Okay, suchen wir mal die Lücke.
(28.01.2023, 18:50)Nightwatch schrieb: [ -> ]So etwa stellt Art. 4 Abs. 3 Buchstg. b EMRK eindeutig auf eine militärische Dienstleistung ab
ARTIKEL 4 Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit...
3. Nicht als Zwangs- oder Pflichtarbeit im Sinne dieses Artikels gilt
( a ) eine Arbeit, die üblicherweise von einer Person verlangt wird, der unter den Voraussetzungen des Artikels 5 die Freiheit entzogen oder die bedingt entlassen worden ist;
( b ) eine Dienstleistung militärischer Art oder eine Dienstleistung, die an die Stelle des im Rahmen der Wehrpflicht zu leistenden Dienstes tritt, in Ländern, wo die Dienstverweigerung aus Gewissensgründen anerkannt ist;
( c ) eine Dienstleistung, die verlangt wird, wenn Notstände oder Katastrophen das Leben oder das Wohl der Gemeinschaft bedrohen;
( d ) eine Arbeit oder Dienstleistung, die zu den üblichen Bürgerpflichten gehört.
- Buchstabe ( a ) bietet Spielraum hinsichtlich einer schulisch begleiteten Hinführung zu Wehr- und Zivilschutzbewusstsein Minderjähriger. (
ARTIKEL 5 Recht auf Freiheit und Sicherheit 1. Jede Person hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:... ( d ) rechtmäßige Freiheitsentziehung bei Minderjährigen zum Zweck überwachter Erziehung)
- Buchstabe ( b ) lässt sich ggf. durch formale Mittel nutzen, indem bei der entsprechenden Gesetzgebung die militärische Dienstleistung weiter im Vordergrund steht, während die Möglichkeiten zur Verweigerung im Friedensfall maximal vereinfacht werden.
- Buchstabe ( c ) deckt den Zivilschutz ab. Allerdings wäre die Frage, ob eine vorhergehende Ausbildung für diesen Fall ebenfalls abgedeckt wäre, denn darauf würde es ja hinauslaufen.
- Buchstabe ( d ) ist sehr allgemein gehalten. Evtl. könnte hierüber sogar eine allgemeine Dienstpflicht möglich sein, sofern diese wirklich jeden Staatsbürger betrifft.
Alle vier Punkte zusammen geben sicherlich genug Spielraum, um zumindest eine Ausbildungspflicht zu rechtfertigen. Und das ist in meinen Augen der wesentliche Punkt.
Zitat:Am Ende wäre wahrscheinlich nur ein Bruchteil der möglichen Betätigungsfelder bei den genannten Zivilschutzverbänden auch nur in zweiter Linie militärisch relevant und würde absehbar erfolgreich angefochten werden können.
Das kommt sehr darauf an, was man mit diesem Dienst erreichen will. Wie bereits erwähnt, halte ich den klassischen Zivildienst hier für unangebracht. MMn müsste es viel stärker in Richtung Katastrophenschutz gehen. Ich sehe insgesamt auch gar keine Notwendigkeit für einen nennenswerten "Dienst", sondern vielmehr für eine verpflichtende Ausbildung, die zu einer späteren Heranziehung im Kriegs- oder Katastrophenfall befähigt. Dementsprechend wäre es sogar denkbar, die Schulpflicht in die Argumentation mit einzubeziehen. Also quasi Katastrophenschutz als Schulfach im Blockunterricht mit Optionalbereich Grundlagen der Landesverteidigung...
Ein möglicher Weg könnte es dann bspw. sein, nach einer solchen "Zivilschutzgrundausbildung" regelmäßige Übungen im Rahmen einer entsprechenden Organisation verpflichtend zu machen inkl. möglicher Einziehung im Katastrophenfall. Das könnte dann bspw. durch einen freiwilligen kurzen Wehrdienst umgangen werden, was wiederum das Mobilisierungspotential für den Verteidigungsfall deutlich erhöhen würde.
Zitat:Zumal das Grundproblem Wehrgerechtigkeit bleibt. Deutschland ist einfach zu groß. Aktuelle Jahrgänge haben 700.000 Menschen und mit einer Ausweitung der Wehrpflicht auf Zivilschutzdienste sinkt zum einen die Verweigerungsquote massiv, zum anderen wäre die zuletzt völlig absurde Ausmusterungspraxis unhaltbar. Das heißt, wir hätten Jahr für Jahr etliche Hundertausend Menschen, die irgendeiner militärischen Verwendung zugeführt werden müssen. Dafür gibt es weder einen Bedarf noch die nötigen Kapazitäten.
Eben deshalb sehe ich auch keinen Sinn in einem wirklichen Dienst. Der wird einfach nicht benötigt. Es geht zum einen um die Nachwuchsgewinnung in BW und BOS, zum anderen um die Grundlagen einer Reserve bzw. eines Einberufungspotentials. Einen Dienst des Dienstes wegen wird man heute nicht mehr begründen können.
Zitat:In Deutschland illusorisch (Minderjährige und Waffen !!11!1), aber warum nicht wieder soetwasd wie Wehrsportübungen im Zuge des Schulbesuchs. Die Franzosen haben mit den Service national universel was vergleichbares am Laufen, aber warum nicht mehrere verpflichtende, einwöchige Schülerfahrten mit Gemeinschaftsunterkunft, Uniformierung, konzentrierten Staatsbürgerunterricht, Besuch militärischer Einrichtungen, Erster-Hilfe-Kurs, Survival-Elementen und militärisch geprägten Sportübungen, inklusive Heranführung an Ordonanzwaffen?
Illusorisch macht das mMn nur der Waffen- und Militäraspekt dabei. Nimmt man den zurück und beschränkt sich auf den Zivilschutzaspekt, kann man das durchaus andenken. Dann bleibt nur die Herausforderung, wie man den Übergang zu den Streitkräften gestalten kann, um hier das Potential abgreifen zu können.
Zu meinen groben Vorstellungen eines solchen Dienstes zitiere ich mich einfach mal selbst:
(28.03.2021, 16:19)Broensen schrieb: [ -> ]Um heutzutage eine tatsächliche Befähigung zur kollektiven Verteidigung herzustellen, fehlt eindeutig, unabhängig von pazifistischen Grundtendenzen, ein die gesamte Gesellschaft durchdringendes Gemeinschafts- und Verantwortungsgefühl. Ohne das wird man nie eine echte Verteidigungsfähigkeit erreichen. Dementsprechend halte ich eine Dienstpflicht für ausnahmslos jeden für den einzigen Weg, heute noch eine breite Basis für den V-Fall zu schaffen. Eine solche Pflicht kann man aber gesellschaftlich nur durchsetzen, wenn der militärisch-kämpferische Aspekt außen vor bleibt, sprich: keine WEHRpflicht, sondern eine sozialgesellschaftlich begründete.
Deshalb würde ich die Aufgaben einer Miliz in erster Linie im Katastrophenschutz sehen. Der Verteidigungsfall stellt EINE der möglichen Katastrophen dar, in der die Miliz dann all die Fähigkeiten zur Verfügung stellen kann, die sich ansonsten auch friedlich-zivil nutzen lassen: Transportlogistik, Pionierarbeiten, Sanitätsdienst, Infrastrukturbetrieb, Versorgung usw.
Dadurch hätte man zwar erstmal noch keinen kämpfenden Soldaten mehr, aber die hochprofessionalisierten Streitkräfte könnten von all den Aufgaben entbunden werden, die keinen Waffeneinsatz erfordern und hätten zumindest auf eigenem Gebiet eine gewisse bestehende Infrastruktur als Grundlage, um den rückwärtigen Raum und die Versorgung zu organisieren.
Und viel wichtiger: Jeder ist in seinem Leben mal Teil einer Struktur gewesen, die sich für die Gesellschaft als Ganzes einsetzt. Das entspricht sogar links-pazifistischen Vorstellungen.
Gleichzeitig wird der Katastrophenschutz signifikant verbessert, was aufgrund aktueller Erfahrungen ja auch geboten wäre.
Viele der Gründe für eine Wehrpflicht sind ja gar nicht an den Dienst an der Waffe gebunden, die meisten Argumente dagegen allerdings schon. Zum Beispiel sollten die Rekrutierungsmöglichkeiten auch innerhalb einer solchen Milizpflicht gegeben sein, wenn man das richtig organisiert. Denkbar wäre ja auch, eine militärische Variante dieses Dienstes auf freiwilliger Basis zu integrieren. Quasi ein Umkehren der alten Kriegsdienstverweigerung. Eine kurze Grundausbildung zur Befähigung als Reservist für Sicherungsaufgaben im rückwärtigen Raum wäre ja schon besser als nix.