(03.03.2025, 15:37)Nurso schrieb: [ -> ]Könnte man damit (und Arrow, Iris-T) das Patriot ersetzen, falls Amerika nicht liefert ?
Kurze Antwort, wie @voyageur bereits geschrieben hat, ja!
Längere Antwort:
PATRIOT und SAMP/T weisen sowohl Gemeinsamkeiten (Reichweite, Anwendungsprofil) als auch Unterschiede (Mobilität, Radarabdeckung) auf. Während PATRIOT mind. drei sehr verschiedene Flugkörper einsetzen kann (PAC-2 GEM, PAC-3, PAC-3 MSE), ist man bei SAMP/T im Wesentlichen auf ASTER-30 beschränkt.
(Ich klammere die ASTER-15 bewußt aus, weil sie uns keinerlei Vorteile bringen würde, da sie bei wesentlich kürzerer Reichweite und niedrigerer Fluggeschwindigkeit nahezu dasselbe kostet wie die ASTER-30. Beide Varianten unterscheiden sich nur in der Größe des Startboosters, die eigentliche Abfangrakete ist dieselbe.)
SAMP/T ist hochmobil und hat einen (ohne Wartung und rückwärtige Dienste) geringeren Personalbedarf als PATRIOT. EuroSAM spricht von nur 14 Soldaten, welche in der Lage sein sollen, eine Batterie aufzustellen und zu betreiben. Auf welcher Grundlage sie das angeben, weiß ich nicht.
Überhaupt herrscht abseits der Werbebroschüren und -videos eine ziemliche Geheimniskrämerei bei EuroSAM. Man hat z.B. der Ukraine ausdrücklich untersagt, irgendwelche Abschußmeldungen oder Trefferquoten zu publizieren, obwohl sich diese in vielen Fällen als äußerst werbewirksam und verkaufsfördernd erwiesen haben (IRIS-T, HIMARS, PATRIOT, CAESAR, JAVELIN, CV-90).
Während bisherige PATRIOT-Radare (MPQ 53/65) bloß in eine vorgegebene Richtung scannen und einen begrenzten Erfassungsbereich haben, bietet das jeweilige SAMP/T Radar eine 360° Überwachung. Patriot PAC-2 wird eine Reichweite bis zu 160km nachgesagt, während ASTER-30 mit 120km angegeben wird.
Was mich bei der ASTER Rakete stutzig macht, sind die relativ großen Tragflächen. Bei den meisten Neuentwicklungen wird auf große Flügel verzichtet, um den Luftwiderstand zu minimieren (ASRAAM, AMRAAM, PAC-3, METEOR) und auf eine quasi-ballistische Flugbahn mit hohem Geschwindigkeitsüberschuß gesetzt. Während PATRIOT Raketen beim Brennschluß des Haupttriebwerks eine max. Geschwindigkeit zwischen Mach 5 ... 6 erreichen, wird die ASTER mit max. 1400m/s (Mach 4.2) angegeben.
Für mich sieht das so aus, als würde ASTER sich nicht auf einer ballistischen Flugbahn bewegen, um möglichst schnell in dünne Luftschichten zu gelangen und Fahrt aufzunehmen, sondern vielmehr in einer mehr direkten Linie zum Ziel fliegen. Dabei muß sie sich länger in den dichten unteren Luftschichten aufhalten, was man bei modernen Systemen möglichst vermeiden möchte, da die Rakete hier sehr stark gebremst wird und auch Reibungshitze eine Rolle spielen kann.
Je schneller sich ein feindliches Objekt bewegt, desto schwieriger ist es zu bekämpfen, weil die Reaktionszeit und der zu verteidigende Bereich gleichzeitig immer kleiner werden.
Wenn SAMP/T und ASTER in Europa größere Verbreitung finden sollen, dann muß sich etwas bei den Produktionszahlen tun. Bislang wurden ASTER Raketen nur in Kleinserie produziert, mit einer hohen zweistelligen - bis niedrigen dreistelligen Jahresproduktion (also irgendwas von 80-250 Raketen pro Jahr). Das reicht hinten und vorne nicht! Wir bräuchten nicht nur eine, sondern mind. zwei zusätzliche Fertigungslinien (ob die Zulieferer da mithalten könnten, steht auf einem anderen Blatt).
SAMP/T NG kann wie bereits oben gesagt auch das Mittelstreckensystem MICA-VL einsetzen. Eine Luftabwehrbatterie kann bis zu 6 Startgeräte für ASTER sowie zusätzlich bis zu 6 Startgeräte für MICA Raketen (das ist das französische Äquivalent zu IRIS-T SLM) verwalten.
Wir sollten mit EuroSAM verhandeln, ob sie bereit wären, IRIS-T SL in das SAMP/T NG System zu integrieren, evtl. auch andere nationale Eigenentwicklungen (CAMM, NASAMS), das würde letztlich die Exportchancen weiter erhöhen.