01.11.2006, 15:40
Zitat:Die Pipeline mag ein Goodie gewesen sein, aber der 11. September und der Druck auf Bush diesen zu rächen sprechen erst mal für das Hauptziel "Taliban vetreiben".Gut, vielleicht hab ich mich unklar ausgedrückt. Dass die Taliban über Nacht von Freunden zu Feinden wurden, hat natürlich damit zu tun, dass man jemanden brauchte an dem man sich rächen kann. Obwohl die Taliban ja ansich mehrfach angeboten haben Osama an die USA auszuliefern, weil er ihnen auch zu dominant wurde und man lieber weiter Geschäfte mit den Amerikanern machen wollte. Ein Vertrag zum Bau einer Pipeline wurde ja von einem abgesandten der Taliban in Washingon unterzeichnet. Das war noch Monate vor dem 11.9.
Wegen der Pipeline allein hätte man keinen Krieg geführt und wäre sie nicht dagewesen hätte die USA trotzdem die Taliban geplättet.
Rache und ausschalten der Al-Kaida Zellen erklärt ein paar Bombenangriffe auf ein paar Lager, aber keinen Krieg mit anschliessender installierung eines Ölexperten als Präsident und einer dauerhaften Besetzung. Sowas lohnt sich nur mit dauerhaften strategischen und wirtschaftlichen Absichten. Wenn es um Milliarden Dollar für Krieg und Wirschaft geht, sind "Rache" und "Mitleid" niedere Motive. Das mag enttäuschend klingen , aber als Realist sollte man sich darüber im Klaren sein.
Zitat:Naja in den Jahren 2001-2004/5 war die Sicherheitslage ausreichend.Das war leider nicht wirklich der Fall. Realtiv zu heute betrachtet vielleicht ja. Aber in dieser Zeit gab es heftige Auseinandersetzungen zwischen einigen Warlords, diverse Anschläge auf Präsident Karzai und die Erkenntnis dass das Land nicht kontrollierbar ist, sondern sich die Einflussphäre des Staates auf Kabul beschränkt. Naja..und die nachwievor aktiven Taliban als Bauernopfer und die Al-Kaida inkl. Bin Laden trieben dort ebenfalls noch ihr Unwesen. Was sicherlich etwas zur Entlastung der Gesamtsituation in Afghanistan beitrug, war der Irakkrieg. Der international organisierte Krieg gegen die Besatzer konzentrierte sich vor allem dort.
Zitat:Den Anfagn für eine industrielle Basis könnte die Bauwirtschaft sein.Nochmal zur Erinnerung. Afghanistan ist eines der wenn nicht gar DAS ärmste Land dieser Erde. Du glaubst garnicht wieviel gescheiterte Entwicklungsprojekte man bereits in anderen Ländern aufgezogen hat. Lediglich ein paar Ausnahmen bestätigen die Regel des flächendeckenden Festsitzens im Sumpf der Armut. Und den Ausnahmen ging es zuvor nie wirklich scheisse.
Mit "dann machen wir ein bischen hier und da", ist es eben nicht getan um von gaaanz unten überhaupt nur ein vertretbares Maß zu erreichen. In solchen Ländern verdunsten Investition wie Wassertropfen in der Wüste.
Konkret zur Bauwirtschaft...
In Afghanistan baut man sein Haus in Eigenregie. Für alles andere muss erstmal jemand finanziell aufkommen können. Beim Bau von Strassen, Abwasser und Telekomunikation fallen durchaus Arbeitsplätze an. Die involvierten Unternehmen kommen aber vor allem aus dem Ausland, da die über das Know und die Maschinen verfügen. Wenn die Baustelle fertig ist, sitzt der afghanische Tagelöhner wieder auf der frisch geteerten Straße. Trotzdem ist das natürlich wertvoll für die afghanische Wirtschaft, weil damit eine Infrastruktur entsteht und wer Arbeit hat (wenn auch nur zeitglich begrenzt) der kann selbiges auch ausgeben, bzw 20 Mäuler stopfen.
Zitat:Aufträge gäbe es genug, nachdem wie du sagtest die Transportwege sehr unsicher sind.Ich weiss nicht ob ich das gesagt habe. Aber mangelnde Sicherheit ist sicherlich ein Punkt.
Zitat:Das macht es ja nötig da irgendwas aufzubauen. Dass die Taliban so mühelos Kämpfer rekrutieren können, ist ja wohl kein Wunder.Wie ich bereits sagte. Taliban zu sein ist kein soziales Problem. Das ist eine kulturelle Frage. Es spricht rein garnichts dagegen ein wohlhabender Geschäftsmann und Taliban zugleich zu sein. So kommen die Wurzeln dieser Ideologie auch aus dem sehr wohlhabenden Saudi-Arabien, mit dessen Geldern die radikalen Koranschulen in Afghanistan aus dem Boden spriessen und spriessten. Wenn Du diese Denkweise beseitigen willst, musst Du alternativ Missionieren, also alternative Lehren predigen. Ich glaube nur nicht, dass Du oder Dein Schüler das überleben.
Was sich mit Wohlstand eindämmen lässt, ist evtl die Zahl der kämpfenden. Wobei das bei einem hohen Bevölkerungswachstum ein Anrennen gegen Windmühlen ist (vgl. Heinson; da hat er recht). Aber auch das alles verhindert nicht die Burka, nicht die Anschläge, nicht die Korruption, nicht die ethnischen Konflikte, nicht die religiösen Konflikte, es vegrößert nicht zwangsläufig das Einflussgebiet des Staates. Es ändert nichts an den Problemen die das Zerrütete Land Afghanistan so mitbringt.
Zitat:Wer hat denn von privaten Investoren geredet?Ich! Afghanistan hat kein eigenes Geld

Zitat:Afghanistan ist nicht in der Verfassung, sich allein durch Exportwirtschaft nach oben zu hieven. Ich dachte eher an staatliche Investitionen.Nein, an Exportwirtschaft ist nicht zu denken. Selbst die Subsistenzwirtschaftler im Agrarsektor arbeiten mit Mitteln, die selbst die eigene Ernährung zur Schwerstarbeit machen. Ziel wäre es erstmal eine organisierte Landwirtschaft ohne Mohn aufzubauen. Ob dies mit dem Ochsen oder dem Traktor geschieht ist erstmal nebensächlich.
Zitat:Die westlichen Nationen pumpen eh Millionen an Bestechungsgeldern an die Warlords an den Hindukusch. Die afghanischen Löhne dürften so niedrig sein, dass man ohne Probleme einige Fabriken von heute auf morgen da aus den Boden stampfen könnte.Sie pumpen Millionen von Dollar in Bestechung und inzwischen bereits schon 8Mrd. in die Wirtschaftshilfe. Einige Mrd. hat der Militäreinsatz ebenfalls gekostet. Nicht nur am oder für den Hindukusch, sondern in ganz Afghanistan.
Zu den Fabriken. In Afghanistan gibt es ganz andere Probleme als den Lohn, die es den Unternehmen erschweren rentabel zu arbeiten. Ein Fabrik braucht nicht nur günstige sondern auch qualifizierte Arbeiter. Zudem und das ist sehr elementar. Sie braucht eine gute Verkehrsanbindung (für An- und Abtransport von Material und Produkt), einen Absatzmarkt, Rohstoffe und ein prosperierendes und sicheres Umfeld. Der Kostenfaktor Lohn ist (abhängig von der Ware) dabei oft nur nur ein kleiner Anteil an den Produktionskosten des Produkts. Auch wenn Dir der Unternehmer hier in Deutschland anderes erzählt. Ein paar Prozent an Gewinnsteigerung sind hierzulande an der Börse auch sehr wichtig. Keine Frage. Aber Am Rande ne kleine Anekdote zur BENQ-Sache: Der Anteil der Lohnkosten an dem Produkt "Handy" beträgt ca. 5%

Aber wir reden ja auch garnicht von handies, sondern im Falle Afghanistans sprichst Du ja konkret Zementfabriken und die Textilbranche an.
Genau da sehe ich auch einen Markt. Zuersteinmal gibt es bei der ganzen Zerstörung in Afghanistan viel aufzubauen, dafür braucht man Zement. Zudem ist der Import bzw umständliche Transport von Zement unrentabel, weil die Tanrsportkosten pro Tonne schnell mal den Warenwert übertreffen. Diese Form von Luxus kann man sich in A. ganz sicher nicht erlauben. Somit ist das Zementwerk gebont. In der Textilbranche wird es sehr schwer sich gegen Kleiderspenden und die Überflutung mit günstiger Ware aus China anzustinken. Man könnte aber auch hier staatlich subventionieren, den Import mit hohen Zöllen belegen (womit man sich keine freunde macht), usw..
In diesen Bereichen kann man anfangen langsam etwas von staatlicher Seite aufzubauen. Da mich das sehr an sozialistische Vorbilder in Lateinamerika und Asien erinnert, sollte man also mit einem sozialistischen planwirtschaftlichen System anfangen und dann schrittweise privatisieren und den Markt öffnen. Wenn es jemanden gibt der regelmässig Mrd. von Dollar in den afghanischen Staat pumpt, dieser seine Macht über Kabul hinaus ausweiten kann und irgendwann ein relativer Frieden herrscht...sollte man das probieren und so in der Art angehen. Man darf nur nicht vergessen, dass der Sozialist von Kindesbein eingetrichtert bekommen hat, das er ein Nichts ist und nur das Allgemeinwohl zählt. Frage mich gerade, ob ein Afghane dafür zugänglich ist und ob man das in Europa und Amerika so gerne sähe.
Zitat:Eine wohlhabende und arbeitende afghanische Bevölkerung würde auch den NATO-Truppen viel eher helfen, die Taliban vor allem deren Schläfer ausfindig zu machen. Man denke nur an die Amerikafreundlichkeit der Deutschen nach dem Wirtschaftswunder....Um nochmal auf den Boden der Tatsachen zu kommen und zu verdeutlichen wo wir uns befinden. Du befindest Dich im wohl annähernd ärmsten Land dieser Erde. Ich habe schon Länder gesehen, die mir als "durchschnittlich" verkauft wurden und wo ich schon dachte. "Puh das ist ja echt schlimm hier...dagegen lebe ich in einem virtuellen Disney Land". Ich kam mir extrem beschissen dabei vor, überhaupt nur saubere Klamotten zu tragen und bin alle 5 Minuten von einer Horde von Kindern um einen Stift oder ein Feuerzeug angeschnorrt worden. Die Leute haben in Häusern gewohnt, wo ich mir überlegt habe, ob es ansich nicht sicherer sei unter freiem Himmel zu übernachten...Aber dieses Land hier ist nochmal um ein Vielfaches ärmer! Das muss sich also ausserhalb meiner ansich nicht so begrenzten Vorstellungskraft bewegen.
Von einer "wohlhabenden afghanischen Bevölkerung" sind wir also sehr weit entfernt. Das Verhältnis zu den NATO Truppen wird zudem vorrangig über deren Verhalten dem Volk, dem Stamm und seiner Regligion gegenüber bestimmt und weniger über den anwachsenden Wohlstand. Den wird man nicht mit Gewehren und Panzern asoziieren, sondern dem Jihad (für Wohlstand) zuschreiben. Deutschland war nach dem WWII eone andere Kultur. Dort konnte man sich mit Schokolade und Kaugummis Freunde machen. Es gibt andere Länder und andere Kulturkreise da ist Schokolade eben keine Währung.