Zitat:Shahab3 postete
unter Bezug auf....
Zitat:Wir könnten die Aufgaben der Bundeswehr ja unserem NATO-Partner Türkei übertragen, die Türken haben zu den Usbeken im Norden doch eh einen besseren Draht als wir ...
Davon würde ich eher die Finger lassen, wenn es darum den derzeitigen relativen Frieden innerhalb der afghanischen Gruppierung zu erhalten. Zuersteinmal ist das türkisch-usbekische Verhältnis seit Jahren ziemlich durchwachsen und regelmässigen diplomatischen Verstimmungen geprägt. Ausserdem hat man den Türken früher Kontakte zu General Dostum nachgesagt, der wohl als einer der brutalsten und kriminellsten Warlords in Afghanistan betrachtet werden kann. Würde die Türkei im Norden eine starke Rolle übernehmen, würde das den Pashtunen mit Sicherheit überhaupt nicht gefallen. Dann hätten wir neben dem relativ harmlosen Talibanproblem, evtl ein wiederaufflammen alter Konflikte, die das Land im schlimsten Falle wieder an den Rand eines Bürgerkrieges bringen könnte. Da muss man schon sehr genau aufpassen, an welchem Schräubchen man wie dreht.
Und diesbezüglich würde ich das derzeitige beschränkte Engagement der Türken schon als beachtliches Wagnis ansehen.
die Bedenken und Befürchtungen teile ich auch - ich denke aber, dass das "eher harmlose" :frag: Taliban-Problem bereits Teil eines ethnischen Konflikts in Afghanistan ist. Die Taliban haben ihre Heimat bei den Paschtunen, die sich im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan praktisch Autonomie ertrotzt haben - auch gegen das pakistanische Militär - und den Süden Afghanistans dominieren.
Ich zweifle daran, ob es langfristig gelingen wird, die Taliban zurück zu drängen ohne die Herrschaftsstrukturen der Paschtunen zu zerstören. Und wenn das so ist - dann muss klar sein, dass wir uns mit zusätzlichem militärischen Engagement nur weiter in einen Konflikt ziehen lassen, der inzwischen als regionale ethnische Auseinandersetzung verstanden werden muss.
Es geht nicht mehr um Al Quaida und den US-Kampf "gegen den Terror". Bin Laden ist - auch dank des mit Lügen begründeten Einmarsches im Irak - zu einer Randfigur geworden. Es geht in Afghanistan inzwischen letztendlich darum, welche Volksgruppe über die anderen Ethnien dominieren wird. Die Taliban werden immer stärker - weil sie sich gegen die Dominanz über die Paschtunen stellen, zunächst gegen die Russen (mit saudischer und US-Unterstützung), jetzt gegen die USA und die mit den USA kooperierenden Volkgsgruppen.
Und ich bin mir nicht sicher :rofl: ob es nicht vielleicht langfristig ruhiger wäre, den Vielvölkerstaat Afghanistan - der ja das Ergebnis einer unnatürlichen Grenzziehung durch die Kolonialherren ist, indem jetzt die unterschiedlichen Ethnien wie in einem Dampfkessel unter Druck zusammen gepfercht sind - in relativ selbstständige, halbautonome Regionen aufzuteilen, in denen die jeweiligen Völker zumindest kulturelle und sichrheitspolitische Hoheitsbefugnisse haben (auch in Deuschland sind z.B. "Kultus" und Polizei ja Ländersache).
Da, glaube ich, könnten türkische Sicherheitskräfte mit einer usbekischen und turkmenischen Bevölkerung eher zusammen arbeiten. Und ich vermute, dass Imame, die in den türkischen Hochschulen ausgebildet wurden, bei den Turkmenen und Usbeken die beste ideologische Waffe gegen einen Steinzeitislam sind, wie er von den Koran-Schulen in Pakistan verbreitet wird.
Kabul würde als "Bundeshauptstadt" sozusagen eigenständige, "neutrale" Zone (ähnlich iwe Paris ja früher direkt dem Staatspräsidenten unterstand).
Ich sehe da immer wieder auch Vergleichbarkeiten zum Irak, wo wir drei Bevölkerungsteile haben, die schwer zu harmonisieren sind.
Natürlich muss man dann auch eines sehen: der iranische Einfluss würde durch eine solche Regionalisierung bei den Farsiwan, Belutschen und Tadjiken kräftig steigen - und den Paschtunen eine Gratwanderung zwischen Iran und Pakistan erlauben. Aber letztendlich bin ich sicher: in der ideologischen Diskussion zwischen den theologisch hoch gebildeten Schiiten aus dem Iran und den Steinzeit-Koranschulen aus Pakistan (die Schiiten werden von den Taliban nicht sehr freundschaftlich betrachtet) würden die gebildeteren Schiiten den Steinzeit-Ideologen die "theologischen Argumente" abgraben und damit zumindest zu einer Entmilitarisierung und damit zur Stabilisierung beitragen.
Mit anderen Worten:
ich bin durchaus am Überlegen, ob Teheran und seine Bildungsbürger nicht auch mehr Einfluss im Zentrum Afghanistans haben sollten, und ob die Stationierung von westlichen Truppen - allen voran die USA - nicht diesen Einfluss verhindert, damit aber gleichzeitig die Taliban (als einzige Opposition, die sich im Widerstand gegen die westlichen Truppen aufbauen kann wie einst die Hisbollah im Südlibanon) gestärkt werden.
Teheran wird mit seinen Agenten ohnehin bereits in Afghanistan vertreten sein, und der Streit um Einfluss zwischen Iran und den Paschtunen ist fst unausweichlich - warum nicht diese "Infiltration" kontrolliert ablaufen lassen, bevor der Dampfkessel explodiert?
Die Iraner sind mir jedenfalls - trotz der Fragen um die Atomwaffen - irgendwie weniger suspekt als die Taliban, und letztendlich stellt sich die Frage, von wo objektiv die größte Bedrohung ausgeht.
Eine von den Paschtunen geduldete Al Quaida, die sich in deren Schutz wieder entwickeln und enfalten kann, halte ich da für gefährlicher als einen gerüsteten iranischen Staat.