Ottone:
Gerade weil das im heutigen Zeitalter nicht heimlich geht, wird es ganz offen erfolgen, und die NATO entsprechend ihrer Doktrin dann ebenfalls anfangen schwere Verbände zu verlegen (Gegenkonzentration). Und gerade deshalb haben mittlere Verbände hier keinerlei Vorteil, den ein solcher Schlag kann nicht heimlich ad hoc geführt werden, also haben die mittleren Einheiten keine Rolle, weil ihre besondere Befähigung durch die ohnehin stattfindende Vorverlegung von anderen Kräften hinfällig wird. Aber bei einer solchen Verlegung sind natürlich beide Seiten nicht gleich schnell, so kann es kommen, dass die Russen (vorübergehend!) mehr schwere Einheiten dort haben als wir. Sieh mal wie schnell sie über 100 Bataillon Tactical Groups an die ukrainische Grenze gebracht haben. Dann ziehen wir zwar nach, aber das dauert einige Wochen. Und dieses Zeitfenster reicht bereits um dann mit schweren Kräften das Baltikum zu nehmen. Und was soll dann eine mittlere Brigade dagegen tun?! Sie ist also in jedem Fall nutzlos, und dies selbst dann wenn die schweren Einheiten ganz offen zusammen gezogen werden.
Und man könnte das Baltikum durchaus auch gegen einen massierten Angriff halten, aber natürlich nicht mit der gegenwertigen Struktur der Streitkräfte dort, nicht mit mittleren Kräften und nicht indem man weiter eine konventionelle Militärdoktrin verfolgt. Tatsächlich wäre es möglich das Baltikum militärisch so zu rüsten, dass ein Angriff der Russen diese horrende Verluste und erhebliche Zeit kosten würde. Genügend Zeit um dann schwere Verbände gegen sie zu entwicklen.
Und dies umso mehr, wenn dieser Angriff von russischer Seite mit leichten und mittleren Kräften, beispielsweise dem VDV geführt werden würde. Man könnte das Baltikum so rüsten, dass die Russen es in gar keinem Fall mit leichten und mittleren Kräften einnehmen könnten. Und das wäre weder teuer noch aufwendig. Das Ergebnis einer solchen Defensiven Strategie im Baltikum wäre deshalb, dass die Russen in jedem Fall zwingend schwere Einheiten entsenden müssen, und weil dies nicht heimlich geht fällt damit jedwedes Argument für eigene mittlere Verbände in sich zusammen. Man braucht die schnelle Eigenverlegbarkeit dann eben nicht und die mittleren Einheiten hätten keinerlei Rolle in diesem Szenario außer als Reserve oder sollte der Krieg länger dauern vielleicht für einen Stoß in die Tiefe.
Zudem ist es sehr unwahrscheinlich, dass die Russen in Polen weiträumig einmarschieren würden da dies ihre Logistik überfordert und sich nach einiger Zeit auch die NATO Luftwaffen durchsetzen würden. Bei einem Handstreich auf das Baltikum hat Russland rein gar nichts zu gewinnen wenn es in Polen einfällt. Man nimmt das Baltikum, dann gräbt man sich dort inmitten der Zivilbevölkerung ein und dann wartet man den Gegenangriff ab. Das ist die erfolgversprechendeste Methode. Eventuell geht man an völlig anderer Stelle noch gegen westliche Gebiete vor, aber in Polen einzumarschieren wäre einfach vollkommen sinnlos.
Mittlere Kräfte können einen massierten Angriff auf das Baltikum nicht abwehren. Spezifisch dafür konzipierte leichte Kräfte könnten dies - oder könnten einen Angriff so verlustreich und zeitraubend machen, dass eigene schwere Verbände tatsächlich zum Einsatz gebracht werden können.
voyageur:
Wenn du 1500 km weit fahren musst in unter 48 Stunden und das in einem Raum in welchem jede Menge andere unterwegs sind (von polnischen Einheiten bis zu fliehenden Zivilisten) hat das Einzelfahrzeug eben keine 3 Tage Autonomie mehr. Weil der Sprit spätestens nach ca. 700 km vollständig weg ist.
Wenn man nun auf Bataillons-Ebene einmal volltanken kann aus eigenen mitgeführten Mitteln, dann kommt am im Einsatzraum an und der Treibstoffvorrat des Bataillons ist erschöpft. Mit was führt man dann den rasanten Bewegungskrieg? Und hat das Logistikbataillon genügend eigene Mittel für 2 mal Volltanken dabei (denkbar), dann kommt man an, und hat pro Fahrzeug einen ca halb vollen Tank für den Kampf. Und sobald dieser leer ist, hängt man irgendwo zu weit östlich ohne Versorgung fest. Das Zeitfenster für den eigentlichen Kampf wäre sehr kurz, zudem wäre man sehr abhängig von den Logistikeinheiten und diese wären primäre Ziele für den Gegner, nimm dazu noch Friktionen und andere Probleme und es wird sehr unwahrscheinlich, dass du zwei volle Betankungen auf eigenen Rädern so weit so schnell verlegen und dann dort vorhalten kannst.
Um mal ein historisches Beispiel zu bemühen: die Luftwaffe hatte in der Schlacht um England das Problem kurzer Standzeiten im Einsatzraum, weil dann der Sprit ausging. Mittleren Kräften würde es dort im HI Szenario genau so gehen. Während die Russen deutlich kürzere logistische Linien hätten und den Vorteil der inneren Linie und sich ohnehin wenn das Baltikum gefallen ist dort eingraben würden, also auch nicht weiter vor müssten.
Es geht im übrigen nicht um die Bequemlichkeit im Fahrzeug, da dürfte der GTK unübertroffen sein mit eigenem kleinen Scheißhaus und eingebautem Wasserkocher,
https://farm7.static.flickr.com/6006/600...8c01_d.jpg
https://farm7.static.flickr.com/6128/600...dbc8_d.jpg
sondern darum, dass die eigenen Kräfte eine sehr lange durchgehende Anfahrt haben und die Soldaten durch diese in jedem Fall übermüdet sein werden, was in einem solchen Umfeld im weiteren für den Eröffnungs-Kampf nicht gerade sinnvoll ist. Das hat nichts mit Komfort zu tun, die Truppe wäre schlicht und einfach bereits angeschlagen bevor es richtig losgeht. Und das ist mal schlicht und einfach ein militärischer Nachteil.
Bezüglich des Überlebens leichter Kräfte in einem HI Szenario stellst du dir vermutlich die ganze Sache viel zu konventionell vor. Das wäre eine komplett andere Doktrin. Die "Ausrüstung" im weiteren Sinne des Begriffs wäre schon vor Ort, man kann sie problemlos einlagern, auch dezentral und disloziert verbergen. Sie muss nicht bewegt werden, weshalb das Gewicht (welches trotzdem geringer ausfällt) irrelevant ist und sie nimmt viel weniger Platz weg.
Bei einem Einsatz von Massenvernichtungswaffen sind wir übrigens längst in Eskalationsstufen die man nicht mehr wird einfangen können und die schließlich in Umständen münden, in denen mittlere Kräfte ganz genau so nicht mehr operationsfähig sind. Oder sogar noch weniger operationsfähig sind, weil sie auf eine wesentlich umfangreichere Logistik angewiesen sind. Selbst leichte Infanterie kann mit bestimmten Konzepten durchaus weitgehend gegen solche Waffen geschützt werden und geht keineswegs vollständig unter. Während gepanzerte auffällige große Fahrzeuge in größeren Stückzahlen ein nahezu perfektes Ziel für taktische Nuklearwaffen sind und die Wahrscheinichkeit erhöhen, dass es zum Einsatz solcher Waffen kommt.