfaktor. Keine noch so moderne westliche Armee hätte bei einem solchen strategischen Vorgehen irgend etwas erreichen können. Und umgekehrt kann man auch mit deutlich schwächeren / schlechteren Streitkräften immens viel erreichen, wenn man auf der strategischen Ebene richtig handelt.

Die Mängel auf der strategischen Ebene sind daher diejenigen, welche im vorliegenden Fall (vor allen anderen Faktoren) Kriegsentscheidend sind.
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